SOS auf dem Arbeitsmarkt: Lohnabhängige könnten die sozialen Auswirkungen der Pandemie noch lange spüren. Und das europaweit

Dossier

"make the rich pay for Covid19!" Wir danken den Industrial Workers of the World im deutschsprachigen Raum [IWW]„… Zu den Verlierern der Pandemie zählen die Arbeitnehmer. Besonders davon betroffen sind die ärmeren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Je länger die Pandemie andauert, desto dramatischer wird die Lage. (…) Doch selbst mit dem Sure-Anleihen-Paket wird bis Ende 2021 ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit in Europa erwartet. Schließlich werden in einigen EU-Staaten – Griechenland etwa – Kleinunternehmer und Selbstständige zwar sogenannte Corona-Hilfen ausgezahlt. Bei diesen handelt es sich jedoch effektiv nur um die Rückstellung von Zahlungsverpflichtungen gegenüber der öffentlichen Hand. (…) Griechenland, das immer noch unter den Auswirkungen der faktischen Staatspleiten seit 2010 leidet, übernimmt beim Abbau von Arbeitsrechten die Vorreiterrolle in Europa. (…) Was übersetzt nichts anderes bedeutet, als dass mittelbar auch die übrigen Staaten der Euro-Zone auf die eine oder andere Weise nachziehen müssen.“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 7. Februar 2021 bei Telepolis externer Link mit weiteren Informationen zum griechischen „Vorbild“. Siehe dazu:

  • Corona-Pandemie: Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen besonders hoch New
    „… Inzwischen ist es in vielerlei Hinsicht bekannt geworden: Die Coronapandemie hat junge Menschen in besonderer Weise getroffen, härter als andere Altersgruppen. Eine Untersuchung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hat das erneut bestätigt. Die Erwerbslosigkeit unter jungen Menschen, im Alter zwischen 15 und 24 Jahren, ist noch immer auf einem Stand, der das Niveau vor der Pandemie übertrifft. Weltweit waren demnach im Jahr 2021 rund 73 Millionen von ihnen ohne Beschäftigung. Auch wenn es inzwischen weniger sind als im vorigen Jahr, so sind es dennoch sechs Millionen mehr als im Jahr 2019. Aber auch der Anteil von jungen Menschen ist gestiegen, die weder in Ausbildung sind, noch arbeiten oder eine Schulung durchlaufen. Für diese Gruppe sind die Daten allerdings älter; das letzte Jahr, für welches Daten vorliegen, ist 2020. Damals gehörte fast jeder vierte Jugendliche zu dieser Gruppe (23,3 Prozent). Das bedeutet nicht nur einen Anstieg von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, sondern markiert den höchsten Stand seit mindestens 15 Jahren. Für sie besteht laut ILO das besondere Risiko, auf lange Sicht schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. (…) Besonders verschlechtert hat sich damit die Situation der jungen Frauen. Im Vergleich mit ihren männlichen Altersgenossen gingen sie deutlich seltener einer Beschäftigung nach. Nur rund 27,4 Prozent aller jungen Frauen wird in diesem Jahr eine Beschäftigung ausüben, schätzt die ILO; von den jungen Männern sind es demnach 40,3 Prozent. In den Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen wird der Unterschied demnach besonders deutlich. Dagegen gehen in Ländern mit hohen Einkommen fast genauso viele junge Frauen einer Beschäftigung nach wie Männer. In vermögenden Ländern liegt demnach die Lücke zwischen den Geschlechtern nur bei 2,3 Prozent. In den anderen dagegen bei 17,3 Prozent. Reiche Länder dürften zudem als einzige bis Ende 2022 ungefähr an die Arbeitslosenzahlen kommen, die sie auch vor der Pandemie aufwiesen. Regional sind die Ergebnisse aber auch sehr unterschiedlich. Weltweit liegt die Arbeitslosenrate bei jungen Menschen bei rund 14,9 Prozent. In Europa und Zentralasien ist sie demnach höher und dürfte bei 16,4 Prozent liegen. (…) Einen Ausweg sieht die Internationale Arbeitsorganisation darin, Millionen Arbeitsplätze in der „grünen“ Wirtschaft zu schaffen, in Bereich der erneuerbaren Energien, der nachhaltigen Landwirtschaft und dem Recycling.“ Beitrag von Bern Müller vom 17. August 2022 in Telepolis externer Link
  • Arbeitsmarkt und Corona: Mehr Arbeit, mehr Armut 
    Die Arbeitsmarktzahlen sehen gut aus, aber nur auf den ersten Blick. Die Pandemie hat zu einer Spaltung geführt. Trotz Vollbeschäftigung steigt die Zahl der Abgehängten.
