Tötet den Boten. Verdi-Bezirksvertreterin erhebt schwere Vorwürfe gegen Essener Polizei und wird zur Zielscheibe
„Eine Kundgebung, die bereits letzte Woche Dienstag vor dem Uniklinikum in Essen stattfand, erhitzt noch immer die Gemüter. Zu besagtem Protest hatten die Verdi-Vertrauensleute der Klinik eingeladen, um ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt zu setzen. In ihrem Redebeitrag hatte Vertrauensleutesprecherin Ursula Gerster darauf hingewiesen, dass es nicht ausreiche, die Situation in den USA zu kritisieren. Vielmehr sei es notwendig, sich auch mit rassistischen Tendenzen in der deutschen Polizei auseinanderzusetzen. (…) Dies sorgte für Empörung bei der Essener Polizei, allen voran beim früheren Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und heutigen Polizeipräsidenten der Stadt, Frank Richter. Gerster solle, so der Vorwurf der Polizei, bei der besagten Kundgebung geäußert haben, dass der im Juni letzten Jahres durch einen Polizeischuss in Essen getötete Adel B. aus rassistischen Motiven umgebracht worden sei. (…) In einem am vergangenen Freitag veröffentlichten Interview, das der Polizeipräsident der Funke-Mediengruppe gab, weist dieser die erhobenen Vorwürfe entschieden zurück. »Nach allem, was ich weiß, kann ich in allen drei Fällen rassistische Motive bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausschließen«, behauptet Richter dort. »Dem tragischen Tod des Adel B.« liege »eine eindeutige Notwehrhandlung der Polizei zugrunde« (…) Unter Generalverdacht gestellt wird hingegen mittlerweile Verdi-Vertrauensleutesprecherin Gerster selbst. So versuchen der örtliche Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) und der lokale CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer die engagierte Gewerkschafterin für ihre Vorwürfe zu diffamieren. Auch Jörg Uhlenbruch, Vorsitzender der Essener CDU-Fraktion, legte nach und bezeichnete Gersters Vorwürfe als »nicht nur geschmacklos«, sondern als »Skandal, den wir aufs schärfste verurteilen«…“ Artikel von Markus Bernhardt in der jungen Welt vom 16.06.2020 – siehe dazu u.a. beim ver.di Bezirk Ruhr-West Aufruf zur Demo und eine – abwiegelnde – Pressemitteilung:
- Todestag von Adel B.: Streit um Gewalt bei der Essener Polizei verschärft sich
„Vor fast einem Jahr ist der Deutsch-Algerier Adel B. in Essen durch einen Schuss eines Polizisten getötet worden. Aktuell diskutieren Stadt, die Gewerkschaft Verdi und Linke über Polizeigewalt in Essen. (…) Derweil kritisiert das Antirassismus-Telefon Essen Kufens Aussagen und wandte sich mit einem offenen Brief an den Oberbürgermeister. „Während wissenschaftliche Expert*innen zum Beispiel der Universität Duisburg Essen mit empirischer Forschung belegen, dass es sehr wohl Rassismus bei der Polizei gibt, auch in Essen, nimmt die Essener Stadtspitze die gesamte Essener Polizei pauschal in Schutz“, heißt es darin. Die Initiatoren nennen dabei ein Beispiel aus den vergangenen Wochen, das bundesweit Aufsehen erregte. Im März soll eine 50-jährige Nigerianerin, die einen Diebstahl melden wollte, und deren Tochter von Beamten einer Essener Polizeiwache verhöhnt und geschlagen worden sein. Auch t-online hatte berichtete. Aus Neutralitätsgründen übernahmen Bochumer Polizisten die Ermittlungen. Laut „WAZ“ sind diese nicht abgeschlossen…“ Meldung vom 16.06.2020 bei t-online.de - Demo gegen Rassismus und Polizeigewalt am 9. Juni in Essen
„Am 9. Juni 2020 fand vor dem Uniklinikum Essen eine Solidaritätskundgebung zu der Blacklivesmatter-Bewegung, die nach den Ereignissen von rassistisch motivierter Polizeigewalt in den USA nun auch in Deutschland zu Solidarität aufruft und auf Gewalt und strukturellen Rassismus aufmerksam macht, statt. Die ver.di-Vertrauensleute des Uniklinikums hatten zu dieser Veranstaltung eingeladen, um ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt zu setzen. In diesem Zusammenhang haben uns einige irritierte und empörte Anfragen erreicht. Die Vertrauensleutesprecherin Ursula Gerster hatte in ihrer Rede darauf hingewiesen, dass es nicht ausreiche, die Situation in den USA zu kritisieren, sondern dass es notwendig sei, sich mit rassistischen Tendenzen, auch in der deutschen Polizei auseinanderzusetzen. Zur Unterstützung ihrer Aussage führte sie verschiedene mögliche Beispielfälle aus der Vergangenheit an. Hintergrund waren Aussagen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, laut derer rassistische Polizeimaßnahmen auch in Deutschland verbreitet seien. Wir freuen uns über viele engagierte Mitglieder in unseren Reihen, die ihrer Empörung über die Vorkommnisse in den USA und die Sorge über die Rechtsentwicklung auch in unserem Lande teilen und dagegen protestieren. Die klare Positionierung gegen Rechts ist auf allen Ebenen in ver.di durch Beschlussfassungen gedeckt. Wir sind aber, ebenso wie unsere Vertrauensleute am Klinikum, weit davon entfernt, unsere Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei unter Verdacht zu stellen. Alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst, seien es Polizist*innen, Lehrer*innen, Pflegekräfte und viele andere, machen gerade in der aktuellen Situation einen wichtigen und guten Job und haben es verdient, entsprechend dafür respektiert und honoriert zu werden.“ Pressemitteilung vom 11.06.2020 von und bei ver.di Bezirk Ruhr-West und der Aufruf zuvor: - Unter der Überschrift #BlackLivesMatter findet am 09.06.2020 um 14.15 Uhr eine Solidaritätskundgebung vor dem Haupteingang der Unimedizin Essen statt
„Die ver.di-Vertrauensleute an der Uniklinik wollen mit der neun-minütigen Kundgebung ihre Solidarität mit den Protesten in den USA zum Ausdruck bringen, erklärt Uschi Gerster, Vertrauensleutesprecherin im Betrieb: „Auch bei uns ist soziale Diskriminierung, Rassismus und Polizeigewalt an der Tagesordnung. Gerade in einem Betrieb, in dem tausende Kolleginnen und Kollegen der verschiedensten Herkunft und Hautfarbe zusammenarbeiten, wollen wir deshalb ein Zeichen setzen: „Ein Zeichen unserer Solidarität mit Demonstrierenden in den USA und ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt bei uns und weltweit.““ Pressemitteilung 08.06.2020 von und bei ver.di Bezirk Ruhr-West