Post meldet Rekordzahlen – und verweigert den Boten die 1000-Euro-Prämie

Dossier

Coronavirus, die Hetze und der Ausnahmezustand: China im Shitstorm“… Bei der Deutschen Post gibt es Ärger um eine Sonderzahlung für die Beschäftigten, deren Arbeit in der Corona-Zeit auf diese Weise anerkannt werden soll. Während die Spartengewerkschaft DPVKOM eine einmalige Zahlung von mindestens 1000 Euro fordert, hält der Postvorstand dies nicht für notwendig. „Eine Prämie ist nicht an der Zeit“, sagte Postchef Frank Appel bei einer Telefonkonferenz zu den Quartalsergebnissen am Dienstag. Zugleich verkündete Appel Rekordzahlen und ein Vorsteuerergebnis von rund 1,2 Milliarden Euro aus den Monaten Januar bis März 2020. Die Gewerkschaft begründet die Forderung mit den besonderen Belastungen der Mitarbeiter in der Postzustellung und -sortierung unter den Bedingungen der Pandemie. So ändern sich in diesen Wochen für die rund 100.000 Zusteller die Arbeitsabläufe teilweise radikal. Einige von ihnen sind bis in die Abendstunden mit der Arbeit beschäftigt. „Ein Dauer-Dankeschön für diese Herausforderung ist zwar das Mindeste, aber kein anerkanntes Zahlungsmittel“, sagte Christina Dahlhaus, die Vorsitzende der Gewerkschaft DPVKOM. Dafür hätten die Beschäftigten eine Corona-Leistungszulage von mindestens 1000 Euro mehr als verdient. Diese Leistung nicht wertzuschätzen wäre ein Armutszeugnis. Ganz grundsätzlich gelte, dass die Arbeit der Postler besser bezahlt werden müsse. (…) Die Gewerkschaft Ver.di wiederum verzichtet aktuell auf die Forderung nach einer Prämie für die Postbeschäftigten. „Diese einmaligen Zahlungen würden vom Arbeitgeber genutzt werden, um Nullrunden zu rechtfertigen“, sagte Gewerkschafter Stephan Teuscher. Stattdessen will Ver.di im Verlauf des Jahres bei den anstehenden Tarifverhandlungen Lohnerhöhungen für die Beschäftigten durchsetzen…“ Artikel von Birger Nicolai vom 12.05.2020 in der Welt online externer Link und neu dazu:

