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Gegen demokratische Reformen der Übergangsregierung: Radikale Religiöse rufen zur Konterrevolution im Sudan und die Milizen schießen wieder

Neue Massendemonstrationen für Demokratie im Sudan hier in Khartum am 30.6.2020Zu Protesten an diesem Freitag, 17. Juli 2020 haben diverse rechtsradikale religiöse Organisationen im Sudan aufgerufen – Gruppierungen zumeist, die in den langen Jahren der Bashir-Diktatur Stützen des korrupten Regimes waren. Die Stoßrichtung diese reaktionären Mobilisierungsversuche ist eindeutig: Diese Banden wollen die aktuellen Reformen im Strafrecht der Übergangsregierung nicht dulden. In der Meldung „Islamists in Sudan call for toppling government over penal code amendments“ am 12. Juli 2020 in der Sudan Tribune externer Link wird sehr deutlich, wogegen sie sind: Die beschlossenen Strafrechtsänderungen betreffen die Abschaffung der Todesstrafe für Gotteslästerung, die Einführung einer Bestrafung für die sexuelle „Beschneidung“ von Mädchen und die Erlaubnis zum Trinken von Alkohol für Nichtmuslime, sowie die Möglichkeit für Frauen, ohne die „Erlaubnis“ des Ehemanns zu reisen. Für diesen ganzen Hasskatalog patriarchalischer Idioten wollen diese Banden nun mobilisieren – und es wird geschätzt, dass diese Proteste nicht klein bleiben werden… Auch in den Regionen wird gegen die Veränderungs-Schritte der Übergangsregierung mobilisiert – von der Regierung selbst? Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zur Entwicklung im Sudan:

  • „Störfeuer gegen Sudans Frieden“ von Ilona Eveleens am 14. Juli 2020 in der taz online externer Link zu einer weiteren aktuellen Front gegen die Übergangsregierung unter anderem: „… Einerseits führt Sudans Regierung Friedensgespräche für Darfur – andererseits hat sie für die Provinz Nord-Darfur den Notstand ausgerufen. Am Montag hatten Milizionäre auf Motorrädern, Pferden und Kamelen in der Stadt Fata Borno in Nord-Darfur 13 Demonstranten getötet. Ein Tag zuvor starb ein Aktivist, als die Polizei ein Sit-in im nahegelegenen Kutum auseinanderjagte.Die Demonstranten fordern mehr Sicherheit in Darfur und ein Ende der Angriffe bewaffneter Gruppen, die nach ihrer Überzeugung von der Regierung unterstützt werden. Die Polizei griff Montag nicht ein, als die Milizen attackierten. Mohammed Ibrahim Abdel-Karim, Gouverneur von Nord-Darfur, beschuldigt die Demonstranten, mit Steinen und Messern Autos von Regierungsvertretern angegriffen zu haben, die gekommen waren, um ihre Forderungen zu besprechen. Auch sollen die Protestierenden das Polizeibüro in Kutum angezündet haben. (…) Die Armee hat jetzt nach Kutum und Fata Borno Truppen geschickt, auch nach Kabkabiya, Hauptquartier der arabischen Milizen. Sudan hat jetzt eine Übergangsregierung aus Zivilisten und Militär, die das Land demokratisieren soll. Sie versucht, nicht nur die Rebellion in Darfur in den Griff zu bekommen, sondern auch die Konflikte in verschiedenen anderen Teilen des Landes zu beenden. Gespräche darüber werden in Juba geführt, Hauptstadt des 2011 von Sudan abgespaltenen Südsudan. Anfang dieser Woche wurde in Juba zwischen Sudans Regierung und Darfur-Rebellen nach langen Verhandlungen ein Abkommen über die Machtteilung erzielt. Es gibt in der Region zwar seit Langem keine großen Kämpfe mehr, aber die Lage ist noch immer angespannt. Der Großteil der Bevölkerung lebt noch immer in Lagern für Vertriebene. Das neue Abkommen ist zwar ein wichtiger Schritt, aber es gibt noch viele Probleme, die gelöst werden müssen. So gibt es noch immer keine Übereinkunft über die Integration der Kämpfer der verschiedenen bewaffneten Gruppen in die sudanesische Armee. Der Vertreter der Regierung bei den Friedensgesprächen ist ausgerechnet General Mohamed Hamdan Daglo, Vizevorsitzender des Souveränen Rates, die höchste Macht im Land. Er ist der Chef der Rapid Support Forces (RSF), eine paramilitärische Gruppe in der Armee, die ihren Ursprung in den Janjaweed hat…“
  • „Mutiger Protest für Ende der Gewalt gegen die Bevölkerung“ am 09. Juli 2020 bei den Rote Fahne News externer Link meldete aus Darfur: „Tausende versammeln sich seit zwei Wochen vor dem Verwaltungsgebäude im Bezirk Nertiti in Zentral-Dafur, einer Provinz im Westen des Sudan. Dabei sind zahlreiche Frauen, die die Demonstranten mit mitgebrachtem Essen versorgen. Mit ihrem Protestscamp – dem ersten seit Beginn des Bürgerkriegs 2003 – fordern sie die Ablösung des Militärgouverneurs und seine Ersetzung durch einen zivilen Beamten, ein  Ende der Gewalt gegen Zivilsten und Strafverfolgung aller Gewalttaten. Außerdem fordern sie Rückgabe des Lands, das ihnen von bewaffneten Siedlern geraubt worden war. Eine Delegation der Regierung aus der Hauptstadt Khartum versprach, ihre Forderungen zu unterstützen. Doch die Demonstranten wollen ihr Camp erst auflösen, wenn ihre Forderungen erfüllt sind – und wenn es ein Jahr dauern sollte“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=175637
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