Alle Jahre wieder im Januar: In Tunesien werden die Versprechungen des Sturzes der Ben Ali-Diktatur eingeklagt
10 Jahre ist es nun her, dass die jahrzehntelange Diktatur des Ben Ali-Regimes im Januar 2011 unter dem Druck einer enormen demokratischen Massenbewegung zerfiel. Versprechungen, Hoffnungen und Erwartungen waren groß – und blieben weitgehend unerfüllt. Und jedes Jahr im Januar werden diese unerfüllten Erwartungen eingeklagt gegen ein Regime konservativ-religiöser Kräfte, die nichts anderes zu tun wussten, als einen normalen peripheren Kapitalismus zu befördern, der vor allem die jungen Menschen in die Erwerbslosigkeit treibt – oder, bestenfalls, in prekäre Beschäftigung und Lebensweise. In diesem Jahr 2021 fällt aber alles „extremer“ aus: Die Proteste sind heftiger und finden im ganzen Land statt, die Polizeirepression ist brutaler – und die rechten politischen Kräfte melden sich mit ihrer Hetze stärker zu Wort. Siehe dazu einige aktuelle Berichte und Hintergrundbeiträge zur sozialen und politischen Entwicklung in Tunesien sowie den Hinweis auf unseren ersten Beitrag zu den aktuellen Protesten
Brexit und Epidemie: Für die britische Rechtsregierung Grund und Anlass zu einer Offensive gegen Arbeitsschutz und Gewerkschaftsrechte – einige Gewerkschaften setzen „zero covid“ dagegen
„… Innerhalb der britischen Regierung wird offenbar über einen weitgehenden Abbau von Beschäftigtenrechten nachgedacht. Das berichtete die in London erscheinende Tageszeitung Financial Times am Freitag. Demnach soll der konservative Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng gemeinsam mit dem Büro von Premierminister Boris Johnson bereits erste Pläne in diese Richtung ausgearbeitet haben. In deren Zentrum soll die Deregulierung von Arbeitszeitbeschränkungen stehen, so der Bericht. Konkret geht es um die EU-Arbeitszeitrichtlinie. Sie beschränkt die zulässige durchschnittliche Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden. Mit Inkrafttreten des neuen Handelsabkommens mit der Europäischen Union sowie dem Ende der Übergangsperiode nach dem Austritt Großbritanniens aus der Wirtschaftsunion kann das Königreich nun auch diese Vorgaben ignorieren. Dies wurde bis zu einem gewissen Grad ohnehin schon getan. Viele Unternehmen drängen seit Jahren ihre Beschäftigte zum Unterschreiben »freiwilliger« Erklärungen, um diese so zu Wochenarbeitszeiten von 50 bis 60 Stunden zwingen zu können. Doch durch die Richtlinie war Großbritannien bislang auch zu weiteren Arbeitsschutzmaßnahmen verpflichtet, die die Unternehmen des Landes nicht so einfach umgehen konnten. Dazu gehören etwa verbindliche Aufzeichnungen der von den einzelnen Beschäftigten eines Betriebes tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden. Auch Pausen- und Ruhezeiten werden durch die Direktive geregelt, zum Beispiel das Recht auf eine elfstündige Ruhezeit innerhalb von 24 Stunden. Würden solche Elemente wegfallen, könnten britische Unternehmen die Ausbeutung ihrer Arbeiter noch stärker als ohnehin schon verschärfen…“ – aus dem Beitrag „Attacke auf Arbeiter“ von Christian Bunke am 18. Januar 2021 in der jungen welt worin auch noch auf etwaige Einschränkungen solcher Pläne durch das Abkommen mit der EU hingewiesen wird. Siehe im Überblick dazu auch eine Meldung zur wirtschaftlichen Lage des Landes, zwei gewerkschaftliche Stellungnahmen zu diesen neuen Plänen der Rechtsregierung, zwei Beiträge zu alternativen gewerkschaftlichen „zero covid“ Aktivitäten und den Hinweis auf unseren Bericht zum Boykottaufruf der Bildungsgewerkschaft NEU
Regierungen in Berlin und Ankara wollen (noch) bessere Beziehungen: Dafür gibt es Gastgeschenke
Außenminister Maas, der peinliche Freund aller Rechtsradikalen, will (noch) bessere Beziehungen zur Türkei. Und es ist ja nicht wenig, was er mitbringt: Die BRD ist europäischer Vorkämpfer der Repression gegen Kurden und nirgends wurden und werden Erdogans Fußtruppen, von Islamisten bis Faschisten, so unterstützt, wie in der BRD – siehe dafür unsere Rubrik „Terrorismus“bekämpfung und Grundrechte. Und „Einzelfälle“ (sofern sie nicht Nawalny heißen, von denen es in der Türkei wenige gibt) spielen ohnehin keine Rolle in Berlins Kalkül, Feldzüge im Kaukasus oder gegen Syrien auch nicht. Da liegt der Gedanke nahe, dass auch das Erdogan-Regime besondere Beziehungen signalisieren will: Beispielsweise mit der aktuell organisierten antigewerkschaftlichen Kampagne in der Türkei, die weiterhin beste Investitionsbedingungen für (nicht nur, aber vor allem) bundesdeutsche Unternehmen garantieren soll oder mit der Gleichschaltungspolitik an Universitäten, die die Stärke der Koalitionsregierung mit den Faschisten demonstrieren soll. Der Widerstand gegen diesen Kurs ist der Bundesregierung ebenso gleichgültig, wie in anderen „befreundeten Ländern“… Zum aktuellen Türkeibesuch des bundesdeutschen Außenministers und der gleichzeitigen antidemokratischen Offensive des Erdogan-Regimes eine kleine aktuelle Materialsammlung zum Thema echt reaktionäre Freundschaft
34. Interventionen » Wirtschaftspolitische Gegenwehr: Krisen und der alltägliche Kapitalismus » Alltagswiderstand und Commons » Commons und Recht auf Stadt » Dossier: Recht auf Wohnung: Erst recht bei einer Epidemie
AKTUELL BEI LABOURNET.TV: Union Busting bei Goldnetz
„Goldnetz gGmbH hat Nurias Arbeitsvertrag auslaufen lassen, weil sie sich in der gewerkschaftlichen Kampagne „Für die gute Sache! Aber zu welchem Preis?“ engagiert hat. Goldnetz lebt von öffentlichen Mitteln, praktiziert Kettenbefristungen und ist unter den Kolleg_innen als gewerkschaftsfeindlicher Betrieb bekannt: „Wenn du das Wort ‚Betriebsrat‘ hier in den Mund nimmst, wirst du, wenn du einen befristeten Vertrag hast nicht verlängert, wenn du einen entfristeten Vertrag hast wirst du strafversetzt.“ (aus dem Video) Nuria hat sich davon nicht einschüchtern lassen und auf ihr Recht gepocht, sich gewerkschaftlich zu engagieren. Jetzt hat sie gegen Goldnetz Klage erhoben wegen Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Verhandlungstermin ist am 27.1. 2021. Um 9:00 beginnt die Solidaritäts-Kundgebung vor dem Arbeitsgericht, Magdeburger Platz 1, Berlin.“ Video bei labounet.tv (deutsch | 5 min | 2021)
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi
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