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Bessere Arbeitsbedingungen für Lieferando-Rider – und Betriebsratswahlen!
Dossier
„Trotz Corona-Krise zwingt Lieferando derzeit tausende von Fahrer*innen zu arbeiten. Die Rider arbeiten 7 Tage die Woche von Mittag bis spätabends ohne Desinfektionsmittel, ohne Schutzkleidung, ohne Schulungen, ohne menschenwürdigen Lohn. Die Ausrüstung kann wegen fehlender Hygienemittel nicht gereinigt werden. Die E-Bikes, die sie gewohnt sind, dürfen sie nicht mehr nutzen. Stattdessen sollen sie ihre privaten Fahrräder nutzen. Die Verträge sind befristet. Gewerkschafter*innen wird der Zutritt in die Betriebe verweigert. Menschen, die gegen prekäre Bedingungen kämpfen, müssen befürchten, dass ihre Verträge nicht verlängert werden. Als wäre das alles nicht schlimm genug, arbeiten sie aktiv daran Betriebsratswahlen zu sabotieren. (…) Wir fordern mit dieser Petition von Lieferando: Beschafft Desinfektionsmittel für alle Rider während der Corona-Pandemie. (…) Stoppt eure perfiden Versuche, Betriebsratswahlen zu behindern. Die Rider riskieren ihre Gesundheit für euren Profit…“ Petition von Orry Mittenmayer an Lieferando bei change.org – siehe weitere Infos seitdem:
- Betriebsrat Lieferando Mainz (Takeaway Express) bekommt den Innovationspreis Mitbestimmung Rheinland-Pfalz für die Betriebsvereinbarung zur AU und gegen Arbeit im Krankheitsfall
„… Jedes einzelne Mitbestimmungsrecht muss sich der Betriebsrat Mainz erkämpfen. Beschlussverfahren, einstweilige Verfügungen, gerichtliche Einsetzungsverfahren für die Einigungsstellen, nicht freigegebene Seminar, nicht bezahlte Seminare, nicht gestellte Büromittel, falsche, bzw. fehlerhafte Abrechnung, Verhinderung der Zusammenarbeit mit Gewerkschaften gehören bei uns zur Tagesordnung. Die Gewerkschaft nennt dies gerne “Unionbusting”. Die Arbeitgeberin ordnet per Arbeitsvertrag an, dass sich alle Kuriere ab dem 1. Tag mit Attest Krank melden müssen. Das zieht massive Probleme mit sich, da unsere Hauptarbeitszeit außerhalb der regulären Öffnungszeiten der Ärzte liegt (abends ab 17 Uhr und am Wochenende). Das führte zu 3 Hauptproblemen: Entweder die Kollegen gingen in diesen Zeiten in die Notaufnahme der örtlichen Uniklinik, um sich ein Attest zu holen oder gingen krank zur Arbeit, da der Aufwand, sich krank zu melden, größer war als 2 Std. krank die Schicht wahrzunehmen. Die dritte Variante war, dass die Kollegen die Schicht nicht antreten und daraufhin gekündigt werden. (…) Die Betriebsvereinbarung stellt sicher, dass die besonderen Arbeitsbedingungen und -zeiten in der Lieferbranche berücksichtigt werden und eine Krankmeldung ab dem dritten Tag akzeptiert wird. Das ist für die Branche Pionierarbeit und keinesfalls selbstverständlich. Für die sogenannten Rider ist die Regelung ein konkreter Beitrag zu fairen Arbeitsbedingungen, die durch großen Einsatz des Betriebsrates erreicht werden konnte…“ Meldung vom 04.11.2024 des DGB RLP („Der Innovationspreis Mitbestimmung RLP geht an ein starkes Team, das mit seiner Betriebsvereinbarung zur AU“) mit Video und mehr Infos zum Einigungsprozess samt Einigungsstelle - Übergriffe gegen Rider bei Lieferando immer noch Thema, nicht nur in Berlin und nicht nur am Internationalen Tag der menschenwürdigen Arbeit
- Übergriffig gegen Lieferando-Rider: Schwach, schwächer, am schwächsten
„Lieferando-Fahrer*innen werden ausgebeutet. Doch die Übergriffe gegen sie kommen von Kund*innen und Restaurantangestellten. (…)
Die sexuelle Belästigung bei Ridern ist kein hauptstadtspezifisches Problem. Von Bremen über Karlsruhe bis nach Köln berichten Kurier*innen der taz von Vorfällen. „Ich habe noch nie eine Frau bei Lieferando getroffen, die nicht belästigt wurde“, erzählt Anne Gardiner (Name von der Redaktion geändert), eine Kurierin aus Bremen, die sich bei der Interessenvertretung Lieferando Workers Collective engagiert. Die Verantwortung sieht sie bei Lieferando: „Wenn die Firma die Rechte der Mitarbeiter*innen nicht schützt, dann tun andere es auch nicht.“
Der orangefarbene Lieferdienst steht seit Langem wegen niedriger Löhne, Verletzung von Arbeiter*innenrechten, Gewerkschaftsfeindlichkeit und einer „Hire & Fire“-Unternehmensführung in der Kritik. Die meist migrantischen Kurier*innen sind dem schutzlos ausgeliefert. „Die meisten von uns sprechen kein Deutsch und wissen nicht was ihre Rechte sind“, berichtet Anne. „Außerdem wollen sie kein Stress riskieren, aus Sorge ihr Visum zu verlieren.“ Lieferando profitiere von dieser Tatsache.
Die Ausbeutung der wehrlosen Kuriere ist integraler Bestandteil des Geschäftsmodells. Der systematisch Machtmissbrauch durchzieht das gesamte Unternehmen, das wie eine undurchsichtige Black Box agiert. In den meisten Städten, den sogenannten Remote-Städten“ gibt es keine Ansprechpartner*innen, sondern nur eine Mail-Adresse, an die sich die Kurier*innen wenden können. In den sogenannten Hub-Städten wie Berlin und Hamburg hingegen gibt es wenigstens in der Theorie Ansprechpartner*innen.
Perfides Katz- und Maus-Spiel
In der Praxis entpuppt sich diese „Unterstützung“ jedoch als ein perfides Katz-und-Maus-Spiel, um Kurier*innen ihre Rechte vorzuenthalten. So ist etwa das Büro des Betriebsrats am Berliner Ostkreuz nicht einmal ausgeschildert, bis vor Kurzem gab es keinen Briefkasten. Daher ist der Betriebsrat für die Rider kaum zu finden. (…)
Allerdings gehen die Übergriffe gegen Rider nicht von der Firma aus, sondern von Restaurantmitarbeiter*innen, Kund*innen und Verkehrsteilnehmer*innen, die offenbar eine Genugtuung in der Erniedrigung wehrloser Menschen finden. Diese Übergriffe offenbaren die Abgründe einer Gesellschaft, die solche Praktiken nicht nur ungestraft duldet, sondern möglich macht.
Es steht außer Frage, dass Lieferando ein unmoralisches Unternehmen ist, das die Graubereiche im Arbeitsrecht ausreizt wie Cum-Ex-Banker das Steuerrecht. Aber ihr Machtmissbrauchssystem kann die Firma nur aufrechterhalten, weil es von außen gestützt wird. Es braucht daher nicht nur schärfere Regelungen innerhalb des Unternehmens, um Kurier*innen besser zu schützen. Es bedarf einer Entpatriarchalisierung, eines gesellschaftlicher Wandels, sodass migrantische Menschen, die sich in prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden, nicht zur Zielscheibe der Erniedrigung werden. Ein Mindestmaß an Menschlichkeit ist gefragt.“ Kommentar von Lilly Schröder vom 11.10. 2024 in der taz online - Arbeitssituation bei Lieferdiensten: Unwürdige Arbeit
„Am Internationalen Tag der menschenwürdigen Arbeit fordern Rider und Gewerkschaften in Berlin bessere Bedingungen bei Lieferando & Co.
Arbeiten bei schlechtem Wetter sind Rider ja gewohnt – der leichte Nieselregen am Montagnachmittag konnte sie also nicht schrecken. Anlässlich des Internationalen Tags der menschenwürdigen Arbeit haben sie sich zusammen mit Gewerkschaftsvertreter*innen vor dem Roten Rathaus in Mitte versammelt, um auf ihre schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. „Die Menschen werden um ihren ohnehin schon geringen Lohn betrogen“, nennt Sebastian Riesner von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) eines der Probleme. So würden erbrachte Leistungen teilweise nicht in den Lohnabrechnungen auftauchen. Doch auch Lieferdienste müssten sich an Arbeitsrecht und Sozialstandards halten. (…) Unsichere Arbeitsmittel, zu schwere Rucksäcke, Angriffe auf Rider im Straßenverkehr und in Restaurants, sexuelle Belästigung – die Probleme der Kurierfahrer*innen sind vielfältig. Um die meist migrantischen Kurier*innen über ihre Rechte aufzuklären, hat das Berliner Beratungszentrum für Migration und gute Arbeit einen englischsprachigen Flyer erstellt, der am Montag bei einer Radtour an die Rider verteilt wird. Das Faltblatt klärt über Sozialstandards in Deutschland wie die Höhe des Mindestlohns (12,41 Euro), die wöchentliche Maximalarbeitszeit (10 Stunden am Tag/48 Stunden die Woche) oder das Recht auf bezahlten Urlaub (4 Wochen) auf. Auch ganz praktische Tipps sind darin enthalten, etwa was im Fall eines Arbeitsunfalls zu tun ist. Die würden von den Lieferdiensten nicht immer als solche anerkannt, sagt Robert Rath. Und das, obwohl die Rider auf ihren teils nicht einmal verkehrstüchtigen Fahrrädern rücksichtslosen Autofahrer*innen schutzlos ausgeliefert sind…“ Artikel von Marie Frank vom 7.10.2024 in der taz online - Belästigung von Lieferando-Kurier*innen: Die gläsernen Boten
„Lieferando-Kurier*innen berichten über zunehmende Belästigung durch Kunden und Restaurantmitarbeiter. Das Unternehmen sieht keinen Handlungsbedarf. (…) Lieferando ist kein Einzelfall: „Verbale und physische Angriffe auf Fahrer*innen nehmen lieferdienstübergreifend zu“, sagt Max Wendler von der Interessenvertretung Lieferando Workers Collective (LWC). Auch sein Name ist auf Wunsch hin anonymisiert. Wendler sagt, es häuften sich Vorfälle, bei denen Männer nackt an die Tür kämen, um Essen entgegenzunehmen oder ihr Handtuch im Moment des Türöffnens fallen ließen. Kurierinnen berichteten vermehrt von Anfragen nach einem Date oder ob sie zum Essen reinkommen wollen. Diesen Sommer hätten die Übergriffe eine neue Spitze erreicht. Die Verantwortung sieht Wendler bei Lieferando: „Wenn die Firma die Rechte der Mitarbeiter*innen nicht schützt, dann tun andere es auch nicht.“ Der Lieferdienst steht seit Langem wegen niedriger Löhne, Verletzung von Arbeiter*innenrechten und Union Busting in der Kritik. „Frust und Aggressionen von Kund*innen und Restaurantmitarbeiter*innen auf Kurier*innen sind geradezu programmiert“, so Max. Denn den Kund*innen werde eine Lieferzeit angezeigt, die bei jedem Klick länger werde. Im Restaurant würden den Mitarbeiter*innen zugleich andere Abholzeiten angezeigt als den Kurier*innen in der App. So kämen die Kurier*innen immer „zu spät“.
