[Ballstädt-Überfall] Nazibanden: Gerichtlich erlaubt. Erzeugt Nachahmer

Dossier

Magdeburg, 16. Janaur 2016: Braune Sümpfe trocken legen!„… Im Mai 2017 hatten die Richter in der Thüringer Landeshauptstadt gegen neun Männer und eine Frau Haftstrafen zwischen 26 Monaten und dreieinhalb Jahren verhängt. Ein Täter bekam eine Bewährungsstrafe, vier weitere Tatverdächtige wurden freigesprochen. Daraufhin hatten die verurteilten Täter Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Nach drei Jahren haben die Karlsruher Richter dieser nun stattgegeben. Damit muss der Fall noch einmal komplett neu verhandelt werden. Robert Friedrich von der Thüringer Opferberatung Ezra sagte dem MDR, die  Betroffenen könnten mehr als sechs Jahre nach dem Angriff immer noch nicht abschließen und müssten nun die Belastungen eines Gerichtsverfahrens noch einmal ertragen. „Die Angst vor den Tätern, die zum Teil in direkter Nachbarschaft wohnen, bleibt. Sie fühlen sich vom Rechtsstaat alleine gelassen.“…“ – aus der Meldung „Angriff von Ballstädt muss neu verhandelt werden“ am 02. Mai 2020 beim MDR externer Link – worin eher am Rande vermerkt wird, dass die Verbrecher auch sechs Jahre nach der Tat nachwievor auf „freien Fuß“ lustwandeln. Dank solcher Richter…

  • Spuren, die bleiben: Zehn Jahre nach dem Neonazi-Überfall von Ballstädt prägt die Attacke die Betroffenen und der umstrittene Deal die Justiz New
    Vor zehn Jahren überfielen Rechtsextremisten eine Kirmesfeier in Ballstädt. Die Betroffenen prägt die Attacke bis heute. Aber auch in der Thüringer Justiz hat die Aufarbeitung Spuren hinterlassen – nach einem umstrittenen Deal zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Neonazis.
    Er war einer der ersten, den die rechtsextremen Gewalttäter vor zehn Jahren zu Boden schlugen: Er habe sich damals, sagt Jan Thiel, schützend vor einen seiner Freunde stellen wollen, als der in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2014 von einem Rechtsextremen attackiert wurde. „Alles ging so schnell.“ Kaum hatte Thiel sich dem Angreifer genähert, wurde aber auch er von diesem geschlagen. „Ich hatte dann ein geschwollenes Jochbein und eine Gehirnerschütterung“, sagt er. Der Mann, der Thiel und seinen Freund damals attackierte, war nicht allein gekommen. Mehr als ein Dutzend rechtsextreme Männer und mindestens eine Frau aus dieser Szene griffen damals mitten in der Nacht eine Kirmesgesellschaft an, die im kleinen Dorf Ballstädt im Landkreis Gotha zusammengekommen war. Ausgelassen und friedlich hatten die Männer und Frauen damals in einem Gemeindesaal gesessen, bis die Gewalttäter plötzlich hereinstürmten, auf sie einschlugen und -traten. Insgesamt wurden bei dem Übergriff etwa zehn Menschen verletzt, einige von ihnen schwer. Die juristische Aufarbeitung des Überfalls hat die Thüringer Justiz jahrelang beschäftigt. Im sogenannten ersten Ballstädt-Prozess vor dem Landgericht Erfurt wurden 2017 zunächst 11 von insgesamt 15 Angeklagten wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an dem Angriff schuldig gesprochen. Zwei von ihnen wurden zu Strafen von je drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Diese Entscheidung des Gerichts wurde 2020 allerdings vom Bundesgerichtshof aufgehoben. In der Entscheidung des BGH hieß es damals, die Beweiswürdigung des Landgerichts sei „durchgreifend rechtsfehlerhaft“. Daher sei nicht zweifelsfrei erwiesen, dass die Verurteilten an dem Angriff beteiligt gewesen seien. (…) In einem zweiten Ballstädt-Prozess gegen die elf zunächst Verurteilten fielen die neuerlichen Urteile dann deutlich