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Wer kann in Bangladesch schon Abstand halten? Zwei Meter sind eine Klassenfrage

Streikende Textilarbeiterinnen demonstrieren in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch am 11. Januar 2019„… In einer Nation, in der eine soziale Distanzierung nicht durchsetzbar ist, würde es, wenn man es dennoch anordnet, bedeuten, Menschen zum Ungehorsam zu zwingen. Es wäre sinnvoller, einen Befehl zu erteilen, der nützlich ist und auf vernünftige Art befolgt werden kann. Vielleicht, dass die Leute ihre Gewohnheit aufgeben sollen, wahllos zu spucken, oder zumindest zurückhaltender zu spucken. Gefangene, die niemals Gewalt angewendet haben und von denen viele nur deshalb im Gefängnis einsitzen sind, weil sie Regimegegner sind, sollten jetzt einfach freigelassen werden. Das „große „Kuddelmuddel“ (die informellen Schlafsäle), in dem die meisten Arbeiterinnen und Arbeiter in Bangladesch leben, ist gekennzeichnet durch hochgradig überfüllte Räume, gemeinsame Toiletten und Küchen. Der private Raum ist ein eher elitäres Konzept, mit dem die Armen wenig zu tun haben. Sie wissen, dass die Möglichkeiten für jemanden, der allein sein möchte, begrenzt sind. Wenn aber das Zusammendrängen auf kleinstem Raum für viele die tägliche Realität ist, dann ist der Befehl zu physischer Distanz eine Anweisung „von einem anderen Planeten“. Nur weil sie aus jedem Quadratzentimeter so viel Nutzen herauspressen, können die Armen mit einem Einkommen weit unter dem Existenzminimum überleben. Die Mittel- und Oberschicht lebt in relativem Überfluss. Ihr Wohlergehen hängt von der Ausbeutung unserer Arbeiter ab. Der parasitäre Lebensstil besser gestellten Schichten ist ein Produkt der Ungleichheit, die ihnen erlaubt, ihren Reichtum endlos weiter zu entwickeln. Um dieses ungerechte System abzuschaffen, wäre eine Änderung der Gesellschaftsordnung notwendig. Schon die Entfernung nur eines einzigen Fundamentsteins würde das gesamte Kartenhaus zum Einsturz bringen…“ – aus dem Beitrag „Befehl zu physischer Distanz ist eine Anweisung „von einem anderen Planeten““ am 06. April 2020 bei telepolis externer Link – worin Shahidul Alam auf die Fragen von Olaf Arndt antwortet. Siehe dazu auch ein Video über die – voll arbeitende – Textilindustrie in Bangladesch und die Dokumentation eines Forderungskatalogs, der dadurch auch die soziale Wirklichkeit im Land deutlich macht:

  • Acaban de publicar un vídeo sobre la INDUSTRIA TEXTIL en Bangladesh“ am 06. April 2020 im Twitter-Kanal von Manel Marquez externer Link ist ein Video über die Textilindustrie Bangladeschs zu Zeiten der Ausgangssperre – 2 Meter Abstand sind nirgends zu sehen…
  • „Linke Demokratische Allianz fordert Sofortmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie“ am 04. April 2020 bei den Rote Fahne News externer Link berichtet über ein Forderungsprogramm, das die soziale Wirklichkeit im Land spiegelt und folgende 7 Punkte enthält: „… Sofortige Bereitstellung von mindestens eine Millarde Tk (Taka) durch die Regierung, um genügend Corona-Tests, Gesundheitstrainings und medizinische Ausrüstung bereit zu stellen. Längerfristig müssen dafür 20 Milliarden TK gegen die Verbreitung des Coronavirus zur Verfügung stehen. Bau von Krankenhäusern und Aufbau von Spezialabteilungen zur Behandlung der Corona-Patienten. Zur Not sollten dazu auch gute Hotels zur Verfügung gestellt werden. Ebenso müssen Ärzte und medizinisches Personal eingestellt werden. Einrichtung von spezialisierten Labors. Bereitstellung von Reis, Hülsenfrüchten, Desinfektionsmitteln und Seife für die Werktätigen und die einfachen Leute zu subventionierten Preisen. Spekulation und Preistreiberei müssen kontrolliert und bestraft werden. Bereitstellung von sicheren Unterkünften für die armen Menschen, die in den Slums wohnen. Sicherstellung ihrer Ernährung, wenn sie keine Verdienstmöglichkeiten mehr haben. Übernahme der Behandlungskosten für Arbeiter durch den Staat. Besondere Schutzmaßnahmen für alle die an öffentlichen Arbeiten beteiligt sind, einschließlich Ärzten, medizinischem Personal, Journalisten, Transportarbeitern und Polizei…“
  • Siehe zuletzt am 03. April 2020: Textilarbeiterinnen in Bangladesch: Jetzt sollen sie auch noch die Last der Corona-Krise tragen – zusammen mit den heimkehrenden MigrantInnen
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=169607
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