»
Westsahara - Demokratische Arabische Republik Sahara »
»
»
Marokko »
»

Die solidarische Unterstützung für Westsahara wächst – die der deutschen Unternehmen (vor allem Siemens) für Marokkos Besatzung auch

Dossier

Protest gegen Siemens Unterstützung für Westsahara-Besatzung durch MarokkoIn einer ganzen Reihe vor allem afrikanischer Länder haben sich die Gewerkschaftsverbände eindeutig in Solidarität mit dem Kampf der Westsahara gegen die marokkanische Besatzung erklärt und mit anderen sozialen Organisationen zusammen auch zu Protesten vor marokkanischen Behörden und Einrichtungen aufgerufen und mobilisiert. (In Europa haben dies bisher weitgehend nur alternative Gewerkschaftsverbände getan – aus guten Grund vor allem in Spanien. Aber auch zahlreiche antimilitaristische und linke Organisationen und Gruppierungen rufen zur Solidarität auf. Siehe Informationen über langandauernde gewerkschaftliche Solidarität mit der Westsahara, aber auch über Zusammenarbeit deutscher Unternehmen (vor allem Siemens) mit dem marokkanischen Besatzungsregime…

  • Urteil des EU-Gerichtshofs: Besetzte Westsahara nicht Teil der Abkommen zwischen der EU und Marokko New
    „Dieses Urteil ist ein bedeutender Sieg für das Volk der Westsahara. In einer Zeit, in der das Völkerrecht unter Druck steht, ist es von grundlegender Bedeutung, dass die EU ihrem eigenen Gericht folgt und die Kollaboration mit der Besatzungsmacht durch illegale Handelsabkommen beendet.”, kommentiert WSRW. (…) Der Gerichtshof hatte bereits 2016 und 2018 die Anwendung des Handels- und Fischereiabkommens zwischen der EU und Marokko auf die Westsahara für nichtig erklärt. Der Gerichtshof argumentierte damals, dass die Westsahara ein „separates und eigenständiges“ Gebiet ist, über das Marokko keine Souveränität oder ein Verwaltungsmandat hat. Daher können die Abkommen der EU mit Marokko das Gebiet nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des Volkes der Westsahara betreffen, wie es ihrem Selbstbestimmungsrecht entspricht. Anstatt diese Zustimmung einzuholen – und unter Missachtung dieser Urteile – handelten die EU-Institutionen mit Marokko eine Änderung aus, die den geografischen Geltungsbereich der Abkommen ausdrücklich auf die Westsahara ausweitete. Eine anschließende Konsultation ausschließlich marokkanischer Interessengruppen diente dazu, den Widerstand des sahrauischen Volkes zu verschleiern, die keine andere Möglichkeit sah, als den Rechtsweg zu beschreiten. Im September 2021 entschied die erste Kammer des Gerichtshofs erneut zugunsten des saharauischen Volkes. Heute wies der Gerichtshof die Berufung zurück, die der EU-Rat und die Kommission im Dezember 2021 eingelegt hatten. „Das Urteil ist ein bedeutender Sieg für das Volk der Westsahara. Es ist nun an der Zeit, dass die EU die Urteile ihres eigenen Gerichts respektiert: Die Westsahara ist nicht Marokko und kann nicht in die Verhandlungen der EU mit dem Besatzer einbezogen werden“, erklärte Sara Eyckmans von Western Sahara Resource Watch. „Wir fordern alle privaten Unternehmen, die sich an Marokkos Plünderung der Ressourcen des Territoriums beteiligen, auf, die Rechtsstaatlichkeit zu respektieren und ihre Beteiligung an der letzten Kolonie Afrikas sofort zu beenden. Die ausländischen Unternehmen, die für Marokko in der Westsahara arbeiten, müssen sich der rechtlichen Grauzone, in der sie sich bewegen, wirklich bewusst sein“, sagte sie. (…)Der Gerichtshof entschied auch über die Kennzeichnung von Produkten aus der Westsahara und stellte fest, dass landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht als marokkanische Erzeugnisse gekennzeichnet werden dürfen.“ Pressemitteilung vom 4. Oktober 2024 bei Western Sahara Resource Watch externer Link in dt. Fassung
  • Westsahara: Rekordgewinne im Handel mit Konfliktphosphat
    Die Invasion in der Ukraine führte zu einem massiven Anstieg der Gewinne Marokkos aus der illegalen Ausbeutung von Phosphatgestein aus der besetzten Westsahara. Der neue WSRW-Bericht zeigt, dass die Exportmenge im Jahr 2022 dagegen stabil blieb.