niedriger aus. Um den Prozess abzukürzen, verhängte eine andere Kammer des Landgerichts Erfurt nach einem umstrittenen Deal zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft Erfurt und Verteidigern im Jahr 2021 dann neun Bewährungsstrafen von deutlich unter zwei Jahren. Im Gegenzug legten die Angeklagten Geständnisse ab. Gegen zwei der im zweiten Ballstädt-Prozess Angeklagten war das Verfahren gegen Geldauflagen schon zuvor eingestellt worden. (…) Damit hinterließen die beiden Prozesse bis heute nicht nur bei den Opfern des Überfalls Spuren, sondern auch in der Thüringer Justiz. Zum einen gilt noch immer als strittig, ob es richtig war, den Angeklagten im zweiten Prozess Deals anzubieten. Der damalige Nebenklageanwalt Alexander Hoffmann etwa hält diese Verfahrensabsprachen bis heute für falsch. (…) Zum anderen aber haben selbst Nebenklage-Vertreter inzwischen den Eindruck, dass zumindest die Staatsanwaltschaft Erfurt bei der Verfolgung von rechtsmotivierten Straftaten seit dem Ende des zweiten Ballstädt-Verfahrens konsequenter agiert als zuvor. Das sei, sagt die damalige Nebenklage-Anwältin Kristin Pietrzyk, gewiss auch eine Folge der großen öffentlichen Debatten, die es während beider Prozesse gab, wenngleich Grünseisen diesen Zusammenhang bestreitet. „Mir ist seit Ballstädt kein Verfahren mehr bekannt, bei dem die Staatsanwaltschaft Erfurt es unterlassen hätte, eine rechtsextreme Tatmotivation deutlich zu benennen, wenn es die denn gab.“ Beitrag von Sebastian Haak vom 7. Februar 2024 im MiGAZIN externer Link („Spuren, die bleiben: Zehn Jahre nach dem Neonazi-Überfall von Ballstädt“)
  • Nur Bewährungsstrafen gegen Neonazis. Juristischer Deal: Milde Urteile gegen Angeklagte wegen Überfall auf Kirmesgesellschaft in Ballstädt
    „… Etliche Menschen hatten jeden Verhandlungstag des vor dem Landgericht Erfurt auf Anordnung des Bundesgerichtshofes wieder aufgerollten Verfahrens mit Protestkundgebungen vor Ort begleitet. Auch am Montag schrien sie ihre Empörung über die milden Urteile heraus. Auf T-Shirts war zu lesen: »Justizskandal« oder »Opfer verhöhnt, Täter verwöhnt«. Das Gericht verurteilte sieben Beschuldigte zu Bewährungsstrafen in Höhe von einem Jahr, den Hauptangeklagten und einen weiteren Beschuldigten zu Bewährungsstrafen von einem Jahr und zehn Monaten. (…) Das Verfahren gegen zwei Angeklagte war bereits zuvor gegen Geldauflagen in Höhe von 6000 beziehungsweise 3000 Euro eingestellt worden. Die Richterin verteidigte den Deal mit den Angeklagten. Ohne das Angebot vergleichsweise milder Strafen hätte es keine Geständnisse gegeben, betonte sie. Und ohne diese wäre die Gefahr groß gewesen, die Taten nicht beweisen zu können. Dann wären einige der Täter unter Umständen ganz ohne Strafe davon gekommen, so Rathemacher. Sie verwahrte sich zugleich gegen den Vorwurf, die Justiz sei in Thüringen auf dem rechten Auge blind. Zugleich betonte sie, bei dem Überfall von Ballstädt habe es sich nicht um eine rechtsextremistisch motivierte Tat gehandelt, sondern um einen Akt von Selbstjustiz…“   Artikel von Sebastian Haak vom 12.07.2021 im ND online externer Link
  • [Geständnis für Bewährungsstrafe?] Ballstädt-Verfahren: Nebenklage nennt Neonazi-Prozess eine Farce / Vorwurf: „Abgekartetes Spiel“ 