Kurier*innen fühlen sich exponiert
„Wir werden entmenschlicht, exponiert und als rechtlose Boten präsentiert“, kritisiert Wendler. „Die Kunden haben unsere Vor- und Nachnamen, sie können alle fünf Sekunden überwachen, wo ihr Liefersklave sich gerade auf der Karte befindet.“ Das Bild vom „gläsernen Boten“ ermutige Kund*innen, sie schlecht zu behandeln. „Wir stehen nackt vor ihnen und dann ziehen sich auch die Kunden aus.“…“ Artikel von Lilly Schröder vom 7.10.2024 in der taz online
- Übergriffig gegen Lieferando-Rider: Schwach, schwächer, am schwächsten
- Protest bei Lieferando in Berlin: »Ich bestelle Respekt«. Nach Gewalt bei der Fast-Food-Kette Burgermeister verlangen Berliner Fahrradkuriere besseren Arbeitsschutz
„An diesem heißen Freitagnachmittag herrscht viel Betrieb auf der Eberswalder Straße. Passant*innen drängen sich über den Gehsteig zwischen den Tischen der Restaurants und abgestellten Fahrrädern, im Hintergrund rattern Waggons über die Hochbahn-Strecke der U2. Zwei Fahrradkuriere des Lieferdienstes Wolt stehen in einem schattigen Hauseingang und warten. Immer wieder schauen sie zur Mittelinsel unter den Gleisen hinüber, wo sich rund 40 Menschen zu einer Protestkundgebung versammelt haben. Beschäftigte rufen Sprechchöre und halten Schilder hoch, auf denen unter anderem »Keine Toleranz für Gewalt« oder »Ich bestelle Respekt« zu lesen ist. (…) Von »nd« auf den Lieferando-Protest angesprochen beklagen auch die Wolt-Kurier*innen an der Eberswalder Staße Probleme mit Burgermeister. Sie könnten nicht einmal vor dem Lokal auf Bestellungen warten, erzählen sie am Freitag. Allgemein gäbe es keinen Respekt für Radkurier*innen. (…) Das Lieferando Workers Collective (LWC), eine Interessensvertretung der Kurier*innen, beklagt eine Zunahme von Übergriffen. Hierzu zählen sie Attacken durch Restaurantpersonal und Verkehrsteilnehmer*innen oder Kunden, die Bestellungen nackt entgegennähmen und Kurier*innen belästigten. »Unsere Arbeit wird als wertlos angesehen und das färbt auf den Umgang mit uns ab«, sagt Lieferando-Kurier Max zu »nd«, der sich bei LWC engagiert und eigentlich anders heißt.
Die Protestierenden sehen Lieferando in der Pflicht, seine Beschäftigten besser vor Gewalt zu schützen. »Das Unternehmen hat uns zu dem Vorfall und etwaigen Konsequenzen bisher nicht informiert«, kritisiert Max. »Insofern muss man schon fragen, ob sich Kollegen weiterhin potenziell in Gefahr begeben, wenn sie Aufträge dieses Restaurants ausfahren oder die Toilette benutzen wollen.« Aktuell seien Kurier*innen verunsichert, da Burgermeister auf der offiziellen Toilettenliste von Lieferando stehe. Aus Betriebsratskreisen wird nun eine Verbesserung des Arbeits- und Gewaltschutzes gefordert: Verbindliche Regelungen sollen für die Partnergastronomie und Kund*innen aufgestellt werden, Kurier*innen wünschen sich eine Notfallrufnummer, die in mehreren Sprachen und auch in Randzeiten erreichbar ist. Lieferando solle zudem über die Einrichtung von Sanitärräumen in Lieferhotspots nachdenken. Auch wird die Möglichkeit gefordert, Kund*innen oder Restaurants, bei denen schlechte Erfahrungen gemacht wurden, nicht mehr zu beliefern…“ Bericht von Moritz Aschemeyer vom 08.09.2024 in ND online , siehe auch das Video:- Demo für bessere Arbeitsbedingungen von Kurieren
„Lieferdienst-Mitarbeiter beklagen schwierige Arbeitsbedingungen und fehlende Ruhe- und Sanitärräume. Nun soll es in einer „Burgermeister“-Filiale zu einer körperlichen Ausseinandersetzung mit einem Mitarbeiter gekommen sein. Die Kuriere von Lieferando haben deswegen eine Demonstration für bessere Arbeitsbedingungen organisiert.“ Video vom 07.09.24 in rbb24
- Demo für bessere Arbeitsbedingungen von Kurieren
- Kuriere in Berlin beklagen verbale und sexuelle Belästigungen durch Kunden (und Prügel durch einen Burgermeister-Manager) – Forderungen an Lieferando und Protest
„Kurierfahrer*innen in Berlin berichten über zunehmende Angriffe und Belästigungen durch Kund*innen und Restaurantmitarbeiter*innen. (…) „Verbale und physische Angriffe auf Fahrer*innen nehmen lieferdienstübergreifend zu“, sagt Max vom LWC, der nicht mit vollem Namen in der Zeitung stehen möchte. Während der Coronapandemie sei dies bereits deutlich geworden, diesen Sommer hätten die Übergriffe jedoch eine neue Spitze erreicht. „Sie gehen nicht nur von Restaurantmitarbeiter*innen aus, sondern auch von Privatpersonen, Kund*innen und Verkehrsteilnehmer*innen.“
Sexuelle Belästigungen durch Kunden
Es häuften sich etwa Vorfälle, bei denen Männer nackt an die Tür kämen, um ihr Essen entgegenzunehmen oder ihr Handtuch im Moment des Türöffnens fallen ließen. Kurierinnen erzählten vermehrt von Anfragen nach einem Date oder ob sie zum Essen reinkommen wollten. „Sie wollen sicher ihren Job machen und werden diskriminiert und beleidigt“, kritisiert Max.
Die fehlende Achtung gegenüber Kurier*innen ist in seinen Augen ein strukturelles Problem. „Unsere Arbeit ist billig, deshalb werden wir nicht respektiert.“ Das liege auch an der mangelnden Wertschätzung der Kurier*innen innerhalb der Firma.
Der Lieferdienst steht seit Langem wegen niedriger Löhne, Verletzung von Arbeiter*innenrechten und Union Busting in der Kritik. „Sie zwingen ihre Fahrer*innen weiterhin, die schweren Rücksäcke auf dem Rücken zu tragen und muten ihnen Strecken bis nach Brandenburg zu“, sagt Max. Bei Ubereats und Wolt hingegen gebe es mittlerweile Gepäckträger und die Kurier*innen müssten kaum über die Bezirksgrenzen hinausfahren. Zudem gefährde Lieferando mit seiner „Alibi-Lösung“ bei der Toilettennutzung von Ridern die Kurier*innen. Auf der offiziellen Toilettenliste von Lieferando steht zum Beispiel die Burgermeister-Filiale an der Schönhauser Allee. Diese verwehrten jedoch Ridern, aufs Klo zu gehen. (…)
Max fordert, dass Fahrer*innen Orte blockieren können, bei denen sie negative Erfahrungen gemacht haben und dort keine Lieferungen mehr abholen müssen. Bei Wolt sei dies bereits der Fall. Um Vorfällen, wie dem am Sonntagabend vorzubeugen, brauche es zudem verbindliche Regelungen zu Wasser, Toilettennutzung und Verhalten, wenn man wartet – vor allem bei Extremwetter.
Um gegen die Angriffe auf Kurier*innen zu protestieren, ruft das LWC für nächsten Freitag zu einem Protest vor der Burgermeister-Filiale auf.“ Artikel von Lilly Schröder vom 29.8.2024 in der taz online („Angriffe auf Rider: Aus Helden werden Opfer“)- Das @LWC_Berlin (Twitter) ruft nach Angriff auf Rider zum Protest bei Burgermeister, Schönhauser 45, Berlin auf: Freitag, 6. September 16.00
- Lieferando will durch „Umstrukturierung“ weniger Boni zahlen: In Berlin protestierten FahrerInnen gegen den Lohnverlust und für einen Tarifvertrag, auch mit einer Petition
- Arbeitsbedingungen bei Lieferdiensten: An den Ridern wird gespart
„Der Liefer-Riese Lieferando will weniger Boni zahlen. Vor der Firmenzentrale protestieren Fahrer:innen gegen den Verdienstverlust.
