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[Aktionstag 20. Juni 2020] Shut down Mietenwahnsinn – sicheres Zuhause für alle!
„… Überall auf der Welt herrscht die Wohnungskrise. Der Immobilienmarkt versagt schon lange dabei, ausreichend bezahlbare Wohnungen, Gewerberäume, soziale und kulturelle Räume bereitzustellen. Die COVID-19-Pandemie verschärft diese Krise dramatisch. Doch selbst jetzt müssen noch Menschen auf der Straße oder in Sammelunterkünften leben. Spätestens seit der letzten Finanzkrise hat die Immobilienbranche Gewinne über Gewinne aufgehäuft. Die Rechnung haben wir Mieter*innen bezahlt. Auch jetzt sollen die Mieten weiter fließen, selbst wenn wir weniger verdienen. Mit Transferleistungen garantiert die Bundesregierung – auf Kosten der Allgemeinheit – die Mietsteigerungen der letzten Jahre. Bis Ende Juni gibt es auch einen coronabedingten Kündigungsaufschub. Aber wie sollen wir später Mietschulden zurückzahlen, wenn wir uns die Miete schon jetzt kaum leisten können? Ohne Verlängerung drohen ab Herbst erneut Zwangsräumungen und eine Verdrängungswelle…“ – so der Aufruf „Shut down Mietenwahnsinn“ hier beim Bündnis Zwangsräumung verhindern zum bundesweiten Aktionstag – bei dem es in Berlin eine Demonstration gibt: Um 14 Uhr ab Potsdamer Platz. Siehe dazu die zentralen Forderungen des Aktionstages und nun Berichte:
- Erster – erfolgreicher – Aktionstag gegen Mietenwahnsinn nach Ausgangssperren
„Am 30. Juni läuft die gesetzliche Regelung zum coronabedingten Kündigungsschutz aus. Das bundesweite Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn nimmt dies heute zum Anlass, um in insgesamt 16 Städten unter dem Motto „Shut down Mietenwahnsinn – Sicheres Zuhause für alle!“ für eine grundlegende Wende in der Mieten- und Wohnungspolitik auf die Straße zu gehen. Unser Protest ist vielfältig, bunt und laut. Auf Kundgebungen und Demonstrationen sind heute in Aachen, Düsseldorf, Bochum, Marburg, Göttingen, Potsdam und Berlin Tausende Menschen zusammengekommen. Auch in Dresden, Hannover, Leipzig und Mannheim finden Aktionen statt. Aktivist*innen in Frankfurt am Main beteiligen sich an einem Stadt für alle-Aktionstag gegen Mietenwahnsinn, Rassismus und Klimawandel mit einer Fahrraddemo und dezentralen Aktionen. Auch in Freiburg und Krefeld starten am Nachmittag mietenpolitische Fahrradtouren. Ab 17 Uhr protestieren Münchner Aktivist*innen gegen das profitgierige Geschäftsgebaren der Immobiliengesellschaft Danovia. Der Immobilienkonzern Vonovia ist bei den Aktionswochen vom MieterInnnenverein Witten und Umgebung und den Kritischen Immobilienaktionär*innen im Blick. Sie haben heute Forderungen nach Umverteilung hoher Mietenprofite für die Bewältigung der Krisenfolgen veröffentlicht. Zum Abschluss des Tages wird ab 20:30 Uhr in Berlin-Kreuzberg die Kiez-Protest-Oper LAURATIBOR erschallen. Mitsingen für eine Stadt für alle ist ausdrücklich erwünscht. In Marburg klingt der Tag beim Open-Air mit einem Filmklassiker aus: Miete essen Seele auf…“ – aus der Pressemitteilung „Vielfältige und starke Proteste beim Aktionstag „Shut down Mietenwahnsinn – Sicheres Zuhause für alle!