Kampagne „Legalisierung jetzt“
„Der aktuelle Kontext drängt uns heute dazu, als Netzwerk von Kollektiven und Organisationen von Migrant*innen und Anti-Rassist*innen die dauerhafte und bedingungslose Legalisierung aller migrantischen Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung in diesem Land zu fordern. In Berlin leben schätzungsweise zwischen 60.000 und 100.000 migrantische Personen ohne Dokumente. Unterschiedlichste Gründe führen dazu, dass sie sich in dieser Situation befinden. Ihre Lebensbedingungen sind gezeichnet von Unsichtbarkeit und Prekarität. Es fehlt der Zugang zum Gesundheitswesen, dem Wohnungsmarkt, dem Schulsystem, würdiger Arbeit und einem freien Leben. Offensichtlich werden also grundlegende Menschenrechte nicht für alle hier lebenden Menschen umgesetzt. Ein Großteil der Personen, die unter dieser illegalisierten Situation leiden, kommt aus dem globalen Süden. Vielen wird aus weißer Perspektive die Zugehörigkeit zu anderen ‚Rassen‘ zugeschrieben. Die Lebensrealität von Frauen* und non-binären Personen mit weiblich gelesenen Körpern ist unter den ohnehin schweren Bedingungen besonders problematisch. (…) Es ist jetzt der Moment, das Tabu zu brechen und auch hier in Berlin einen Schritt nach vorne zu gehen für eine Legalisierung mit allen dazugehörigen Rechten für alle migrantischen Personen ohne Dokumente. (…) Die COVID19-Krise hat ein Schlaglicht auf die bestehenden sozialen Ungleichheiten geworfen und diese weiter verschärft. Dabei sind illegalisierte Menschen in besonderem Maße betroffen, weil sie keinen Bürger*innenstatus besitzen und nicht als Subjekte mit Rechten behandelt werden. In diesen Zeiten ist Verantwortung und Solidarität gefordert…“ Offener Brief bei der Kampagne „Legalisierung jetzt“ „für die dauerhafte, bedingungslose Legalisierung aller undokumentierten, sich in illegalisierten Bedingungen befindlichen migrantischen Personen“, siehe weitere Informationen über die Kampagne:
- »Legalisierung jetzt«. Raus aus der Unsichtbarkeit. Zehntausende Migranten leben in Berlin ohne Dokumente und ohne Rechte
„»Wir sind unsichtbar, niemand weiß von uns. Sichtbar ist nur die Arbeit, die unsere Hände verrichten«, sagt Anna. Sie ist Sprecherin einer Gruppe von Frauen aus Afrika, dem Iran und Lateinamerika, die hinter Berliner Gardinen Wohnungen putzen, Teller waschen und Kinder großziehen – ohne Dokumente, ohne Krankenversicherung oder rechtlichen Schutz. Schätzungsweise 60 000 bis 100 000 migrantische Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung leben in in der Hauptstadt. Ihre Kinder gehen nicht in die Schule, sie besuchen nie den Arzt und meiden Orte, an denen jemand nach dem Ausweis fragen könnte. Für die illegalisierten Frauen rund um Anna bedeutet das auch: Keine Beschwerden, wenn ihr Lohn auf fünf Euro die Stunde sinkt, keine Anzeige gegen die Männer, die ihnen Wohnraum nur gegen sexuelle Leistungen vermieten. Und vor allem: Keine Demonstrationen, keine Kampagnen und keine politischen Forderungen gegen ihre würdelose Situation. Denn wer aus der Unsichtbarkeit auftaucht, wird abgeschoben. Damit soll nun Schluss sein. Gemeinsam mit etlichen weiteren migrantischen Selbstorganisationen hat Anna das Netzwerk »Legalisierung Jetzt!« gegründet, das mit einem Offenen Brief und einer Kampagne auf die Situation undokumentierter Personen aufmerksam machen will...“ Artikel von Mascha Malburg vom 12.10.2020 im ND online
- Kampagne „Legalisierung jetzt“: Bisher politisch meist unsichtbar
„50 Initiativen fordern die Legalisierung von allen undokumentiert in der Stadt lebenden Menschen. Ein offener Brief richtet sich an Berlins Politiker.„Legalisierung jetzt“-Rufe in mehreren Sprachen und Applaus, so endete am Montagmittag ein zweistündiges Pressegespräch im Veranstaltungsraum Aquarium in Kreuzberg. Dort hatten VertreterInnen von MigrantInnenorganisationen einen von über 50 Organisationen und Einzelpersonen unterzeichneten offenen Brief vorgestellt, der von den Berliner PolitikerInnen die Legalisierung aller Menschen ohne Papiere in der Stadt fordert. Angestoßen wurde er von Initiativen, in denen sich die in Berlin lebenden undokumentierten Menschen organisieren. (…) Dazu gehören Care- und SexarbeiterInnen ebenso wie Beschäftigte der Gastronomie. Undokumentierte Menschen werden oft besonders ausgebeutet und bekommen oft weniger Lohn, weil sie sich durch ihren Status nicht dagegen wehren können. Llanquiray Painemal von den Organisationen Respect und Solidarity City, die sich seit Jahren für die Rechte der Undokumentierten einsetzen, berichtete über die Vorgeschichte der Kampagne. Sie begann mit einer Online-Aktion am 25. April 2020, mit der an die Situation von MigrantInnen in der bezahlten Hausarbeit während des Corona-Lockdowns erinnert wurde. Sie hatten nicht nur selbst Angst vor dem Virus, sondern sorgten sich zudem oft um ihre Angehörigen in der Heimat, die sie nicht besuchen konnten. Auch in anderen Ländern haben am 12. Oktober Legalisierungskampagnen begonnen – zum Jahrestag der Entdeckung des amerikanischen Kontinents, die als Beginn der globalen Ausbeutung gilt.“ Artikel von Peter Nowak vom 12.10.2020 in der taz online