    Western Sahara Resource Watch (WSRW) veröffentlicht heute zum zehnten Mal in Folge eine detaillierte jährliche Übersicht über die Unternehmen, die am Handel mit Phosphat aus der besetzten Westsahara beteiligt sind. Das illegal abgebaute Phosphatgestein ist eine der Haupteinnahmequellen des marokkanischen Staates in dem von ihm völkerrechtswidrig besetzten Gebiet. (…) Trotz früherer Zusagen, kein Phosphatgestein mehr aus der Westsahara zu beziehen, ist das US-Unternehmen Innophos Holdings inzwischen das weltweit größte Importunternehmen aus dem besetzten Gebiet. Die nach Mexiko verschifften Importe des Unternehmens machten 41,6% der Gesamtexporte aus der Westsahara im Jahr 2022 aus. Innophos hatte 2018 angekündigt, diese Importe aufgrund seiner „Verpflichtung für eine umfassende soziale Verantwortung“ einzustellen, reagiert nun jedoch nicht auf Fragen in Bezug auf die Wiederaufnahme des umstrittenen Handels. (…) WSRW fordert alle am Handel beteiligten Unternehmen auf, alle Käufe und Lieferungen von Phosphatgestein aus der Westsahara sofort einzustellen, bis eine Lösung für den Konflikt gefunden ist. Investor:innen werden aufgefordert, sich diesbezüglich zu engagieren oder ihre Anteile zu veräußern, falls keine Maßnahmen seitens der Unternehmen ergriffen werden…“ WSRW-Meldung vom 24. April 2023 externer Link zum engl. Bericht externer Link
  • Bericht zu Konfliktrohstoff Phosphat: Raubbau in besetzter Sahara
    Marokko weitet die Ausbeutung der Phosphatvorkommen in den Westsahara-Gebieten noch weiter aus. Aber auch eine Gegenkampagne zeigt Wirkung.Für Marokko ist die Besetzung der ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara ein gutes und vor allem wachsendes Geschäft. Das zeigt der aktuelle Bericht „P for Plunder“ – auf Deutsch „P für Plünderung“ – der NGO West Sahara Resource Watch (WRSW). Im Fokus: die Ausbeutung der Phosphatminen zwischen ­Bucraa und El Aaiún im seit 1975 besetzten Gebiet an der Nordwestküste Afrikas direkt gegenüber den Kanarischen Inseln durch das marokkanische Staatsunternehmen Office Chérifien des Phosphates SA (OCP). Für die Vereinten Nationen gilt die Ausbeutung von Bodenschätzen in der Westsahara als Verstoß gegen internationales Recht. Die lokale Bevölkerung hat weder zugestimmt, noch ist sie an den Gewinnen beteiligt. Zudem verhindert Marokko auch wegen dieses Geschäftes bis heute eine 1990 unter UN-Aufsicht mit der Befreiungsbewegung Polisario vereinbarte Volksabstimmung über die Zukunft des Landstrichs. 2021 hätten 26 Schiffe insgesamt 1,4 Millionen Tonnen Phosphatgestein illegalerweise abtransportiert, schreiben die AutorInnen. In den beiden Jahren davor waren es jeweils 1 Million Tonnen. Die Steigerung geht auf einen neuen Abnehmer zurück: 27 Prozent der exportierten Menge landete beim Konzern Innophos in Mexiko. Da sich zugleich die Phosphatpreise verdoppelten, würden „die illegalen Exporte zunehmend lukrativer“, so der Bericht…“ Artikel von Reiner Wandler vom 11.4.2022 in der taz online externer Link
  • Dreifach-Paradoxon von Siemens Gamesa: Höchst widersprüchliche Erklärung zu seinen konfliktbehafteten Windrädern in der besetzten Westsahara 
    „Auf der Jahreshauptversammlung am 27. März 2023 hat Siemens Gamesa Renewable Energy (SGRE) die vielleicht paradoxeste Antwort seit über zehn Jahren gegeben, nachdem es zu seiner Beteiligung am Bau von Windparks in dem von Marokko militärisch besetzten Teil der Westsahara befragt wurde. Jochen Eikholt, CEO von Siemens Gamesa, erklärte: 1. „Wir sind uns bewusst, dass das Gebiet der Westsahara nach internationalem Recht umstritten ist“. 2. „Wir werden das Berufungsurteil des Europäischen Gerichtshofs abwarten, um daraus Schlussfolgerungen für das weitere Vorgehen von Privatunternehmen wie dem unseren abzuleiten.“ 3. „Siemens Gamesa hat immer und ausnahmslos in Übereinstimmung mit geltendem Recht gehandelt.“ (…) Warum das dreifache Paradoxon? Das Gebiet der Westsahara ist nach internationalem Recht nicht umstritten. Es handelt sich um ein Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung, für das keine Verwaltungsmacht ernannt wurde, und sein Volk – die Sahrauis – haben ein Recht auf Selbstbestimmung: das Recht, über den künftigen Status des Gebiets zu entscheiden. Der Europäische Gerichtshof ist in nunmehr sechs aufeinanderfolgenden Urteilen genau zu diesem Schluss gekommen und hat jedes Mal festgestellt, dass Marokko somit keine Souveränität oder ein internationales Mandat zur Verwaltung des Gebiets hat, dass das Gebiet von jedem Land der Welt (einschließlich Marokko) „gesondert und unterschiedlich“ ist und dass das Volk des Gebiets zustimmen muss, damit eine wirtschaftliche Vereinbarung ihr Land rechtmäßig betreffen kann. Das Volk der Westsahara hat sich immer wieder gegen die Aktivitäten von Siemens in ihrer Heimat ausgesprochen. Es ist merkwürdig, dass SGRE diese sechs Urteile anscheinend nicht berücksichtigt hat, aber angibt, das derzeit ausstehende siebte Urteil abzuwarten, um daraus irgendwelche Schlussfolgerungen zu ziehen. In völligem Widerspruch zu sich selbst behauptet SGRE, stets im Einklang mit geltendem Recht gehandelt zu haben – während es gleichzeitig behauptet, dass die Westsahara aus völkerrechtlicher Sicht „umstritten“ sei, und damit anscheinend sechs EuGH-Urteile missachtet, die das Gegenteil besagen. Siemens Gamesa hat es systematisch versäumt, die Frage zu beantworten, die Rechtsvorschriften welchen Staates in der Westsahara anwendbar sein sollen. (…) Jeder derzeit in Betrieb befindliche Windpark in der besetzten Westsahara wird mit Windrädern betrieben, die von verschiedenen Teilen der Siemens-Familie geliefert wurden. (…) Bei jedem dieser Projekte hat Siemens mit Nareva zusammengearbeitet, dem Energieunternehmen, das sich im Besitz eben jener marokkanischen Monarchie befindet, die für die Invasion und anhaltende Besetzung von Teilen der Westsahara verantwortlich ist. Auf der gestrigen Hauptversammlung schloss der CEO von SGRE weitere Projekte in der Westsahara nicht aus. (…) Während der Hauptversammlung hatten sich Sahrauis vor dem Hauptsitz von Siemens Gamesa versammelt, um gegen die Aktivitäten des Unternehmens in ihrem besetzten Heimatland zu protestieren. „Die Ausbeutung beginnt hier“, hieß es auf dem Protestbanner. Die Demonstrant:innen zogen auch zu den Büros der in der Nähe ansässigen Unternehmen Ormazabal und Ingeteam, die beide an Projekten für erneuerbare Energien in der besetzten Westsahara gearbeitet haben…“ Beitrag vom 29. März 2029 bei Western Sahara Resource Watch externer Link mit dem Wortlau der Siemenserklärung und weiteren Informationen