    „… Im sogenannten Ballstädt-Prozess um den Überfall von Neonazis auf eine Thüringer Kirmesgesellschaft sollen am 12. Juli die Urteile fallen. Während die Staatsanwaltschaft am Montag für die verbliebenen neun Angeklagten Bewährungsstrafen bis zu zwei Jahren forderte, verzichtete die Nebenklage, die die Opfer des brutalen Überfalls vertritt, auf Plädoyers. „Wir werden uns nicht an dieser Farce beteiligen, die vorgibt ein rechtsstaatliches Verfahren zu sein“, begründeten die vier Anwälte und zwei Anwältinnen in einer gemeinsamen Erklärung ihre Entscheidung. Am frühen Morgen des 9. Februar 2014 hatten insgesamt 16 Vermummte eine Kirmesgesellschaft im thüringischen Ballstädt überfallen und dabei 20 Menschen zum Teil schwer verletzt. Dem war der Einwurf einer Scheibe im sogenannten „Gelben Haus“ vorausgegangen, einer einschlägig bekannten Neonazi-Immobilie im Ort. Der Prozess, in dem das Landgericht bereits zum zweiten Mal über die Vorgänge vor mehr als sieben Jahren entscheiden muss, wird seit der Wiederaufnahme durch den Streit mit der Nebenklage bestimmt. Erste Urteile vom Mai 2017 – für die Hauptangeklagten waren damals Gefängnisstrafen von drei Jahren und sechs Monate verhängt worden – hatte der Bundesgerichtshof im Januar 2020 kassiert und ein neues Verfahren angeordnet. (…) Die daraufhin auf Initiative der Staatsanwaltschaft angebahnten Deals mit den Angeklagten – Bewährungsstrafen im Gegenzug für Geständnisse – waren bei der Nebenklage und in der Zivilgesellschaft auf scharfe Kritik gestoßen. Gericht und Staatsanwaltschaft müssten sich fragen lassen, wie denn nach ihrer Vorstellung das Ziel „einen Schlussstrich zu ziehen, mit dem alle umgehen können“, für die Betroffenen mit einer solchen Beendigung erreicht sein soll, hieß es in der von der Nebenklage verbreiteten Erklärung…“ Meldung vom 6. Juli 2021 von und bei MiGAZIN externer Link, siehe auch:

    • Vorwurf: „Abgekartetes Spiel“. Ballstädt-Prozess: Nebenklage verzichtet aus Protest auf Plädoyer
      Im Prozess um den mutmaßlichen Neonazi-Angriff auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt haben Staatsanwaltschaft und Verteidiger Bewährungsstrafen für die neun Angeklagten gefordert. Die Nebenklage verzichtete aus Protest auf Plädoyers. Den Angeklagten sollen Deals angeboten worden sein…“ Meldung vom 05. Juli 2021 von MDR THÜRINGEN externer Link, siehe auch den Tweet vom RA Kahlen am 5. Juli 2021 externer Link mit der Pressemitteilung: „Was wir von der #Nebenklage im #ballstädt #ballstaedt Prozess noch zu sagen haben. #nonazis #antifa
  • Auf Kosten der Opfer: Deals zwischen Justiz und neonazistischen Gewalttätern im »Ballstädt-Prozess« vor dem Erfurter Landgericht sorgen für Entsetzen 
    „Nachdem das vorherige Urteil vom Bundesgerichtshof als »rechtsfehlerhaft« aufgehoben worden war, hat am Montag am Landgericht Erfurt die Neuauflage des sogenannten Ballstädt-Prozesses begonnen. Die Kritik an der Thüringer Justiz hält weiter an. So hatte ausgerechnet die Anklagebehörde dafür geworben, der Gruppe vor Ort bekannter Faschisten, die im Februar 2014 eine Kirmesgesellschaft des im Landkreis Gotha gelegenen Ballstädter Kulturzentrums gezielt und brutal angegriffen hatte, einzig zu Bewährungsstrafen zu verurteilen – sollten diese die ihnen vorgeworfenen Taten einräumen. Besagten Vorschlag soll die Staatsanwaltschaft dem Landgericht bereits im November 2020 unterbreitet und dies mit dem erheblichen zeitlichen Abstand zu den Taten begründet haben. Bei dem geplanten Angriff der Neonazis waren mehr als zehn Menschen teils schwer verletzt worden. Einem Mann wurde durch die Schläger sogar ein halbes Ohr abgerissen. Doch die Schwere der Straftaten und die anhaltenden Aktivitäten der Beschuldigten in der als äußerst kriminell und gewaltaffin geltenden Thüringer Neonaziszene ficht die Verantwortlichen im Justizapparat offensichtlich kaum an. Nachdem Sabine Rathemacher, die