    Seit zwei Jahren dominiert die Corona-Pandemie den Alltag der Menschen – zwei Jahre Krise und ein sich wiederholender Wechsel von Einschränkungen und Lockerungen. Das hat auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Insgesamt steht dieser zwar vergleichsweise robust da. Doch die Spaltung hat zugenommen. Auf der einen Seite stehen die gut ausgebildeten Fachkräfte, die zunehmend rarer werden und um die sich die Unternehmen reißen. Schon in diesem Jahr könnten mehr als 300.000 von ihnen fehlen, weil die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. Auf der anderen Seite stehen die Verliererinnen und Verlierer, die auf dem Arbeitsmarkt abgehängt sind. (…)
    Zu den Verliererinnen und Verlierern gehören auch die Langzeitarbeitslosen. 2019 befand sich die Zahl der Menschen, die länger als ein Jahr ohne Job waren, mit rund 700.000 auf einem historischen Tiefstand. Corona änderte das: 2021 waren seit langer Zeit wieder mehr als eine Million Menschen dauerhaft ohne Job. Schwer haben es auch die Ungelernten und Angelernten, die zwar erwerbstätig sind, aber meist nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Job sondern als Minijobbende. Minijobs sind in den besonders von Corona betroffenen Branchen verbreitet – wie etwa im Tourismus, der Gastronomie und Hotellerie. Diese Jobs können besonders leicht abgebaut werden, daher waren es die Minijobbenden, die in der Pandemie als erstes rausgeworfen wurden. (…) Es gibt dabei immer weniger Menschen, die ausschließlich im Minijob arbeiten, und mehr Menschen, die einen 450-Euro-Job nebenbei machen, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in einem Sachverständigengutachten für den Bundestag festgestellt hat. Ob das eine gute Entwicklung ist? Das geht aus den Daten nicht hervor. Denn unklar ist, ob die Menschen mit Minijob im Nebenerwerb Personen wie Studierende sind, die sich etwas dazuverdienen, aber nicht dauerhaft auf diese Erwerbsform angewiesen sind. Oder ob es sich eher um Multijobber handelt, die im ersten Job einfach zu wenig verdienen und den Minijob zusätzlich brauchen. Hinzukommt, dass auch Menschen im Niedriglohnsektor, wo immerhin jede und jeder fünfte Erwerbstätige arbeitet, in der Pandemie überdurchschnittlich häufig arbeitslos wurden. (…) Dass vor allem jene unter den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie leiden, die ohnehin schon wenig haben, verdeutlichen auch Daten aus der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung externer Link zu den Einkommensverlusten durch Corona. (…) Besonders betroffen waren und sind auch Freiberuflerinnen und Soloselbstständige. Fast zwei Drittel von ihnen verloren bis Ende 2020 spürbar Einkommen. Einige haben ihre Selbständigkeit sogar ganz aufgegeben, wie das DIW in einer Studie feststellt externer Link. Die Erhebung vom Sommer 2021 zeigt, dass vor allem selbständige Frauen ihre Unternehmung aufgegeben haben…“ Artikel von Tina Groll vom 1. Februar 2022 in der Zeit online externer Link
  • Corona-Folgen im Jahr 2020: Mehr als eine Million Jobs verloren
