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Perspektiven politischer Opposition in der Türkei: Mit der Jugend – für Klasseninteressen

Erdogan: not welcome„… Die CHP ist eine sehr heterogene Partei. Von Sozialdemokrat*innen bis Faschist*innen ist dort alles dabei. Doch die Spaltung verhärtet sich zunehmend, unser Fokus liegt auf der momentan schwächeren Fraktion. Unabhängig davon hat die HDP nach wie vor ihren eigenen Rückzugsort: Kurdistan. In kultureller Hinsicht öffnet sich die CHP der kurdischen Bevölkerung, sogar der ehemalige Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu fordert momentan das Recht auf Lehre der kurdischen Sprache. Nun kann man sich fragen, wenn alle Parteien die Rechte der Kurd*innen anerkennen, was bleibt der HDP als Alleinstellungsmerkmal übrig? Etwas, was die CHP als neoliberale Partei niemals tun würde: Klassenkampf. Gerade jetzt, wo sich die ökonomische Krise vertieft, könnte die eigentliche Bedeutung des «dritten Wegs» dahingehend geändert werden. Denn auf diesem Feld könnte man wirklich etwas Neues hervorbringen. Weder die CHP, noch die Gelecek Parti von Davutoğlu, noch die DEVA Partisi von Ali Babacan sind im Stande, etwas anderes zu tun, als der internationale Kapitalismus verlangt. Die HDP steht unter massivem staatlichen Druck. Zuletzt organisierte sie einen Protestmarsch aus den Städten Edirne und Hakkari nach Ankara, doch der Zugang zu den Städten wurde verwehrt, obwohl die Aktion an sich völlig legal war. Der HDP gegenüber wendet die Regierung andere Maßstäbe an, im Vergleich beispielsweise zur CHP. Diese Repressionen sind ausschlaggebend für das Maß an Aktivitäten der Partei, denn ihren Unterstützer*innen wird signalisiert: «Ihr werdet den Preis dafür zahlen, wenn ihr auf die Straße geht». Die Partei agiert legal, doch der Staat selbst tut es nicht…“ – aus „Das Vakuum der Klassenpolitik füllen“ am 21. September 2020 bei der Rosa Luxemburg Stiftung externer Link – ein Interview von Svenja Huck mit Muzaffer Kaya (HDP-Aktivist, der wegen seiner Beteiligung an den Akademikern für den Frieden in die BRD fliehen musste) und eine Strömung in der HDP vertritt, die für Klassenpolitik eintritt… Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag zu politischen Initiativen der Opposition in der Türkei:

  • „Türkei: Aufruf gegen die Resignation“ von Gerrit Wustmann am 22. September 2020 bei telepolis externer Link über eine aktuelle Initiative in der Türkei unter anderem: „… Eine neue Wirtschaftskrise, die außer Kontrolle geratene Corona-Pandemie, der Krieg in Syrien, der sich zuspitzende Konflikt mit Griechenland, die seit mehr als vier Jahren anhaltenden Verfolgung von Oppositionellen: Die Türkei kommt nicht zur Ruhe. Und obwohl die regierende AKP, die Partei von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, in Umfragen zunehmend schlecht dasteht, hat sich im Land Resignation breit gemacht. Von der Hoffnung und Aufbruchsstimmung, die zeitweise immer mal wieder hochkochten, ist heute nicht mehr viel zu spüren. Es scheint bisweilen, als habe die Opposition den Kampf aufgegeben. Ohnehin sind es noch einige Jahre hin bis zu den nächsten Wahlen, die 2023 stattfinden sollen. Und wie es scheint glaubt aktuell kaum jemand daran, dass sich bis dahin viel zum Guten ändern wird. In dieser Situation hat ein Zusammenschluss, der sich „Die 101 Weisen“ nennt, einen Aufruf publiziert, der sich insbesondere an die junge Generation in der Türkei richtet. Hinter dem kryptischen Titel verbergen sich große Namen wie der Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk, der Verleger Murat Belge, die Autoren Oya Baydar und Zülfü Livaneli. Zu den Erstunterzeichnern aus Deutschland zählen unter anderem der Filmemacher Fatih Akin, die Politiker Lale Akgün (SPD) und Cem Özdemir (Grüne), der Journalist Günter Wallraff, der Schriftsteller Dogan Akhanli, die Autorin Asli Erdogan, die Journalisten Can Dündar und Banu Güven. In dem Aufruf prangern sie die Lage an, die von Erdogan und der AKP geschaffen wurden: Die Außerkraftsetzung der Verfassung, die Abschaffung der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit derb Justiz, Willkür und Repressionen und vor allem die Spaltung der türkischen Gesellschaft...“
  • Siehe zum Thema u.a. am 22. Juni 2020: Während der Demokratiemarsch in der Türkei erfolgreich beendet wird – schafft sich das AKP-Regime eine größere Blockwart-Armee
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=178466
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