Hamburger Polizei überfällt SeniorInnen-Wohngemeinschaft: Im Nachhinein kommen die – üblichen – wechselnden Begründungen. Bei Freiburgs Anti-Armut-Polizeistreifen tut das noch nicht Not…

Stoppt Polizeigewalt„… Eine Nachbarin hatte gegen 22 Uhr den Notruf alarmiert, weil sie am Fenster eine Taschenlampe flackern gesehen habe und einen Einbrecher vermutete. So bestätigt es der Polizeisprecher Holger Veh­ren auf taz-Anfrage. Das sagten auch die Beamt*innen zu Allers, als er ihnen die Tür öffnete. „Achso, das mit dem Licht war ich“, habe Allers geantwortet, „und ich bin hier der Hauptmieter.“ Nach einem kurzen „Geplänkel“, so Allers im Video, hätten die Polizist*innen ihn zur Seite geschubst und die Etage, die aus mehreren Wohneinheiten und einem Arbeitszimmer besteht, betreten. Sie seien zielstrebig zum hintersten Zimmer gelaufen, das am weitesten entfernt von dem Fenster mit dem Flackerlicht liege, erzählt Petra Vollmer weiter. Sie habe sich vor das Zimmer gestellt, die Tür zugemacht und wütend gefragt, was das solle. „Sie sehen doch, dass hier kein Einbruch stattfindet“, habe sie zu den Polizist*innen gesagt. Alles sei hell erleuchtet gewesen. Eine Polizistin habe daraufhin die Tür wieder aufgeschlagen und ihren Kolleg*innen zugebrüllt: „Die hat mich mit der Faust geschlagen!“ (…) Zwar hätten die Beamt*innen keine Einbruchsspuren erkennen können, sagt Holger Vehren. Jedoch hätten sie auch nicht sicher sein können, dass die angetroffenen Personen die echten Mieter*innen oder deren Gäste waren. Später, als die beiden Senior*innen bereits im Polizeiauto saßen, konnten die Beamt*innen „aufgrund der Gesamtumstände davon ausgehen, dass es sich auch bei ihnen nicht um Einbrecher handelte“. Die Personalienfeststellung sei dann aber trotzdem erforderlich gewesen – „für die einzuleitenden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte“…“ – aus dem Bericht „Unerwünschter Hausbesuch“ von Katharina Schipkowski am 27. Mai 2020 in der taz online externer Link darüber, warum man – in jedem Alter – die Tür lieber nicht öffnen sollte, wenn die Vorkämpfer des Polizeistaats klingeln… Siehe dazu auch ein Video der Rentnerband, die das Polizeiaufgebot verprügelt, bedroht, geschlagen, gehauen, gebissen und was nicht noch alles hat (samt sehr gewichtigen Kommentaren, ob das nun Durchsuchungsbefehl oder –beschluss heiße und was sonst noch für kleinere Sorgen entstehen) – und einen thematisch sehr genau passenden Bericht aus Freiburg:

  • „Polizeigewalt in Hamburg-Altona“ am 25. Mai 2020 bei You Tube externer Link eingestellt, ist das Video, das die Betroffenen selbst produziert haben, in dessen Ankündigungstext es heißt: „Am Abend des 1.Mai 2020 gegen 22:15 Uhr hat ein Einsatztrupp der Polizei, der von der Wache 26 in Hamburg-Osdorf losgeschickt wurde, die von uns seit Jahren gemietete Etage in Altona (in der wir arbeiten und leben) ohne unsere Einwilligung betreten und vollkommen grund- und sinnlos zwei von uns geschlagen, getreten und mit Pfefferspray besprüht, schließlich mit brutaler Gewalt gefesselt und zur Wache geschleift. Wie es vorauszusehen war, die beiden werden jetzt des tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte und des Widerstands gegen die Staatsgewalt beschuldigt. In diesem Video schildern wir den Ablauf der Ereignisse“.
  • „Freiburger Sicherheitspartnerschaft im GemeinderatEvaluation der Anti-Armen Polizei“ am 26. Mai 2020 bei Radio Dreyeckland externer Link zu speziellen Erfahrungen mit einer speziellen Truppe: „… Der Freiburger Gemeinderat wird im Sitzungsmarathon an diesem Mittwoch auch die Evaluation der sogenannten Sicherheitspartnerschaft zur Kenntnis nehmen. Wahrscheinlich wird es so von niemanden gesagt werden, aber Hauptergebnis ist eigentlich, wie wir schon bei der Einführung berichtet haben: Beim kommunalen Vollzugsdienst, dem Hautpaspekt der sogenannten Sicherheitspartnerschaft, handelt es sich um eine „Armen Polizei“ bzw. eine Polizei gegen Arme, die auch in der Stadtbevölkerung sehr unterschiedlich bewertet wird. Die angedachte Videoüberwachung wird indes von einer Mehrhgeit komplett abgelehnt. Den Aspekt der Armenpolizei unterstreicht der Blick auf die Statistiken zu den Einsätzen des Vollzugsdienstes: So trafen im Jahr 2019 z.B. 23,88 Prozent der ausgesprochenen schriftlichen Verwarnungen Personen, die gezwungen sind zu betteln, 23,28 Prozent der schriftlichen Verwarnungen betrafen das Thema „Notdurft“. Selbst wenn die Verrichtung der Notdurft im öffentlichen Raum zweifelsohne ein unschönes Phänomen ist, sind neben vielen Partygängern, wahrscheinlich auch einige Obdachlose unter denen, die kaum eine andere Wahl haben, als die Notdurft im öffentlichen Raum zu verrichten. Statt den Vollzugsdienst einzusetzen, wäre die Eröffnung von mehr öffentlichen Toiletten die sinnvollere Variante. (…) Die JUPI Fraktion macht zudem in einer Pressemitteilung auf einen Aspekt der Evaluation aufmerksam, der die die Werte noch in ein anderes Licht rückt: „Befragt wurden fast ausschließlich Anwohnende an Plätzen, die schon lange mit Lärmkonflikten vorbelastet sind. Nutzer*innengruppen hingegen wurden nicht mit einbezogen. Damit erhält die Evaluation eine faktische Einseitigkeit“, bemängelt Fraktionsvorsitzender Sergio Schmidt. Insgesamt werden in der Befragung nicht-polizeiliche, präventiv orientierte Maßnahmen am stärksten befürwortet...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=173156
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