“ am 20. Juni 2020“ vom selben Tag bei der Aktion „Shut down mietenwahnsinn – sicheres zuhause für alle“ zum Beginn des Aktionstages. Siehe dazu auch zwei Demonstrationsberichte und drei Beträge zu dem am Aktionstag deutlichen Protest gegen die Manöver und Erpressungen der Wohnungskonzerne, die Begrenzungen, wie den Mietendeckel „umgehen“ wollen:- „Kieze gegen Kapital“ von Sandra Schönlebe am 22. Juni 2020 in der jungen welt zum Aktionstag: „… Ein Meer aus bunten Regenschirmen trotzte am Sonnabend dem unwirtlichen Wetter in Berlin. »Die Häuser denen, die drin wohnen!«, schallte es laut über den Potsdamer Platz. Zur Demonstration aufgerufen hatte das »Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn«. Anlässlich eines Aktionstags wurde an diesem Wochenende bundesweit gegen die wachsende Wohnungsnot protestiert. Am Sonnabend forderten die Demonstranten in Berlin, die Mieten müssten sinken, Mietschulden erlassen und ein sicheres Zuhause für Wohnungslose und Geflüchtete müsse garantiert werden. Immer wieder skandierten sie an diesem Weltflüchtlingstag: »Wohnungen für alle, Lager abschaffen!« Nach etwa 2,5 Kilometern endete der Aufzug vor dem selbstverwalteten Jugendzentrum »Potse«. Das Projekt ist nach fast 50 Jahren Bestehen akut gefährdet. Die Betreiber, denen zum 31. Dezember 2018 gekündigt worden war, haben die Schlüssel dennoch nicht abgegeben. Eine Rednerin kündigte an, die Räume würden nicht verlassen, bis die Politik »Potse« und ihrem Schwesterprojekt »Drugstore« adäquaten Ersatz stellt. Nachdem der im Januar gestellte Befangenheitsantrag gegen den Richter abgelehnt worden war, geht die Räumungsverhandlung nun am 8. Juli 2020 am Berliner Landgericht weiter. Auch andere Urgesteine der linken Szene Berlins sehen einer trüben Zukunft entgegen. So ist der am 3. Juni erlassene Räumungstitel gegen das queere Hausprojekt »Liebig 34« ab sofort vollstreckbar. Dennoch zeigte sich eine Bewohnerin am Sonnabend kämpferisch…(…) Trotz des schlechten Wetters hätten etwa 2.000 Menschen protestiert. »Es war für eine Auftaktveranstaltung nach Corona erfolgreich«, so Meyer. Neben der Vernetzung verschiedener Initiativen, Hausgemeinschaften und stadtpolitischer Zusammenschlüsse habe man gemeinsam auf »eines der großen Themen in der Zukunft« aufmerksam machen können: die immer häufiger stattfindende Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. »Das betrifft und mobilisiert sehr viele Menschen«, erklärte Meyer...“
- „Regnerisches Comeback“ von Yannic Walther am 20. Juni 2020 in neues deutschland online zur Berliner Demonstration: „… Demonstrationen fanden zeitgleich auch in zahlreichen anderen Städten statt. Aufgerufen hatte das Mietenwahnsinn-Bündnis, das sich aus verschiedenen wohnungspolitischen Iniativen zusammensetzt. Die Demonstration ist die erste des Bündnisses nach dem Corona-bedingt Lockdown. Ursprünglich war für Ende März gemeinsam mit Partnern aus verschiedenen Ländern ein europaweiter »Housing Action Day« geplant, der wegen der Pandemie ausfallen musste. Nun will sich das Bündnis wieder warm laufen für kommende Proteste. Denn – da sind sich die Teilnehmer bei der Demonstration am Samstag einig – in Berlin gäbe es noch viel zu tun. So würde auch der Mietendeckel in seiner jetzigen Form nicht ausreichen, wie Kim Meyer vom Bündnis erklärt. »Vermieter haben viele Möglichkeiten den Mietendeckel zu umgehen«, sagt er. Häufige Praxis bei Neuvermietungen ist es mittlerweile, neben der gedeckelten Miete eine vertraglich höhere, sogenannte Schattenmiete, zu vereinbaren. Ein Blick auf Immobilienportale zeigt, dass diese teilweise um ein dreifaches höher liegen als die gesetzliche konforme Miete. Im Fall, dass der Mietendeckel vor Gericht kassiert wird, sollen Mieter die Differenz dann nachzahlen...“
