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Die Furcht des (Möchte-Gerne) Sultans vor der Jugend: Proteste an Universitäten der Türkei gehen weiter – und finden wachsende (internationale) Unterstützung

Solidarität mit den Studierenden und Lehrenden der Boğaziçi-Universität in Istanbul (Foto: sendika.org)„… Zuerst möchten wir Sie noch einmal an die Gründe unserer Proteste und an unsere Forderungen erinnern: Sie haben die Studierenden und Lehrenden unserer Universität ignoriert und einen Zwangsverwalter eingesetzt. Ist das, was sie gemacht haben, legal? Ja, wie Sie ja auch bei jeder Gelegenheit betonen, ist es legal, aber legitim ist es nicht. Diese Einsetzung bringt jeden in dieser Gesellschaft, der oder die auch nur ein Krümelchen Gerechtigkeitsbewusstsein besitzt, dazu, sich dagegen zu erheben! Obendrein eröffnen Sie dann auch noch in einer Schnellschusserklärung Freitag nachts Fakultäten und setzen Dekane ein, um die Lehrenden, Studierenden, Arbeiter*innen und die ganze Institution zu unterdrücken. (…) Wir nutzen unsere von der Verfassung garantierten Rechte, um alle Teile der Gesellschaft auf die Ungerechtigkeit, die uns angetan wird, aufmerksam zu machen. Unsere Forderungen sind: Alle unsere Freund*innen, die während der Proteste festgenommen wurden, sollen sofort freigelassen werden! Die diskreditierenden Kampagnen gegen unsere LGBTI+ Freund*innen und alle anderen als Zielscheibe ausgegebenen Gruppen müssen enden! Alle Zwangsverwalter sollen zurücktreten, allen voran Melih Bulu, der der Grund für diese Festnahmen, Verhaftungen und Sündenbockpolitik ist! An den Universitäten sollen demokratische Rektoratswahlen stattfinden, an denen alle Teile der Universitäten teilnehmen! (…) Seit wann ist es dann eine Frage des Mutes, ein von der Verfassung garantiertes Recht in Anspruch zu nehmen? Verwechseln Sie uns nicht mit jenen, die sich Ihnen bedingungslos unterwerfen. Sie sind kein Sultan und wir nicht Ihre Untertanen…“ unter anderem so wendet sich in dem offenen Brief „Wider die Zwangsverwaltung von Erdoğans Gnaden“ die Boğaziçi-Solidarität externer Link (in Übersetzung und mit zusätzlichen redaktionellen Anmerkungen dokumentiert am 6. Februar 2021 bei beim re:volt magazine) an den willkürlich installierten Rektor der Universität und seine Hintermänner. Siehe dazu zwei weitere Solidaritätserklärungen mit dem Kampf der Studierenden in der Türkei und den Hinweis auf den bisher letzten unserer zahlreichen Beiträge zum Thema:

  • „Solidarität mit den Studierenden und Lehrkräften der Boǧaziçi-Universität!“ am 06. Februar 2021 bei der DIDF externer Link unterstreicht unter anderem: „… Einmal mehr richten sich die Proteste gegen die antidemokratische und autoritäre Politik der AKP– Regierung. Die Proteste in der Türkei sind längst nicht mehr auf die Boǧaziçi-Universität beschränkt. Im ganzen Land demonstrieren besonders junge Menschen gegen die Politik der Regierung und für eine freie Lehre und Forschung. Gegen die Demonstranten wird mit aller Härte vorgegangen. Sie werden als Terroristen verleumdet und von der Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas angegriffen. Immer wieder werden Studierende unter dem Vorwand gegen Corona-Regelungen verstoßen zu haben, bei den Protesten inhaftiert. Doch sie geben nicht auf. Auf Aufforderungen, wie „Senk deinen Blick, Ungezogene“ durch die Polizei, antworten sie: „Wir werden unseren Blick nicht senken“. Genauso, wie wir uns auch hier in Deutschland für eine Lehre und Forschung frei von wirtschaftlichen Einflüssen einsetzen, solidarisieren wir uns mit den protestierenden Studierenden in der Türkei. Wir fordern den Rücktritt von Melih Bulu und freie Wahlen an den Hochschulen!...“
  • „Solidarität mit Studierenden und Lehrenden der Boğaziçi-Universität in Istanbul!“ am 06. Februar 2021 bei der Assoziation für Kritische Gesellschaftsforschung externer Link ist die Solidaritäts-Erklärung der AKG, in der es unter anderem heißt: „… Die türkische Regierung will die Proteste durch massive Repression niederschlagen. Die Polizei ging gewaltsam gegen Protestaktionen in Istanbul und anderen Städten vor und nahm hunderte Menschen fest. Viele Menschen wurden durch Gummigeschosse und Tränengas der Polizei verletzt, einige Studierende berichten über sexualisierte Gewalt seitens der Polizei. Ein Kunstprojekt einer LGBTQI-Gruppe an der Universität nahmen Vertreter*innen der Regierungspartei AKP weiterhin zum Anlass, aufgrund angeblicher Beleidigung der Religion vier Student*innen festzunehmen. Innenminister Süleyman Soylu bezeichnete die festgenommenen LGBTQI-Aktivist*innen als „Perverse“, die bestraft werden müssten. Angehörige der LGBTQI-Community werden schon lange von der AKP-Regierung verfolgt und Soylus Ausfall bescheinigt einmal mehr, wie konservativ-islamische Kräfte offen Hass gegen Minderheiten im Land schüren. Allerdings geben die Studierende der Boğaziçi-Universität nicht auf. Inzwischen gibt es eine breite Unterstützung, die auch von außeruniversitären Oppositionskräften getragen wird. Auch außerhalb der Türkei kam es bereits zu einer Reihe von Solidaritätsaktionen wie etwa in Barcelona, Köln und Berlin. Wir als Sozialwissenschaftler*innen, die in der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkG) organisiert sind, möchten unsere Solidarität mit den Studierenden und Lehrenden der Boğaziçi-Universität in Istanbul deutlich machen und verurteilen diesen erneuten Angriff der AKP-Regierung auf die Wissenschaftsfreiheit. Wir stehen weiterhin in Solidarität zu den verhafteten LGBTQI-Aktivist*innen unter der LGBTQI-Community in der Türkei“.
  • Siehe auf Twitter dazu u.a. BogaziciSoli-Schweiz externer Link und unsere FreundInnen von sendika.org externer Link mit vielen Berichten dazu auch auf ihrer Homepage externer Link, auch von internationalen Soli-Demos u.a. in Berlin
  • Zu den Protesten an den Universitäten der Türkei zuletzt: „Neben dem Krieg in Kurdistan beginnt das Erdogan-Regime jetzt auch einen Krieg gegen die Studierenden der Türkei – da reagiert die Bundesregierung knallhart: Welcome to the Kriegsminister“ am 03. Februar 2021 im LabourNet Germany
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=186075
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