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Massenproteste in Belgien nach dem Tod eines Jugendlichen durch einen Polizeieinsatz im Rahmen der Virus-Ausgangssperre

Das Transparent an einem Jugendhaus in Brüssel, nach dem Tod Adils - das Reaktion hervor rief, von der Zivilpolizei...Wütende Jugendliche randalierten gestern (12. April) in der belgischen Hauptstadt Brüssel im Stadtteil Anderlecht. Sie griffen Polizeifahrzeuge an und schleuderten Raketen auf die Polizisten, dabei wurde ein Polizist verletzt und ein weiterer verprügelt. Der Aufruhr wurde ausgelöst, als eine Polizeistreife einen 19-Jährigen auf einem Roller verfolgte, weil dieser sich weigerte, für eine Kontrolle bezüglich der geltenden Ausgangssperre anzuhalten. Er fuhr frontal auf ein entgegenkommendes Polizeifahrzeug auf und starb auf der Stelle. Hunderte wütender Jugendlicher aus der Umgebung gingen sofort auf die Straße, nachdem ein Aufruf in sozialen Medien veröffentlicht wurde die Polizisten anzugreifen, welche gekommen waren, um die an dem Mord Beteiligten zu unterstützen. Mehrere Polizeifahrzeuge wurden in Brand gesteckt, ein Jugendlicher entwendete eine Waffe aus einem Fahrzeug und schoss damit in die Luft, während er davonlief“ – so die Meldung „Krawalle in Anderlecht nach dem Mord an einem Jugendlichen“ am 15. April 2020 bei Enough is Enough externer Link über die Proteste in Belgien. Siehe dazu weitere aktuelle Beiträge über die Entwicklung einer Solidaritätsbewegung (die auch von vielen Basisaktiven aus den Gewerkschaften mitgetragen wird) und den verschiedenen Versuchen, diese Entwicklung durch Zensur und Repression zu verhindern:

„Fast 100 Festnahmen“ von Eric Bonse am 13. April 2020 in der taz online externer Link zur Vorgehensweise gegen die Proteste unter anderem: „… Trotz Corona-Ausgangssperre ist es am Osterwochenende in Brüssel zur schweren Krawallen und fast 100 Festnahmen gekommen. Innenminister Pieter de Crem sprach von „völlig inakzeptablen“ Vorgängen und beschuldigte die beteiligten Jugendlichen, „nicht nach unseren Werten zu funktionieren“. Der für Brüssel zuständige Staatssekretär Pascal Smet stellte aber auch das Vorgehen der Polizei infrage. Die Unruhen im Brüsseler Problemviertel Anderlecht waren ausgebrochen, nachdem ein Jugendlicher bei einer Verfolgungsjagd ums Leben gekommen war. Der 19-jährige Adil war mit einem Motorroller vor einer Polizeistreife geflohen und schließlich mit einem Polizeiwagen zusammengestoßen. Dabei zog er sich tödliche Verletzungen zu. Die Hintergründe der missglückten Kontrolle waren zunächst unklar. Offenbar als Reaktion auf den Todesfall kam es am Samstag und Sonntag zu schweren Krawallen. Vermummte Jugendliche griffen Polizisten mit Steinen an und zertrümmerten städtisches Mobiliar. Nach offiziellen Angaben wurden vier Polizeiwagen demoliert und mehrere private Fahrzeuge in Brand gesteckt. Die Polizei setzte Tränengas ein und nahm fast 100 Menschen fest, darunter viele Minderjährige. Die Familie von Adil distanzierte sich von den Krawallmachern, forderte aber auch eine vollständige Aufklärung des Todesfalls. Adil sei in seinem Viertel als freundlicher und „guter“ junger Mann bekannt gewesen, zitiert die Tageszeitung Le Soir einen Streetworker. In Anderlecht habe es schon viele ähnliche Todesfälle gegeben. Einige Jugendliche hätten Adil rächen wollen. Nach Polizeiangaben kamen viele der Krawallmacher jedoch aus anderen Gemeinden. Anderlechts Bürgermeister Fabrice Cumps zeigte sich überrascht von der Eskalation. Man habe einen Trauermarsch erwartet und diesen auch zulassen wollen – trotz der strikten Ausgangssperre. Staatssekretär Smet beklagte einen „Bruch des Vertrauens“ zwischen den Jugendlichen und der Polizei. Es gebe Misstrauen und sogar Hass – und zwar auf beiden Seiten...“

„BELGIEN: Kämpfe gegen die Polizei nach dem Tod eines Jugendlichen in Anderlecht“ am 12. April 2020 bei Dem Volke dienen externer Link meldet – mit einem kurzen Video versehen – unter anderem: „… Aus Protest gegen den Tod des jungen Mannes versammelten sich vor allem junge Menschen auf den Straßen um die Metrostation Clemenceau und den Place du Conseil, wo sich das Rathaus befindet. Als die Polizeikräfte eintrafen, um die Menge durch den Einsatz von Schlagstöcken zu zerstreuen, wurden sie mit Steinen angegriffen. Im Verlauf der Auseinandersetzungen wurden mehrere Autos in Brand gesteckt. Darüber hinaus wurde mindestens ein Polizeiauto geplündert, darunter soll sich auch eine Handfeuerwaffe befunden haben (die Schüsse sind auf dem Video zu hören). Die Lage beruhigte sich erst am Sonntagmorgen, als Verstärkungen mit Wasserwerfern eintrafen...“

„Belgique: Pressions policières sur les personnes dénonçant la mort d’Adil“ am 16. April 2020 bei Secours Rouge externer Link berichtet – unter anderem – vom „Besuch“ einer Gruppe von Zivilpolizisten in einem Jugendzentrum, das ein Protest-Transparent ausgehängt hatte…

„De quoi la police liégeoise a-t-elle peur ? De la solidarité ?“ am 15. April 2020 bei (und von) dem Cafétéria Collective Kali externer Link ist die ausführliche Stellungnahme des Zentrums (und seiner Nutzer und Nutzerinnen, darunter auch zahlreiche Gewerkschaftsaktive) nach dem „Besuch“ der Zivilpolizei, worin einerseits die fortgesetzte Solidarität mit den Opfern von Polizeigewalt unterstrichen wird, andererseits vor allen Dingen unterstrichen, dass es gerade in der aktuellen Krisen-Situation darauf ankomme, Polizei-Willkür durch Protest zu verhindern.

„!! LA POLICE CENSURE !!“ am 15. April 2020 bei Entre Murs et Mondes externer Link (Facebook) dokumentiert einige weiter Reaktionen auf diese – und andere – Maßnahmen der Polizei gegen jeden, der Kritik an ihrer Herangehensweise übt: Zensur und Repression sollen den Protest zum Schweigen bringen.

„La police tue, encore“ von Alex Farkas am 12. April 2020 bei Gauche Anticapitaliste externer Link ist ein Beitrag, der hier als Beispiel für linke Reaktionen auf diese Ereignisse in Belgien steht – und worin vor allem die Linie gezogen wird zu vorhergehenden Opfern der Polizeigewalt. (Die rechten Reaktionen gibt es „selbstverständlich“ ebenfalls: Die den Tod dann nicht etwa bedauern, sondern vor allem ihre Suppe kochen mit der üblichen „islamistische Unruhen“ – Hetze…)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=170486
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