Vorsitzende Richterin der sechsten Strafkammer des Erfurter Landgerichts, den Angeklagten am Montag die sogenannten Verständigungsvorschläge unterbreitet hatte, ließ sich der erste Angeklagte darauf ein und räumte über seinen Rechtsanwalt seine Beteiligung an dem Angriff ein. An Einzelheiten der Tat könne er sich jedoch nicht erinnern, hieß es. Obwohl der angebotene Deal damit faktisch zur Makulatur wurde, setzen Gericht und Staatsanwaltschaft den zwischen allen Prozessbeteiligten außer den Nebenklägern ausgehandelten Weg fort. Dabei warnte nicht nur die Erfurter Frauengruppe »Omas gegen rechts« in einer eigenen Petition, die von mehr als 45.000 Menschen unterzeichnet und vergangene Woche dem Landesjustizminister Dirk Adams (Bündnis 90/Die Grünen) überreicht wurde, vor derlei Justizdeals mit Faschisten. »War das Strafmaß im Prozess 2017 bei einem der Männer drei Jahre und sechs Monate Haft, soll er nun mit einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung von dannen ziehen dürfen«, monierten die Nazigegnerinnen in einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme…“ Artikel von Markus Bernhardt bei der jungen Welt vom 21. Mai 2021 externer Link
  • [Rechte Gewalt] Justiz-Skandal im Ballstädt-Verfahren: Fatale Signale 
    Sieben Jahre nach dem brutalen Neonazi-Angriff auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt bietet die Staatsanwaltschaft und das Landgericht Erfurt den Täter:innen Bewährungsstrafen an. Dieser Deal mit militanten Neonazis ist ein Skandal und ein erneuter Schlag ins Gesicht der demokratischen Zivilgesellschaft und insbesondere aller Betroffenen rechter Gewalt in Thüringen. Die Täter:innen im Ballstädt-Verfahren sind langjährig aktive, bestens in der extremen Rechten vernetzte militante Neonazis, die auch teilweise im Bereich der organisierten Kriminalität aktiv sind – was nicht zuletzt die Razzien wegen Drogen- und Waffengeschäften im Februar diesen Jahres zeigten. Von ihnen und der Immobilie in Ballstädt geht eine enorme Gefahr für all jene aus, die sich für Demokratie und gegen die extreme Rechte engagieren. „Dass die Täter:innen sieben Jahre nach dem Angriff noch immer auf freiem Fuß sind, ist unfassbar“ kommentiert Sandro Witt, Vorsitzender von MOBIT e.V. „Dass sie nun nach dem verschleppten Verfahren und den formalen Fehlern des Gerichts mit Bewährungsstrafen davon kommen sollen ist ein Skandal“, so Witt weiter. Bereits im Vorfeld hatte die Initiative „Omas gegen Rechts“ unterstützt von der Beratungsstelle ezra über 40.000 Unterschriften für eine Petition gesammelt, die die Thüringer Justiz dazu aufforderte keine derartigen Deals mit den Angeklagten einzugehen. „Dass all diese Stimmen ignoriert werden und ein Signal der Unterstützung seitens der Justiz für die Betroffenen ausbleibt, ist ein katastrophales Zeichen an die demokratische Zivilgesellschaft“ erklärt Witt. „Das Vertrauen in den Rechtsstaat erodiert, wenn immer wieder Neonazis mit geringen Strafen oder gänzlich straffrei aus den Verfahren gehen,“ so der MOBIT-Vorsitzende weiter. Dabei ist der Ballstädt-Prozess kein Einzelfall. Auch das Verfahren wegen eines schweren Angriffs auf zwei Journalisten in Fretterode wurde drei Jahre nach der Tat nicht einmal begonnen. Im November letzten Jahres stellte das Erfurter Amtsgericht das Verfahren gegen die Angreifer auf das Erfurter AJZ nach vier Jahren ein…“ Presseerklärung von Mobit – mobile Beratung – Thüringen vom 17. Mai 2021 externer Link
  • [Petition an Dirk Adams (Thüringer Minister)] Solidarität mit den Betroffenen in Ballstädt: Keine Deals mit Nazis! 