    “… Im vergangenen Jahr verloren bundesweit mehr als eine Million Menschen infolge der Corona-Krise ihre Arbeit. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei hervor, die sich auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit stützt. Den Großteil der Betroffenen machen dabei Minijobber aus. Etwa 526.000 geringfügig Beschäftigte verloren demnach ihren Arbeitsplatz, hinzu kommen 477.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. (…) Der Jobverlust zeichnete sich am deutlichsten im Gastgewerbe ab, also etwa in der Gastronomie oder unter Beschäftigten in Hotels. Hier verloren etwa 398.000 Angestellte und Minijobber ihr Beschäftigungsverhältnis.  Auch im verarbeitetenden Gewerbe – allen voran die Metall- und Elektroindustrie – kostete die Coronakrise rund 128.000 Stellen. Allerdings wies die Bundesregierung in ihrer Stellungsnahme darauf hin, dass die Branche bereits vor dem Ausbruch der Pandemie von einem strukturellen Wandel geprägt worden sei. In der Kunst-, Unterhaltungs- und Erholungsbranche fielen etwa 78.000 Minijobs weg. (…) Die Bundesagentur für Arbeit zahlte eigenen Angaben zufolge im vergangenen Jahr insgesamt 22,1 Milliarden Euro für das Kurzarbeitergeld aus. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es 157 Millionen Euro und während der Wirtschafts- und Finanzkrise, die sich finanziell zwischen 2008 und 2012 auswirkte, fielen insgesamt 8,5 Milliarden Euro für das Kurzarbeitergeld an…” Meldung vom 24. April 2021 bei tagesschau.de externer Link
  • Sozialpolitik: Welche Menschen Corona-Hilfen bekommen – und welche nicht 
    Alle EU-Regierungen mussten ihr Sozialsystem ausweiten, um die Folgen der Corona-Krise halbwegs abzufedern. Manche Gruppen sind weiterhin nur unzureichend geschützt, zeigt eine Studie. Das soziale Netz in Europa gilt als recht solide – vor allem im Vergleich mit den USA. Und doch waren die Sozialsysteme der EU-Mitgliedstaaten mit der Corona-Wirtschaftskrise überfordert. Jede der 27 Regierungen musste Sozialleistungen ausweiten oder neue Hilfsprogramme einführen, um zu verhindern, dass die heftige, langandauernde Krise manche Gruppen von Bürgern ohne ausreichenden Schutz trifft. Dies ist das Ergebnis einer Studie externer Link des Brüsseler Forschungsinstituts Etui; die Einrichtung gehört zum europäischen Gewerkschafts-Dachverband Etuc. Demnach gestalteten 24 Mitgliedstaaten die Arbeitslosen- und Sozialhilfe großzügiger: Beträge oder Bezugsdauer wurden erhöht, die Voraussetzungen für den Erhalt herabgesetzt. In 20 Ländern weiteten die Regierungen Kranken- und Elterngeld aus, indem sie etwa die vorgeschriebene Wartezeit verringerten. „Die Covid-Krise hat die riesigen Lücken in Europas Sozialsystemen bloßgestellt“, sagt Etuc-Vorstandsmitglied Liina Carr. Der Fokus der Studie liegt darauf, ob und wie Bürger in nicht-regulären Beschäftigungsverhältnissen geschützt sind. Dies sind zum Beispiel Scheinselbständige, die für Essens-Lieferdienste wie Deliveroo tätig sind, oder Mitarbeiter, denen keine feste Stundenzahl pro Woche garantiert wird. Die Sozialversicherungen bringen solchen Beschäftigten oft nur wenig. In der Corona-Krise führten Regierungen dann Notfallprogramme ein, die auch Selbständige unterstützten, heißt es in dem Bericht. Trotzdem halfen all die Verbesserungen in der Pandemie in erster Linie Beschäftigten mit regulärem Arbeitsvertrag, die ohnehin einen einfachen Zugang zum Sozialsystem haben. „Es sind die ärmsten und benachteiligtsten Mitglieder der Gesellschaft, die durch die Lücken im sozialen Netz fallen, vor allem Frauen, ethnische Minderheiten und junge Leute“, klagt Etuc-Funktionärin Carr. Die Studie bemängelt zudem, dass viele Verstärkungen der Sozialsysteme nur befristet und teilweise schon wieder ausgelaufen sind…“ Artikel von Björn Finke, Brüssel, vom 8. April 2021 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link

Siehe auch im LabourNet:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=186191
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