  • Paketbranche boomt in der Coronakrise. Beschäftigte leisten Überstunden und werden schlecht bezahlt / Alles ist ungleich verteilt, auch der Paketboom und seine (Nicht-)Folgen New
    • Niedriglöhnen ausgeliefert: Paketbranche boomt in der Coronakrise. Beschäftigte leisten Überstunden und werden schlecht bezahlt
      “Um fast zehn Prozent ist die deutsche Volkswirtschaft allein im dritten Quartal des laufenden Jahres eingebrochen. Die seit Jahren wachsende Paketbranche hingegen profitiert von der Coronakrise. So lagen die Umsätze der Zustelldienste in den Monaten Januar bis September um satte 21,2 Prozent über dem Vorjahresniveau. An den Beschäftigten geht der Boom jedoch vorbei. So sind die Bruttolöhne bei Post-, Kurier- und Expressdiensten im Zeitraum 2010 bis 2019 mit 15,9 Prozent nur unterdurchschnittlich gestiegen, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Branchenübergreifend lag der Lohnzuwachs in diesem Zeitraum bei 25,6 Prozent. Ohnehin gehören die Kuriere »innerhalb des produzierenden Gewerbes und Dienstleistungs­bereichs zu den Branchen mit den niedrigsten Verdiensten«, so die Statistikbehörde. Vollzeitbeschäftigte verdienten dort im vergangenen Jahr »durchschnittlich 2.924 Euro brutto im Monat und damit rund 1.000 Euro weniger als der Durchschnitt aller Beschäftigten.« Nochmal deutlich niedriger fallen die Bezüge jenes Drittels der Paketzusteller aus, die angelernt beziehungsweise ungelernt sind. Die Angelernten erhielten zuletzt in Vollzeit durchschnittlich 2.403 Euro, die Ungelernten sogar nur 2.019 Euro. Dafür wird rund um die Uhr geschuftet. So zeigen die Daten auch, dass die Branche zu jenen gehört, in denen am häufigsten auch nachts und am Wochenende gearbeitet wird: 63 Prozent der Zulieferer waren 2019 auch an Feiertagen oder am Wochenende unterwegs. Nur in der Beherbergungsbranche und der Gastronomie lag dieser Wert höher. Nachtarbeit wurde demnach von 15 Prozent der Paketzusteller geleistet. In der Gesamtwirtschaft waren es elf Prozent…“ Artikel von Steffen Stierle in der jungen Welt vom 26.11.2020 externer Link
    • Alles ist ungleich verteilt, auch der Paketboom und seine (Nicht-)Folgen
      Da wurde stundenlang mehr oder weniger, auf alle Fälle virtuell gerungen in der Runde der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin, wie es nun weiter gehen soll, mit dem Teil-Lockdown in Deutschland. Und während selbst der gutmütigste Bürger langsam aber sich an die Grenzen der nur noch durch komplexe tabellarische Darstellungen einschließlich zahlreicher Fußnoten darstellbarer Regelungen und Ausnahmen kommt und ein Bachelor-Studium notwendig wird, um dem noch im Detail folgen zu können, gibt es auch Unternehmen, die erneut eine oder mehrere Flaschen Schaumwein köpfen können: die Online-Händler, allen voran Amazon und die Paketdienste, bei denen die Kennzahlen die gleiche Richtung haben wie die Corona-Infektionen in der ersten Phase der ersten und nunmehr der zweiten Welle: nach oben, aber richtig steil nach oben. Damit kann ein seit Jahren anhaltendes außerordentliches Wachstum fortgesetzt werden, das zurückzuführen ist auf die Expansion der Online- und Versandhändler. (…)Und das ganze im Internet per Klick bestellte Zeug muss dann ja auch zu den Kunden nach Hause gebracht werden und insofern befinden sich die Paketdienste im Schlepptau der vorgelagerten Entwicklung im Online- und Versandhandel. Einige Aspekte der Situation der dort arbeitenden Menschen (die in diesem Blog in den vergangenen Jahren immer wieder in zahlreichen Beiträgen zu den Paketdiensten externer Link behandelt wurde) hat das Statistische Bundesamt beleuchtet. Dazu ausführlicher die Mitteilung vom 25. November 2020: Boomende Paketdienst-Branche: 63 % der Beschäftigten arbeiten an Wochenenden und Feiertagen externer Link. Ein dort genannter Aspekt ist beispielsweise die Arbeitszeit: »Zwei von drei Erwerbstätigen (63 %) bei Post-, Kurier- und Expressdiensten arbeiteten im Jahr 2019 auch am Wochenende und an Feiertagen … Damit ist ihr Anteil wesentlich höher als in der Gesamtwirtschaft (36 %).« Aber dann wird doch im Boom wenigstens der Verdienst nach oben gehen … Sollte man meinen, wenn man mit eher naiven Vorstellungen an die Preisbildung auf den Arbeitsmärkten an die Sache herangeht. Vor allem, wenn man die zahlreichen Medienberichte zur Kenntnis nimmt, nach denen händeringend Personal gesucht wird für das Ende der Lieferkette in der Amazon-Welt von heute. Also wenn die Knappheit an Arbeitskräften zunimmt, dann müsste doch … Offensichtlich aber will die Praxis nicht zur Theorie passen…“ Beitrag von Stefan Sell vom 26. November 2020 auf seinem Blog „Aktuelle Sozialpolitik“ externer Link
  • Post als Krisengewinner. Konzernchef Appel sieht Unternehmen gut aufgestellt – und droht den Beschäftigten dennoch mit Jobbabbau [und gibt nur 300 Euro Bonus] 
    Für die Beschäftigten der Deutschen Post AG bricht eine unsichere Zeit an: Trotz Milliardengewinns brachte Vorstandschef Frank Appel am Mittwoch bei einer Telefonkonferenz mit Medienvertretern Entlassungen ins Spiel. Als Grund nannte er laut dpa die Coronapandemie. Wenn es Kunden wegen der Krise schlecht gehe, habe das Auswirkungen auf die Post als Dienstleister, sagte er demnach. Man wolle alles versuchen, »das für unsere Mitarbeiter so erträglich wie möglich zu gestalten«. Entlassungen schloss er nicht aus. Dabei sehen die am Dienstag vorgestellten Quartalszahlen gut aus: Zwischen April und Juni steigerte das Unternehmen seinen Gewinn von 769 auf 890 Millionen Euro. Dieser wäre noch höher ausgefallen, wäre der »Shutdown« nicht dazwischengekommen. (…) Ein Analyst der Hamburger Privatbank Berenberg erklärte laut dpa, dass die unmittelbaren Auswirkungen der Coronakiste auf die Post nicht so gravierend gewesen seien wie zunächst befürchtet. Es sei zudem ermutigend, dass der Bonner Konzern auch seine Aktionäre mit einer Dividende beglücken will. Wie in den Vorjahren sollen pro Aktie 1,15 Euro ausgezahlt werden, wenn die Hauptversammlung dem Ende August zustimmt. Trotz Unwägbarkeiten rechnet die Unternehmensspitze mit einer Steigerung des Profits in den nächsten Jahren. (…) Als kleinen Bonus für die Arbeit während des Shutdowns sollen die Beschäftigten 300 Euro bekommen. Die Kommunikationsgewerkschaft DPV reklamierte die Zahlung dieser Sonderzulage als ihren Erfolg. »Ohne unsere Forderung nach einer Coronaleistungszulage würde es diese Einmalzahlung nicht geben«, erklärte die Bundesvorsitzende Christina Dahlhaus am Mittwoch. Vorstandschef Appel stritt allerdings ab, auf diesen Vorstoß reagiert zu haben. Seit Anfang Mai hatte die Gewerkschaft eine Leistungszulage von mindestens 1.000 Euro gefordert. Damit sollen die Anstrengungen der Beschäftigten unter schwierigen Arbeitsbedingungen in der Krise finanziell gewürdigt werden. In dem Monat hatte Appel das noch abgelehnt. Doch um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, führt die DPVKOM in Betriebsstätten des Unternehmens eine Postkarten- und Unterschriftenaktion durch, die nach eigenen Angaben auf regen Zuspruch in der Belegschaft traf...“ Artikel von Bernd Müller in der jungen Welt vom 09.07.2020 externer Link (im Abo)
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