Lohnkürzungen in Zeiten der Inflation? Was absurd klingt, kündigte der Delivery-Riese Lieferando gegenüber seinen Fahrer:innen an. Dagegen protestierten rund 70 Beschäftigte am Mittwochmittag in der Nähe der Konzernzentrale am Spreeufer. Neben einer fairen Bezahlung forderten die Fahrer:innen bessere Arbeitsbedingungen und einen Tarifvertrag. Konkret gehe es um die Umstrukturierung des Bonussystems, die das Unternehmen Ende Juni den Fahrer:innen ankündigte, sagt ein Mitglied der Beschäftigtenorganisation Lieferando Workers Collective zur taz. Ihren Namen will die Lieferando-Fahrerin nicht nennen, weil in der Vergangenheit schon häufiger gewerkschaftlich engagierten Kolleg:innen gekündigt wurde. Demnach sollen bislang gezahlte Boni für Spitzenzeiten abgeschafft und durch ein anderes System ersetzt werden. Die Boni sind ein wichtiger Teil des Einkommens, das sonst mit 12,50 Euro pro Stunde nur knapp über dem Mindestlohnniveau liegt.
Fehlerhafte Lohnzahlungen
Ein Sprecher des Unternehmens teilt auf taz-Anfrage mit, es handle sich bei der Umstellung nicht um Lohnkürzungen. Vielmehr sei ein befristetes Pilotprojekt ausgelaufen. „Das neue Modell beinhaltet eine Lohnerhöhung sowie ergänzende Zuschläge, mit denen fast alle Fahrer bundesweit mehr verdienen“, so der Sprecher. Die Fahrer:innen sehen das anders: „Ich würde nach dem neuen System 300 bis 400 weniger pro Monat bekommen“, klagt R., ein Fahrer, der Vollzeit für Lieferando arbeitet. „Wir leben jetzt schon von der Hand in den Mund.“ Mit den Kürzungen werde es schwer, die Miete zu bezahlen. Der 41-Jährige kommt aus Pakistan und berichtet, dass viele seiner migrantischen Kolleg:innen sich nicht mit deutschem Recht auskennen und Lieferando dreist versuche, die Löhne zu drücken. So seien Fehler in der Abrechnung die Regel, es werde wiederkehrend weniger gezahlt, als eigentlich gearbeitet wurde. Auch Trinkgelder werden manchmal einbehalten, berichtet R. „Die klauen einfach Geld bei den Fahrern, die kein Bewusstsein dafür haben.“ (…) Um für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu kämpfen, haben die Fahrer:innen eine Petition gestartet. Darin fordern sie unter anderem feste Feiertags-, Sonntags- und Nachtzuschläge, die sich am Stundenlohn orientieren. Auch sollen Überstunden besser bezahlt werden und nicht verpflichtend sein.“ Artikel von Jonas Wahmkow vom 17.7.2024 in der taz online - Lieferando: Lohnkürzungen durch die Hintertür? 330 Lieferando-Mitarbeiter folgen einer Petition für bessere Arbeitsbedingungen
„Es geht etwas hektisch zu am Mittwochvormittag vor dem Büro des Lieferando-Betriebsrates in Berlin. Zunächst gehen noch einige ausgefüllte Unterschriftenlisten auf den Handys der Lieferkurier*innen ein. Sie müssen schnell ausgedruckt werden. Dann wird einem Kollegen eine orangene Arbeitsjacke übergezogen und er wird mit rotem E-Scooter zur Firmenzentrale geschickt. Es geht die Sorge um, dass einige Kolleg*innen sich dort zur Kundgebung einfinden und nicht auf der gegenüberliegenden Seite der Spree.
Doch wenig später stehen 35 Fahrer*innen und Unterstützer*innen zusammen vor dem Spreeufer. Im Hintergrund ist die Deutschland-Zentrale von Lieferando zu sehen. »No more paycuts!« (Keine weiteren Lohnkürzungen), rufen die sogenannten Rider. Sie sind einem Aufruf von Kolleg*innen gefolgt, die sich im Lieferando Workers Collective (LWC) zusammengeschlossen haben. Um auf mangelhafte Arbeitsbedingungen hinzuweisen, will das LWC im Rahmen einer Petition 330 Unterschriften gesammelt haben. Eine Sprecherin des LWC holt als Beleg einen dicken Stapel aus Unterschriftenlisten hervor. Insgesamt arbeiten rund 1500 Berliner Kurier*innen bei Lieferando…“ Artikel von Christian Lelek vom 17.07.2024 in ND online - Siehe den Aufruf von Lieferando Workers Collective (LWC) Berlin am 17. Juli 2024 auf Twitter, Petition nicht gefunden
- Arbeitsbedingungen bei Lieferdiensten: An den Ridern wird gespart
- Lieferando-Rider streikten am 1. Mai in Frankfurt und Offenbach und nicht nur beim Treffen in Amsterdam stand die Frage an, ob Just Eat nach der Plattformrichtlinie sich aus Europa verabschiedet
- Lieferando-Rider streikten am 1. Mai in Frankfurt und Offenbach
- »Mit uns läuft das nicht mehr«. Zusammen für den Tarifvertrag: Eindrücke von einem Warnstreik der Lieferando-Kuriere am 1. Mai
„Es war der bisher längste Warnstreik, den die Essenskuriere von Lieferando aus Frankfurt am Main und Offenbach am 1. Mai hingelegt haben: Von neun bis 21 Uhr waren sie im Ausstand. »Randale, Bambule, Frankfurter Schule!« skandierten die Kuriere in der Mainmetropole. »Ohne gute Stimmung geht bei uns nichts«, kommentierte der Frankfurter Betriebsrat Dennis lachend gegenüber junge Welt. »Wir feiern uns quasi in den Tarifvertrag hinein«. Den verweigert ihnen ihr Arbeitgeber, die Just Eat Takeaway GmbH, bislang. Fest entschlossen zogen die Kuriere am Kampftag im Block der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) von der Frankfurter Hauptwache zur Kundgebung am Römer. Von insgesamt 7.000 Fahrern in Deutschland sind etwa 350 in Frankfurt und Offenbach tätig – manche als Minijobber, andere in Vollzeit. »Der Warnstreik war ein Erfolg«, bilanzierte NGG-Gewerkschaftssekretärin Anna Langensiepen am Mittwoch abend. Morgens und mittags sei quasi gar nichts geliefert worden, etwa die Hälfte der gesamten Belegschaft habe mitgestreikt. Auch abends gab es zum Teil noch erhebliche Schwierigkeiten bei der Auslieferung von Bestellungen, wie man auf der Lieferando-App sehen konnte. (…) Wie unzufrieden die Fahrradkuriere sind, verdeutlichte der Frankfurter Betriebsrat Chayan: »Wir haben es satt, uns immer mit ›Boni‹ oder freiwilligen Leistungen wie Trinkgeldern abspeisen zu lassen.« Auch die aus Köln nach Frankfurt angereiste Betriebsrätin Sarah und ihr Kollege Benjamin kritisierten das derzeit gültige leistungsorientierte Modell. Es gebe hier und da eine Pauschale, doch nichts sei wirklich festgeschrieben. Kuriere seien abhängig davon, genug »Orders« (Bestellungen) zugewiesen zu bekommen – wenn nicht, gebe es nur den Mindestlohn von 12,50 Euro: »Das ist Willkür.«…“ Artikel von Gitta Düperthal, Frankfurt am Main, in der jungen Welt vom 03.05.2024 - „Nächster Streik @lieferando : #Lieferando – Beschäftigte in Frankfurt am Main streiken! 1. Mai, 9 Uhr bis 21 Uhr. Wir werden der deutschen Geschäftsleitung keine Show bieten. Wir kämpfen gegen Gewerkschaftszerschlagung und für Tarifverträge. @FnvPlattformwerk…“ engl. Tweet von LiefernAmLimit vom 30.4. und zuvor:
- Frankfurt/Offenbach: „Lieferando-Rider“ treten in den Streik
„Die Essenskuriere von Lieferando in Frankfurt und Offenbach liefern nicht: Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, werden sie für mehrere Stunden die Arbeit niederlegen. Zum Streik aufgerufen hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Sie hatte Lieferando, mit rund 7000 Beschäftigten Marktführer der Essenslieferdienste in Deutschland, bereits im Februar letzten Jahres zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Auf die Forderung nach einem Tarifvertrag, in dem unter anderem ein garantierter Stundenlohn von 15 Euro und verbesserte Arbeitsbedingungen festgeschrieben werden sollen, hat das Unternehmen seit mehr als einem Jahr nicht reagiert. Mark Baumeister, Referatsleiter der Gewerkschaft NGG dazu: „Seit über einem Jahr stellt sich Lieferando taub. Gerade nach der hohen Inflation der letzten Jahre ist ein Tarifvertrag mehr als überfällig. Ihre Wut auf das Management haben die Lieferando-Fahrerinnen und Fahrer bereits am 26. April 2024 bei einer Kundgebung vor dem Lieferando Headquarter in Amsterdam kundgetan. Dabei haben sie deutlich gemacht: Sie wollen diesen Tarifvertrag und mit ihm einen fairen und verbindlichen Lohn für ihre harte Arbeit.“…“ Artikel von Katja Heßberger vom 30. April 2024 in rheinmainverlag.de zu einer NGG-PM, die bei dieser nicht zu finden war
- »Mit uns läuft das nicht mehr«. Zusammen für den Tarifvertrag: Eindrücke von einem Warnstreik der Lieferando-Kuriere am 1. Mai
- Kehrt Just Eat angesichts der Verabschiedung der Richtlinie über Plattformarbeit der Beschäftigung von Fahrern den Rücken?
„Ein Streit um den Abbau von Arbeitsplätzen in Paris hat sich zu einer internationalen Bewegung von Just-Eat-Fahrern entwickelt, die dem CEO des Unternehmens vorwerfen, in der Öffentlichkeit das eine zu sagen und in der Praxis das andere zu tun.
Am Freitag [26. April] stürmten Lebensmittelkuriere aus Frankreich, den Niederlanden und Deutschland den Hauptsitz von Just Eat Takeaway in Amsterdam. Ein Video zeigt die Arbeiter mit ihren bekannten orangefarbenen Jacken und Taschen, die schreien: „Wir wollen mehr Lohn, Takeaway!“ Der internationale Protest, der zweite innerhalb eines Monats, wurde nicht durch einen Lohnstreit ausgelöst, sondern durch einen Entlassungsplan. Just Eat plant, seinen hauseigenen „Scoober“-Service in Paris komplett einzustellen. 100 Fahrer sollen ihren Job verlieren.