    „In der Nacht vom 8. zum 9. Februar 2014 kam es in Ballstädt im Landkreis Gotha, Thüringen zu einem schweren Neonazi-Angriff auf die dortige Kirmesgesellschaft. Mindestens 15 Neonazis drangen mitten in der Nacht, teils bewaffnet in den Gemeindesaal ein und verletzten 10 Menschen zum Teil schwer. Der Überfall war geplant, der Thüringer Verfassungsschutz hatte die telefonischen Absprachen zum Überfall mitgeschnitten. Nun, sieben Jahre nach dem schweren Überfall, stellt sich heraus, dass die Thüringer Justiz den Nazis einen Deal unterbreitet hat. Laut Bericht des MDR Thüringen (…) plant die Staatsanwaltschaft Erfurt, das Verfahren mit Absprachen deutlich abzukürzen. Laut dem MDR könnte dies auch beinhalten, dass Haftstrafen in Bewährungsstrafen umgewandelt werden, wenn sich die Angeklagten im Gegenzug schuldig bekennen. Wir – die OMAS GEGEN RECHTS Erfurt, eine zivilgesellschaftliche überparteiliche Initiative – halten es für ein fatales Signal, dass die Thüringer Justiz militanten Neonazi-Strukturen Einstellungsangebote unterbreitet oder gar Bewährungsstrafen für Taten, bei denen Menschen schwer verletzt wurden, anbietet. Für die Betroffenen wäre diese Entscheidung der Thüringer Justiz ein zweiter Schlag ins Gesicht, für militante Neonazis im Bundesland ein Signal, auch nach brutalen Angriffen weiter auf freiem Fuß bleiben zu können. Daher fordern wir von der Thüringer Justiz: Keine Deals mit Nazis! Unter den Tätern sind seit Jahrzehnten aktive Neonazis, die teils bereits im „Thüringer Heimatschutz“ aktiv waren, mehrere gehören den „Turonen“ einem kriminellen Neonazi-Netzwerk an, das erst kürzlich bundesweit mediale Aufmerksamkeit erlangte, da gegen sie in Verbindung mit Geldwäsche, Drogen- und Waffenhandel ermittelt wird…“ Petition von OMAS GEGEN RECHTS Erfurt vom April 2021 bei change.org externer Link
  • Ein Leben in Angst: Die Thüringer Justiz steht wegen ihres Umgangs mit Fällen rechter Gewalt in der Kritik 
    „44 Verhandlungstage brauchte das Landgericht Erfurt, um Ende Mai 2017 zehn Neonazis zu Haftstrafen zwischen 26 Monaten und dreieinhalb Jahren zu verurteilen. Ein Angeklagter erhielt eine Bewährungsstrafe, vier wurden freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihnen vorgeworfen, im Februar 2014 in Ballstädt die Feier einer Kirmesgesellschaft überfallen und zehn Menschen zum Teil schwer verletzt zu haben. Doch knapp drei Jahre nach der Urteilsverkündung gab der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe der Revision der zehn Angeklagten statt. Die Richter zweifeln nicht an der Täterschaft der Verurteilten, sondern sehen in der Urteilsbegründung des Landgerichts die formalen Anforderungen nicht erfüllt. Damit muss der Fall vor der sechsten Großen Strafkammer des Landgerichts neu verhandelt werden. Die Opferberatung Ezra in Thüringen spricht von handwerklichen Fehlern bei der Erstellung des schriftlichen Urteils. Die anhaltende Straffreiheit der Täter sei für die Betroffenen der Gewaltattacke »absolut unverständlich«, sagte Ezra-Sprecher Robert Friedrich. Seit sieben Jahren müssten sie im Alltag des Orts mit etwa 700 Einwohnern »weiter in Angst leben und sich mit den Tätern auseinandersetzen«, die teils in der direkten Nachbarschaft wohnen. »Aber auch der BGH muss sich fragen lassen, warum die Richter fast drei Jahre brauchten, um einen Beschluss zu fassen«, so Friedrich. (…) Die Pandemie ist auch