EDEKA: Ein „einfacher Weg“, um unliebsame Mitarbeiter:innen loszuwerden

Dossier

edeka kanns besserLaura und Christina arbeiten in einer EDEKA-Filiale in Berlin. Den geringfügig Beschäftigten und studentischen Arbeitskräften wurden dort die im Tarifvertrag vorgesehenen Spät- und Nachtzuschläge nicht gezahlt. Gemeinsam mit Kolleg:innen haben sie sich entschieden, einzufordern, dass auch ihre Nacht- und Spätzuschläge gezahlt werden. Aber EDEKA rächt sich mit dem Auslaufenlassen von Verträgen. Im Interview berichten sie von ihrer Situation. (…) Wir haben kurz vor Ende der Frist, die wir gesetzt hatten, einen Brief von der Personalabteilung bekommen, dass sie unser Anliegen prüfen und sich nach erfolgreicher Prüfung wieder an uns wenden werden. Danach kam einige Zeit nichts, bis unser Chef sich nach 4 oder 5 Wochen an einige Kollegen gewandt und uns mitgeteilt hat, dass den Forderungen der studentischen Aushilfen stattgegeben wurde. Eine schriftliche Zusage, auch mit dem Termin der Auszahlung, haben wir aber nie erhalten. Anders sah es bei den 450-Euro-Kräften aus: Bei ihnen gab es eine Absage ohne weitere Begründung, wir vermuten aber, dass das an einer fehlenden Formulierung im Arbeitsvertrag liegt. (…) Nach der Zusage seitens des Chefs wurden einigen Kollegen, die die Forderung gestellt hatten, neue Verträge angeboten, in denen nicht mehr auf den Tarifvertrag Bezug genommen wird, d.h. es wollte so umgangen werden, dass die Zuschläge gezahlt werden müssen. Da alle sich erst mal enthielten und um Bedenkzeit gebeten haben, haben sie wohl gemerkt, dass sie damit nicht durchkommen. Weil bei einer Befristung ja kein Grund für eine Nicht-Verlängerung genannt werden muss, war das wohl ein einfacher Weg, um „unliebsame“ Mitarbeiter loszuwerden. (…) Ich würde die Kunden gerne bitten, sich zu überlegen, ob sie dem guten Image EDEKAs glauben wollen…“ Interview vom 19. Dezember 2020 von und bei Perspektive Online externer Link, siehe dazu:

  • Studentische Hilfskräfte legen sich in Berlin mit Edeka an New
    “Beschäftigte eines Berliner Supermarkts fordern Zuschläge ein, die ihnen vertraglich zustehen. Es folgt ein zäher Streit mit den Vorgesetzten. (…) Rat suchten die Hilfskräfte laut eigener Aussage bei Verdi. Die Gewerkschaft bestätigte die Rechtmäßigkeit der Ansprüche – auch wenn diese in der Branche nicht selbstverständlich sind. Laut Erika Ritter von Verdi Berlin-Brandenburg werden studentische Hilfskräfte häufig aus den tarifvertraglichen Verpflichtungen ausgeklammert. „Oft wird zur Voraussetzung gemacht, dass die Studierenden Mitglied in der entsprechenden Gewerkschaft sein müssen, damit der Tarifvertrag greift“, erklärt die Leiterin des Landesfachbereiches Handel. Doch bisherige Versuche der Gewerkschaft, dies als Diskriminierung vor Gericht geltend zu machen, seien immer wieder gescheitert. (…) In den Dokumenten sei nicht nur der Anspruch auf jegliche Zuschläge ausgeklammert worden, man habe sie zugleich um einen Monat zurückdatiert, um frühere Ansprüche zunichte zu machen. Thielke fühlt sich betrogen: „Man wollte uns in eine Falle locken, nichts anderes.“ Anstatt für seine Belegschaft einzustehen habe sich der Filialleiter „wie eine Marionette“ verhalten. Die Gruppe der Beschäftigten lehnten die Unterzeichnung, auch auf Empfehlung des Betriebsrats, ab. Die eingeforderten Zuschläge zahlte Edeka daraufhin Ende November aus, jedoch nicht für die Minijobber:innen – und nicht ohne ein Nachspiel. Auslaufende Verträge derjenigen, die sich an dem Widerstand beteiligt hatten, seien laut Thielke trotz gegenteiligem Versprechen bei der Einstellung nicht verlängert worden. (…) Auch nach Auszahlung der Zuschläge will sich die Anspannung in der Filiale nicht beruhigen. „Jetzt ist man bei Edeka damit beschäftigt, uns Übriggebliebene um die restlichen Zuschüsse zu bringen“, meint Thielke. Ein Kollege habe seit drei Wochen nicht mehr gearbeitet. Anstatt seine Überstunden auszuzahlen, habe Edeka diese in Urlaubstage umgerechnet – „wieder mal ohne Absprache“. Erika Ritter wittert einen auch hier üblichen, tatsächlich aber unrechtmäßigen Vorgang. „Wenn kein Einverständnis vorliegt, könnte es sich um Annahmeverzug handeln“, erklärt die Verdi-Vertreterin. Dies hänge davon ab, wie die Arbeitszeiterbringung im Vertrag geregelt sei: „Häufig wissen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer allerdings nicht, von ihren Rechten Gebrauch zu machen. Lena Thielke und ihre Mitstreiter:innen hingegen scheinen es gelernt zu haben…“ Artikel von Patrick Volknant vom 13.02.2021 im Tagesspiegel online externer Link
  • Ein Jahr Kampf um Zuschläge und Tariflohn bei EDEKA in Berlin 
    “Seit einem Jahr kämpfen wir für unsere Zuschläge und den uns zustehenden Tariflohn. Ein Überblick darüber was bisher gelaufen ist und wie Edeka immer wieder versucht gegen die Rechte von uns als Beschäftigte vorzugehen. (…) Auch daraufhin folgte eine lange Wartezeit in der uns die Zuschläge weiterhin nicht ausgezahlt wurden. Dann erhielten die studentischen Aushilfen die mündliche Zusagen unseres Filialleiters, dass unserer Forderung stattgegeben wurde. Den Minijobbern wurde jedoch mitgeteilt, dass ihre Forderung abgelehnt wurde, mit der Begründung sie seien Minijobber. Eine schriftliche Antwort und Bestätigung haben wir nicht erhalten. Unsere Vermutung dazu war, dass Edeka uns nichts rechtlich bindendes vorlegen wollte und nach Wegen suchte uns weiterhin um die Zuschläge zu prellen. Diese Vermutung bestätigte sich, als mehrere KollegInnen einzeln zu einem Gespräch mit unserem Filialleiter und seinem Chef gebeten wurden. Sie legten uns einen neuen Vertrag zur Unterschrift vor, der dazu führen sollte, dass wir zukünftig keinen Anspruch auf die Zuschläge mehr hätten. Wir haben diese neuen Verträge erst einmal nicht unterschrieben, da uns klar war, dass sie uns übers Ohr zu hauen versuchten. (…) Edeka versucht mit vielen Mitteln, dass wir mit unseren Forderungen nicht durchkommen und dass nicht noch mehr Leute davon Wind bekommen. Drei unserer Kolleginnen haben dadurch schon ihren Job verloren. Die anderen Aushilfen, die Minijobber sowie diejenigen, die sich bisher unserer Forderung noch nicht angeschlossen haben, bekommen nach wie vor nur den Mindestlohn, bzw. keine Nachtzuschläge. Obwohl es im Kollegium viel Zuspruch gab, gibt es auch teilweise Angst davor, die Forderung zu stellen, weil sie gesehen haben, wie wir behandelt wurden und werden…“ Beitrag vom 04.02.2021 bei Betriebskampf.org externer Link
  • Schleichende Tarifflucht: Nichtbeachtung von Arbeitsrechten hat bei Supermarktketten Methode. Situation in privatisierten Läden für Beschäftigte besonders prekär 
    “Gelten die Tarifverträge im Einzelhandel für alle Beschäftigten? Diese Frage stellten kurz vor Weihnachten einige Angestellte von Edeka in Berlin, denn nicht alle erhielten die im Tarifvertrag festgelegten Zuschläge für Nacht- und Spätschichten – etwa Studierende, die als Aushilfe arbeiteten, oder andere, die auf Basis eines 450-Euro-Jobs angestellt waren. Auf der Website perspektive-­online.net berichteten vor den Weihnachtsfeiertagen zwei Frauen von ihrem Kampf und der Reaktion der Unternehmensleitung. Erst nach wochenlangem Zögern habe die Leitung reagiert: Die Studenten bekamen die Zuschläge ausgezahlt, die sie eingefordert hatten – etlichen von ihnen sei daraufhin aber der befristete Arbeitsvertrag nicht verlängert worden. Den geringfügig Beschäftigten hat man dagegen die Zuschläge verweigert. Von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi werden diese Zustände schon seit Jahren kritisiert – und es zeigt sich, dass das Vorgehen der Einzelhandelskonzerne Methode hat. Ein Großteil ihrer Filialen wird nicht von den Konzernen selbst betrieben, sondern von privaten Kaufleuten – und in deren Filialen gibt es oftmals schlechtere Arbeitsbedingungen. Von einer geplanten Betriebsratsgründung in Konstanz erhoffte sich Verdi Anfang Dezember eine Signalwirkung. Dem Südwestrundfunk erklärte die Gewerkschaft, dass es in diesen privatisierten Märkten faktisch keine Interessenvertretung für die Beschäftigten gebe. Und in diesen Filialen lägen die Löhne oft 20 bis 30 Prozent unterhalb des üblichen Tarifniveaus des Einzelhandels. Den dort arbeitenden Frauen, die oft nur in Teilzeit beschäftigt seien, drohe dadurch Altersarmut…“ Artikel von Bernd Müller in der jungen Welt vom 29.12.2020 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=184052
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