Gefestigte rechte Strukturen und Zuzug aus Dortmund: Sachsen und Sachsen-Anhalt gelten als Nazi-Biotope…
Dossier
„Mit dem Zuzug des Dortmunders Michael Brück macht Chemnitz nicht zum ersten Mal Schlagzeilen, wenn es um neonazistische Umtriebe geht. Dass er sich ausgerechnet Chemnitz aussucht, liegt nicht nur daran, dass die sächsische Stadt in der Szene schon lange als Biotop gilt. Dortmunder aus dem Umfeld der Partei »Die Rechte« und Chemnitzer von »Kaotic« und »NS Boys«, zwei rechten Fangruppen des Chemnitzer FC, verfügen seit Jahren über eine enge Verbindung. Nach gegenseitigen Besuchen ging die Freundschaft der Gruppen so weit, dass sogar zwei Chemnitzer nach Dortmund-Dorstfeld zogen. (…) Seit den Aufmärschen 2018 hat sich allerdings ein großes Netzwerk antirassistischer Initiativen gebildet, das in nahezu allen Stadtteilen aktiv ist. In diesem Netzwerk ist auch das Bündnis Chemnitz Nazifrei aktiv. Die Sprecherin Momo Simon äußerte sich auf Nachfrage entschlossen: »Die Dortmunder Nazis erhoffen sich hier einen geringeren Widerstand aus der Zivilgesellschaft. Wir werden ihnen diese Hoffnung nehmen und ihnen ihre Wohlfühlatmosphäre entziehen. Wir werden sie im Blick haben. Wir werden intervenieren.«“ Artikel von Johannes Grunert vom 17. Dezember 2020 in neues Deutschland online , siehe dazu weitere Beiträge:
- Rechtsextremisten im Harz: Neonazis aus Dortmund bedrohen Halberstadts Jugendzentrum Zora
„Bundesweit bekannte Neonazis aus Dortmund ziehen nach Halberstadt und stärken die rechtsextreme Szene im Landkreis Harz. Dort operiert nun eine Firma, die mit dem Verkauf von Fanartikeln an Rechtsextremisten Geld erwirtschaftet. Die Neonazis machen Stimmung gegen ein lokales Jugendzentrum, doch dessen Team will sich nicht einschüchtern lassen. (…) Das Jugend- und Kulturzentrum Zora ist seit mehr als 30 Jahren ein fester Anlaufpunkt für alle Generationen und Kulturen in Halberstadt. Die unabhängige Einrichtung bietet Raum für Familienfeste, Jugendtreffen, Angebote für Migranten und Geflüchtete. Doch seit einigen Wochen gerät die Zora ins Visier rechtsextremer Gruppen. In Telegram-Kanälen kursieren Drohungen und Gerüchte, die das Zentrum als „linksextremen Treffpunkt“ brandmarken. Aufrufe zur Gewalt gegen die Zora häufen sich im Internet, was die Sorge in der Stadtgesellschaft wachsen lässt. (…) Den Hintergrund dieser Bedrohungen bildet der Zuzug von bundesweit bekannten Neonazis aus Nordrhein-Westfalen. (…) Alexander Deptolla gilt als einer der einflussreichsten Neonazis aus der Dortmunder Szene. Er war lange führendes Mitglied der gewaltbereiten Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ und engagierte sich später in der Partei Die Rechte und der NPD, die sich inzwischen Die Heimat nennt. Deptolla hat den Sitz seiner Firma „Tremonia-Druck“ ebenfalls aus Dortmund nach Halberstadt verlegt. Außerdem ist er Gründer des rechtsextremen Kampfsport-Events „Kampf der Nibelungen“, das 2019 in Sachsen untersagt und dessen Verbot rechtskräftig gerichtlich bestätigt wurde. Fragen dazu will Deptolla nicht beantworten. (…) David Begrich, Experte für Rechtsextremismus, vermutet hierin eine klare Strategie: „Die Firmen, die in diesem Themenkontext aktiv sind, erwirtschaften nicht nur Gewinn zum Lebensunterhalt einzelner Personen, sondern ein Teil des Geldes wird auch immer in die Bewegung investiert.“ (…) Für Fietzke ist der Zuzug der Rechtsextremen nach Halberstadt auch eine Bedrohung für das demokratische Gefüge der Stadt. Gerade das unabhängige, eher links-orientierte, Jugendzentrum Zora ist für ihn ein Raum, der Menschen verbinden soll. „Wir erreichen hier viele Bevölkerungsschichten und Gruppen aller Couleur, aller politischer Richtungen. Unsere Arbeit wird sehr geschätzt, zum Beispiel unsere Fahrradwerkstatt oder unser Repaircafé.“ Auch die Stadt Halberstadt steht hinter der Einrichtung: „Die Zora ist keine städtische Einrichtung. Wir schätzen die Arbeit der Einrichtung und die Mitarbeiter sehr, stehen in Kontakt und unterstützen sie nach unseren Möglichkeiten“, so ein Sprecher des Oberbürgermeisters. „Das alles, was wir machen, wird gebraucht, und wir werden uns nicht einschüchtern lassen. Das hat die Zora noch nie“, stellt Fietzke klar.“ Beitrag von Lars Frohmüller vom 8. November 2024 beim MDR Sachsen-Anhalt - Westdeutsche Neonazis im Osten: Von Dortmund nach Halberstadt
„Seit 2022 beobachtet der Verfassungsschutz, dass Rechtsextreme aus NRW nach Sachsen-Anhalt ziehen. Was suchen westdeutsche Rechte im Harz?