der Grund, warum ein Verfahren gegen zwei Neonazis am Landgericht Mühlhausen verschoben wurde. Die Staatsanwaltschaft wirft Gianluca B. und Nordulf H. gemeinschaftlich begangene Sachbeschädigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub vor. Sie sollen im April 2018 im thüringischen Eichsfeld zwei Journalisten angegriffen, teils schwer verletzt sowie ihre Fotoausrüstung gestohlen und ihr Auto beschädigt haben. Zwar legte die Strafverfolgungsbehörde ihre Anklageschrift bereits im Februar 2019 vor. Damit sie 19 Monate später zugelassen und die Verhandlung terminiert werden konnte, waren aber erst ein Richterwechsel und eine Verzögerungsrüge nötig. (…) Welche Folgen eine derart lange Verfahrensdauer hat, zeigte sich bei einem Prozess im Sommer 2020 wegen eines Überfalls von Neonazis auf Besucher des »Autonomen Jugendzentrums« (AJZ) in Erfurt vor dem Amtsgericht der Landeshauptstadt. Im Mai 2016 hatten knapp 20 Rechte die Besucher des AJZ angegriffen, sie mit Reizgas besprüht, geschlagen, getreten und mit Bierflaschen beworfen. Von den ermittelten neun mutmaßlichen Tätern wurden nur zwei Männer angeklagt. Ein Beschuldigter wurde freigesprochen, gegen einen Erfurter Neonazi wurde das Verfahren eingestellt. In der Begründung hieß es, wegen widersprüchlicher Zeugenaussagen habe den Angeklagten die Tat nicht nachgewiesen werden können. (…) Ebenfalls knapp sechs Jahre dauerte es, bis das Landgericht Erfurt ein Urteil gegen Dirk Q. wegen »Körperverletzung mit Todesfolge« gefällt hatte. Der wegen rechter Straftaten polizeibekannte Q. hatte im Januar 2003 in Erfurt den 45-jährigen Hartmut Balzke und seinen Sohn aus der Punk-Szene angegriffen und geschlagen. Balzke schlug mit dem Hinterkopf auf den Gehweg auf und erlag kurz darauf seinen Verletzungen. Der Täter war zu diesem Zeitpunkt unter zweifacher Bewährung, wurde aber weder festgenommen noch einem Haftrichter vorgeführt…“ Artikel von Kai Budler vom 7. Februar 2021 in neues Deutschland online externer Link
  • Deal im Gespräch: Justiz will Ballstädt-Verfahren um Neonazi-Angriff abkürzen 
    Hinter den Kulissen versucht die Thüringer Justiz offenbar, die Neuauflage des Prozesses um den Neonazi-Angriff von Ballstädt 2014 externer Link abzukürzen. Beschuldigten winken mildere Strafen. Opfer kritisieren einen solchen Deal. Der Prozess um den Neonazi-Angriff von Ballstädt 2014 soll offenbar abgekürzt werden. Die Staatsanwaltschaft Erfurt versucht nach MDR THÜRINGEN-Informationen, eine Neuauflage des Mammutverfahrens zu umgehen – zumal während der Corona-Pandemie ein neuer Prozess nicht in Aussicht ist. Geplant ist, das Verfahren mit Absprachen zwischen den Prozessbeteiligten deutlich abzukürzen. Das würde etwa umfangreiche Zeugenanhörungen verzichtbar machen. Solche Absprachen könnten nach MDR-Informationen beinhalten, dass Haftstrafen in Bewährungsstrafen umgewandelt werden, sollten sich die Angeklagten im Gegenzug schuldig bekennen. (…) Betroffene des Angriffs sagten im Interview mit dem MDR, dieser sogenannte Deal, den die Staatsanwaltschaft mit dem Gericht und den Angeklagten hinter verschlossenen Türen aushandle, erinnere an amerikanische TV-Serien. „Dass man in Deutschland über so ein hohes Strafmaß, so eine Riesenverhandlung Deals führen kann, ist einfach enttäuschend.“ Die Täter hätten Menschen und ihre Familien brutal geschädigt. Robert Friedrich von der Thüringer Opferberatung Ezra sagte dem MDR, falls die Justiz versuche, mit möglichst wenig Aufwand und möglichst wenig Aufsehen ein selbstgeschaffenes Problem aus der Welt zu schaffen, sei das gleich der nächste Skandal…“ Meldung vom 28. Januar 2021 beim MDR externer Link

