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Die Rechtsregierung in El Salvador bekämpft die Epidemie mit Polizeistaatsmethoden. Es sei denn, es handelt sich um Unternehmen, die gegen Gesetze verstoßen
Salvadors rechter Präsident Bukele zeigte sich in den letzten Wochen gewohnt voller „Tatendrang“, wenn es beispielsweise darum ging, die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung einzuschränken, oder aber gar, wenn er – durchaus nicht unpopulär – den Tod inhaftierter Bandenmitglieder (Maras) voraussagte – ohne Bedauern, auch wenn die konkreten Vergehen keine Todesstrafe bedeuten. Gar nicht aktiv aber wird diese Regierung, wie ihre Gesinnungsfreunde anderswo auch, wenn Unternehmen gegen Gesetze oder auch ihre aktuellen Erlasse verstoßen. Bukeles großkotzige Ankündigung jedenfalls, es werde wegen der Epidemie keine Entlassungen und keine sozialen Verluste geben, hat die Unternehmen nicht im Mindesten beeindruckt. Darauf machte jetzt die Federación de Asociaciones y Sindicatos Independientes de El Salvador (FEASIES) aufmerksam. In dem Artikel „Despidos y vulneraciones a los derechos laborales en plena cuarentena“ am 11. Mai 2020 bei Resumen Latinoamericano wird aus einer Mitteilung der Gewerkschaften dokumentiert, dass insbesondere die Restaurantketten Pizza Hut, Burger King, Galvanissa und Cebollines sich jeweils gleich mehrerer Verstöße gegen Gesetze und Erlasse schuldig gemacht haben – ohne, dass es von Seiten der Politik und der Behörden irgendeine Reaktion darauf gegeben habe. Siehe dazu auch vier weitere Beiträge zur Entwicklung des „Kampfes gegen die Epidemie“ (was auch sonst) der Regierung El Salvadors:
- „Pandemie, Enge und Repression“ von Karina Ruth Canseco am 29. April 2020 beim NPLA (in deutscher Übersetzung aus Desinformenos): „… Der Präsident von El Salvador, Nayib Bukele, hat der Nationalpolizei und der Armee eine Schießerlaubnis erteilt, um Mitglieder der von ihm als terroristisch bezeichneten Banden Mara Salvatrucha (MS-13), 18-Revolucionarios und 18-Sureños auf den Straßen festzunehmen (und sie zu töten, falls sie sich ihrer Verhaftung widersetzen). Zuvor war es mit 49 Morden in weniger als 72 Stunden zu einem erneuten Anstieg der Gewalt in dem zentralamerikanischen Land gekommen. Per Twitter hat der Präsident zudem den höchsten Notstand in den Haftanstalten erklärt und angeordnet, dass die Straftäter*innen – unabhängig von der Bande, der sie angehören – miteinander in dieselben Zellen gesperrt werden und dort zusammen leben müssen. Bei diesem Zellen handelt es sich um abgeschottete Räume ohne Licht und ohne die Möglichkeit, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Der Journalist und Autor Óscar Martínez stellte in diesem Zusammenhang fest, dass die politischen Maßnahmen Bukeles darauf ausgerichtet seien, Öffentlichkeit herzustellen, um seine Regierung zu promoten. Der Anstieg der Gewalt habe die „Errungenschaft“ bei der Reduzierung der Morde zunichte gemacht, so Martínez. Diese war das Ziel der Aufstandsbekämpfungsstrategie der Regierung (Plan de Control Territorial)...“
- „El Salvador: Ausnahmezustand im Ausnahmezustand“ von Chris Klänie am 20. April 2020 bei amerika21.de zur „Notstands-Gesamtlage“ unter anderem: „… Am 14. März waren das Nationale Notstandsgesetz und das Gesetz zur Einschränkung von Verfassungsrechten verabschiedet worden. Damit werden die Versammlungs- und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Das Notstandsgesetz erlaubt auch die Anordnung zwangsweiser Quarantäne. Am 22. März verhängte Bukele dann eine zunächst 30-tägige Ausgangssperre. Von jeder Familie darf nur jeweils eine Person einkaufen gehen. Ausgenommen sind Staatsangestellte, Ärzte, Straßen-, Energie-, Bank- und Gastronomie-Beschäftigte sowie Journalisten, das Militär, die Polizei und Lebensmittellieferanten. Ein Bericht von Human Rights Watch belegt nun zahlreiche Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen der letzten Wochen: Demnach sind Hunderte von Menschen willkürlich verhaftet und unter dem Vorwand festgehalten worden, die Ausbreitung des Coronavirus verhindern zu wollen. Sie würden in überfüllten und unhygienischen Umständen festgehalten, die ihre Gesundheit stark gefährden. Es fehle an Trinkwasser, Lebensmitteln und medizinischer Versorgung. Teilweise müssten die Inhaftierten auf dem Fußboden schlafen…“
