Künstliche Intelligenz und «smarte» Arbeit. Zur politischen Ökonomie der Mensch-Maschine-Integration
„Wirtschaftlich fortgeschrittene Staaten befinden sich derzeit in einem Wettlauf miteinander, um Künstliche Intelligenz (KI) schnellstmöglich in möglichst viele Industrien und Gesellschaftssphären zu integrieren. Der Forschung und Entwicklung in diesem Bereich werden riesige Fördergelder in Milliardenhöhe zur Verfügung gestellt. Bisher führten die USA das Rennen an, dicht gefolgt von China und Israel (Delponte 2018). In China erhofft man sich durch den Einsatz von KI bis 2030 einen Anstieg des Bruttoinlandprodukts um 26 Prozent. Die USA zielen auf eine Steigerung um 14,5 Prozent ab (PwC 2018). 2018 kündigte die Europäische Kommission an, dass die Investitionen im KI-Bereich im Zuge des Forschungs- und Innovationsprogramms «Horizont 2020» bis Ende 2020 um 70 Prozent erhöht werden und sie somit in diesem Jahr 1,5 Milliarden Euro betragen sollen (Europäische Kommission 2018). (…) Im Februar 2020, veröffentlichte die Europäische Kommission das «Weißbuch zur Künstlichen Intelligenz – ein europäisches Konzept für Exzellenz und Vertrauen». Tatsächlich vertritt ein Großteil der auf höherer staatlicher und institutioneller Ebene verfassten Berichte die Ansicht, dass KI zu mehr Produktivität, Wirtschaftswachstum und allgemeinem Wohlstand führen wird, ähnlich wie der Taylorismus früher als Versprechen für «Wohlstand für alle» galt. Wie es auch schon beim Taylorismus der Fall war, versäumen aktuelle Diskussionen auf Führungsebene jedoch oft, den direkten Zusammenhang zwischen Produktivität und Wohlstand im abstrakten Sinne und der alltäglichen (und allnächtlichen) menschlichen Arbeit zu sehen, auf der nationale Wachstumskennzahlen oder globale Ranglisten letzten Endes beruhen. Trotzdem werden an vielen Arbeitsplätzen Projekte gestartet, bei denen unterschiedliche KI-erweiterte Anwendungen eingesetzt werden, um die Produktivität zu steigern, so zum Beispiel in der industriellen Produktion, der Gig-Economy und der Büroarbeit. Aus diesem Grund scheint es immer wichtiger, die aktuellen und zukünftigen Auswirkungen der KI auf die Arbeit, Arbeitnehmer*innen und Arbeitsplätze zu untersuchen.“ Aus der Einleitung der Untersuchung von Phoebe V. Moore vom August 2020 bei der Rosa Luxemburg Stiftung (Broschüre mit 69 Seiten)