    • Siehe dazu den Thread von Katharina König-Preuss am 29.1.2021 externer Link: „Ihr wisst, dass wir in #Thüringen ein massives Problem mit #Nazis haben. Wisst ihr auch, dass Neonazis in Thüringen-trotz dauernder politischer Erklärungen-kaum Konsequenzen spüren? Es folgt ein langer #thread zu #Turonen, #Ballstädt, #Combat18 & Versagen der Sicherheitsbehörden...“
  • „Mit Nazis auf Streife“ von Andreas Speit am 29. April 2020 in der taz online externer Link berichtet von der nächsten Nazi-Bande: „… Das „Bürgerforum Meuselwitz“ ist in Sorge um die Ordnung und Sicherheit in der thüringischen Kleinstadt. Das Gespräch in der zugehörigen Facebook-Gruppe dreht sich aber nicht bloß darum, „illegale Müllentsorgung“ oder „sittenwidriges Verhalten“ zu bekämpfen. Stattdessen hat das „Bürgerforum“ gleich ein ganzes „Ordnungskonzept“ für das Stadtgebiet vorgelegt. Und für dieses Konzept ist der Bürgermeister von Meuselwitz, Udo Pick (FDP), durchaus offen. Er wollte mit dem Verantwortlichen vom Bürgerforum sprechen und hat diesen deshalb eingeladen: Es handelt sich um einen Mann Names Daniel Peschek. Und hier wird es brenzlig. Denn Peschek hat eine rechtsextreme Vergangenheit, inklusive Verurteilungen, unter anderem wegen eines Angriffs auf einen Polizeibeamten....“
  • Siehe zum Hintergrund unsere Berichterstattung von 2014: Brutaler Neonazi-Überfall in Ballstädt/Thüringen:“Bei einem Überfall durch organisierte Neonazis im thüringischen Ballstädt sind am Wochenende neun Personen verletzt worden, zwei davon wurden mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Knapp 20 vermummte Neonazis hatten in der Nacht zu Sonntag die geschlossene Veranstaltung der dortigen Kirmesgesellschaft gestürmt und im Gemeindesaal auf die Besucher eingeschlagen. Ballstädts Bürgermeisterin Erika Reisser sagte gegenüber dem MDR, im Saal sei “alles blutverschmiert” gewesen…” Artikel von Kai Budler vom 09. Februar 2014 bei Publikative externer Link. Siehe dazu auch:
    • Rechtsextremismus: Vier Verdächtige nach Überfall in Thüringen festgenommen
      Am 9. Februar hatten Rechtsextreme in Ballstädt eine Feier angegriffen und zehn Menschen verletzt. Jetzt reagiert die Polizei mit einer Razzia und Festnahmen…” Agenturmeldung in der Zeit online vom 15. Februar 2014  externer Link
    • Ballstädt-Überfall: Es waren Neonazis
      Bestätigung nun auch vom Innenminister Thüringens / Zehn Menschen brutal verprügelt / Zwei Opfer immer noch in Klinik. Meldung im ND online vom 10.02.2014 externer Link. Aus dem Text: “… Die genauen Hintergründe und der Ablauf des Überfalls in Ballstädt sind weiter unklar. Augenzeugen und dem Ballstädter Bündnis gegen Rechts zufolge drangen rund 20 vermummte Angreifer gegen 2.00 Uhr früh in den Gemeindesaal des Dorfes ein und schlugen auf die Gäste der Kirmes-Veranstaltung ein. Zehn Verletzte mussten in Krankenhäuser gebracht werden. Wenige Stunden zuvor waren rund 80 Rechtsextreme durch Weimar gezogen. Am Mittwoch soll es in Ballstädt eine Mahnwache für die Opfer des Angriffs geben.”
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=171868
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