Rentenalter bis auf 72 wg. Fachkräftemangel? „Gewinnmaximierung auf dem Rücken der Arbeitnehmer“ – wenn sie überhaupt noch können
Dossier
„… Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat zu Beginn des neuen Jahres gefordert , das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Außerdem will er die Sozialbeiträge deckeln und dies im Grundgesetz festschreiben. „Diese Vorschläge sind völlig inakzeptabel – sie bedeuten für viele Beschäftigte letztlich eine Rentenkürzung durch die Hintertür“, sagt DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. „Schon heute scheiden viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer krankheitsbedingt vorzeitig aus dem Erwerbsleben aus – und haben dabei erhebliche Rentenabschläge hinzunehmen. Höhere Altersgrenzen sind de facto eine Gewinnmaximierung für Unternehmen auf dem Rücken der Arbeitnehmer, insbesondere zu Lasten kranker, arbeitsloser und schwer arbeitender Menschen. Denn wer Sozialbeiträge nicht nur deckeln sondern diese Deckelung gar im Grundgesetz festschreiben will, macht Kürzungen bei den Sozialleistungen zum Ziel des Sozialstaats…“ DGB-Stellungnahme vom 4. Januar 2021 – siehe weitere:
- „Rentenaufschubprämie“: Ampel-Pläne für die Rente unter Beschuss
„… Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und den erheblichen Druck auf die Rentenkasse durch den Renteneintritt von Millionen Baby-Boomern zu lindern, will die Ampel-Koalition Anreize für längeres Arbeiten schaffen. Im September hat die Regierung daher eine „Rentenaufschubprämie“ auf den Weg gebracht. Wer über das Renteneintrittsalter hinaus im Job bleibt, soll damit das Recht auf eine einmalige Prämie erhalten. (…) Nun berichtet das Fachportal Ihre-Vorsorge.de, dass die DRV die Vorschläge der Ampel unter die Lupe genommen hat und nun in einer Experteneinschätzung Einwände geltend macht. Die Rentenaufschubprämie stehe „als eine einmalige Zahlung nicht im Einklang mit dem Grundgedanken der Rentenversicherung, die auf lebenslange und dynamische Alterssicherungsleistungen aufbaut“, zitiert der Bericht die Rentenkasse. Die DRV erwarte hier einen erheblichen Aufwand, besonders für die IT – bei nur sehr geringem Ertrag. Besonders kritisch sieht die DRV demnach aber die Auszahlung der Rentenbeiträge des jeweiligen Arbeitgebers an arbeitende Senioren. Denn damit würden der Rentenkasse 0,5 Milliarden Euro pro Jahr entgehen – und das in Zeiten, in denen die Rentenkasse ohnehin schon knapp ist. Diese Auszahlung der Renten- und Arbeitslosenbeiträge hätte aber noch weitere, von der Ampel nicht beachtete Konsequenzen, so die DRV. Denn dadurch würden sich die Löhne der arbeitenden Rentner erhöhen (wie von Heil beschrieben um 10 Prozent). Und das wiederum wirkt sich auf die Rentenanpassung aus. Denn die jährlichen Rentenerhöhungen richten sich nach der Höhe der Löhne der Versicherten in der Rentenkasse. Steigen die Löhne, dann müssen auch die Renten angepasst werden. Nach Berechnungen der Rentenversicherung um 0,2 Prozent im ersten Jahr der Einführung des Modells. Die Mehrbelastung für diese Rentenerhöhung beliefen sich demnach „im ersten Jahr […] rund 0,4 Milliarden Euro und in den Folgejahren von je rund 0,8 Milliarden Euro“ (…) Wie viele Menschen wirklich über das Renteneintrittsalter hinaus weiterarbeiten würden, ist nicht sicher. Allerdings ergeben Umfragen generell eine recht hohe Beteiligungsquote. Eine Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ergab eine Quote von 36 Prozent, die sich das längere Arbeiten vorstellen könnte. Besonders hoch ist die Zustimmung, wenn die Menschen in ihrem derzeitigen Job zufrieden sind und das Gefühl haben, eine wichtige Arbeit zu erledigen. (…) Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen arbeiten mit einem Anteil von 18 Prozent häufiger länger als solche mit niedrigem (11 Prozent) oder mittlerem Bildungsniveau (12 Prozent)…“ Artikel von Amy Walker vom 5. November 2024 in der Frankfurter Rundschau online - Prämie für Rente mit 69: Bundesarbeitsminister Heil (SPD) will durch Prämien für Arbeit im Rentenalter die Zahl der „Silverworker“ erhöhen. Nur wenige dürften profitierten
