Sachsen-Anhalt ändert Versammlungsgesetz – angeblich gegen Rechts
Dossier
„Sachsen-Anhalt bekommt ein neues Versammlungsgesetz. Mit den Neuerungen sollen Demonstrationen leichter verboten werden können – etwa wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet sind. Außerdem ändern sich die Befugnisse der Städte Magdeburg und Halle. (…) Die Änderung sieht vor, dass die zuständige Behörde Versammlungen oder Aufzüge von bestimmten Beschränkungen abhängig machen oder auch verbieten kann – wenn zum Beispiel die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet sind. Ergänzt werden soll zudem eine Regelung, wonach die Anmeldung einer Versammlung frühestens zwei Jahre vor deren Beginn wirksam erfolgen kann. (…) Das aktualisierte Versammlungsgesetz soll erleichtern, Demonstrationen von Extremisten zu verbieten. Anlass sind die Dauerdemos des bekannten Rechtsextremisten Sven Liebich auf dem Marktplatz in Halle. Bisherige Verbote der Versammlungsbehörde wurden gerichtlich immer wieder aufgehoben…“ Meldung vom 07. Oktober 2020 zum Kabinettsbeschluss beim MDR , siehe dazu:
- „Lex Liebich“ ist gescheitert Versammlungsrecht wird nicht verschärft
„Mit einem neuen Versammlungsrecht wollte das Land Neonazi-Demos besser in den Griff bekommen. Doch nun steht fest: Die Verschärfung des Versammlungsrechts ist gescheitert. Woran der Entwurf scheiterte und wer wem dafür die Schuld gibt. Sachsen-Anhalts Regierungskoalition ist mit der Verschärfung des Versammlungsrechts gescheitert. Der Gesetzentwurf aus dem Innenministerium, der vor allem rechtsradikale Corona-Demos untersagen sollte, verschwindet nach einem letzten, ergebnislosen Gespräch am Dienstag zwischen CDU, SPD und Grünen in der Schublade…“Artikel von Jan Schumann vom 16.02.21 in der Mitteldeutschen Zeitung online – ab hier im Abo, dürfte aber als frohe Botschaft reichen… - Konsequenter Antifaschismus statt Einschränkungen! Stellungnahme zur Verschärfung des Versammlungsgesetzes in Sachsen-Anhalt
„Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass wieder ein rechtes Netzwerk in einer „Sicherheitsbehörde“ aufgedeckt wird – sei es innerhalb der Polizei, des Verfassungsschutzes oder im Militär. Das führt allerdings nicht dazu, dass diese Behörden stärker überprüft oder hinterfragt werden. Im Gegenteil werden kontinuierlich Kompetenzen von Polizei und Verfassungsschutz ausgeweitet. (…) Nun stellt die Landesregierung ausgerechnet die Verschärfung des Versammlungsrechts als eine Maßnahme im Kampf gegen Rechts dar. Mit der neuen Verschärfung sollen zum Beispiel die antisemitischen und rassistischen Kundgebungen und Demonstrationen eines bekannten Rechtsextremisten aus Halle verboten werden können. Diese Argumentation ist besonders perfide, denn seit Monaten werden Polizei und Versammlungsbehörde dafür kritisiert, nicht ihre gesamten rechtlichen Möglichkeiten gegen diesen auszunutzen. Weder werden Journalist:innen oder Beobachter:innen geschützt noch werden die Auflagenverstöße von Rechtsradikalen dokumentiert noch Straftaten wie Beleidigung, Volksverhetzung oder Bedrohung verfolgt. Der Gesetzesentwurf, der am 21. Januar 2021 im Landtag beraten wurde, sieht eine Reihe von Neuerungen vor. So soll in Halle künftig die Stadt anstelle der Polizei die Versammlungsbehörde sein. In Magdeburg hingegen soll die Zuständigkeit für das Versammlungsrecht bei der Polizei bleiben. Darüber hinaus werden die Befugnisse der Versammlungsbehörden durch die Einführung des Schutzguts der „öffentlichen Ordnung“ sowie eine Verschärfung des Uniformierungsverbots erweitert. Beide Paragraphen öffnen der Versammlungsbehörde und auch der Polizei, die die Entscheidungen