Die Stellenstreichungen sind Teil der Rückkehr zu einem unabhängigen Vertragsmodell in Frankreich, obwohl sich der CEO des Unternehmens, Jitse Groen, öffentlich als Befürworter des Beschäftigungsstatus in der Lebensmittellieferbranche geoutet hat. „Flexibilität ist ein falsches Argument der großen Gig-Unternehmen, um die Zahlung von Mindestlohn, Steuern und Sozialversicherung zu vermeiden“, twitterte Groen einmal. Hat Just Eat den Arbeitnehmerrechten für seine Kuriere den Rücken gekehrt, gerade jetzt, wo die EU-Richtlinie über Plattformarbeit endlich in Sicht ist? (…) Nicht nur in Frankreich ist Just Eat bei einem Beschäftigungsmodell zurückgerudert. Im Vereinigten Königreich wurde der Scoober-Service letztes Jahr ebenfalls eingestellt. Fahrer in anderen Ländern, in denen Just Eat sie weiterhin beschäftigt, wie z. B. in Deutschland und Spanien, könnten nervös über ihre Schultern schauen. Öffentlich setzt sich Groen jedoch weiterhin für die Beschäftigung von Fahrern ein…“ engl. Beitrag vom 1. Mai 2024 in Brave New Europe (maschinenübersetzt)
- Lieferando-Rider streikten am 1. Mai in Frankfurt und Offenbach
- Lieferando-Rider aus Deutschland und niederländische sowie französische KollegInnen von Just Eat Takeaway demonstrieren am 26. April in Amsterdam vor der Konzernzentrale
„… Demonstration vor der Zentrale der Lieferando-Konzernmutter
Am Freitag, den 26. April 2024, planen deutsche und niederländische Essenskuriere eine Demonstration vor der Zentrale des Lieferando-Mutterkonzerns Just Eat Takeaway in Amsterdam. Zur Demonstration erklärt Mark Baumeister, verantwortlicher Referatsleiter der Gewerkschaft NGG: „Wir halten den Druck hoch und wollen Lieferando zum ersten tarifgebundenen Essens-Lieferdienst in Deutschland machen. Mit der Demonstration vor der Konzernzentrale setzen die Rider ein weiteres deutliches Zeichen im Kampf für einen fairen Tarifvertrag.“ Für die rund 7.000 Beschäftigten von Lieferando in Deutschland fordert die Gewerkschaft NGG den Abschluss eines Tarifvertrags mit folgenden Rahmenbedingungen:
– einen Stundenlohn von mindestens 15 Euro als Einstieg
– sechs Wochen bezahlter Urlaub pro Jahr
– Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Feiertagszuschläge
– bezahlte Heimfahrt vom letzten Kunden nach Hause
– 50 Cent Kilometerpauschale für Autofahrer*innen…“ Aus der NGG-Pressemitteilung vom 24. April 2024 mit organisatorischen Hinweisen zur Demonstration in Amsterdam, siehe dazu auch:- Essenslieferanten aus Frankreich, Deutschland und den Niederlanden protestieren in Amsterdam: JustEat TakeAway muss Verantwortung übernehmen
„Etwa 30 bis 40 Essenslieferanten aus Frankreich, Deutschland und den Niederlanden wehren sich am Freitag, den 26. April, gegen das mächtige Unternehmen JustEat TakeAway. Die französischen Essenslieferanten fordern einen ordentlichen Sozialplan. Die deutschen Mahlzeitenzusteller wollen, dass ihr Arbeitgeber Lieferando einen Tarifvertrag mit der deutschen Gewerkschaft aushandelt. Die niederländischen Essenslieferanten wollen sichere Arbeitsbedingungen und feste Arbeitsplätze. Els Franssens, Organisatorin der FNV: „Die Essenslieferanten stehen aus unterschiedlichen Gründen vor den Toren der Zentrale, aber es gibt ein Thema, das sie eint: Sie wollen, dass ihre Arbeitgeber Verantwortung übernehmen und gute Beschäftigungspraktiken zeigen. Die französischen und deutschen Tochtergesellschaften von JustEat TakeAway verweisen auf die Zentrale in den Niederlanden, wenn sie an ihre Verantwortung erinnert werden.
Deutsche Niederlassung hält Gewerkschaften fern
Die deutsche Tochtergesellschaft von JustEat TakeAway, Lieferando, hat sich bisher geweigert, mit der Gewerkschaft NGG zu verhandeln. Sie wollen weder über einen Tarifvertrag noch über die Arbeitsbedingungen sprechen. Dafür kämpft die NGG seit einem Jahr und hat in Deutschland bereits fünfmal gestreikt. Da die Gewerkschaft in Deutschland kein Gehör findet, wendet sie sich an die Zentrale in den Niederlanden.
Franzosen wollen Sozialplan
JustEat TakeAway hat angekündigt, in Frankreich zu kündigen, aber die Gespräche mit der französischen Gewerkschaft Force Ouvrière über einen Sozialplan stocken. Franssens: „In Frankreich will JustEat TakeAway seine Beschäftigten loswerden, aber das Unternehmen will keine angemessene Abfindung zahlen. Außerdem hat es den Anschein, als wolle man die derzeitigen Essenslieferanten auf billige Weise loswerden und stattdessen mit Scheinselbstständigen über eine Tochtergesellschaft arbeiten.
Arbeitsplatzsicherheit in den Niederlanden
In den Niederlanden arbeiten die Essenslieferanten im Rahmen von Leiharbeitsverhältnissen und auf Lohnbasis. Daher haben sie kaum eine Arbeitsplatzsicherheit. Sie bauen keine Rente auf, und der Arbeitgeber schenkt ihnen lieber Eintrittskarten für Sportspiele als eine Gehaltserhöhung, die es den Essenslieferanten ermöglichen würde, weiterhin ihre Lebensmittel zu bezahlen. Und wenn Essenszusteller einen Arbeitsunfall erleiden, sind sie meist auf sich allein gestellt. Sie müssen sich oft selbst ins Krankenhaus begeben. Und wenn das Fahrrad kaputt ist, müssen sie selbst herausfinden, wie sie es zum Einsatzort zurückbringen können.“ niederl. Beitrag von Yvette de Vries vom 24. April 2024 bei FNV (maschinenübersetzt) - LiefernAmLimit auf Twitter
- Essenslieferanten aus Frankreich, Deutschland und den Niederlanden protestieren in Amsterdam: JustEat TakeAway muss Verantwortung übernehmen
- Lieferando und die Probezeit: Kritischer Lieferkurier wird nach Arbeitsunfall gekündigt, Gewerkschaftsaktive deuten Instrumentalisierung der Probezeit an
„Als Gurpreet Singh* Mitte Januar während der Arbeitszeit verunfallt, arbeitet er gerade etwas mehr als fünf Monate für Lieferando. Weniger als vier Wochen hätten ihm gefehlt, dann wäre seine Probezeit vorbei gewesen. Doch genau an dem Tag, als diese zu Ende gewesen sei, sagt er »nd«, sei er gekündigt worden. Aussagen des zuständigen Sekretärs der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und von gewerkschaftsaktiven Beschäftigten deuten auf eine mögliche Instrumentalisierung der Probezeitkündigung hin. (…) Als Singh stürzt, hat er keinen Helm auf. Dabei habe er mehrmals nach einem gefragt, sagt er, zunächst gleich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses. »Es gab immer Probleme mit der Arbeitsausrüstung. Zu Beginn bekam ich lediglich einen Rucksack.« Er habe nach jedem Einzelteil fragen müssen, am Ende andere Rider gefragt, was man vom Hub bekommen könne. »Aber einen Helm habe ich nie bekommen.« Max Muszkat* arbeitet seit mehreren Jahren für Lieferando und organisiert sich im Lieferando Workers Collective (LWC). Muszkat spricht von zwei Klassen von Kolleg*innen: »Die Kolleg*innen in der Probezeit haben Probleme, ihr Equipment zu bekommen. In den ersten sechs Monaten gehen viele krank, verletzt oder ohne Equipment arbeiten.« (…)
Veit Groß betreut Lieferando als Gewerkschaftssekretär der NGG und sagt dazu: »Personen, die sich in der Probezeit befinden und gewerkschaftlich in Erscheinung treten, müssen mit einer Kündigung zumindest rechnen.« Der Rider Muszkat vom LWC erwähnt gegenüber »nd« eine »Atmosphäre der Angst«. Sie habe sich bei seinem Kollegen Singh womöglich bestätigt. »Er war ja sehr aktiv und leider auch sehr naiv«, sagt Muszkat. »Im großen Maßstab lähmt das natürlich die gesamte Belegschaft, sich für ihre Interessen einzusetzen.« (…) Singhs Probezeitkündigung ist eine von vielen, Teil einer sogenannten Massenentlassung. Das bestätigt der Rechtsanwalt Martin Bechert »nd«. Insgesamt wurden laut Angaben des LWC 2023 etwa 200 Beschäftigte in der Probezeit gekündigt, das entspricht rund 58 Prozent aller Arbeitgeberkündigungen. Die Probezeit, ursprünglich zur Erprobung des Arbeitsverhältnisses eingeführt, werde von Lieferando voll ausgenutzt, sagt Gewerkschafter Groß. »Häufig wird erst nachfünfeinhalb Monaten gekündigt, ohne dass bei der Auswahl irgendeine Eignungsprüfung vorgenommen wird.«
Die NGG habe den Verdacht, dass »auf Kosten der Beschäftigten flexibel auf den Arbeitskräftebedarf reagiert wird«. Auch Muszkat zeigt auf den Saisonbetrieb und meint, im Herbst gebe es Masseneinstellungen und im Frühling, wenn der Krankenstand naturgemäß höher sei, Massenentlassungen. »Mein Gefühl ist, die nutzen das, um das Personal entlang der Auftragslage skalieren zu können«, sagt Muszkat. (…) Dass wie im Fall von Singh erst am Ende der Probezeit gekündigt wird, bringt auch Nachteile für die Arbeitgeberseite mit sich. Singh etwa sagt, er habe die Kündigung nicht rechtzeitig erhalten. Er prozessiert daher vor dem Arbeitsgericht. Sein Ziel: wieder für Lieferando arbeiten und seine Kolleg*innen unterstützen: »Hier arbeiten viele Menschen aus Südasien, viele haben schlimmere Erfahrungen gemacht.«…“ Artikel von Christian Lelek vom 14.03.2024 in ND online - Warum der Streik bei Lieferando in Berlin nicht der letzte war: Das Bonussystem in der Kritik und Stundenlohn von 14 Euro als Fake News
- Warnstreik bei Lieferando: Strampeln bis zur nächsten Bonuszahlung
„… In Deutschland fahren Tausende Essenzusteller täglich auf Fahrrädern, obwohl die Bezahlung sich nur am Mindestlohn entlanghangelt – und zum Teil leistungsabhängig ist.
