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Die neue Protest-Welle: Gewerkschaften im Sudan mobilisieren gegen Armut – „Die Übergangsregierung hat jetzt ein Jahr Zeit gehabt – und nichts getan“
In mehreren Städten des Sudan fanden am Mittwoch, 21. Oktober 2020 große Massendemonstrationen statt – die größten, wie „normal“ in Khartum und Omdurman – die sich gegen die wachsende wirtschaftliche Not der Menschen im Land richteten. Zu den Protesten hatte die Gewerkschaft SPA aufgerufen (inklusive eines direkten Appells an die Nachbarschaftskomitees, ebenfalls zu mobilisieren, was offensichtlich stattfand) – die dabei unterstrich, man habe Geduld gezeigt und nicht sofort „alles“ erwartet, aber die Übergangsregierung habe nun ein Jahr Amtszeit hinter sich und wenig bis nichts konkret getan,, um die wirtschaftliche Situation zu verbessern. In der Meldung „Sudanese back on streets to march against dire living conditions“ am 21. Oktober 2020 bei Al Jazeera wird berichtet, dass die Reaktion der politisch Verantwortlichen und Behörden eindeutig war: Sperrungen (um ein erneutes Zeltlager zu verhindern) und Tränengas-Einsatz… Dabei wird in dem Beitrag auch darauf verwiesen, dass auch dieser Protest verbunden war mit der Kritik an der immer noch zentralen Rolle des Militärs im Sudan. Siehe dazu auch vier weitere aktuelle Berichte – sowie einen Hintergrundbeitrag über die Profitjagd der Armee und ihre Weigerung, sich wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu unterwerfen:
- „Protests and strikes across Sudan“ am 21. Oktober 2020 bei Radio Dabanga berichtet über eine ganze Reihe von Streiks in verschiedenen Städten und Branchen des Landes an diesem Mittwoch, die von Demonstrationen und Straßenblockaden begleitet waren und ihre Schwerpunkte i Gesundheitsbereich und Bildungswesen hatten.
- „Soudan: un mort et des blessés dans une manifestation“ am 22. Oktober 2020 bei VOA Africa berichtet von der Mitteilung der SPA, bei den Protesten am Vortag habe es durch Polizeigewalt ein Todesopfer und 14 Verletzte gegeben.
- „Independent group accuses Sudanese police of excessive force toward protesters“ am 21. Oktober 2020 bei der Sudan Tribune berichtet von der Mitteilung des Central Sudan Doctors Committee über die Opfer exzessiver Polizeigewalt – und weist auch darauf hin, dass bei mehreren Demonstrationen Anhänger des früheren diktatorischen Baschir-Regimes daran gehindert wurden, sich zu beteiligen: Die verschiedenen reaktionären islamistischen Strömungen versuchen natürlich ebenfalls, die Situation für ihre verbrecherischen Ziele auszunutzen.
- „Soudan: manifestation, barricades et affrontements hier à Khartoum“ am 22. Oktober 2020 im Twitter-Kanal von Ter Ter et Liberté ist ein (Ruptly) Videobericht von den Auseinandersetzungen am Vortag in der Hauptstadt.
- „Sudan’s intelligence chief defends GIS-affiliated companies“ am 30.August 2020 bei Radio Dabanga ist ein Beitrag, der sehr deutlich macht, warum (unter anderem) die Kritik an der wirtschaftlichen Entwicklung stets so eng mit der Kritik an der Armee verbunden ist: Weil diese, wie in anderen vor allem arabischen Staaten (aber auch etwa in der Türkei) selbst Großunternehmer ist. Hier gg es darum, dass ein Vertreter des Geheimdienstes die Unternehmenspolitik dieser Betriebe und damit seine eigenen Profite gegen die Kritik verteidigte, sie würden zum wirtschaftlichen Niedergang beitragen – die Forderung, diese Unternehmen dem Finanzministerium zu unterstellen lehnte der uniformierte Geschäftemacher ab.
- Siehe zum Thema zuletzt am 02. September 2020: Friedensabkommen im Sudan – ohne die Auflösung der Milizen? Ohne Kritik am wirtschaftlichen Einfluss der Armee? und zuvor am 21. August 2020: Zehntausende bei Straßenblockaden im Sudan am Jahrestag des Abkommens zur Übergangsregierung: Veränderung gefordert