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Aufstand in der letzten Kolonie: Die Regierung der Niederlande schickt die Armee nach Curacao
„… Seit Mittwoch befindet sich die zum niederländischen Königreich gehörende Karibikinsel Curaçao in Aufruhr. Läden werden geplündert und in Brand gesteckt. Nun sollen niederländische Soldaten mithelfen, die »Ordnung« wieder herzustellen, berichtetete der öffentlich-rechtliche Nachrichtenverteiler NOS am Sonnabend. Curaçao hat seit 2010 zwar weitgehende Autonomierechte, untersteht in Verteidigungsfragen jedoch den Niederlanden. Rund 800 Soldaten sind auf der Insel stationiert. Auch über die Küstenwache hat Den Haag die Befehlsgewalt. Aufgrund der Kolonialgeschichte ist der Einsatz von Soldaten im Inneren mindestens heikel. Die Unruhen hatten am Mittwoch morgen begonnen, als die Angestellten des Abfallbetriebs Selikor erfuhren, dass ihre Löhne gekürzt und eine nicht näher genannte Anzahl von ihnen ihre Jobs verlieren werden. Die Betriebsleitung sah sich zu diesem Schritt gezwungen, weil die Regierung schon lange kein Geld mehr überweise, so das Caribisch Netwerk am Mittwoch. Die erbosten Müllwerker zogen zum Regierungssitz Fort Amsterdam. Mitarbeiter der Raffinerie Isla und des Stromkonzerns Aqualectra, die ebenfalls von Arbeitslosigkeit bedroht sind, schlossen sich dem Protest an. Die wütende Menge forderte den Rücktritt des Premierministers Eugene Rhuggenaath und drang schließlich in den Regierungssitz ein. Die Polizei habe Warnschüsse abgegeben und Tränengas eingesetzt, berichtete NOS. (…) Frensley Sillé, Vorsitzender der radikalen Gewerkschaft BTG, hat keinerlei Verständnis dafür, dass die Müllwerker auf 12,5 Prozent ihres Lohns verzichten sollen. »Unsere Arbeit trägt dazu bei, Krankheiten zu verhindern. In den letzten Monaten wurde deutlich, wie wichtig Prävention ist«, sagte Sillé laut Antilliaans Dagblad vom Donnerstag. Er nahm ebenfalls an der Demonstration teil. »Die Sparmaßnahmen sind uns durch die Niederlande auferlegt. Wir müssen diese umsetzen und dafür sorgen, dass es auf der Insel ruhig bleibt«, erklärte indes Premierminister Rhuggenaath am Mittwoch gegenüber dem Caribisch Netwerk. Tatsächlich ist Den Haag nur bereit, mit Krediten finanziell einzuspringen, wenn Curaçao im Staatshaushalt »spart«...“ – aus dem Beitrag „Den Haag schickt Soldaten“ von Gerrit Hoekman am 29. Juni 2020 in der jungen welt über die Gründe für die holländische Militärexpedition. Siehe dazu eine Materialzusammenstellung über die Proteste und einen Videobericht dazu – insbesondere über die Rolle der Müllwerker dabei – sowie ein kurze Chronik der Proteste in Willemstadt:
- „Licenciements: affrontements à Curazao (colonie des Pays Bas)“ am 25. Juni 2020 bei Anthropologie du Présent ist eine Zusammenstellung von Meldungen (und Videoberichten) über die Proteste, ihre Ursachen und die bis dahin erfolglosen Versuche der Repression.
- „A Curaçao dans les Caraïbes, les éboueurs grévistes sont le moteur de la révolte sociale qui se répand sur l’île aujourd’hui“ am 27. Juni 2020 im Rwitter-Kanal von Conseils Ouvriers ist ein Videobericht von den Protesten, samt einer Würdigung der besonderen Rolle, die die Müllmänner bei dieser Auseinandersetzung inne haben.
- „L’île de Curaçao est un Etat autonome constitutif du Royaume des Pays-Bas situé au nord du Venezuela. Son économie, qui repose essentiellement sur le pétrole, le tourisme et le placement bancaire, est à genoux depuis la crise du Covid19. On fait le point sur la situation“ am 28. Juni 2020 im Twitter-Kanal von GRC ist eine kurze Chronologie der Proteste in der Hauptstadt Willemstadt seit dem Mittwoch, 24. Juni 2020.