  • Western Sahara Resource Watch zu Westsahara: Ohne Zustimmung 
    Interview von Kerem Schamberger bei medico international am 27. Februar 2023 mit Alida Koos und Tim Sauer externer Link von Western Sahara Resource Watch zur völkerrechtswidrigen Ausbeutung natürlicher Ressourcen der durch Marokko besetzten Westsahara: „… Die Ressourcen der Westsahara spielen eine entscheidende Rolle im Konflikt um die völkerrechtswidrige Besatzung, deren brutale Aufrechterhaltung erst durch die Exporteinnahmen finanzierbar ist. Im klassischen Sinn und auch historisch wichtig sind hier zunächst die Fischbestände, die zu den reichsten weltweit zählen. Sie werden unter anderem von der EU ausgebeutet, in Absprache mit der Besatzungsmacht Marokko. Das Bremer Unternehmen KMP war 2019 der größte EU-Importeur von Fischmehl aus der Westsahara. Außerdem ist das für konventionelle Landwirtschaft unabdingbare Phosphat zu nennen, das unter maßgeblicher Beteiligung deutscher Konzerne wie ThyssenKrupp, Siemens und früher auch Continental abgebaut und weltweit verschifft wird, auch von deutschen Redereien wie Oldendorf Carriers. Unser Netzwerk beschäftigt sich aber auch mit anderen Formen wirtschaftlicher Aktivitäten, wie etwa dem Anbau von Tomaten und Melonen, die unter marokkanischen Labeln auf dem EU-Markt landen. Sehr bedeutend ist der Infrastrukturausbau im Rahmen der Siedlungspolitik der Besatzung, die maßgeblich mit Beton von Heidelberg Materials (früher: HeidelbergCement) vorangetrieben wird. Dazu zählt auch der Ausbau erneuerbarer Energien wie der Windenergie, wofür die Westsahara ein weltweit einzigartiges Potential hat. Siemens Energy ist dort einer der Hauptpfeiler der marokkanischen Strategie, Energie aus seiner Kolonie zu gewinnen, Greenwashing seiner Besatzung zu betreiben und gleichzeitig die privaten Taschen des marokkanischen Königs zu füllen. Letztlich geht es um jegliche Formen der internationalen wirtschaftlichen Beteiligung, die alle etwas Entscheidendes gemeinsam haben: Sie werden ohne Zustimmung der Sahrauis durchgeführt und sie stabilisieren und legitimieren die Besatzung. (…) Es ist tatsächlich kaum zu glauben, was die EU da seit Jahren abzieht. Der Europäische Gerichtshof hat in mehreren Urteilen eindeutig festgestellt, dass aus dem völkerrechtlich gesicherten Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis folgt, dass sie zu Wirtschaftsabkommen, welche die Westsahara betreffen, ihre explizite Zustimmung geben müssen, und das über ihre von den Vereinten Nationen anerkannte Vertretung, die Frente Polisario. Ist das nicht der Fall – so wie in bisher allen EU-Marokko-Abkommen – sind diese rechtswidrig. Die EU-Kommission hat wiederholt neue Abkommen ausgehandelt, die diesen Grundsatz auf das Gröbste verletzen und scheut dabei auch nicht vor glasklaren Lügen zurück. Bisher scheint sich daran nicht viel zu ändern. EU-Rat und Kommission sind in Berufung zum letzten Urteil gegangen und die Kommission plant schon Neuauflagen der Abkommen zu Fischerei und Handel. Vermutungen, dass dieses allen ethischen und rechtlichen Grundsätzen widersprechende Vorgehen auf direkten Einfluss Marokkos und auch der Empfänglichkeit von EU-Vertreter:innen zurückzuführen ist, wurden im Rahmen des aktuellen Korruptionsskandals bestätigt. (…)Unser Beitrag besteht aber vor allem auch darin, das Wissen über diese Aktivitäten überhaupt erst zu generieren. Andere Akteure, wie beispielsweise die EU selbst, beziehen sich darauf und ordnen sie ein. Wenn Investor:innen auf Hauptversammlungen Gegenanträge stellen, wie Wespath 2021 bei Heidelberg Materials, oder Aktivist:innen sich unserer langjährigen Kritik anschließen, wie gerade Luisa Neubauer an Siemens Energy wegen der Unterstützung der Besatzung, sind das auch kleine Erfolge für uns.“
  • Westsahara: „Neokoloniale Wende in der deutschen Außenpolitik“. Ministerin Baerbock nähert sich weiter der Position Marokkos zum völkerrechtswidrig besetzten Gebiet an 
    „… Der von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock eingeleitete Politik-Schwenk gegenüber dem autokratischen Königreich Marokko geht weiter. Das zeigen die Antworten der Bundesregierung, übermittelt vom Auswärtigen Amt (AA), auf eine Anfrage der Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen, die Telepolis vorliegen. Sie trägt den Titel: „Die Bundesregierung und die völkerrechtswidrige Besetzung der Westsahara durch Marokko.“ Es war schon auffällig, dass das Auswärtige Amt kurz nach dem Baerbocks Amtsantritt im Januar plötzlich die Basisinformationen auf ihren Webseiten zu Marokko verändert hatte. Insbesondere wurde die Position zu Marokkos Konflikt mit der Westsahara „aktualisiert“. Das von der grünen Baerbock neu geführte Ministerium schwenkte nun ausgerechnet auf die Linie des ehemaligen US-Präsidenten Trump in Richtung Anerkennung der Souveränität Marokkos über die Westsahara ein. (…) Dass dies den Resolutionen der Vereinten Nationen (UN) zur Entkolonisierung der Westsahara widerspricht, will man im Baerbock-Ministerium anscheinend nicht erkennen. (…) Den Vorschlag der Polisario, ebenfalls aus dem Jahr 2007, der vom UN-Sicherheitsrat „zur Kenntnis“ genommen wurde, ignoriert man dagegen in Berlin, wie die Antworten auf die Dagdelen-Anfrage zeigen. Angeblich strebe die Bundesregierung weiter einen „praktikablen, dauerhaften und für alle Seiten akzeptablen Lösung des Konflikts“ an. Statt den Polisario-Plan auch nur zu erwähnen, wird erneut nur auf den marokkanischen „Autonomie-Plan“ verwiesen. Der wird als „wichtigen Beitrag“ herausgestrichen, „um zu einer politischen Lösung im Rahmen der Vereinten Nationen zu kommen.