Das führte am Donnerstag zu einem Warnstreik vor der Unternehmenszentrale von Lieferando in der Hauptstadt. Tatsächlich brodelt es schon seit Monaten im Hintergrund: Auf der einen Seite steht der Marktführer Lieferando, der betont, Jobs zu sichern. Auf der anderen eine Gewerkschaft, die die Kuriere vertritt und dem Unternehmen vorwirft, auf eine „Hinhalte-Taktik“ zu setzen und Kosten zu Lasten der Kuriere drückt. (…)
Auf Nachfrage von rbb|24 teilt eine Sprecherin von Lieferando mit, dass der aktuelle Stundenlohn bei durchschnittlich mehr als 14 Euro liege – das sei mehr als Beschäftigte in der normalen Gastronomie verdienten. NGG will aber einen Stundenlohn von mindestens 15 Euro als Basiszahlung und ein 13. Monatsgehalt durchsetzen. Außerdem sollen Zuschläge für Sonn- und Feiertagsschichten fließen.
Doch zurück zum Stundenlohn: 14 Euro pro Stunde? „Das ist mehr, als Servicekräfte der Gastronomie verdienen und vergleichbar viel wie Lieferfahrer der Systemgastronomie nach Tarif“, so die Sprecherin. Mark Baumeister von der Gewerkschaft NGG kontert und spricht von „Fake News“.
Konkret erhalten die Kuriere Baumeister zufolge den Mindestlohn von 12 Euro – erst durch „zeitlich befristete Zuschläge“ wie etwa für spätes Arbeiten würden die Fahrer auf 14 Euro pro Stunde kommen. „Die Zuschläge kann der Arbeitgeber aber jederzeit widerrufen. Die 14 Euro sind also keineswegs sicher.“ Den Vergleich mit der Gastronomie hält er für falsch, weil es in der Gastronomie Urlaubs- und Weihnachtsgeld gebe, anders als bei Lieferdiensten. (…)
Ein weiterer Kritikpunkt am Bezahlsystem solcher Unternehmen ist das Bonussystem. Bei Lieferando verdienen Fahrer ein Basisgehalt und oben drauf Bonuszahlungen. Einem Bericht von Report Mainz zufolge [ardmediathek.de] hängt die Bonuszahlung aber von der Anzahl der Fahrten und der Strecke der Lieferstrecke ab. Wozu das führe, formuliert in dem Bericht ein Fahrer so: „Ich habe manchmal das Geld über meine Sicherheit gestellt.“ Der Fahrer gibt an, ohne Bonuszahlungen monatlich 1.700 Euro brutto zu verdienen.
Denn ob „Bonus“, „Trinkgeld“ oder „variable Lohnkomponente“, wie Lieferando es formuliert: Das Boni-System legt in dieser Branche nahe, dass Kuriere mehr Gehalt verdienen, wenn sie schlicht mehr Kunden abwickeln – und eben weniger, wenn zum Beispiel keine Bestellungen eingehen, obwohl die Arbeitsuhr weiterhin tickt.
Derzeit zahlt Lieferando nach eigenen Angaben ab der 26. Lieferung im Monat Boni, ab der 100. Lieferung gibt es einen „erhöhten Bonus“. Für einen Lieferboten in Vollzeit ergebe das einen Zusatzverdienst von durchschnittlich 400 Euro monatlich.
In der Lieferdienst-Branche stehen solche Boni nicht nur in der Kritik, weil sie zu erheblichen Schwankungen im Einkommen führen können. Sondern auch, weil sie die Sicherheit der Fahrer gefährden sollen. Eigentlich regelt die Fahrpersonalverordnung Ruhezeiten und Pausen und betrifft vor allem Berufskraftfahrer, um die Sicherheit im Verkehr zu regeln. So ist beispielsweise der Akkordlohn für Lkw-Fahrer verboten, damit sichergestellt wird, dass sie sich nicht – um mehr Geld zu verdienen – übermüdet ans Steuer setzen oder zu schnell fahren.
Gewerkschafter halten diese Verordnung auch für die Mitarbeiter von Lieferdiensten anwendbar. Zum einen seien ohnehin Teile der Flotte mit Autos oder Rollern unterwegs, zum anderen würden Elektrofahrräder im Straßenverkehr eingesetzt werden, argumentiert Baumeister von NGG. Er sagt, dass Lieferando die Verordnung ignoriere und sich bewusst in einer Grauzone aufhalte.
Denn mit der Verordnung wäre das Bonus-System im Lieferdienst gar nicht erlaubt – und das halte er auch für richtig, so Baumeister. „Von der Gefährdung her ist es eine Analogie, ob jemand auf dem Fahrrad ohne Knautschzone durch die Stadt fährt oder in einem Lkw mit Airbag unterwegs ist.“…“ Beitrag von Hasan Gökkaya vom 17.08.23 bei rbb - Lieferando-Kuriere streiken für Tarifvertrag: Bei dem Lieferdienst wird für höhere Entgelte und mehr Urlaub gestreikt – notfalls auch noch öfter
„… Bis zu 90 Personen demonstrieren am schwülen Donnerstagnachmittag vor dem imposanten siebenstöckigen Neubau an der Spree. Betriebsräte aus dem ganzen Bundesgebiet sind zur Unterstützung nach Berlin mitgekommen. Die Stimmung ist ausgelassen, aus einer Anlage erklingt »I want to ride my bicycle« (Ich möchte mit meinem Fahrrad fahren) von Queen. Auf den Boden werden Slogans gesprüht. Auf den verteilten Warnwesten prangt ein zum Totenkopf mit Besteck umgestaltetes Lieferando-Logo.
Bilal, der nur seinen Vornamen nennen will, ist von dem Streik begeistert. Der 26-jährige Syrer fährt seit 2021 in Berlin für Lieferando, verdient laut eigenen Angaben für 35 Wochenstunden oft weniger als 1900 Euro brutto im Monat, mit Schwankungen aufgrund der Bonuszahlungen. Diese werden vor allem von der Anzahl der Lieferungen und Arbeitseinsätze zu Stoßzeiten bestimmt. Dass bei Lieferando gestreikt wird, hat er erst kürzlich erfahren, vom Betriebsrat. »Ich bin zwar wenig zuversichtlich, dass die Forderungen sofort erfüllt werden«, meint er. »Aber egal, dann streiken wir halt ein zweites, drittes, viertes Mal.« Auch weitere arabischsprachige Kollegen sind heute hier. Vernetzt haben sie sich in einer Chatgruppe, in der sie sich über Probleme am Arbeitsplatz austauschen und Sprachbarrieren entgegenwirken. Ein Thema, das hier häufig zur Sprache kommt, sind lange Fahrtwege, die den Lohn schmälerten. (…)
Vom Streikgeschehen zeigt sich Lieferando unbeeindruckt. Es habe bei dem Ausstand von 14 bis 22 Uhr keine wesentlichen Einschränkungen gegeben. »Bei Lieferando zu bestellen, war gestern uneingeschränkt möglich und dies haben unsere Kund:innen auch wie gewohnt gemacht«, teilt ein Sprecher am Freitag auf Anfrage mit. An der Demonstration hätten sich rund 50 Personen beteiligt. »Etwa 20 Fahrer*innen hatten gestern bis zum frühen Abend ihre Arbeit anlässlich des Streiks niedergelegt, während mehr als 1000 Lieferando-Fahrer*innen gestern in Berlin Bestellungen ausgeliefert haben«, heißt es. Gewerkschafter Baumeister kann die Streikbeteiligung nicht genau beziffern. »In anderen Städten haben wir den Betrieb mindestens für drei Stunden stillgelegt«, sagt er. In Berlin sei das aufgrund der dezentralen Verteilung der Arbeit und der Größe der Stadt nicht machbar. »Das wollten wir aber auch gar nicht. (…)
Für die Zukunft plane man unter anderem 48-Stunden-Warnstreiks, lässt der Gewerkschafter wissen. Die Kampagne läuft allerdings nicht ohne strategische Differenzen. Insbesondere darüber, wie man das institutionelle Ziel des Tarifabschlusses mit einer langfristigen Bindung der stark fluktuierenden Belegschaft an die Bewegung verbindet, kommt es mitunter zu Unstimmigkeiten. Baumeister begrüßt die Vielfalt der Strategien. »Gerade im Bereich der Ansprache, auch von migrantischen Kollegen, werden gerade viele neue Dinge erprobt.« Von unabhängigen Arbeitnehmerkollektiven, die durch niedrigschwellige Treffen teils sehr nahe an den Belegschaften seien, lerne man. Ein großes Problem sieht der Gewerkschafter in der Unterrichtung über Arbeitnehmerrechte. In einigen Städten gebe es hierfür bereits Vertrauensleute. Baumeister betont gleichermaßen auch die gute Verankerung der Tarifforderungen in der Belegschaft: »Die Tarifkommission ist von den NGG-Mitgliedern basisdemokratisch gewählt worden.« Zudem hätten sich alle NGG-Regionen von sich aus der Kampagne angeschlossen…“ Artikel von Moritz Aschemeyer vom 18.08.2023 in ND online - „Fastcut ready: Das Video vom #Streik bei #Lieferando in #Berlin ist für euch online. Zum Teilen und verhashtagen:-) Danke für euren Support! Team Gastgewerbe @GewerkschaftNGG wünscht ein schönes Wochenende #liefernamlimit #justeattakeaway“ Tweet von LiefernAmLimit vom 18.8. mit Video der Kundgebung – höre auch u.a. den Streiksong im Podcast von LiefernAmLimit auf Spotify
- Warnstreik bei Lieferando: Strampeln bis zur nächsten Bonuszahlung
- Streikerando: Etwa 100 Lieferando-Rider haben vor der Unternehmenszentrale in Berlin-Kreuzberg für einen Tarifvertrag demonstriert – „das ist nur der Auftakt“