„Bisher sind sie eine kleine Minderheit: Beschäftigte, die die Regelaltersgrenze von inzwischen 66 Jahren erreichen und einfach weiterarbeiten, womöglich bei demselben Unternehmen. Ihre Rente nehmen sie nicht in Anspruch. Für jeden Monat Mehrarbeit erhöht sich dafür ihr Rentenanspruch um 0,5 Prozentpunkte. Wer dann drei Jahre später mit 69 Jahren tatsächlich in Rente geht, erhält auf diesem Weg also 18 Prozent mehr Rente, und zwar auf Lebenszeit. Nach aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung haben von den fast 1 Million Menschen, die 2023 neu in die gesetzliche Altersrente gingen, nur 44.800 ihr Ruhegeld durch einen Aufschub aufgebessert. „Den Renteneintritt aufzuschieben macht nur eine Minderheit“, sagt Dirk Manthey, Sprecher der Deutschen Rentenversicherung, der taz. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will den späteren Renteneintritt nun attraktiver machen und die Zahl dieser „Silverworker“ erhöhen. Er plant eine einmalige „Rentenaufschubprämie“, allerdings nicht als Ergänzung, sondern als Alternative zum bisherigen Modell. Die entsprechende Änderung in den Sozialgesetzen soll Anfang September im Kabinett beschlossen und dann im Parlament beraten werden. Nach den Heil’schen Plänen sollen Beschäftigte, die über die Regelaltersgrenze hinaus und ohne gleichzeitigen Rentenbezug bis zu drei Jahre länger sozialversicherungspflichtig arbeiten, bei Rentenbeginn eine einmalige Prämie ausgezahlt bekommen. Diese soll sich aus der monatlichen Rente multipliziert mit der Anzahl der aufgeschobenen Monate ergeben. (…) Für drei Jahre Aufschub bei 1.100 Euro Rente bekäme man also eine einmalige Prämie von 39.600 Euro ausgezahlt plus den Anteil des Krankenkassenbeitrags, den die Rentenkasse durch den späteren Renteneintritt gespart hat. Insgesamt kämen im genannten Beispiel mehr als 40.000 Euro auf einen Schlag zusammen, sozialversicherungsfrei. Die monatlichen Rentenerhöhungen wie im aktuellen Modell fielen bei der Prämienzahlung weg, man kann sich aber beim Aufschub alternativ auch für eine monatlich höhere Rente entscheiden wie bisher. Anja Piel, Vorstandsmitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund, ist skeptisch. Diese „Rentenaufschubprämie“ sei nur für „diejenigen gut, die genug verdienen und gesund genug sind, den Rentenbeginn aufzuschieben“, so Piel in einer Presseerklärung. (…) Wer künftig Rente bezieht und nebenher sozialversicherungspflichtig arbeitet, soll aber auch von den Heil’schen Plänen profitieren. Bisher zahlen Arbeitgeber für arbeitende Rentner:innen die Sozialbeiträge für die Arbeitslosenversicherung und die Rentenversicherung, ohne dass den Beschäftigten daraus aber Ansprüche auf mehr Rentenzahlungen erwachsen. Ansprüche auf mehr Rente durch den Nebenjob erarbeiten die Ruheständler:innen bisher nur, wenn sie ihrerseits auch den Arbeitnehmerbeitrag für die Rentenkasse entrichten. Dies müssen sie aber nicht und die meisten älteren Beschäftigten verzichten auch darauf, weil sie ohne die Beitragszahlung mehr Nettolohn bekommen. Der Arbeitgeberbeitrag in die Rentenkasse wird sozusagen von der Rentenversicherung ohne Gegenleistung kassiert. Nach den Heil’schen Plänen sollen die beschäftigten Rentner:innen künftig den Arbeitgeberanteil für die Renten- und Arbeitslosenkasse ausgezahlt bekommen, was allerdings die Einnahmen der Sozialkassen mindern würde. Piel spricht auch deswegen von einem „milliardenschweren Eingriff in die Sozialversicherungen“ durch die geplanten Neuregelungen.“ Artikel von Barbara Dribbusch vom 29. August 2024 in der taz online - Einschätzungen von Beschäftigten, Betriebs- und Personalräten: Durchhalten bis zur Rente?