“ Dass der Polisario-Plan weiter konsequent ignoriert wird, macht deutlich, dass man im Baerbock-Ministerium und der Bundesregierung nichts von Plänen hält, die Entkolonisierung der „letzten Kolonie Afrikas“, wie die Westsahara gerne genannt wird, auf Basis des Selbstbestimmungsrechts und demokratisch zu lösen. (…) Marokko sei ein „enorm wichtiger Partner“ für Deutschland, sagte Baerbock. Zur Westsahara-Frage erklärte sie, dass es nur „in Nuancen Unterschiede“ zwischen Deutschland und Marokko gebe. Dass es bei der Annäherung nicht nur um die illegale Ausbeutung reicher Fischgründe und den reichen Phosphatvorkommen auch in der Westsahara geht, macht Baerbock deutlich. (…) Bei der Herstellung und dem Export von grünem Wasserstoff für die Energiewende wollen Rabat und Berlin nun stärker kooperieren. (…) Debattiert wird über das Thema ausgiebig am 2. und 3. Dezember in Berlin. Dort findet die 46. Europäische Konferenz zur Unterstützung und Solidarität mit dem saharauischen Volk (Eucoco) statt. Es ist das wichtigste jährliche Treffen der Europäischen Solidaritätsbewegung mit den Saharauis, das seit 45 Jahren ununterbrochen in wechselnden Städten stattfindet. Die Eucoco ist eine Plattform für Reflexion, Analyse und Koordinierung konkreter Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, das Recht auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit voranzubringen.“ Beitrag von Ralf Streck vom 28. November 2022 in Telepolis externer Link
  • „Wertepartnerschaft“ über Völkerrecht: Baerbock gibt gegenüber Marokko bezüglich West-Sahara klein bei 
    „In ihrem Versuch, neben den Verlängerungen von Kohlekraftwerken und Investition in Flüssiggasinfrastruktur auch kleine Erfolge im grünen Energiebereich zu erringen, genehmigte sich Außenministerin Annalena Baerbock mal wieder Blüten der Doppelmoral und wendete sich zudem vom Völkerrecht ab. Denn um Projekte zur Förderung grünen Wasserstoffs in Marokko wieder in Gang zu bringen, lenkt man gegenüber Marokko in der Frage der Westsahara ein. Nachdem das Königreich Marokko im Dezember 2020 gegen einiges an Gegenwind aus der eigenen Bevölkerung diplomatische Beziehungen zu Israel aufnahm und im Gegenzug Donald Trumps Anerkennung für die Hoheit über die besetzte Westsahara zugesichert bekam, startete das Königreich eine (recht un-)diplomatische Offensive, um internationale Akzeptanz für ihre Souveränität über die Westsahara, die es zu zwei Dritteln besetzt hält, zu sammeln. Diese bestand u.a. darin, Druck auf Spanien und Deutschland, auszuüben. (…) Dass es zum Job eine*r Außenministerin gehört, auch mal mit fragwürdigen Persönlichkeiten zur Einigung zu kommen, lässt sich nicht abstreiten. Die eigenen Interessen über Menschenrechte zu stellen, ist hingegen eine eher konservative bis rechte Position. Passend: Auf ihrer Reise nach Rabat begleitete Baerbock die Oppositions-Abgeordnete Katja Leikert von der CDU. Diese spricht davon, dass Marokko „sowohl in Fragen der Migration vom afrikanischen Kontinent als auch in der Erzeugung regenerativer Energie“ eine „bedeutende Rolle“ spielen wird. Dass Marokkos jüngster Beitrag zur Migrationsbekämpfung ein hartes Durchgreifen gegen hunderte Migrant*innen war, die am 24. Juni 2022 versuchten in die spanischen Enklave Melilla zu gelangen, wobei über 30 Personen starben – teils totgeprügelt, teils verletzt in der Sonne liegen gelassen – bekam keinerlei Mahnung von Baerbock. In der gemeinsamen Mitteilung der beiden steht hingegen: „Deutschland erkennt Marokkos Anstrengungen bei der Reduzierung irregulärer Migration und seinem Vorsitz im Rahmen des Rabat-Prozesses an.“ Zudem wurde wohl auch wieder neue Ausrüstungslieferungen aus Deutschland versprochen. Denn „Marokko begrüßt in diesem Zusammenhang die angebotene technische Unterstützung“, steht da.“ IMI-Standpunkt 2022/033 von Pablo Flock vom 31. August 2022 externer Link
  • „Völkerrechtliche Prinzipien werden billig für grünen Wasserstoff verkauft“ – Bundesregierung ist auf dem Weg, die illegale Besatzung der Westsahara durch Marokko faktisch anzuerkennen 
    „… Schon zum Jahreswechsel zeichnete sich der Kurswechsel der neuen Bundesregierung gegenüber Marokko und der besetzten Westsahara ab, wie Telepolis berichtete. (…) Berlin hatte stets auf die Resolutionen der Vereinten Nationen (UN) verwiesen und sich besorgt über die Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten gezeigt. Dann kam der Regierungswechsel. Dass das Baerbock-Ministerium auf Schmusekurs zu Marokko geht, ist kein Zufall. Der neue Kurs zeigt sich derweil immer deutlicher – etwa in Antworten auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen und der Fraktion Die Linke, die Telepolis vorliegt. Die beschäftigt sich mit der illegalen Okkupation der Westsahara durch Marokko im Jahr 1975 auch unter dem Gesichtspunkt der Ressourcen- und Energiefrage. Aus den Antworten kann geschlossen werden, dass sich auch Berlin auf eine faktische Anerkennung der Souveränität Marokkos über die Westsahara zubewegt und das Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis gegenüber wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen zu opfern bereit ist. (…) Damit ist der Gegensatz zur Ukraine-Politik mehr als deutlich. Dort wird die Verteidigung des Selbstbestimmungsrecht sogar mit Waffenlieferungen von der Bundesregierung unterstützt und von menschenrechtsbasierten Außenpolitik gesprochen. (…) Für Dagdelen wird aus den Antworten klar, dass für die Energiewende in Deutschland, die Besatzungsrealität unter den Teppich gekehrt werden soll. „Hier werden völkerrechtliche Prinzipien und die Rechte der Sahrauis auf Selbstbestimmung billig für grünen Wasserstoff verkauft“, erklärt Dagdelen. Anzumerken bleibt dabei noch, dass es in der Westsahara natürlich auch um die reichen Fischgründe und vor allem auch um die großen Phosphat-Vorkommen geht. Um eine bisher völlig unklare Energienutzung mit kolonialen Mitteln durchzusetzen, bringt Europa den in der Erdgasfrage wichtigen Partner Algerien auf die Palme. Der nähert sich, wie Telepolis auch berichtet hat, auch aus historischen Gründen und weil man die Doppelstandards der EU und der USA kritisiert, immer deutlicher Russland zu. Im Herbst wird ein gemeinsames Militär-Manöver an der Grenze zu Marokko durchgeführt. Der wieder aufgeflammte Krieg um die Westsahara, hat längst alles Zeug dazu, sich ebenfalls zu einem regionalen Krieg auszuweiten.“ Beitrag von Ralf Streck vom 1. Juni 2022 bei Telepolis externer Link