Die meisten Menschen schaffen es, nie in einem Bericht des Verfassungsschutzes aufzutauchen. Manche müssen dafür nur umziehen. „Der bundesweit bekannte Rechtsextremist und Gründer des Labels ‚Kampf der Nibelungen‘ Alexander Deptolla verlagerte seinen Lebensmittelpunkt von Dortmund (Nordrhein-Westfalen) nach Halberstadt (Landkreis Harz)“, notieren die Verfassungsschützer von Sachsen-Anhalt in ihrem neuen Bericht. Sie schreiben auch, Deptolla sei nicht allein gekommen: „Seit 2022 ist ein Zuzug weiterer rechtsextremistischer Akteure, insbesondere aus Nordrhein-Westfalen, in den Landkreis Harz zu beobachten.“ (…) Nach Informationen der taz sind in den vergangenen zwei Jahren neben Alexander Deptolla mindestens vier weitere Männer aus der rechtsextremen Szene nach Halberstadt gezogen: Matthias Deyda, Thorben Vetter, Markus Walter und Ingo A. Diese fünf haben langjährige Erfahrungen in rechtsextremen Strukturen, viele sind Führungspersonen. (…) „Seit den 1990er Jahren gibt es eine Tradition westdeutscher Rechtsextremer, nach Ostdeutschland zu gehen“, sagt David Begrich vom Verein Miteinander in Sachsen-Anhalt. „Hier erfahren sie einen größeren Handlungsspielraum.“ Die Normalisierung rechtsextremen Gedankenguts sei viel weiter fortgeschritten, die Immobilienpreise niedriger. Begrich sagt, es hätte auch andere Regionen treffen können. Halberstadt hat eine Geschichte von Rechtsextremismus und Gewalt. 2007 schlugen Männer aus der rechten Szene eine Theatergruppe zusammen, 2000 erstach ein Nazi-Skin einen 60-Jährigen, der sich über das Abspielen des Horst-Wessel-Liedes beschwert hatte.“ Artikel von Daniel Schulz vom 28. Juli 2024 in der taz online - Die rechten Hausfreunde: In Chemnitz bauen Neonazis einen Treffpunkt von Rechten und Rockern auf
„… 2013 kauften drei Männer das lange leer stehende Haus im Stadtteil Ebersdorf bei einer Zwangsversteigerung für eine niedrige vierstellige Summe. Die drei stehen sowohl dem Rockermilieu als auch der Neonaziszene nahe. (…) Immobilienkäufe sind für Neonazis und Vertreter der Neuen Rechten seit Jahren gewohnte Geschäfte – und eine Notwendigkeit: Vermieter kündigen ihren Gruppen die Verträge, bei Veranstaltungen in gemieteten Räumen schauen die Öffentlichkeit und Ermittlungsbehörden hin. Wohl den Kameraden, die sich in ihrer eigenen Immobilie abschotten können. (…) Was zwischen dem Kauf und den ersten bekannten Treffen am Haus im August 2018 passierte, ist nicht bekannt. Am Briefkasten stehen weitere Namen, darunter der Verein Sport & Bildung e. V. Bei der Organisation mit dem pädagogisch angehauchten Namen handelt es sich offenbar um das Herz der Chemnitzer Neonaziszene, einen Trägerverein zur Organisation von Veranstaltungen. Dazu gehören das Kampfsportevent Tiwaz und sogenannte Zeitzeugenvorträge, auf denen ehemalige SS-Angehörige, die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck und Neonazialtkader wie Christian Worch oder Udo Voigt sprechen. Ein Vortrag mit Haverbeck zog 300 Zuschauer in einen Dorfgasthof, zum Tiwaz kamen 2018 gar 450 Menschen aus ganz Deutschland. (…) Mit seinen Veranstaltungen bedient der Verein den Geschmack der modernen Neonaziszene. Statt zu Kundgebungen mit zermürbenden Gegendemonstrationen und Polizeiaufgeboten gehen viele Neonazis lieber zum Kampfsport – mit gewalttätigen Auswüchsen: Am Rand von Großaufmärschen sammeln sich immer wieder Hooligans und Kampfsportler, um auf marginalisierte Gruppen und den politischen Gegner loszugehen. Bei den Ausschreitungen von Chemnitz 2018 machten Neonazis Jagd auf Geflüchtete. Ein Polizist, der dazwischenging, wurde durch einen Griff aus den Mixed Martial Arts niedergerungen. Welche Pläne im Chemnitzer Neonazihaus geschmiedet werden, ist unbekannt. Dort gehen auch Menschen ein und aus, die bislang keinem der Vereine und keiner der Firmen im Inneren zugeordnet sind. Ob der Verfassungsschutz mehr weiß: unsicher. In seinem aktuellen Bericht stimmt zwar die Anzahl extrem rechter Immobilien in der Stadt. Doch das Haus, das schon bald zum Dreh- und Angelpunkt der regionalen Szene werden könnte, wird mit keinem Wort erwähnt.