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Libyen

Nach der erfolglos versuchten Profilierung als Friedenskraft in Libyen werden jetzt Konsequenzen gezogen: Der nächste Einsatz der Bundeswehr

»Mali« – nur ein Abenteuer bei Youtube? Bundeswehr beginnt mit neuer Werbekampagne„… »Irini« soll hauptsächlich das seit Jahren brüchige UN-Waffenembargo gegen Libyen aus der Luft, per Satellit und auf dem Meer überwachen. Erklärtes Ziel ist eine Stabilisierung des nordafrikanischen Bürgerkriegslandes sowie die Unterstützung des UN-geführten politischen Friedensprozesses. Im Mandatsentwurf werden als Aufgaben das Sammeln von Informationen über die illegale Ein- und Ausfuhr von Rüstungsgütern, das Kontrollieren von Schiffen bei Verdacht eines Verstoßes gegen das UN-Waffenembargo und die Beschlagnahme und Entsorgung illegaler Rüstungsgüter genannt. Weiter soll die Mission verhindern, dass Erdöl illegal aus Libyen gebracht wird. Außerdem soll »Irini« die libysche Küstenwache beim Aufbau unterstützen. (…) Kritik an »Irini« äußerte Sevim Dağdelen von der Linkspartei. »Wenn die Bundesregierung glaubhaft das UN-Waffenembargo gegen Libyen durchsetzen will, muss sie endlich ihre Waffenlieferungen an die Länder stoppen, die am Krieg in dem nordafrikanischen Land beteiligt sind« – wie die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar und Ägypten, so das Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags. Statt verantwortungsloser Kooperation mit libyschen Milizen, die sich als Küstenwache ausgeben und Flüchtlinge in Lager sperren…“ – aus der Agenturen-Meldung „Deutsche Soldaten vor die Küste Libyens“ vom 23. April 2020 hier in neues deutschland online externer Link (auch zu beachten hierbei der Hinweis auf der nd-Seite zu Artikeln, in denen früher von den Forderungen nach einem solchen Einsatz berichtet wurde). Zum jüngsten Aufmarsch der Bundesmarine (auf deren Schiffen kein Abstand gehalten wird) drei weitere Beiträge:

  • „Annegrets Resterampe“ von Daniel Lücking ebenfalls am 23. April 2020 in neues deutschland online externer Link kommentiert diese Maßnahme so: „… Um die Waffenlieferungen nach Libyen zu stoppen, die auch über Mittelmeerrouten führen, soll sich die Bundeswehr mit bis zu 300 Soldaten an der EU-Mission Irini beteiligen. Das Bundeskabinett beriet am Mittwoch über den Vorschlag. Die Bundesregierung will bei der Militärmission unbedingt liefern, hatte sie doch Anfang des Jahres zur Libyen-Konferenz nach Berlin eingeladen. Deutschland gilt als Vermittler, weil es sich 2011 nicht am Nato-Luftkrieg in Libyen beteiligte. Bundeswehrsprecher kommentierten, die Marine könne alle angefragten Aufgaben erfüllen. Was erreicht werden soll, ist fraglich, besonders, wenn man einen Blick auf das Material wirft...“
  • „Mission mit deutschen Soldaten“ von Mirco Keilberth am 22. April 2020 in der taz online externer Link unterstreicht noch einmal deutlich, dass die angeblich zu unterbindenden Waffenlieferungen durchaus allseits bekannt sind: „… Die Regierung in Tripolis wehrt sich mit Hilfe aus der Türkei gegen die Libysche Nationalarmee (LNA) des ostlibyschen Generals Chalifa Haftar und hat dessen Truppen zuletzt empfindliche Niederlagen zugefügt – dank des Einsatzes türkischer Drohnen sowie zweier türkischer Fregatten vor der libyschen Küste. Waffenlieferungen kommen in Containerschiffen aus türkischen Häfen wie Mersin oder Izmir nach Tripolis und Misrata, zwischen Autos, Containern mit Lebensmitteln oder Möbeln versteckt. Diese Aktivitäten sind ein Bruch des seit 2011 geltenden UN-Waffenembargos gegen alle Kriegsparteien Libyens, zu dessen Überwachung die EU-Marinemission „Irini“ am 31. März entstand. Sie soll vor allem Informationen über Waffenströme nach Libyen sammeln. Auch Schiffskontrollen und Beschlagnahmungen sind erlaubt. (…) „Zudem unterstützt die Operation den Aufbau von Kapazitäten und die Schulung der libyschen Küstenwache und der libyschen Marine bei Strafverfolgungsaufgaben auf See“, führt die deutsche Kabinettsvorlage aus, die der taz vorliegt. In der Vergangenheit ist Libyens Küstenwache durch Übergriffe gegen Flüchtlinge aufgefallen…“
  • „Der nächste Auslandseinsatz“ am 24. April 2020 bei German Foreign Policy externer Link hebt unter anderem hervor: „… Hintergrund dafür, dass die Bundesregierung Soldaten der Bundeswehr in die EU-„Operation Irini“ entsendet, sind ihre Bemühungen, den Krieg in Libyen unter Kontrolle zu bekommen. Berlin hatte diesbezügliche Aktivitäten im Herbst 2019 gestartet, als sich abzeichnete, dass es in Libyen zu einem russisch-türkischen Abgleich ähnlich demjenigen in Syrien kommen könne. Das hätte bedeutet, dass Deutschland und die EU in einem zweiten arabischen Mittelmeerland nicht nur ihren einstigen Einfluss verloren hätten, sondern dass darüber hinaus ein gegnerischer Staat (Russland) und ein Staat, mit dem starke Spannungen bestehen (die Türkei), dort zu den maßgeblichen äußeren Mächten würden. Mit erheblichem Aufwand sowie mit russischer Unterstützung war es der Bundesregierung gelungen, am 19. Januar in Berlin eine Libyen-Konferenz abzuhalten, auf der sie mit großem Gestus einen Waffenstillstand sowie Schritte zu einem Friedensprozess für das nordafrikanische Land verkündete. Beobachter waren – mit Blick auf den kaum vorhandenen realen Einfluss der Bundesrepublik vor Ort – bereits damals skeptisch, ob sich aus der Zusammenkunft, auf der unter anderem eine Einhaltung des UN-Waffenembargos beschlossen wurde, mehr als wohltönende, aber folgenlose Worte ergeben würden. Der Zweifel hat sich inzwischen als begründet erwiesen. Denn seit der Berliner Libyen-Konferenz sind die Kämpfe in dem Land längst wieder eskaliert. Bereits in der zweiten Januarhälfte lieferten die Vereinigten Arabischen Emirate, die die Truppen von General Khalifa Haftar stärken, diesen laut Berichten mehr als 3.000 Tonnen Militärgerät – so viel wie im gesamten Jahr 2019. Zugleich brachte die Türkei Söldner aus Syrien nach Tripolis, die dort die Milizen der „Einheitsregierung“ unterstützen sollen; nach Angaben des in London ansässigen Syrian Observatory for Human Rights hielten sich Anfang Februar bereits 4.700 Syrer dort auf, während ungefähr 1.800 weitere in der Türkei für einen Libyen-Einsatz trainierten...“
  • Siehe zuletzt am 21. Februar 2020: Endlich konnte die BRD „Verantwortung übernehmen“ – jetzt hat sie sie. Für den Fortgang des Bürgerkriegs in Libyen
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=170977
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