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(Polizei)Staat im (Polizei)Staat USA: Glaubt jemand Amazons Beteuerung, man habe davon Abstand genommen, Geheimdiensttechniker gegen Gewerkschaften einzusetzen?

Dossier

Streik bei Amazon am Prime Day (15. Juli 2019)Die ursprüngliche Meldung lautete so: „… Amazon sucht eine Art von „Geheimdienstanalysten“, die nicht-öffentlich verfügbare Informationen zu „sensiblen Themen, die streng vertraulich sind, einschließlich Bedrohungen durch Arbeiterorganisation gegen das Unternehmen“ sammeln sollen. Das geht aus einer aktuellen Stellenausschreibung hervor, die der Aktivist Wolfie Christl zuerst bei Twitter weiterverbreitete. Beschafft werden sollen auch Informationen zu „organisierten Arbeitskräften, Aktivistengruppen und feindlichen politischen Führungspersonen“. Die Tätigkeit ist bei dem Bereich Amazon Global Security Operations (GSO) im Global Intelligence Program (GIP) angesiedelt. Das Team hat seinen Sitz in der Region Phoenix, im US-Bundesstaat Arizona. (…) Amazon hat die beiden Stellenanzeigen nach mehreren Medienberichten dazu gelöscht. Das Open Markets Institute, das sich auf Kartellrecht und die Monopolmacht von Technologieunternehmen konzentriert, erklärte, Amazon benutze Tools wie Navigationssoftware, Objektscanner, Armbänder, Wärmebildkameras, Sicherheitskameras und aufgezeichnetes Filmmaterial, um seine Belegschaft in Lagern und Geschäften zu überwachen. Dabei könne es darum gehen, die Organisierung in Gewerkschaften einzuschränken. Beispielsweise würden Heatmaps erstellt und anhand von Daten wie der Stimmung der Teammitglieder und eines Diversity-Index ermittelt, in welchen Filialen das Risiko einer Gewerkschaftsbildung höher sein könne, heißt es in dem Bericht“ – in dem Beitrag „Amazon sucht Geheimanalysten gegen Gewerkschaften“ am 01. September 2020 bei golem.de externer Link über die Aufdeckung der Anwerbemaßnahme und ihre offizielle Rücknahme nach dem nicht gerade freundlichen Echo weltweit. Siehe dazu eine ausführlichere Meldung über die angeblich Rücknahme der Anwerbung, einen Beitrag über eine Studie, die die Überwachungstechniken als permanente Vorgehensweise des Unternehmens entlarvt, und eine leider reichlich zahnlose erste gewerkschaftliche Stellungnahme dazu sowie nun den Protest:

  • Gewerkschaftsfeindlichkeit: EU-Abgeordnete warnen vor Bespitzelung durch Amazon – Software als Gewerkschaftsradar New
    Ein offener Brief fordert Konzernchef Jeff Bezos dazu auf, die Rechte seiner Beschäftigten zu achten. Zugleich wird bekannt, dass der Konzern mit Software mögliche Gewerkschaftsbildung überwacht. (…) Zuletzt sorgten Jobannoncen für Aufregung, in denen der Konzern nach „Intelligence Analysts“ mit Erfahrung in der Strafverfolgung und im Militär suchte, um „gewerkschaftliche Bedrohungen“ gegen die Firma abzuwenden. Die Jobanzeige erwähnte auch „feindselige politische Figuren“. Amazon bezeichnete die Anzeige später als Fehler. Die EU-Abgeordneten wollen nun von Bezos wissen, ob er nach wie vor plant, Gewerkschafter:innen und Abgeordnete zu bespitzeln. (…) Das US-Medium Vox berichtet unterdessen über ein geleaktes Schriftstück externer Link des Konzerns, in dem Bemühungen zur algorithmischen Verfolgung möglicher gewerkschaftlicher Mobilisierung beschrieben werden. Eine Software namens geoSPatial Operating Console soll Amazon dabei helfen, aus mindestens 40 verschiedenen Datensätzen Muster abzulesen, die auf mögliche Organisationsbemühungen von Beschäftigten und Gewerkschaften hindeuten…“ Artikel von Alexander Fanta vom 07.10.2020 bei Netzpolitik externer Link – Infos zum Offenen Bief siehe hier unten:
  • Nach weltweiter Kritik an Amazons Überwachungsstrategie in den USA: Europäische Gewerkschaften fordern Kontrolle der Konzertätigkeit 
    „… Gewerkschaften aus 15 europäischen Ländern fordern in einem Brief an die EU-Kommission die Untersuchung illegaler Überwachungspraktiken gegen Beschäftigte durch den Handelskonzern Amazon. 37 Gewerkschaftsvertreter:innen haben den Brief unterzeichnet. Sie repräsentieren mehr als 12 Millionen Beschäftigte in Europa. Auch Frank Werneke, Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di, und ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger unterzeichneten den Brief. In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Enthüllungen darüber, wie Amazon seine Mitarbeiter:innen überwacht und die Bildung von Gewerkschaften verhindern will. In den USA sollen Amazon-Beschäftigte ständiger Überwachung durch Kameras ausgesetzt sein. Laut einem Bericht des Open Market Institute misst der Konzern die Arbeitsleistung und bestimmt strikte Wege und Pausenzeiten bei der Warenauslieferung. Außerdem hatte Amazon in zwei – nach eigenen Angaben versehentlich veröffentlichten – Stellenanzeigen nach Geheimdienstlern für den Bereich Gefahrenabwehr gesucht. Insbesondere die interne Organisation von Angestellten und damit die Bildung von Gewerkschaften stellte für Amazon offensichtlich eine Gefahr dar, wie Vice berichtete. In der Stellenbeschreibung tauchten Gewerkschaften als mögliche Bedrohung neben beispielsweise Terrorismus auf. Gesucht wurden auch Bewerber:innen mit französischen und spanischen Sprachkenntnissen. Die Gewerkschaften befürchteten deshalb die Überwachung von europäischen Amazon-Beschäftigten. In dem Brief an die EU-Kommission beziehen sie sich auf die vorausgehende Berichterstattung...“ – aus dem Bericht „Gewerkschaften protestieren gegen Überwachung von Amazon-Beschäftigten“ von Charlotte Pekel am 01. Oktober 2020 bei netzpolitik.org externer Link über die europäische gewerkschaftliche Initiative. Siehe dazu auch den Brief samt kommentierender Meldung dazu bei UNI Global Union:

    • „Europäische Gewerkschaftsführer verlangen EU-Maßnahmen gegen die Überwachung von Gewerkschaftsaktivisten durch Amazon“ am 30. September 2020 bei UNI Global Union externer Link meldet den Brief an die EU-Instanzen unter anderem so: „… Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften aus 15 europäischen Ländern, die zusammen mehr als zwölf Millionen Beschäftigte vertreten, haben in einem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission gegen die Überwachung der Belegschaften durch den Handelskonzern Amazon protestiert. In dem Brief, der auch vom ver.di-Vorsitzenden Frank Werneke und ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger unterzeichnet wurde, wird die Kommission aufgefordert, „eine Untersuchung über möglicherweise illegale Tätigkeiten von Amazon gegen Beschäftigte dieses Unternehmens in Europa“ einzuleiten. In den vergangenen Wochen hatte es wiederholt Enthüllungen über die Bespitzelung von Kolleginnen und Kollegen durch den Tech-Giganten gegeben. So offenbarte eine Studie, wie Amazon-Mitarbeiter*innen in den USA kontrolliert und überwacht werden. Demnach gibt es ein eigenes Team, das Kommentare von Beschäftigten in den sozialen Netzwerken auswertet. In einer laut Amazon „versehentlich“ veröffentlichten Stellenanzeige hatte der Konzern sogar Geheimdienstler gesucht, die das Unternehmen bei der Abwehr von Gefahren unterstützen sollten. Eine dieser Bedrohungen: Gewerkschaften. In dem Schreiben an die EU-Kommission heißt es deshalb: „Die von Amazon geplante Intensivierung der Arbeitnehmer-Überwachung in Europa und in der ganzen Welt ist ein weiterer Beleg dafür, dass die EU-Einrichtungen die Geschäfts- und Arbeitsplatzpraktiken von Amazon auf dem ganzen Kontinent genauer untersuchen müssen, da wir vermuten, dass sie gegen die für unsere Bürgerinnen und Bürger in Europa geltenden Arbeitsgesetze, Datenschutzgesetze und Persönlichkeitsrechte verstoßen.“…“
    • „Amazon spying“ am 30. September 2020 bei UNI Global Union externer Link dokumentiert den (englischen) gewerkschaftlichen Brief an die EU-Kommission.
    • Siehe die ver.di-Meldung dazu externer Link und den Brief auf Deutsch externer Link : Spionage bei Amazon: Brief an EU-Kommission
       