  • Der Raub der Ressourcen in Westsahara geht weiter: Mexiko bald Nr. 1 bei Phosphatausbeutung, internationale Konzerne profitieren und Spanien nickt ab
    • Neuer WSRW-Bericht: Mexiko bald Nr. 1 bei Phosphatausbeutung
      „Unser aktuellster Jahresbericht über den Phosphathandel in der besetzten Westsahara zeigt wie Mexiko bald Indiens Rolle als wichtigster Kunde des kontroversen Minerals übernehmen wird. (…) Das illegal ausgebeutete Phosphatgestein ist einer der Haupteinkommensquellen der marokkanischen Regierung aus dem völkerrechtswidrig besetztem Gebiet. (…) Die im Bericht vorgestellte Liste umfasst alle Phosphatlieferungen aus der besetzen Westsahara für das Kalenderjahr 2021. Insgesamt verließen 26 Schiffe mit 1,4 Millionen Tonnen Phosphatgestein das Territorium, was einem deutlichen Exportanstieg gegenüber der jeweils etwa einer Million Tonnen aus den Jahren 2019 und 2020 entspricht. Zum Vergleich, Marokkos durchschnittlicher Export aus den besetzen Gebieten in den Jahren 2012 bis 2018 betrug 1,8 Millionen Tonnen. Darüber hinaus führte eine Verdopplung der Phosphat-Preise 2021 dazu, dass der illegale Export lukrativer wird und nun etwa einem Wert von 349 Millionen US-Dollar entsprechen könnte. Der größte Kunde des kontroversen Handels im Jahr 2021 war Indien, wie auch schon seit 2019. Jedoch scheint sich das jetzt zu ändern. Trotz der früheren Versprechen, nicht länger Phosphatgestein aus der Westsahara zu beziehen, führt das US-Unternehmen Innophos Holdings die Importe aus den besetzten Gebieten der Westsahara nach Mexiko fort. Das Unternehmen wurde das führende Importunternehmen während der zweiten Hälfte des Jahres 2021: seit der Ankunft der ersten Lieferung nach Mexiko am 2. August 2021 bis Ende des Jahres importierte Innophos 43 % des Phosphatgesteins aus der besetzen Westsahara. Die sieben Lieferungen, welche es in den letzten fünf Monaten von 2021 empfing, beliefen sich auf 391.000 Tonnen, somit übertrifft es jedes andere Importunternehmen im selben Zeitraum. (…) Die Importe nach Indien, Mexiko und Neuseeland machen über 92 Prozent des gesamten Handels des Phosphatgesteins aus der Westsahara aus. (…) WSRW fordert alle am Handel beteiligten Unternehmen auf, sofort alle Käufe und Lieferungen von Phosphat aus der Westsahara einzustellen, bis eine Lösung des Konflikts gefunden ist, die im Einklang mit internationalem Recht steht und das Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis respektiert. Investor:innen werden aufgefordert, Einfluss auf die betreffenden Unternehmen zu nehmen oder ihre Anteile zu veräußern, bis Maßnahmen von den beteiligten Unternehmen ergriffen werden. (…) Das sahrauische Volk hat sich konsequent gegen den Handel ausgesprochen, sowohl generell in der UN, als auch spezifisch gegenüber bestimmten Unternehmen.“ Pressemitteilung vom 6. April 2022 von Western Sahara Recource Watch (WSRW) externer Link zum englischsprachigen Bericht externer Link , siehe dazu:
    • »Bei Völkerrechtsbruch misst die EU mit zweierlei Maß« – Westsahara: Trotz Krieg geht der Raub der Ressourcen unvermindert weiter
      Ein Interview von Jörg Tiedjen mit dem WRSW-Mitglied Tim Sauer in der Jungen Welt vom 8. April 2022 externer Link: „Ihr neuer Bericht »P for Plunder« über Phosphatexporte aus der Westsahara ist am Mittwoch erschienen. Warum sprechen Sie in diesem Zusammenhang von »Plünderung«? [Tim Sauer:] Eigentlich vermeiden wir das Wort, aber es beschreibt die Situation ganz gut. Die Ressourcen der Westsahara, in diesem Fall das für Düngemittel weltweit unverzichtbare Phosphatgestein, werden unter der nun 46jährigen militärischen Besatzung durch Marokko schlichtweg geraubt und dann weltweit exportiert. Ohne die Zustimmung der Sahrauis ist die Ausbeutung völkerrechtswidrig. (…) Relativ ungestört vom Krieg hat sich 2021 das Exportvolumen auf circa 1,4 Millionen Tonnen erhöht. (…) Anscheinend überwiegen die Profitaussichten zur Zeit die Risiken. Das heißt aber nicht, dass es diese Risiken nicht gibt. 2018 wurden in Südafrika und Panama mit Phosphat aus der Westsahara beladene Schiffe von Gerichten festgesetzt, die Ladung wurde konfisziert. Firmen wie das bis dahin größte Importunternehmen Nutrien aus Kanada zogen sich nach Druck von Investoren zurück, und auch die deutsche Continental AG stieg 2021 aus Geschäften in der Westsahara aus. Nach dem wegweisenden Urteil des Europäischen Gerichts im letzten Jahr, das die Fischerei- und Handelsverträge zwischen Marokko und der EU kippte, weil sie die Westsahara einbeziehen, sind auch hier direkte Schadensersatzklagen der Frente Polisario denkbar. (…) Die Reederei Hamburger Lloyd verschiffte Mitte letzten Jahres circa 55.000 Tonnen Phosphat an ein in Indien ansässiges, eng mit Marokkos Staatsunternehmen verknüpftes Unternehmen. Geschätzter Warenwert: 12,5 Millionen Euro – die den Sahrauis mit Hilfe aus Hamburg geklaut wurden. Auch liefert einer der vielen Windparks, die von Siemens in der Westsahara aufgestellt wurden, die Energie für das 100 Kilometer lange Phosphatförderband zwischen der Mine Bou Craa und dem Hafen in El Aaiún bzw. Laâyoune und unterstützt damit die völkerrechtswidrige Ausbeutung. (…)Im Kontext des Ukraine-Konflikts führt die EU vor, wie sie bei Völkerrechtsbruch mit zweierlei Maß misst. Marokko macht im Grunde nichts anderes als Russland, und das seit nun 46 Jahren. Trotzdem wird der König Marokkos von der EU hofiert, eindrücklich demonstriert durch die jüngste Kehrtwende der Regierungen in Deutschland und Spanien in ihrer Position zum Konflikt. Statt sich vor allem in bezug auf Migration von Marokko an der Nase herumführen zu lassen, sollte die EU die Westsahara in allen Aspekten als eigenständiges Territorium betrachten. Dazu zählen auch zollrechtliche Aspekte und ein korrektes Herkunftslabeling. (…) Politisch sollte sich die EU endlich aktiv für eine Lösung des Konflikts einsetzen, die das Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis respektiert.“