„In öffentlichen Debatten wird gefordert, das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Diese Forderung geht jedoch an der Realität der Beschäftigten vorbei. Viele schaffen es aus gesundheitlichen und sonstigen Gründen nicht, bis zum Rentenalter zu arbeiten. Dieser WSI-Report geht der Frage nach, ob und welche Beschäftigte sich in der Lage sehen, ihre aktuelle berufliche Tätigkeit bis zum Rentenalter durchhalten zu können. Ergänzt wird diese Selbsteinschätzung durch Angaben von Betriebs- und Personalräten, nicht nur zur Beschäftigungsfähigkeit, sondern auch zu Handlungsspielräumen der Betriebe zur Unterstützung der Beschäftigten. Datengrundlage sind die HBS-Erwerbspersonenbefragung und die WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung 2021. Im Ergebnis zeigt sich, dass die Mehrheit der Beschäftigten eher optimistisch ist, ihre aktuelle Tätigkeit bis zur Rente ausüben zu können. Allerdings zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen Beschäftigtengruppen, etwa zwischen Arbeiter*innen, Angestellten und Beamt*innen. Betriebs- und Personalräte äußern sich skeptischer zur Fähigkeit der Beschäftigten, bis zur Rente durchzuhalten. Gleichzeitig sehen sie aber Möglichkeiten der Unterstützung – Betriebe könnten mehr tun, um lange Erwerbskarrieren zu ermöglichen. Die aktuelle Situation wird aber als unzureichend eingeschätzt…“ WSI-Report Nr. 85 vom Juni 2023 von Florian Blank und Wolfram Brehmer - Gesamtmetallchef Wolf will mal wieder Rente mit 70, weil nie aufgebaute „Reserven aufgebraucht“ seien…
- „Reserven aufgebraucht“: Gesamtmetallchef Wolf für Rente mit 70
„Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall hat sich für ein späteres Renteneintrittsalter ausgesprochen. Es solle stufenweise auf 70 Jahre angehoben werden. (…)“Schaut man sich die demografische Entwicklung und die Belastungen der Sozial- und Rentenkassen an, dann sind die Reserven aufgebraucht. Wir werden länger und mehr arbeiten müssen“, sagte Wolf den Zeitungen der Funke-Mediengruppe . Ansonsten werde das System mittelfristig nicht mehr finanzierbar sein. Nach aktueller Rechtslage wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lehnt eine weitere Anhebung ab. Bereits im Mai hatte er nach einem Vorstoß von Ökonomen zur Rente mit 70 erklärt: „Wir haben in der Koalition vereinbart, dass wir das gesetzliche Renteneintrittsalter nicht erhöhen. Und daran wird sich nichts ändern.“…“ Meldung vom 01.08.2022 beim ZDF – siehe dazu weitere Infos und erste Reaktionen: - DGB lehnt Vorschlag von Gesamtmetall-Chef zu Rente mit 70 ab
„… Die Forderung einer Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall lehnt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) entschieden ab. „Ein klares Nein zur Rente mit 70 – sie ist nichts anderes als eine Rentenkürzung mit Ansage“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Viele Beschäftigte würden es schon heute nicht mehr schaffen, „gesund bis zur Rente durchzuhalten. (…) Für diejenigen, die in der Pflege, auf dem Bau oder in Fabriken arbeiten, ist längeres Arbeiten keine Option.