“ Artikel von Johannes Grunert vom 8. Januar 2021 in der Zeit online/Störungsmelder- Siehe auch den Thread von Chemnitz Nazifrei vom 8.1.2021 auf Twitter : „Bisher unbeachtet von einer Öffentlichkeit hat sich in den letzten Monaten in #Chemnitz- Ebersdorf etwas entwickelt, was uns wahrscheinlich noch länger beschäftigen wird….“
- Aus dem Dortmunder „Nazi-Kiez“ nach Sachsen: Michael Brück zieht nach Chemnitz
„Mit Michael Brück und Marvin E. sind zwei langjährige Neonazi-Kader aus Dortmund nach Chemnitz gezogen. Dahinter dürften auch politische Ziele stehen. Eine Anstellung hat Brück beim Pro Chemnitz-Chef und Rechtsanwalt Martin Kohlmann gefunden
Die Flyer, die Anwohner der Chemnitzer Margaretenstraße am Freitagmorgen aus ihren Briefkästen fischten, dürften sich von der üblichen Reklame absetzen: Gegner der rechtsextremen Szene haben in der Nacht Flugblätter verteilt, die auf zwei neonazistische Nachbarn hinweisen. Ziel des „Outings“: Michael Brück und Marvin E. Im beschaulichen Wohnviertel im Chemnitzer Nordosten haben sich zwei militante Neonazi-Kader niedergelassen…“ Artikel von Martin Hagen vom 16. Dezember 2020 bei Endstation Rechts und der entsprechende Thread von Chemnitz Nazifrei - Nazis siedeln vom Westen in den Osten: Rechtsextreme Initiative wirbt Kader für neue Bundesländer an – Dortmunder Nazis sind bereits in Chemnitz
„Die rechtsextreme Initiative »Zusammenrücken« wirbt dafür, dass Neonazis in die neuen Bundesländer ziehen. Mit dem Umzug des Dortmunder Kaders Michael Brück nach Chemnitz haben die Nazi-Siedler einen prominenten Fürsprecher gewonnen. Die neueste Entwicklung in der rechtsextremen Szene könnte brisante Auswirkungen haben: ein Nachlassen rechtsradikaler Aktivitäten im Westen, aber eine Verstetigung des Nazi-Hotspots in Ostdeutschland auf Jahrzehnte. Siedeln ist Trend am rechten Rand. In den letzten Jahren haben die Szenen der Reichsbürger, Prepper und Selbstverwalter Aufsehen erregt. Zum Bild gehören aber auch die völkischen Siedler, die rechtsesoterische Anastasia-Bewegung oder neurechte Siedlerprojekte aus dem Umfeld des Verlegers Götz Kubitschek. Ihre Strategie haben sich nun auch westdeutsche Nazis aus Kameradschafen abgeschaut. Die Begründung: im Westen leben inzwischen zu viele »Ausländer«. Gegründet hat sich die Initiative »Zusammenrücken« im Februar. Vor allem über den Internet-Messengerdienst Telegram werden Informationen verbreitet. Die Nazis rechneten ihren mittlerweile über 2600 Followern vor, dass demografisch im Westen der Republik nichts mehr zu holen sei (…) Brück erklärt im Interview mit »Zusammenrücken« seine Motivation, künftig in Sachsen aktiv zu werden. Zentraler Aspekt: der »hohe Überfremdungsanteil«, der »es auch einfach biologisch unmöglich macht, dass man mittelfristig breite Bevölkerungsteile erreicht«. Die »gesamte westdeutsche Jugend und die jungen Erwachsenen« seien »völlig verzogen«, beschwert sich Brück: »Diese Leute kann man nicht mehr innerlich erreichen. Diese Regionen sind im Endeffekt verloren, und da braucht man keine Politik für diese Menschen zu machen, weil die nicht zu erreichen sind. Und das sehe ich halt zum Beispiel hier in Sachsen völlig anders.«…“ Artikel von Jeja Klein vom 17.12.2020 im ND online