  • „Amazon withdraws job adverts for union ’spies’“ von Jane Wakefield am 03. September 2020 bei den BBC News externer Link war dann die ausführlichere Meldung zum offiziell erklärten Ende der Anwerbemaßnahmen – was man glauben kann. Oder auch nicht, wenn man beispielsweise den folgenden Beitrag in Rechnung zieht…
  • „Studie: Amazon will mit Überwachung Produktivität steigern“ am 31. August 2020 bei ORF.at externer Link macht – allerspätestens – deutlich, dass die Anwerbung neuer Überwachungstechniker weder ein „Ausrutscher“ war, noch irgendwie eine grundsätzliche Veränderung repressiver Vorgehensweise: „… Der Onlinehändler Amazon setzt in den USA einer Studie zufolge auf weitreichende Überwachungsmaßnahmen zur Steigerung der Produktivität seiner Angestellten. Zudem versucht das Unternehmen die Bildung von Gewerkschaftsgruppen mit Hilfe der Erkenntnisse zu verhindern, heißt es in der Untersuchung des Open Markets Institute (OPI). Nach der Studie nutzt Amazon unter anderem Überwachungskameras, Kontrollarmbänder, Navigationsprogramme, Wärmebildkameras und Scanner zur Überwachung der Belegschaften in Geschäften und Lagerhäusern. Zudem werden Filmaufnahmen ausgewertet. Hinter OPI verbirgt sich nach eigenen Angaben eine Gruppe von Journalisten und Journalistinnen, Forschenden und Rechtsanwälten sowie Rechtsanwältinnen, die gegen Kartelle und monopolartige Strukturen vorgehen. Nach der Studie des Instituts nutzt Amazon etwa Wärmebilder und wertet die Stimmung unter den Angestellten aus, um herauszufinden, in welcher Filiale ein erhöhtes Risiko der Bildung einer Interessenvertretung von Arbeitnehmern bestehe. Zudem würden die Angestellten versetzt, um die damit das Entstehen von Arbeitnehmergruppierungen zu verhindern. Damit würden die Möglichkeiten eingeschränkt, für bessere Arbeitsbedingungen einzutreten, geht aus der Studie hervor. Amazon reagierte nicht auf mehrere Bitten von Reuters um eine Stellungnahme zu der Untersuchung. Das Unternehmen hat sich lange gegen die Bildung von Gewerkschaftsgruppen in seiner Belegschaft gewehrt. Die ehemalige New Yorker Staatsanwältin und führendes OPI-Mitglied Sally Hubbard erklärte: „Unser Ziel ist zu zeigen, wie das ernorme Ungleichgewicht zwischen Arbeitgebern und Angestellten sich durch den alarmierenden Zuwachs der Überwachungsmaßnahmen weiter verschärft.“ Amazon will unterdessen in den USA mit der testweisen Zustellung von Käufen mit seinen automatisierten Lieferdrohnen beginnen. Möglich wird das dadurch, dass die Luftverkehrsbehörde FAA den Fluggeräten die nötige Zertifizierung erteilte, wie der Onlinehändler mitteilte…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=177554
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