“ Wer hart arbeite, habe ohnehin eine „deutlich geringere Lebenserwartung“ und beziehe somit auch kürzer Rente, sagte Piel. Die Finanzierung der Rente sei eine Verteilungsfrage. Auch bei einer älter werdenden Gesellschaft sei die Bundesregierung in der Verantwortung, „eine gute und ausreichende Rente als Sicherheitsversprechen zu setzen“ – ohne höhere Altersgrenzen oder kürzere Renten. (…) „Länger arbeiten belastet die Gesundheit der Beschäftigten, die schon heute unter Stress und hoher Arbeitsdichte leiden“, sagte Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, den Funke-Zeitungen. Es gebe weiter viel Luft nach oben, die Arbeitsbedingungen so zu verbessern, dass mehr Beschäftigte gesund die Regelaltersgrenze erreichten. Dem schließt sich der IG-Bau-Bundesvorsitzende Robert Feiger an. „Ein Großteil der Bauarbeiter ist bereits mit Ende 50 körperlich am Ende und muss vorzeitig in Rente gehen“, sagte er den Funke-Zeitungen. „Für Dachdecker ist die Rente mit 70 ein Alptraum. Ebenso für Zimmerer, Gerüstbauer, Betonbauer oder Eisenflechter. Aber auch Gebäudereinigerinnen und Fensterputzer sind körperlich oft einfach früher am Ende.“ Feiger warf Wolf vor, das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung zu erschüttern. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, forderte, dass die Rentenfinanzierung auf eine breitere Basis gestellt werden müsse. „Perspektivisch müssen alle dort einzahlen – neben Angestellten auch Beamte, Selbstständige und Politiker.“ (…) Nach aktueller Rechtslage wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Die Ampel-Parteien haben in ihrem Koalitionsvertrag eine weitere Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ausgeschlossen…“ Meldung vom 1. August 2022 in der Zeit online - „Unsozialer Bullshit“: Kritik an Vorschlag zu Rente mit 70
„Sollten die Menschen in Deutschland bis zu ihrem 70. Lebensjahr arbeiten gehen? Das schlägt der Chef des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall vor – und sorgt damit für heftige Reaktionen. Gewerkschaften und Politiker der Linken haben mit Empörung auf einen Vorschlag zu einer Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre reagiert. Auch der Sozialverband VdK wandte sich gegen einen entsprechenden Vorstoß des Präsidenten des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf. (…) Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und der Gewerkschaften IG Bau und IG Metall widersprachen. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel erklärte, der Vorstoß sei „nichts anderes als eine Rentenkürzung mit Ansage“. Viele Beschäftigte würden es schon heute nicht mehr schaffen, „gesund bis zur Rente durchzuhalten“, sagte sie. „Für diejenigen, die in der Pflege, auf dem Bau oder in Fabriken arbeiten, ist längeres Arbeiten keine Option.“ Wer hart arbeite, habe ohnehin eine „deutlich geringere Lebenserwartung“ und beziehe somit auch kürzer Rente, sagte Piel. Auch bei einer älter werdenden Gesellschaft sei die Bundesregierung in der Verantwortung, „eine gute und ausreichende Rente als Sicherheitsversprechen zu setzen“. (…) Der IG-Bau-Bundesvorsitzende Robert Feiger warf den Metall-Arbeitgebern vor, eine neue „Klasse der Altersarmut“ bei Handwerkern und Industriearbeitern provozieren zu wollen. „Je schwerer einer schuftet, desto früher fällt er ins Rentenloch“, sagte Feiger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Für Berufsgruppen wie Zimmerer, Dachdecker oder Gerüstbauer sei selbst die Rente mit 65 „schon zu lang“, argumentierte der Gewerkschaftschef…“ Meldung vom 01.08.2022 in der FR online - Arbeitgeberpräsident warnt vor ausufernden Sozialabgaben