der Behörde umsetzt, Tür und Tor, um Demonstrationen leichter einzuschränken oder gar zu verbieten. (…) Ginge es der Landesregierung wirklich darum, effektiver gegen Rechtsextremismus vorgehen zu können, gäbe es bereits jetzt viele unausgeschöpfte Möglichkeiten. Rechte Straftaten werden durch die Staatsanwaltschaften bagatellisiert, rechte Netzwerke in staatlichen Strukturen nicht erkannt. Die Verschärfung des Versammlungsrechts hilft hingegen nicht gegen den Terror von rechts. Im Gegenteil – der Handwerkskoffer der Repressionsbehörden wird ausgebaut und im Zweifel werden dadurch Antifaschist:innen kriminalisiert. Wir bleiben dabei: Antifaschismus bleibt Handarbeit! Ob in der Recherche, in der gemeinsamen Arbeit mit Betroffenen rechter Gewalt oder auf der Straße mit dem eigenen Körper gegen Nazis. Verschärfte Versammlungsgesetze helfen dabei nicht. Einzig konsequenter Antifaschismus kann eine vernünftige Antwort auf die erstarkende extreme Rechte sein! Wir fordern deshalb auch die Landtagsabgeordneten von Grünen und SPD auf, der geplanten Gesetzesänderung nicht zuzustimmen!“ Offener Brief von 37 Organisationen/politischen Gruppen vom 25. Januar 2021 beim Transit-Magazin , siehe dazu:- Kritik an der Verschärfung des Versammlungsgesetzes in Sachsen-Anhalt
„Die Landesregierung plant in Sachsen-Anhalt das Versammlungsrecht zu verschärfen. Anlass dafür sind die Dauer-Kundgebungen des Neo-Nazis Sven Liebich in Halle. Nicht bei allen kommt dieser Gesetzesentwurf gut an. Am Montag veröffentlichte das Transit-Magazin einen offenen Brief gegen den geplanten Gesetzesentwurf. Unterschrieben haben ihn 27 politische Gruppen in Sachsen-Anhalt. Ihre Kritik: Gegen die radikale Rechte würden nur konsequenter Antifaschismus helfen, nicht aber Grundrechtseingriffe. Was genau die Gruppen stört, darüber sprach Radio Corax mit Rachel von den Kritischen Jurist*innen und Niklas von der Interventionistischen Linken. Beide waren an dem Schreibprozess beteilligt.“ Sendung am 26. Januar 2021 bei Radio Corax
- Kritik an der Verschärfung des Versammlungsgesetzes in Sachsen-Anhalt
- Mit Recht gegen Rechts? In Sachsen-Anhalt soll das Versammlungsrecht verschärft werden
„Sachsen-Anhalt soll ein neues Versammlungsgesetz bekommen. Das alte sei nicht mehr zeitgemäß, heißt es aus Regierungskreisen. Dabei stellt die Regierung ihre Gesetzesinitiative als eine Maßnahme gegen Rechts dar. Ein antifaschistischer Akt quasi. Aber funktioniert das, Grundrechtseinschränkungen als Mittel im Kampf gegen Nazis? Nein, heißt es von verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gruppen. Sie befürchten, dass zukünftig vor allem sie kriminalisiert werden. Das bestehende Versammlungsrecht sei völlig ausreichend, meinen sie. Polizei und Versammlungsbehörde müssten nur ihren Job machen, dann bräuchte es auch keine weiteren Einschränkungen. Radio Corax hat sich bei verschiedenen Akteuren umgehört.“ Beitrag vom 26.11.2020 bei Radio Corax - Gegen Hetz-Demos: neues Versammlungsgesetz für Sachsen-Anhalt
„… Henriette Quade (Linke) sieht kein Problem bei der Rechtslage des bisherigen Versammlungsrechts. Es liege nur an der fehlenden Durchsetzung bestehender Regelungen. Das Verbot von Demo können nun zur Willkür werden, kritisiert die Interventionistische Linke in Halle. Unnötig wie falsch sei das Militanzverbot, also das Verbot gleichartiger Kleidung, weil diese einschüchternd wirken soll. Das liefere der Polizei Vorwände, Demonstrationen besser auszuspionieren. Das erleichtere Überwachung und erschwert Anonymität. Damit könne es Menschen daran hindern, sich an Demonstrationen zu beteiligen…“ Beitrag vom 19. November 2020 bei „Du bist Halle“