    • Wie internationale Konzerne von der illegalen Plünderung der Westsahara profitieren
      Marokko ist bei der Ausbeutung der Phosphatminen im besetzten Westsahara nicht zimperlich. Für Marokko ist die Besatzung der ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara ein gutes Geschäft. Das staatliche Unternehmen Office Che’rifien des Phosphates SA (OCP) beutet die Phosphatminen zwischen Bou Craa und El Aaiún im seit 1975 besetzten Gebiet an Afrikas Nordwestküste, direkt gegenüber den Kanarischen Inseln, aus. Es lohnt sich. (…) Einerseits geht das Gestein an Tochtergesellschaften des marokkanischen Phosphat-Unternehmens, etwa in Irland und Indien. Zum anderen beliefert Marokko die großen Düngemittelriesen, wie die neuseeländischen Ballance Agri-Nutrients und Ravensdown sowie die Eurochem Group (Russland, Schweiz und Estland). Außerdem verdächtigt WSRW die japanische Itochu Corp, im Vorjahr 12.000 Tonnen Phosphatgestein von El Aaiún nach Japan transportiert zu haben. Die 26 Schiffe, die diesen illegalen Export durchführen, fahren meist unter Billigflaggen, aber auch aus den USA und selbst aus Deutschland kamen Frachter. Im Einsatz sind Gerätschaften wohlbekannter Unternehmen wie Siemens, Caterpillar oder Thyssenkrupp – sie verdienen so am Raubbau mit. Bisher verkauft Marokko nur rohes Phosphatgestein. Um die Gewinnspanne zu erhöhen, ist in Bou Craa eine Aufbereitungsanlage geplant. Der Staat investiert zwei Milliarden US-Dollar. In der Fabrik soll jährlich eine Million Tonnen Düngemittel produziert werden…“ Artikel von Reiner Wandler aus Madrid am 12. April 2022 in derstandard.at externer Link
    • Große Proteste: Spanien gibt grünes Licht für die Besetzung Westsaharas
      „Am Samstag, dem 26. März 2022, protestierten in Spanien tausende Menschen, vor allem Exil-Saharauis, mit Parolen wie „Freiheit für die Westsahara, Polisario wird siegen“. Pedro Sánchez, „sozialistischer“ Regierungschef Spaniens, hatte am 14. März in einem Brief an König Mohamed VI. von Marokko dessen Annexion der Westsahara anerkannt. Nach Lesart der bürgerlichen Medien hat er damit der „Erpressung“ des marokkanischen Königs nachgegeben, der durch das gezielte Durchlassen von Flüchtlingen in die EU eine diplomatische Krise provoziert hatte. Dabei ist Sánchez nur dem Weg gefolgt, den Donald Trump und Frank-Walter Steinmeyer schon vor Monaten vorausgegangen sind. Die diplomatische Krise hat Sánchez nun überwunden, doch handelt er sich damit einen explosiven Konflikt in seiner eigenen Regierung und der Bevölkerung ein, auch wenn die Demonstrationen noch relativ klein sind. In Madrid waren es laut Bericht der Zeitung „El País“ 2000 Menschen, vor allem Exil-Saharauis, die mit Parolen wie „Sánchez, pass auf, die Westsahara lässt sich nicht verkaufen!“ und „Freiheit für die Westsahara, Polisario wird siegen!“, protestierten. In Sevilla, Andalusien, gingen 1000 Menschen auf die Straße. Hier gibt es traditionell starke Verbindungen der Solidarität zur saharauischen Bevölkerung. Spendensammlungen und Aufbauleistungen für die saharauischen Flüchtlingscamps in Algerien und „Friedensferien“ für bisher 15.000 sahaurische Kinder bei andalusischen Familien haben starke emotionale Verbindungen geschaffen. Insbesondere für die spanische Linke hat die Solidarität mit der spanischen Ex-Kolonie Westsahara eine große Symbolkraft. Wohlweislich verhielten sich die spanischen Regierungen bisher öffentlich „neutral“ zu der Frage, ob Westsahara ein Teil Marokkos sein solle oder nicht. (…) Was aber auch immer an Briefen zwischen Marokko und den EU-Imperialisten hin- und her verschickt werden, eins ist sicher: das saharauische Volk und die Frente Polisario werden sich dem nicht unterordnen und ihren Kampf weiterführen und werden dabei mit Sicherheit auf die von Illusionen gereinigte Solidarität der spanischen Bevölkerung zählen können.“ Beitrag vom 10. April 2022 bei Rote Fahne News externer Link
  • [Westsahara] Baerbock-Außenministerium knickt vor Marokko-Erpressung ein: Auch um den Vorposten zur Flüchtlingsabwehr zu erhalten, schwenkt das Auswärtige Amt auf die „Trump-Linie light“ ein 
    „… Das autokratische Königreich Marokko fährt seit langen Jahren einen Erpressungskurs gegenüber seinen Nachbarn und der gesamten EU, wie vor Jahren das Beispiel Schweden zeigte. Statt die Erpresser in die Schranken zu weisen, werden sie belohnt. Es gibt deshalb für Marokko keinen Grund, diese Politik aufzugeben. Das konnte zuletzt deutlich beobachtet werden, als König Mohammed die Grenze in die spanische Exklave Ceuta im vergangenen Mai öffnete und Tausende Marokkaner – vor allem Jugendliche – nach Spanien und damit in die EU gegangen sind. Wie der türkische Autokrat Erdogan setzt Mohammed seit Jahren Flüchtlinge und Einwanderer als Druckmittel ein, um seine Ziele durchzusetzen. In Streitfällen fährt er immer wieder Kontrollen im Land herunter, was postwendend zur verstärkten Einwanderung in die EU führt. Mit der Grenzöffnung wurde eine neue Qualität dieser Politik erreicht. Vordergründiges Ziel dieser Erpressung war Spanien. Im Nebeneffekt zielte Rabat aber auch auf Deutschland. (…) Nun kritisiert die Obfrau