„Dulger: Wir brauchen ein Belastungsmoratorium für die Betriebe. Die Lohnnebenkosten müssen auf 40 Prozent gedeckelt werden. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat vor ausufernen Sozialabgaben gewarnt und grundlegende Reformen gefordert. Dulger sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir brauchen ein Belastungsmoratorium für die Betriebe. Die Lohnnebenkosten müssen auf 40 Prozent gedeckelt werden, denn es droht eine ausufernde Beitragserhöhung.“ Beitragserhöhungen seien „das Schlechteste, was wir im Moment tun können“, argumentierte der Arbeitgeberpräsident. „Sie belasten nicht nur die Betriebe, sondern auch die Beschäftigten. Es muss jetzt in dieser schwierigen Situation mehr Netto vom Brutto in den Lohntüten bleiben. Die guten Steuereinnahmen des Bundes geben das her“, sagte Dulger. Im September will Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Fortsetzung der konzertierten Aktion mit Arbeitgebern und Gewerkschaften erneut über Maßnahmen gegen die hohe Inflation beraten. Scholz hatte bereits zusätzliche Entlastungen wie eine Wohngeldreform angekündigt. Eine nachhaltige Lösung bestehe darin, die Sozialsysteme grundlegend zu reformieren, so Dulger. „Das fordern wir seit Jahren, zum Beispiel eine Dynamisierung des Renteneintrittsalters. Ich sage bewusst nicht irgendeine Zahl, sondern ich sage einfach nur Dynamisierung. Das heißt: Das Renteneintrittsalter wird an die Lebenserwartung gekoppelt – und dann wird das über einen Schlüssel dynamisiert.“..“ Agenturmeldung vom 26.07.2022 bei Ihre Vorsorge - Siehe wg teilweiser Überschneidungen auch unser Dossier: SPD, Grüne und FDP (Kapital sowieso) wollen höhere Höchstarbeitszeit: Wir sollen uns flexibel an die Bedürfnisse des Kapitals anpassen
- „Reserven aufgebraucht“: Gesamtmetallchef Wolf für Rente mit 70
- Siehe zwischenzeitlich unser Dossier: [Ruhestand erst ab 70 als Wahlkampfthema] Neoliberale Rentenpropaganda
- Rente mit 70: CDU und Arbeitgeberverband kündigen Angriff an – Auch Kürzungen von Sozialleistungen wurden angekündigt. So antworten die Großkapitalist:innen auf die Frage, wer die Krise zahlen soll
„… Der CDU-Wirtschaftsrat hat letzte Woche ein Konzeptpapier für ein neues Reformprogramm unter dem Titel „Überlastung der Sozialsysteme verhindern“ veröffentlicht, worüber die F.A.Z. berichtete . Darin positionieren sich Unternehmer:innen, die der Union nahestehen, gegen weitere Staatsausgaben während der Corona-Pandemie und plädieren für einen „Kurswechsel in der Sozialpolitik“. Demnach sollen künftig die Sozialversicherungsbeiträge von 40 Prozent des Bruttolohns auf mehr als 50 Prozent erhöht werden. Darunter sollen Rentenbeiträge bis 2024 von 18,6 Prozent auf 19,9 Prozent steigen, für dieselbe Rente müssten wir also künftig monatlich mehr in die Kasse zahlen. Ebenfalls sollen die Gesundheits- und Pflegeausgaben wegen der Corona-Pandemie steigen, wie wir bereits in den Jahresabrechnungen der Krankenkassen beobachten konnten. (…) Auch steht das Renteneintrittsalter unter Beschuss des Reformpakets: es soll über 67 Jahre hinaus gehen. Dabei dienen große Angriffe wie in Niederlanden – die das Rentenalter auf 72 Jahre erhöhen wollen – als Vorbild für den Wirtschaftsrat der CDU. Ebenfalls soll sich dem Papier zufolge arbeiten „stärker lohnen“ als Sozialleistungsbezug: im Klartext Kürzungen der Harz IV-Sätze, sowie ALG I. (…) Im Reformpapier des CDU-Wirtschaftsrats wird argumentiert, dass es das Ziel des Reformpakets bezüglich des Rentensystems sei, „die zukünftigen Generationen nicht mehr zu belasten“. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Staat keine neue Einnahmen schaffen darf, wie etwa mit einer Vermögensabgabe, sodass jede neue Generation von Rentner:innen mit steigender Lebenserwartung eine zusätzliche Belastung für den Staatshaushalt darstelle. Laut ihr habe der Staat in diesem Fall zwei Optionen: entweder die Sozialleistungen wie die Rente zu kürzen oder Sozialabgaben zu erhöhen, z.B. indem der Renteneintrittsalter erhöht wird. Dabei ist diese Argumentation nichts als Heuchelei, da Millionen von Arbeiter:innen durch ihre Arbeit riesige Profite für die Großkapitalist:innen sichern, während sie ihre Rente aus ihren eigenen Löhnen zahlen müssen. Indem die Kapitalist:innen die vermeintlichen Kosten der Alterung der Gesellschaft den „neuen Generationen“ zuschreiben, versuchen sie den eigentlichen Grund für den Altersarmut zu verschleiern. Nicht die Anzahl an Rentner:innen ist das Problem, sondern die Großkonzerne, deren Aktionär:innen durch Staatshilfen massive Profite in ihre Taschen wirtschaften, während die Sozialleistungen immer wieder gekürzt werden, um diese Unternehmenshilfen zu finanzieren. (…) Dieses arbeiter:innenfeindliche, neoliberale Reformvorhaben der Bundesregierung und der Kapitalist:innen müssen wir zurückschlagen. Die Mobilisierungen müssen mit weiteren Forderungen gegen alle Auswirkungen der Krise erweitert werden: wie die Einführung einer drastischen Vermögenssteuer für die Superreichen und eine Vermögensabgabe der Großaktionär:innen, die während und vor der Krise profitiert haben. Entschädigungslose Enteignung aller Konzerne, die schließen, entlassen oder sich nicht an die Gesundheitsvorschriften halten, unter Kontrolle ihrer Beschäftigten. Die Vergesellschaftung des gesamten Gesundheitswesens und -industrie und massive Investitionen dorthin, die aus den Vermögen der Großaktionär:innen finanziert werden. Die Kapitalist:innen sind sich völlig bewusst, dass entweder sie oder wir für die Krise zahlen werden und haben das Selbstvertrauen, ihre Pläne offen und heuchlerisch anzukündigen. In Frankreich sahen wir in den vergangenen Jahren, wie die Arbeiter:innenklasse die französische Variante der Rentenreform mit Generalstreiks und Massenstreiks bekämpft hat und dabei Millionen auf die Straße mobilisieren konnte. Auch in Deutschland bildet der Generalstreik die Perspektive des Kampfes gegen diesen Generalangriff auf die Arbeiter:innenklasse. Dafür müssen wir die DGB-Bürokratie sowie die Führungen von SPD und Linkspartei für Mobilisierungen unter Druck setzen.“ Beitrag von Yunus Özgür vom 4. Januar 2021 bei KlasseGegenKlasse - Kampfansage des Tages: Endlosplackerei
„Wir brauchen nicht drum herumreden, es ist eine Kampfansage: Zum Arbeitswochenauftakt ins neue Jahr schwadronierten Rainer Dulger und Monika Schnitzer im Duett über die Erhöhung der Lebensalterszeit. Sprich, sie wollen die Endlosplackerei der Mehrwertproduzenten. Beide spielen ihre Klassenrolle, wenngleich nicht sonderlich virtuos, eher tumb. Dulger als Frontläufer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Schnitzer als Stichwortgeberin der »Wirtschaftsweisen«. (…) Das Anheben der »Regelaltersgrenze« dürfte nur ein Vorbote sein, Krisenfolgen zu sozialisieren, Coronagewinnler zu schonen. Und es ist der zynische Versuch, durch exzessive Mehrarbeit existenzverlängernde Maßnahmen für ein kaputtes Rentensystem fortzuführen. Der DGB, ein gutes Signal, reagierte prompt: »Völlig inakzeptabel« sei der Vorstoß. Denn: Bereits heute steigen Beschäftigte physisch ruiniert vorzeitig aus dem Erwerbsleben aus, mit erheblichen Rentenabschlägen. Kurzum: Gut zureden wird nicht reichen, um den kalkulierten Affront gegen alle Malocher zurückzuschlagen. Gewerkschaftliche Gegenwehr schon eher.“ Kommentar von Oliver Rast in der jungen Welt vom 05.01.2021 - Siehe dazu zuvor am 18. Dezember 2020: Debatte über Anhebung des Rentenalters: Steigende Lebenserwartung bringt vielen nicht mehr Zeit in Rente