- „Mit Schattenmiete in den Dax“ von Fabian Kunow am 18. Juni 2020 in der jungle world zu den ungesetzlichen Schattenmieten der Wohnungskonzerne: „… Die Deutsche Wohnen scheint allerdings darauf zu vertrauen, auch in Berlin weiterhin ordentlich Rendite mit der Miete zu machen. Kurz vor der Aktionärsversammlung am 5. Juni versuchte das Unternehmen, einem Geschäftsmann 23 Häuser abzukaufen. 21 dieser Gebäude liegen in Berlin, zwölf davon im Ortsteil Kreuzberg, viele in Milieuschutzgebieten. Weder der sogenannte Mietendeckel noch die Milieuschutzverordnung hält die Deutsche Wohnen in Berlin von Kauftouren ab. Warum die Coronakrise die Deutsche Wohnen nicht so hart trifft, erläuterte Jenny Stupka von der Initiative »Deutsche Wohnen&Co. enteignen« in der Online-Sendung »3×3« des Berliner Bildungsvereins »Helle Panke«: Der Konzern habe die Gewinnerwartung trotz der Krise nicht zurückgenommen, denn bei allen bundes- und landesrechtlichen Regelungen zum Schutz für Mieter bei Zahlungsunfähigkeit während der Pandemie gehe es nur um Stundungen. Alle gestundeten Mieten müssten irgendwann gezahlt werden. Wie die Deutsche Wohnen mit dem »Mietendeckel« umgeht, zeigt ein Tweet der Juristin und ehemaligen Bundestagsabgeordneten Halina Wawzyniak (Linkspartei). Sie veröffentlichte einen Brief der Firma an einen potentiellen Neumieter, dessen Miete das Jobcenter bezahlt. In dem Schreiben fordert das Immobilienunternehmen den möglichen Neumieter dazu auf, sich vom Jobcenter auch eine Bestätigung über die Zahlung einer sogenannten Schattenmiete zu besorgen. »Während der Laufzeit des Mietendeckels wird nur die Mietendeckelmiete verlangt, parallel werden Mieterinnen und Mieter aber zu einer höheren Miete jenseits des Mietendeckels vertraglich verpflichtet«, beschrieb der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, jüngst die Vorgehensweise. Es werde so getan, als sei bereits klar, dass bei einer Verfassungswidrigkeit des sogenannten Mietendeckels eine Nachzahlungspflicht für Mieterinnen und Mieter bestehe, schrieb Wawzyniak auf ihrem Blog. »Die Immobilienlobby möchte also im Rahmen von zivilrechtlichen Verträgen vorab bereits eine mögliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts außer Kraft setzen.«...“
- „Mit der Angst unter einem Dach“ von Benjamin Knödler am 16. Juni 2020 im Freitag online (Ausgabe 24/2020) zu erwarteten Gewinnen solcher Manipulationen unter anderem: „… Diese Interpretation geht recht grob über einen wichtigen Aspekt hinweg: dass künftig zwei Wohnungskonzerne Mitglied im elitären Leitindex sein werden, zeigt vor allem, welche große Bedeutung der Immobilienbranche beim Thema Rendite zukommt. Vonovia plant, eine Dividende von 1,57 Euro pro Aktie auszuzahlen, bei der Deutsche Wohnen wurden 90 Cent beschlossen. Entgegen allen Krisenerzählungen scheint das Geschäft mit dem Wohnraum gut zu laufen. Krisenfest könnte man die Lage nennen – zumindest für die großen Immobilienkonzerne trifft das zu. Bei ihrer Wohnung werden Menschen als Letztes sparen – die Mieteinnahmen sind also sicher. Zwar hat die Bundesregierung zu Beginn der Corona-Krise schnell und im Sinne der Mieter*innen reagiert, als sie entschied, Haushalten mit finanziellen Engpässen die schlimmste Existenzangst zu nehmen, und die Möglichkeit bot, die