der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Dagdelen, dass ein von den Grünen geführtes Außenministerium von der bisherigen Linie abweicht. Denn, so hatten regierungsnahe marokkanische Medien mit großer Freude berichtet, das Auswärtige Amt (AA) hat nun seine Position zu Marokko insbesondere zum Konflikt in der Westsahara „aktualisiert“, wie die Maghreb-Post zu den Veränderungen bemerkt hat, die am 13. Januar mit den Basisinformationen zu Marokko auf den Webseiten des AA veröffentlicht wurden. Verwiesen wird im Artikel auch auf die bisher „belasteten Beziehungen“ und dass sich in der Frage, dass der Posten des Botschafters in Rabat seit fast einem Jahr verwaist ist, eine Lösung abzeichnet. Die neue Außenministerin Annalena Baerbock versuche nun, die „Beziehungen zu Marokko neu zu interpretieren“. Denn in den neuen Basisinformationen des AA wird ausgeführt, dass das autokratische Königreich angeblich „in der letzten Dekade umfangreiche Reformen“ umgesetzt habe. Das nordafrikanische Land sei „sowohl politisch als auch kulturell und wirtschaftlich ein wichtiges Bindeglied zwischen Nord und Süd“. „Das Land ist ein zentraler Partner der Europäischen Union und Deutschlands in Nordafrika.“ (Auswärtiges Amt) Gegenüber Telepolis erklärte die Obfrau der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss empört: „Baerbocks Außenministerium kehrt jedwede Kritik am völkerrechtswidrigen Besatzungsregime Marokkos unter den Teppich.“ Der neue Kurs des AA gegenüber Marokko sei „nichts als Trump-light und nutzt einzig den Profiten der Konzerne in Marokko, in der EU und Deutschlands“. Dagdelen sieht einen klaren Schwenk und die Außenexpertin befürchtet, dass „die Grünen-Außenministerin für Naturressourcen wie Fischbestände, landwirtschaftliche Produkte und nun auch grünen Wasserstoff völkerrechtliche Prinzipien und die Rechte der Sahrauis auf Selbstbestimmung verkauft…“ Beitrag von Ralf Streck vom 16. Januar 2022 bei Telepolis externer Link

  • Über 50 internationale Gewerkschaften erklären ihre Solidarität gegen die marokkanische Besatzung der Westsahara (keine aus der BRD…) 
    Es hat einige Zeit gedauert, muss man zugeben, aber dafür jetzt mit „voller Breitseite“: Gleich 58 Gewerkschaften aus einer Reihe von Ländern rund um die Welt haben eine eindeutige Erklärung zur Situation in der Westsahara verabschiedet und verbreitet. Darin wird die rechtswidrige Besatzung des Landes durch die marokkanische Armee ebenso scharf kritisiert, wie unterstrichen, dass das Volk in der Westsahara das Recht habe – wie von der UNO beschlossen – in einer Volkabstimmung über die eigene Zukunft zu entscheiden. In der Meldung „Plus de 50 organisations syndicales internationales appellent au référendum et au respect des droits humains au Sahara occidental“ am 06. Februar 2021 beim Sahara Press Service externer Link werden die Gewerkschaften, die das Dokument unterzeichnet haben, einzeln aufgeführt. Neben nahezu allen Ländern aus Südamerika und den iberischen Staaten sind auch mehrere afrikanische und australische Gewerkschaften darunter. Keine aus der BRD…
  • „Sahara occidental: Les forces marocaines répriment une manifestation à Smara, attaques du POLISARIO“ am 26. Dezember 2020 bei Secours Rouge externer Link ist eine der aktuell sehr vielen Meldungen über die Repression gegen Proteste gegen die marokkanische Annexionspolitik
  • „Sahrauis in Deutschland kritisieren Siemens, Conti, DHL & Co“ am 19. November 2020 beim Western Sahara Resource Watch externer Link (WSRW) berichtete von Protesten in der BRD unter anderem: „… Auch die Diaspora Saharawi in Deutschland protestierte am 14. November deutschlandweit online gegen die Besatzung durch Marokko. Anlass war der Jahrestag des Madrider Abkommens aus dem Jahr 1975, mit dem die Kolonialmacht Spanien die Westsahara an Marokko und Mauretanien „verkaufte“. Spanien ließ sich dieses illegale und zunächst geheime Abkommen u.a. mit Anteilen an der zukünftigen Ausbeutung der ressourcenreichen Westsahara honorieren. „Der 14.11.1975 gehört zu einem der schlimmsten Ereignisse in der Geschichte der Sahrauis. Noch heute leiden wir unter den Folgen des Madrider Abkommens, das den Weg für die illegale Besatzung unseres Heimatlandes durch Marokko bereitet hat“, so Andalla Abdallah Aljarrachi von der Diaspora Saharawi in Deutschland. In einer Fotoaktion machten Sahrauis darauf aufmerksam, dass die letzte Kolonie Afrikas, die Westsahara, auch 60 Jahre nach dem Entkolonialisierungsbeschluss der Vereinten Nationen noch immer unter Besatzung steht. Entgegen den eindeutigen Urteilen des Europäischen Gerichtshofes, die immer wieder bestätigten, dass Abkommen der EU mit Marokko nicht die Gebiete der besetzten Westsahara umfassen, macht die EU weiterhin Geschäfte mit der Besatzungsmacht Marokko über die Ressourcen der Westsahara. Auch deutsche Unternehmen beteiligen sich an solchen Geschäften und unterstützen so die völkerrechtswidrige Ausbeutung der Ressourcen durch Marokko. Die Diaspora Saharawi kritisieren das Unternehmen Köster Marine Proteins GmbH, welches im großen Umfang Handel mit Fischmehl aus der besetzten Westsahara betreibt und fordern die deutschen Unternehmen Siemens, DHL International GmbH, HeidelbergCement, Continental AG und ThyssenKrupp auf, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in der besetzten Westsahara zu beenden. „Verträge zu wirtschaftlichen Aktivitäten in der besetzten Westsahara (sollen) zukünftig ausschließlich mit der Frente Polisario verhandelt werden“, unterstreicht Emma Lehbib von der Diaspora Saharawi in Deutschland...“
  • „Au Nigeria, des syndicats pro-Polisario appellent au boycott du phosphate marocain“ am 19. September 2019 bei Le Monde externer Link war ein Bericht aus Nigeria zur Boykott-Kampagne faktisch aller Verbände gegen Phosphat-Einkauf bei den marokkanischen Besatzern – und steht hier als Beispiel für zahlreiche weitere ähnliche Berichte aus anderen, vor allem afrikanischen Ländern.