- „Berlin: Erster Lieferando-Streik. Kämpferisch und motiviert. Beteiligung vor dem Headquarter als auch auf der Straße in der gesamten Stadt. Ein klares Signal an @lieferando: Wann kommt der Tarifvertrag? Das ist nur der Auftakt…“ Tweet der Gewerkschaft NGG Ost vom 17. Aug. 2023 mit Video und Fotos der Kundgebung am #b1708 twitterte die plattform Berlin (auch das „Streikerando“-Foto)
- Kundgebung vor Zentrale: Berliner Lieferando-Fahrer kämpfen mit Warnstreik für Tarifvertrag
„Im Streit um einen Tarifvertrag beim Essenslieferdienst Lieferando haben am Donnerstag zahlreiche Fahrerinnen und Fahrer in Berlin ihre Arbeit niedergelegt. Etwa 100 von ihnen protestierten vor der Unternehmenszentrale in Kreuzberg. Aufgerufen zu dem Warnstreik hatte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Bislang gibt es bei Lieferando keinen Tarifvertrag. Das Unternehmen lehnt Verhandlungen darüber ab. (…) Zu ähnlichen Aktionen hatte die NGG bereits in anderen größeren Städten aufgerufen. Die Gewerkschaft will damit eigenen Angaben zufolge den Druck auf Lieferando erhöhen. Man habe den Eindruck, das Unternehmen spiele auf Zeit, hieß es. Deshalb trage man den Protest direkt vor das Lieferando-Hauptquartier in Berlin, so ein Sprecher der Gewerkschaft. (…) Lieferando verweist stets auf den aktuellen Stundenlohn, der bereits bei 14 Euro liege. Das sei „mehr als Servicekräfte der Gastronomie und vergleichbar viel wie Lieferfahrer der Systemgastronomie nach Tarif“, hieß es. „Ein Inseltarifvertrag würde Wettbewerbsunterschiede weiter verschärfen, so dass noch weniger Anbieter direkt anstellen“, teilte ein Sprecher mit.“ Meldung vom 17.08.23 bei rbb24 - Angestellte fordern höheren Stundenlohn: Lieferando-Fahrer streiken in Berlin für Tarifverhandlungen
„Für einen höheren Stundenlohn legen viele Lieferando-Fahrer in Berlin ihre Arbeit nieder. Das Unternehmen zeigt sich für mögliche Verhandlungen bisher wenig kompromissbereit. (…) Am Donnerstagnachmittag beteiligten sich viele von ihnen vor der Unternehmenszentrale in Berlin-Kreuzberg an einer Kundgebung, zu der die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) aufgerufen hatte. Der Streik sollte bis in den Abend hinein andauern. „Berliner Konsumenten können weiterhin mittels Lieferando bestellen“, teilte das zum niederländischen Konzern Just Eat Takeaway gehörende Unternehmen am Donnerstag mit. „Restaurants mit eigenen Fahrern sind nicht vom Streik betroffen, und wir haben unser Personal für die bestreikte Schicht aufgestockt.“ Zu ähnlichen Aktionen hatte die NGG bereits in anderen größeren Städten aufgerufen. Sie will unter anderem einen Stundenlohn von mindestens 15 Euro durchsetzen, außerdem die Zahlung eines 13. Monatsgehalts. Sie fordert auch angemessene Zuschläge für Abend-, Sonn-, und Feiertagsschichten…“ dpa-Meldung vom 17.8.2023 im Tagesspiegel online , siehe zuvor: - Für den 17. August 2023 ruft die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zum Streik beim Essenslieferdienst Lieferando in Berlin auf
Der Aufruf bei der NGG
- [Report Mainz] Lieferando setzt auf fragwürdige Bonusmodelle und ficht Betriebsratswahlen an – Gewerkschaften und Arbeitsrechtler kritisieren veraltete Gesetze
- Lieferando: Werden Essenzusteller fair entlohnt?
„Deutschlands Marktführer für Essenslieferungen Lieferando setzt auf fragwürdige Bonusmodelle, zeigen Recherchen des ARD-Politikmagazins REPORT MAINZ. So bekommen die Fahrer den gesetzlichen Mindestlohn und obendrauf Bonuszahlungen. Doch Gewerkschaften und Fahrer kritisieren, dass die Bonuszahlungen kaum beeinflussbar und damit ungerecht seien. Außerdem ficht Lieferando Betriebsratswahlen in mehreren Städten an. Arbeitsrechtler kritisieren vor diesem Hintergrund veraltete Gesetze, die der modernen Arbeitswelt nicht mehr gerecht würden. Was sagen Lieferando und Bundearbeitsminister Heil zu den Recherchen?“ Sendungsbeitrag vom 02.08.2023 in daserste.de zum Video des Beitrags von Philipp Reichert in der Sendung REPORT MAINZ am 01.08.2023 und für den Text der Recherche: - Essenslieferdienst Lieferando: Bestell-Boom auf dem Rücken der Beschäftigten?
„Deutschlands Marktführer für Essenslieferungen, Lieferando, setzt auf fragwürdige Bonusmodelle und ficht Betriebsratswahlen an, zeigen Recherchen von Report Mainz. Gewerkschaften und Arbeitsrechtler kritisieren veraltete Gesetze. (…) Report Mainz liegen hunderte Seiten Lohndaten von Lieferando-Kurieren aus ganz Deutschland vor. Das Magazin hat die Daten auf Plausibilität geprüft. Sie zeigen, dass die Schwankungen kein Einzelfall sind. Bei zahlreichen Fahrern variieren die Bonuszahlungen deutlich, um rund 100, 150, teils sogar um 200 Euro im Monat. Wie rechtfertigt Lieferando diese Schwankungen? Das Unternehmen teilte Report Mainz mit, Kuriere verdienten im Schnitt mehr als 14 Euro pro Stunde. Mit einem Grundlohn von zwölf Euro hätten sie ein planbares Grundgehalt. Der Bonus sei ein zusätzlicher Anreiz. Mark Baumeister von der Gewerkschaft „Nahrung Genuss Gaststätten“ (NGG) kritisiert das Bonusmodell. Seiner Einschätzung nach zeigen die Daten, dass das System unfair ist. „In einem Mindestlohnbereich von Boni-Zahlungen zu reden und Leute mit Boni-Zahlungen abzuspeisen, ist eine Sauerei auf dem Rücken der Menschen“, so Baumeister im Interview mit Report Mainz. Lieferando verlagere damit das Geschäftsrisiko auf die Kuriere. Sie müssten ausbaden, wenn beispielsweise weniger Essen bestellt werde, so seine Bewertung.
Eine Gefahr für die Verkehrssicherheit? Außerdem sehen Gewerkschaft und Kuriere in dem Bonus einen Anreiz, dass Fahrer unnötig schnell fahren und womöglich sich und andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringen, um mehr Lieferungen zu schaffen und damit mehr Boni zu bekommen. Für Lkw-Fahrer sind bestimmte Akkordlöhne aus diesem Grund seit den 1970er-Jahren sogar gesetzlich verboten. (…)
Nach Recherchen von Report Mainz ficht Lieferando derzeit in mindestens vier Städten die Wahlen von Betriebsräten an, zum Beispiel in Aachen. Lieferando argumentiert unter anderem, in der Stadt existiere kein eigener Betrieb. Denn das Liefergebiet werde vollständig aus der Unternehmenszentrale Berlin koordiniert und geleitet. Müsste also der Betriebsrat in der Unternehmenszentrale zuständig sein? Das sei absurd, beklagt der derzeitige Aachener Betriebsratsvorsitzende Daniel Lavalle. Betriebsräte aus Berlin hätten keine Chance, innerhalb eines Arbeitstages die Stadt zu erreichen, um sich bei Beschwerden ein Bild zu machen. „Ein Betriebsrat aus Berlin wäre völlig sinnlos“, so Lavalle.
Mit ähnlichen Begründungen wie in Aachen ficht Lieferando die Wahlen der Betriebsräte in Braunschweig, Mainz und Bremen an. Sind die Betriebsräte dem Unternehmen ein Dorn im Auge? Auf Anfrage von Report Mainz teilte Lieferando mit, man unterstütze betriebliche Mitbestimmung sowie die Gründung von Betriebsräten, allerdings „im Rahmen der gesetzlichen Regelungen“. Doch das zugrunde liegende Betriebsverfassungsgesetz sei veraltet und nicht auf eine digitale Arbeitswelt ausgelegt, kritisieren Experten, so auch Johanna Wenckebach von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Sie ist Professorin für Arbeitsrecht und ehrenamtliche Richterin am Bundesarbeitsgericht. Der Betriebsbegriff im Gesetz stamme aus einer Zeit, in der klar gewesen sei, dass es einen Arbeitsort gebe, an dem Menschen zusammenkämen und Führungskräfte säßen. „Wir haben jetzt aber Zeiten, in denen es Apps gibt, die Beschäftigte steuern und Aufträge verteilen„…“ Beitrag von Philipp Reichert, SWR, am 01.08.2023 in tagesschau.de - Dazu Johanna Wenckebach (die im Beitrag interviewt wird) am 1. Aug. 2023 auf Twitter : „Spoiler: ja! Und: „Der Gesetzgeber müsse das #Betriebsverfassungsgesetz dringend anpassen, so Wenckebach. Dadurch könne man in der digitalen Arbeitswelt #Mitbestimmung besser gewährleisten„…“
- Siehe bzw. höre auch den Podcast von Liefern am Limit
- Lieferando: Werden Essenzusteller fair entlohnt?