Mietzahlungen aufzuschieben – bis 30. Juni 2022 und zuzüglich Zinsen, die derzeit bei vier Prozent liegen können. Vor diesem Hintergrund versinnbildlicht der Aufstieg der Deutsche Wohnen in den Dax eine Ungleichheit, die sich durch die Krise noch verschärfen könnte. Hier die Immobilienkonzerne, die auf steigende Mieten setzen. Dort die Mieter und Mieterinnen, die oft schon jetzt mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens für die Wohnung ausgeben müssen und ökonomisch unsicheren Zeiten entgegenblicken…“
- „Berlin liegt auf den Cayman Islands“ von Tom Mustroph am 03. Juni 2020 in neues deutschland online über die konkrete Form von Profitjagd in Berlin in einem Interview mit Christoph Trautvetter: „… Genau. Wir haben uns beispielsweise ein Haus in der Zossener Straße über einen Zeitraum von vielen Jahren genauer angeschaut. Das wurde 2012 im Paket von einem Investmentfonds gekauft zu einem Preis von etwas mehr als 1000 Euro pro Quadratmeter. 2018 wurde das Haus dann für knapp 3500 Euro an den nächsten Investor, in diesem Fall Blackstone, weitergereicht. Der Verkäufer konnte so eine zweistellige Rendite erzielen, davon – beim Gesamtpaket – etwa 250 Millionen Euro allein durch die Wertsteigerung. Die Mieteinnahmen lagen hingegen bei etwa 70 Millionen Euro. Und wie will Blackstone nun bei dem vergleichsweise hohen Kaufpreis seinerseits die 15 Prozent Rendite einfahren? Über die Miete allein wohl kaum?/Sicher nicht, obwohl direkt nach dem Kauf eine neu angebotene Wohnung für 18 Euro pro Quadratmeter vermietet werden sollte. Wir kennen die Exit-Strategie nicht. Ein beliebtes Verfahren ist aber die Aufteilung in Eigentumswohnungen. Und die werden dann teurer weiterverkauft. Wie gut oder wie schlecht lässt sich die Eigentümerstruktur dieser Fondsgesellschaften einsehen?/ Die Struktur ist recht gut einsehbar. Die Investoren lassen sich aber so gut wie nie finden. Meist sind die Fonds ähnlich strukturiert: Der Fonds ist auf den Cayman Islands registriert, darunter eine mehrstöckige Struktur aus Objektgesellschaft, Holdinggesellschaft und weiteren Zwischenetagen in Luxemburg. Bisher findet man in allen Registern – selbst im Transparenzregister – nur die Manager. Deswegen fordern wir Transparenz auch bei den Vermögensanlagen. Die Daten dafür gibt es schon. Clearstream, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Börse AG, sammelt sie. Der Staat, also die Finanzämter und Ermittlungsbehörden, haben aber keinen Zugriff darauf…“
- Die zentralen Forderungen beim Aktionstag am 20. Juni 2020 wie sie in dem oben verlinkten Aufruf zusammen gefasst sind: „… Dabei geht es nicht nur um unser Wohnen, sondern auch um unsere Läden, Kneipen, Kulturorte und sozialen Zentren, die schon jetzt um ihre Existenz fürchten. Wir fordern: Mietschulden erlassen – Mietschuldenerlass bei Wohnraum und Kleingewerbe statt Subventionen für hohe Mieten und Finanzinvestor*innen! / Mieten senken – Gewinne umverteilen – Höchstmieten festsetzen! Krisengewinne abschöpfen und Wohnungskonzerne vergesellschaften! / Wohnungen für alle – Wohnungslose und Geflüchtete in Wohnungen unterbringen! Zwangsräumungen, Versorgungssperren und Kündigungen verhindern! / Keine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen! – Dafür wollen wir am 20. Juni 2020 bundesweit auf die Straße gehen“
- Siehe zum Thema auch unser Dossier: Recht auf Wohnung: Erst recht bei einer Epidemie