- „Mit der Lizenz zum Töten“ von Wolf-Dieter Vogel am 30. April 2020 in der taz online zu den ganz speziellen Bukele-Maßnahmen: „… Hunderte junge Männer, die Köpfe kahl geschoren, gefesselt und halbnackt auf dem Boden kniend – es waren schockierende Bilder, die in diesen Tagen aus den Gefängnissen El Salvadors um die Welt gingen. Genau das hatte Präsident Nayib Bukele im Sinn, als er Anfang der Woche dafür sorgte, dass die Fotos an die Öffentlichkeit gerieten. Die Aufnahmen sollten klar stellen, dass er es ernst meint. „Wir werden dafür sorgen, dass die für die Morde verantwortlichen Bandenmitglieder ihre Entscheidung ihr Leben lang bereuen“, schrieb der Staatschef auf Twitter. In den Tagen zuvor hatte das mittelamerikanische Land eine Welle der Gewalt erlebt: 58 Menschen wurden ermordet. Für die Taten werden Jugendbanden, sogenannte Maras, verantwortlich gemacht. Der Befehl für das Töten sei dem Geheimdienst zufolge aus den Haftanstalten gekommen, ließ Bukele wissen. Von nun an würden die Zellen an 24 Stunden am Tag komplett geschlossen würden, zudem werden Mitglieder verfeindeter Mara-Gruppen zusammengelegt. „Sie werden drin sein, im Dunkeln, mit ihren Freunden von den anderen Banden“, twitterte der Präsident sarkastisch.(…) Bukele, der vor allem über Twitter kommuniziert, erlaubte darüber hinaus Soldaten und Polizisten, bei ihrer Jagd auf Maras auch tödliche Gewalt anzuwenden. Das sei eine „Blankovollmacht zum Morden“, kritisierte José Miguel Vivanco, der Leiter des Amerika-Büros von Human Rights Watch. Der Präsident garantierte den Sicherheitskräften zudem juristische Schützenhilfe für den Fall, dass sie „zu Unrecht angeklagt werden, weil sie ihr Leben und das von ehrbaren Menschen gegen Terroristen verteidigt haben“. Die Maras würden es ausnutzen, dass die Beamten mit Kontrollen wegen des Covid-19-Virus beschäftigt seien…“
- „Autoritär durch die Coronakrise“ von Knut Henkel am 22. Aril 2020 in neues deutschland online zum selben Thema: „… Die Militarisierung des öffentlichen Lebens ist ein wesentlicher Kritikpunkt sozialer Organisationen, die dem Präsidenten ein autoritäres und unausgewogenes Krisenmanagement gegen die Ausbreitung der Pandemie in El Salvador vorwerfen. »In El Salvador gibt es durchaus Experten, Virologen, Epidemiologen, Sozialwissenschaftler. Doch die werden nicht gehört und Nayib Bukele hat immer das letzte Wort«, kritisiert die Juristin der Gesundheitsorganisation Aprocsal, Rine Abrego. Zwar wurde Anfang April die Gründung einer Expertenkommission angekündigt, die die Regierung beraten soll, doch bisher sind alle Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung des Coronavirus im Ad-hoc-Verfahren fast ausnahmslos vom Präsidenten beschlossen worden. Der inszeniert sich auch bei den Fernsehauftritten als die zentrale Entscheidungsinstanz. Unstrittig ist, dass Nayib Bukele in El Salvador als erster Präsident in der Region mit rigorosen Maßnahmen auf die drohende Ausbreitung des Coronavirus reagierte – noch bevor es einen einzigen Todesfall gab. Am 11. März ordnete er die Schließung der Grenzen für ausländische Besucher an, rief den Ausnahmezustand aus, ließ die Schulen schließen und appellierte an seine Amtskollegen zu agieren. Das hat Bukele international positive Kritiken eingebracht. Die niedrigen Infektionszahlen von 225 Infizierten und sieben Toten gehen auf diese Maßnahmen zurück. Positiv in diesem Kontext ist auch die Entscheidung, alle Haushalte, die weniger als 250 Kilowattstunden Strom im Monat verbrauchen, mit einer Hilfszahlung von 300 US-Dollar zu unterstützen. Ein für die Region in seinem Umfang außerordentliches Sozialprogramm, von dem rund 70 Prozent der Bevölkerung profitieren. Allerdings ist das Gesundheitssystem des Landes schlecht auf eine Pandemie vorbereitet. »Der Sparkurs der Regierung Bukele hat negative Folgen im Gesundheitssektor gezeitigt…“
- Siehe zuletzt am 06. April 2020: Informelle Arbeit in El Salvador: Weder kann jemand wegen des Corona-Virus zu Hause bleiben, noch reicht die von der Regierung angekündigte Absicherung