- „#lieferando liebt nur einen Teil der Belegschaft. IT und Verwaltung bekommen 90 €/ Monat Verpflegungspauschale. NGG hat vor AG Darmstadt nun erfolgreich das gleiche für einen Rider geltend gemacht. Lieferando so: Wir klagen weiter! #justeattakeaway #liefernamlimit“ Tweet von LiefernAmLimit vom 7. Juni 2023
- Lieferando sperrt in Dresden Betriebsräte aus – Streik für Tarifvertrag am 25. Mai dennoch erfolgreich
- #lieferando sperrt während Streik in #Dresden Betriebsräte aus und hindert BR an der Betreuung der Beschäftigten. BR muss Zutritt in die HUB mit Polizei vornehmen…“ Tweet von LiefernAmLimit vom 25. Mai 2023 und
- „#lieferando ist in @dresden shutdown! Nichts geht mehr! Der Streik wirkt!...“ Tweet von LiefernAmLimit vom 25. Mai 2023 mit Video
- „Die Räder standen heute still bei vielen Beschäftigten von Lieferando in #Dresden. Stattdessen schlossen sich bis zu 80 Personen einer Streikdemo von der Lieferando-Zentrale durch die Dresdner Innenstadt an. Im Zentrum der Forderungen stand dabei ein Tarifvertrag mit konkreten Forderungen wie etwa ein Stundenlohn von 15 Euro. Die Stimmung war kämpferisch – viele Arbeiter*innen offenbar wütend über schlechte Arbeitsbedingungen und Bezahlung. Ziel der Veranstalter, der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), war es auch, am heutigen Abend das Liefergeschäft zum Stillstand zu bringen. Auch wenn Lieferando im Voraus Schwierigkeiten aufgrund des Streiks Ausschluss, zeigte sich laut den Ridern ein anderes Bild. Sie hätten über die Hälfte der verfügbaren Rider auf ihrer Demo, viele Restaurants hätten geschlossen.
Die Stimmung ist kämpferisch bei den Lieferando-Beschäftigten, die heute in #Dresden vor der Firmenzentrale für den langersehnten Tarifvertrag streiken. Offenbar rechtswidrig erteilt Lieferando den Betriebsräten Hausverbot! Polizei jetzt im Gebäude, um Sit. zu klären.
Die NGG hatte bereits in der vergangenen Woche in versch. Städten die Lieferando-Beschäftigten zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. (…) In Dresden wurde die Kundgebung auch von der @FAU_Dresden und @wirsagengenugdd unterstützt.
#dd2505“ Thread von vue.critique vom 25. Mai 2023 mit Fotos - Polizei muss Lieferando ermahnen: Lieferstreik in Dresden legt Lieferando lahm
„Gestern warteten viele Dresdner vergeblich auf ihr bestelltes Abendessen. Grund dafür: die jüngste Streikwelle der Kuriere von Lieferando erfasst nun auch Dresden: Von 17.00 – 21.00 Uhr legten die Beschäftigten von Lieferando die Arbeit nieder – so blieb ein Großteil der Bestellungen liegen, das Bestellsystem brach zwischenzeitlich zusammen. Gemeinsam mit ihrer Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) erhöhen die Beschäftigten so den Druck auf den Lieferdienst-Marktführer. Denn dieser weigert sich beharrlich, über einen Tarifvertrag zu verhandeln. Auch den Dresdner Beschäftigten riss nun der Geduldfaden: „Lieferstreik!“ lautete ihre Parole – und sie sorgten dafür, dass sie gehört wurden. Knapp 100 Beschäftigte und Unterstützer zogen lautstark zur Frauenkirche und versammelten sich danach am Goldenen Reiter. Kurierfahrer und NGG-Mitglied Alexander Kentop erklärt: „Wir verdienen Mindestlohn und Lieferando versucht das mit Zahlentricks schönzurechnen. Die Leute sind sauer: Wenn nicht sehr bald über einen Tarifvertrag verhandelt wird, werden wir weiter streiken“. Das Unternehmen, das in seiner Außendarstellung stets Wert darauflegt, als mitarbeiterfreundlich wahrgenommen zu werden, zeigte sich während des Streiks indes von einer anderen Seite: Der Versuch, den eigenen Betriebsräten rechtswidrig Hausverbot zu erteilen, musste von der Polizei unterbunden werden…“ Meldung der NGG Ost vom 26. Mai 2023
- Nach Dortmund nun Dresden: Streik für einen Tarifvertrag bei Lieferando am 25. Mai
- „DD RIDER’S UNITED – TOGETHER WE STRIKE
Do. 25. Mai ab 17 Uhr: Streik bei Lieferando in Dresden.
Für einen Tarifvertrag: 15 Euro Stundenlohn. 6 Wochen Urlaub, … gegen die Ignoranz des Managements…“ Tweet der NGG Ost vom 23. Mai 2023 mit dem Aufruf zur Demo um 19 Uhr, Goldener Reiter, siehe auch den Aufruf von LiefernAmLimit und - „Die Tarifkommission von @lieferando tagt aktuell in Kassel zur Vorbereitung der ersten Tarifverhandlungen. Da fehlt aber noch jemand: Der Arbeitgeber. Deswegen gibt es in dieser Woche in #Dresden einen weiteren Streik. Wir bleiben dran! #thatsenergy #lieferando @JustEatTakeaway“ Tweet von LiefernAmLimit vom 22.5.
- Informationen zum Streik in Dresden (25. Mai 2023) bei NGG Ost : „Die NGG ruft die Lieferando-Beschäftigten in Dresden von 17 bis 21 Uhr zum Streik auf. Startpunkt der öffentlichen Aktion ist die Dresdner Lieferando-Zentrale (Hub), Maxstr. 6, 01067 Dresden. Ab etwa 18 Uhr ziehen die Streikenden zum Goldenen Reiter (Neustädter Markt 14, 01097 Dresden), ab etwa 19:15 Uhr findet dort eine Kundgebung statt.“
- „DD RIDER’S UNITED – TOGETHER WE STRIKE
- Streiks wirken: Lieferando reagiert, aber (noch) mit Peanuts und einem unfairen Bonussystem – 3. Streik bei Lieferando am 12. Mai 2023 in Dortmund
- Lieferando: Rider planen „Lieferstopp“ in Dortmund
„Nach Streiks in Frankfurt und Köln treten die Beschäftigten von Lieferando am Freitag, den 12. Mai 2023, erstmals auch in Dortmund in den Streik. Mit Streiks und Protesten in ausgewählten Städten wollen die Essenskuriere ihren Arbeitgeber zur Aufnahme von Tarifverhandlungen bewegen. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hatte Lieferando, mit rund 6.500 Beschäftigten Marktführer der Essenslieferdienste in Deutschland, im Februar 2023 offiziell zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Auf die Forderung nach einem Tarifvertrag, in dem unter anderem ein garantierter Stundenlohn von 15 Euro und verbesserte Arbeitsbedingungen festgeschrieben werden sollen, hat das Unternehmen bislang nicht reagiert. Mark Baumeister, Referatsleiter bei der Gewerkschaft NGG: „Die Lieferando-Rider kämpfen für eine faire und garantierte Bezahlung für ihre harte und gefährliche Arbeit. Dass ihr Arbeitgeber auf die Forderung nach einem Tarifvertrag nicht reagiert und stattdessen das Bonussystem, dass die Rider belohnt, die besonders schnell liefern, weiter ausbaut, ist eine Provokation.“ Samir Boudih, NGG-Gewerkschaftssekretär in Dortmund: „Mit dem neuen Bonus für besonders viele Lieferungen in Stoßzeiten steigt der Druck auf die Kuriere, die bei Wind und Wetter im Straßenverkehr unterwegs sind. Es kann nicht sein, dass nur die Beschäftigten finanziell über die Runden kommen, die Kopf und Kragen riskieren. Das gefährliche Bonussystem gehört abgeschafft, nicht ausgebaut.“…“ NGG-Meldung vom 11. Mai 2023- Die Gewerkschaft NGG ruft die Dortmunder Lieferando-Beschäftigten von 17 bis 21 Uhr zum Streik auf. Startpunkt der öffentlichen Aktion ist die Dortmunder-Zentrale (Hub), Rosental 12, 44135 Dortmund. Ab etwa 18 Uhr ziehen die Streikenden zum Europabrunnen (Kleppingstraße 5, 44135 Dortmund)
- „Es wäre so schön, mit @fightfor15 und vielen Freund*innen der Streikkonferenz in Bochum den dritten #Lieferstreik mit @Liefern_amLimit zu starten…oh wait!? come and join us! Bochum 12.-14. Mai @GewerkschaftNGG“ Tweet von Johannes Specht vom 10.5. und
- „Streiken? Jetzt, wo @lieferando sagenhafte +50 Cent pro Stunde als „freiwillige Leistung, befristet und widerrufbar“ ankündigt?? (Das übrigens zeigt: die Streiks wirken!) Für Tarifvertrag: mit guten Löhnen und sicheren Arbeitsbedingungen, ohne Bonus für riskantes Schnellfahren!“ Tweet von Johannes Specht vom 10.5.
- „#foul von #Lieferando: Das Unternehmen hat einen Peak- Time- Bonus in halber Höhe der tariflichen Forderungen eingeführt. Weiter Bonus- Chaos statt Tarifverträge. Also: Weiter streiken! #liefernamlimit #justeattakeaway..“ Tweet von LiefernAmLimit vom 8.5.23 mit Grafik des „Angebots“ und
- „Foul2 von #lieferando: Die neuen Bonuszahlungen erfolgen ohne jeden Rechtsanspruch, sind jederzeit widerrufbar und zeitlich befristet. Eine durchschaubare Mogelpackung. Deswegen hilft nur: Ausweiten der Streiks! Für Tarif und gegen Peanuts. #liefernamlimit“ Tweet von LiefernAmLimit vom 9.5.23 mit Grafik
- Lieferando: Rider planen „Lieferstopp“ in Dortmund
- Der Kampf für den Tarifvertrag bei Lieferando könnte den Durchbruch für alle in der Branche bedeuten
„Bei Lieferando wird gestreikt, die Lieferfahrer:innen fordern einen Tarifvertrag. Haben sie Erfolg, könnte das ein Durchbruch für die Angestellten in der Branche werden.
