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Die Jugendproteste in Thailand können auch durch reihenweise Festnahmen nicht gestoppt werden

Die bisher größte Demonstration gegen die Monarchie in Thailand am 16.8.2020 in Bangkok„…Die Studierenden hatten gerade angefangen, als die Pandemie dazwischenkam. Im März hatten sie auf dem Uni-Campus erste Protestaktionen organisiert – dann kam Covid-19 und die Menschen blieben zu Hause. Die Proteste, die sich gegen das Militärregime richten, verlagerten sich ins Netz. Mit der #MilkTeaAlliance nahmen junge Aktivistinnen Bezug auf die Demokratie­bewegungen in Hongkong und Taiwan. Süßer Milchtee wird in allen drei Ländern gerne getrunken und dient nun als panasiatische Kulturreferenz gegen autoritäre Regime. Der Hashtag breitete sich rasend schnell auf Twitter aus. Nun gibt es wieder Proteste auf der Straße, insbesondere zahlreiche Flashmobs. Der Protest beschränkte sich keineswegs auf die Hauptstadt Bangkok, sondern findet im ganzen Land statt. Ein Campus nach dem anderen, auch an den Universitäten in den ländlichen Gebieten, wurde in einen Ort des Widerstands verwandelt. Dann schlossen sich auch die Schülerinnen und Schüler der Sekundärstufe der Bewegung an. Die Schulen in Thailand sind Orte hierarchischer Macht und militärischen Drills. Das Curriculum ist erzkonservativ und ideologisch – die Kinder bekommen »thailändische Werte« eingetrichtert und sollen so zu gehorsamen Untertanen des Königs und des Militärs geformt werden. Oft wird die Schulerziehung als Grund für den angeblich unterwürfigen Charakter der Thais angeführt. Nun sieht man, wie Schülerinnen und Schüler in ihren Uniformen beim vorgeschriebenen Morgenappell zur Nationalhymne den Arm zum revolutionären Dreifingergruß heben. Versuche, repressiv dagegen vorzugehen, führten nur dazu, dass sich noch mehr solidarisierten. Aufnahmen von Schülerinnen und Schülern, die offen und kontrovers mit Lehrern oder dem Bildungs­minister diskutieren, breiten sich im Internet aus. Die Bewegung verwendet erfolgreich eine Symbolik, die Jugend- mit Pop- und Protestkultur verschmilzt…“ – aus dem Beitrag „Mit Harry Potter gegen Militär und König von Oliver Pye am 27. August 2020 in der jungle world externer Link (Ausgabe 35/2020). Siehe dazu auch einen weiteren Beitrag zur Entwicklung dieser Jugendproteste aus den gesellschaftlichen Problemen der Militärdiktatur der letzten Jahre heraus, eine Meldung über abermalige neue (wirkungslose) Festnahmen und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zum Thema

  • Mit Witz gegen das Establishment“ von Janjira Sombatpoonsiri am 27. August 2020 in Internationale Politik und Gesellschaft externer Link zur Herausentwicklung dieser neuen Jugendbewegung unter anderem: „…Anfang August 2020 entstand die Bewegung „Free People“, der neben Free Youth auch eine breite Palette verbündeter nichtstaatlicher Organisationen angehört, darunter Arbeiter- und LGBTQI-Bewegungen. Die Mitglieder von Free People verfolgen zwar dieselben drei Ziele und beteiligen sich an der Organisation größerer Protestveranstaltungen, bleiben jedoch autonom, führen eigene Demonstrationen durch und kümmern sich um bestimmte Missstände. So protestierten Schülerinnen und Schüler kürzlich gegen die autoritären Schulvorschriften für Frisuren und Uniformen sowie die konservativen Inhalte schulischer Texte. Solche vernetzten Proteste ermöglichen eine dezentrale Führung und lassen Raum für taktische Kreativität. Zum zweiten stützt sich die Mobilisierung der Jugend auf soziale Medien. Besonders mittels neuer Twitter-Hashtags werden Protestveranstaltungen publik gemacht (z. B. #deadlineForDictatorship für die bislang größte Demonstration am 17. August 2020) und Ideen für „hippe“ und „coole“ Aktionen gesammelt (z. B. #ideasForMob). In letzter Zeit lieferte Twitter die Plattform dafür, viele Menschen vor einer Polizeistation oder einem Gericht zu versammeln, wenn Aktivisten willkürlich festgenommen worden waren (z. B. #savePenguin, wobei Penguin der Spitzname eines führenden Aktivisten ist). Einige Hashtags lenkten auch die internationale Aufmerksamkeit auf die Proteste (z. B. #WhatIsHappeningInThailand). Die meisten viralen Hashtags kommen auf mehr als 30 000 Retweets und entwickeln sich zum „Trend“ des Tages. Drittens setzen sich die Proteste durch originelle Sprüche und Elemente der urbanen Popkultur von früheren Demonstrationen für oder gegen das Establishment ab. Auf selbstgestalteten Bannern nehmen die Demonstrierenden die herrschenden Eliten satirisch aufs Korn. Auf manchen Protestveranstaltungen bedient man sich eines absurden Humors. So stellte die Stadtverwaltung von Bangkok im Juli 2020 rund um das Demokratiedenkmal unzählige Blumentöpfe auf, um Versammlungen zu verhindern. Die Aktivisten forderten daraufhin die Menschen auf, den neuen städtischen Blumengarten aufzusuchen und gemeinsam „So ein wunderschöner Garten“ zu skandieren. Spätere Protestaktionen wurden beispielsweise von einem beliebten japanischen Manga, dem Buch- und Filmhelden Harry Potter und einer thailändischen Komödie inspiriert. Auf die Behörden, die auf die routinierte Überwachung von Protestaktionen eingestellt sind, wirkt der Einsatz von Humor und Popkultur verwirrend und womöglich entwaffnend. Diese neuen Proteste veranlassten zudem viele Außenstehende, sich mit den Forderungen der Demonstrierenden zu befassen...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=177561
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