  • „Siemens Gamesa mit neuem Großauftrag in besetzter Westsahara“ am 20. November 2020 bei kommunisten.de externer Link zur Unterstützung internationaler Unternehmen (darunter eine Reihe deutscher Firmen – nicht nur, aber vor allem Siemens) für die marokkanische Besatzung unter anderem: „… Da jetzt wieder Artillerie in der Westsahara abgefeuert wird, ist es an der Zeit, dass internationale Unternehmen in dem Gebiet ihre Sachen packen und das Gebiet verlassen“, sagt Sylvia Valentin, Vorsitzende von Western Sahara Resource Watch. „Eine anständige Risikobewertung und ein verantwortungsbewusster Geschäftsansatz hätten sie schon vor langer Zeit zu der Schlussfolgerung geführt, dass eine Zusammenarbeit mit einer Besatzungsmacht auf annektiertem Land nicht etwas ist, was sie tun sollten. Unternehmen und Regierungen, die bisher die eindringlichen Proteste der Sahrauis gegen die Plünderung ihres Territoriums unter Verletzung des Zustimmungsrechts der Sahrauis ignoriert haben, sollten jetzt ihre Verluste hinnehmen.“ Es geht dabei um das Gebiet zwischen Mauretanien und Marokko, das 1975 nach dem Ende als spanische Kolonie für unabhängig erklärt, aber dann zum großen Teil direkt von Marokko annektiert wurde. Völkerrechtswidrig. Kaum ein Land erkennt die Herrschaft Marokkos dort an, auch der Europäische Gerichtshof nicht. Seit Jahrzehnten gibt es in der Bevölkerung Widerstand gegen die marokkanische Besetzung; bis zum Waffenstillstand 1991 auch militärisch. (…) Erst die Hilfe internationaler Unternehmen mache die Besatzung für den marokkanischen Staat profitabel, klagt auch die Organisation Western Sahara Resource Watch. „Sie tragen daher eine Mitverantwortung für die jetzt eskalierende Situation, in der sich Marokko abgesichert genug sieht, die Öffnung seiner illegal gebauten Handelsroute militärisch durchzusetzen und so das Waffenstillstandsabkommen zu brechen“, so Western Sahara Resource Watch in einer Erklärung. Die Liste internationaler Unternehmen, die in den besetzten Gebieten aktiv sind, ist lang – darunter viele deutsche. So hat HeidelbergCement über die Tochterfirma Ciments du Maroc ein Mahlwerk in Laayoune, Köster Marine Proteins GmbH betreibt im großen Umfang Handel mit Fischmehl aus den besetzten Gebieten. Dazu kommen Unternehmen wie DHL International GmbH, Continental AG, ThyssenKrupp, die in der besetzten Westsahara aktiv sind. Aber im Zentrum der Kritik steht Siemens. 850 Megawatt will Marokko alleine durch Windkraft erzeugen. Zwei der fünf großen Windparks sind dafür in den besetzten Gebieten gebaut worden; vor allem mit Turbinen von Siemens. Zusammen mit Solaranlagen soll damit bald die Hälfte des marokkanischen Energiebedarfs gedeckt werden. Dafür hat Siemens sogar im Nordteil des Landes eine eigene Fabrik für Windkraft-Technologie gebaut. Ein Milliarden-Großprojekt, das die italienische Firma ENEL Green Power mit der marokkanischen NAREVA betreibt. Und die wiederum ist ein Tochterunternehmen der königlichen Holding SNI, der laut der spanischen Zeitung „El País“ 30 Prozent an der gesamten Wirtschaft Marokkos gehört. Vor etwas mehr als acht Jahre unterzeichnete Siemens erstmals einen Vertrag mit Marokko über den Bau von Energieinfrastruktur in der besetzten Westsahara. Das Unternehmen bezeichnete das völkerrechtswidrig besetzte Gebiet als „Südmarokko“. Jetzt hat es das wieder getan. In einer Pressemitteilung von Anfang September gab Siemens Gamesa Renewable Energy (SGRE) bekannt, dass es einen großen neuen Auftrag für die Lieferung von Windkraftanlagen für ein Projekt in dem Gebiet erhalten hat, das von einem Unternehmen betrieben wird, das dem marokkanischen König gehört...“
  • Zahlreiche antimilitaristische und linke Organisationen und Gruppierungen rufen zur Solidarität auf, wie hier als Beispiel in dem Bericht „Solidarity with the Saharawi people“ am 21. November 2020 bei asranarshism externer Link deutlich wird, der auch auf die Kontinuität dieser Solidarität verweist.

Siehe im LabourNet zur neuen marokkanischen Aggression zuerst: „Von wegen ein „Krieg am Ende der Welt“: Der Überfall von Marokkos Armee auf die Westsahara geschieht mit Unterstützung der EU“ am 18. November 2020 und weitere seitdem in unserer Rubrik Politik in der Westsahara

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=181821
nach oben