Am Freitagabend vergangene Woche mussten in Köln wohl einige Menschen mehr als sonst ihre Wohnung verlassen. In der Stadt kam es zum zweiten Warnstreik von Lieferfahrer:innen des international agierenden Konzerns Just Eat Takeaway, der in Deutschland unter dem Namen Lieferando firmiert. Bereits am 14. April hatten Lieferando-Beschäftigte in Frankfurt am Main gestreikt. Organisiert wurden die beiden Arbeitskämpfe von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Diese will mit ihrer Kampagne »Liefern am Limit« einen Tarifvertrag bei Lieferando durchsetzen. »Wir wollen keine Peanuts, wir wollen mal richtiges Geld«, sagt die Fahrerin Isabel in einem Video, das zum Streiktag in Frankfurt veröffentlicht wurde.
Doch Lieferando lehnt Verhandlungen mit der Gewerkschaft bislang ab. Das Unternehmen beruft sich darauf, dass die Mehrheit der Lieferbeschäftigten bereits über 14 Euro pro Stunde erhielten, mehr als Servicekräfte in der Gastronomie. Das sei »vergleichbar mit den Tarifbedingungen für die Systemgastronomie«, sagte ein Sprecher von Lieferando der Website Tageskarte, einem Informationsportal für die Gastronomiebranche. Die Gewerkschaft hält allerdings dagegen, dass die Beschäftigten eigentlich nur den gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro die Stunde erhielten, einzig durch Boni könne man auf die 14 Euro kommen. Der Unterschied ist durchaus bedeutsam: Wer zum Beispiel krankgeschrieben ist, bekommt keine Boni. Statt solcher Willkür fordert die Gewerkschaft ein garantiertes Mindestgehalt von 15 Euro pro Stunde, außerdem verbindliche und höhere Zuschläge für Nachtarbeit und Feiertage, mindestens sechs Wochen Urlaub und ein dreizehntes Monatsgehalt. Zudem soll die letzte Fahrt vom Lieferort nach Hause voll bezahlt werden. Derzeit endet die Arbeitszeit mit der letzten Essensübergabe.
Dass der Konzern zu Verhandlungen nicht bereit scheint, überrascht nicht. Auch die Wahl von Betriebsräten gestaltete sich bei Lieferando in der Vergangenheit schwierig…“ Artikel von Lisa Bor in der Jungle World vom 04.05.2023 („Bei den Lieferdiensten gehen die Arbeitskämpfe weiter“)- Er geht auch auf ehemalige Gorillas-Fahrer:innen, die wegen eines wilden Streiks ihre Stelle verloren hatten und vor Gericht erneut eine Niederlage einsteckten, siehe dazu unser Dossier: [Q-commerce] Schneller, als die Eiscreme schmilzt: Lieferservice Gorillas
- „Nichts ging mehr!“ Der 2. Warnstreik bei Lieferando in Köln war ein voller Erfolg
- „Ein müdes,aber glückliches Team der @GewerkschaftNGG sagt Danke für euren Support auf dem Weg zum #Tarifvertrag bei #Lieferando. Wir wünschen euch einen kraftvollen 1.Mai #liefernamlimit #thatsenergy @MarkBaumeister“ Tweet von LiefernAmLimit vom 29. Apr. 2023 mit Fotos
- „Wir sind so stolz auf euch! Nichts ging mehr! Der 2. Warnstreik bei #lieferando war ein voller Erfolg! Herr Linden muss von seiner Insel runterkommen und an den Verhandlungstisch.Wir wollen und werden weiterstreiken bis zum Tarifvertrag.Thats energy! #thatsenergy #liefernamlimit“ Tweet von LiefernAmLimit vom 28. Apr. 2023 mit Video
- „Streik bei #lieferando in Köln läuft genial! Der Laden steht still! #liefernamlimit #ngg @MarkBaumeister @JohSpecht“ Tweet von LiefernAmLimit vom 28. Apr. 2023 mit Video
- das komplette Streikvideo aus Köln bei youtube mit tollen Statements
- „visit köln, visit Streik!“: Am Freitag, 28. April rollt die Streikwelle bei Lieferando in Köln weiter, mit Demo
„#visit #köln, visit Streik! Am kommenden Freitag bestreiken wir #lieferando erneut. Wir treffen uns um 17.15 Uhr vor der Hub. Danach Demozug. Die Streikwelle rollt weiter! #ngg #dgb #liefernamlimit @MarkBaumeister“ Tweet von LiefernAmLimit vom 25.4.23 mit der Grafik des Aufrufs für 28.4. ab 17:15 in Köln Venloer Str./Gürtel mit anschließender Demo.- Morgen, Freitag, 28. April 2023: Streik Nr. 2: Lieferando-Rider erneut im Streik
„Die Beschäftigten des Online-Lieferdiensts Lieferando erhöhen den Druck: Mit einem Streik in Köln wollen die „Lieferando-Rider“ am Freitag, den 28. April 2023, ein weiteres deutliches Zeichen setzen und das Unternehmen zur Aufnahme von Tarifverhandlungen bewegen. Ein erster Streik hatte am 14. April 2023 in Frankfurt am Main zu einem stundenlangen Bestellstopp beim Lieferdienst-Marktführer gesorgt. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hatte das Unternehmen mit rund 6.500 Beschäftigten in Deutschland im Februar 2023 offiziell zu Tarifverhandlungen aufgefordert, aber bislang keine Antwort erhalten…“ Ankündigung vom 27. April 2023 der NGG
- Morgen, Freitag, 28. April 2023: Streik Nr. 2: Lieferando-Rider erneut im Streik
- Stundenlang kein Essen in Frankfurt/M.: Rund 100 Lieferando-Kuriere aus ganz Deutschland streikten am Freitag, 14. April 2023
- Keine Essenslieferungen: „Am Limit“: Lieferando-Fahrer streiken in Großstadt
„Zum ersten Mal streikt ein Lieferdienst für mehr Lohn in Deutschland. In Frankfurt trägt Lieferando sogar stundenlang kein Essen mehr an die Kunden aus. Rund 100 Lieferando-Mitarbeiter aus ganz Deutschland haben sich am Freitag in Frankfurt zum ersten Streik eines Lieferdienstes in Deutschland zusammengetan. Sie folgten dem Aufruf der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und fordern mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. Stundenlang wurde kein Essen ausgeliefert. Statt Essensboxen auszuliefern, tragen sie Plakate. „Takeaway, we want more pay!“ (sinngemäß: „Fürs Liefern wollen wir mehr Geld“), „Runter mit den Stunden, rauf mit den Löhnen“ und „15 Euro“ schrillt es wütend über die Hauptwache. Sie kommen aus Dortmund, Nürnberg, Stuttgart und Berlin, um ihren Unmut bei dem Lieferdienst, der in Deutschland zwischen 6.000 und 10.000 Mitarbeiter beschäftigt, kundzutun. (…) Die meisten Fahrer seien nicht wie früher Studenten, die nebenbei jobben wollen, sondern – vor allem in Frankfurt – osteuropäische Menschen, die ihre Familie ernähren. Titus Barbiam ist einer von ihnen. Er kommt aus Rumänien und arbeitet für den Mindestlohn von 12 Euro. „200 Stunden im Monat. Da bleibt keine Freizeit“, sagt er leise. (…) Philipp Schurk (25) ist Betriebsratsvorsitzender in Frankfurt und seit 2016 dabei. Er bestätigt die Kritik von Nadhir Hamdi. „Die Mitarbeiter in der Verwaltung bekommen 90 Euro Essenszuschuss, 64 Euro Fahrtkostenzuschuss, Nacht- und Feiertagszuschläge und sie haben eine Einmalzahlung wegen Corona erhalten. Die Fahrer nicht. Und die Verwaltungen fahren zusammen in die Schweiz in den Skiurlaub. Für 15 Millionen Euro. Und sie feiern ausgelassene Poolpartys. Auch da sind Rider nicht zugelassen“, erklärt er. „Dafür ist jede Menge Geld da. Für die, die sich im wahrsten Sinne des Wortes abstrampeln, gibt es angeblich kein Geld“, klagt er. Die Betriebsräte kämpfen weiter gemeinsam mit der NGG für bessere und faire Arbeitsbedingungen der Fahrer. Schurk gibt sich kämpferisch. „Heute ist noch lange nicht Schluss damit. Das ist erst der Anfang.““ Artikel von Sabine Schramek vom 15.04.2023 bei t-online - Firmenzentrale in Frankfurt am Main: Lieferando-Fahrer streiken für mehr Lohn
„Rund hundert Beschäftigte protestierten vor der Lieferando-Zentrale für bessere Arbeitsbedingungen. Bisher zeigt das Unternehmen keine Verhandlungsbereitschaft – die Fahrer drohen mit weiteren Aktionen…“ Agenturmeldung vom 14.04.202 im Spiegel online - „Nichts geht mehr in @frankfurtammain. @lieferando steht still!!!! 1. Warnstreik läuft!“ Tweet von LiefernAmLimit mit Video vom 14.4.
- „#Lieferando , der erste Warnstreik, in Frankfurt am Main, am 14.April 2023. Nichts ging mehr, Lieferando war in Frankfurt lahmgelegt. Danke für eure Unterstützung! Lieferando Deutschland, hör die Signale! Wir nehmen Anlauf für den nächsten Streik! Seid ihr dabei?“ Video vom 1. Warnstreik vom 17.04.2023 von LiefernAmLimit bei youtube – in 11 Tagen wird weiter gestreikt!
- „Eine kleine, spontane Botschaft für euch und an @lieferando. Der Arbeitgeber will einen neuen Bonus eingeführen. Kleiner Tipp: #Tarifvertrag hilft. Ist fair, schafft Vergleichbarkeit, hat Vorbildcharakter. Bis dahin: Streiken wir! #Lieferando #liefernamlimit @MarkBaumeister“ Tweet von LiefernAmLimit vom 19.4. mit Video
- Keine Essenslieferungen: „Am Limit“: Lieferando-Fahrer streiken in Großstadt
- Streik-Premiere beim Lieferdienst am Freitag, 14. April 2023: „Lieferando-Rider“ in Frankfurt am Main im Streik – Streiks in weiteren Städten in Planung
„Mit dem ersten offiziellen Streik bei einem Online-Lieferdienst in Deutschland wollen die Beschäftigten von Lieferando einen Tarifvertrag und einen garantierten Stundenlohn von 15 Euro durchsetzen. Den ersten von mehreren Streiks haben die „Lieferando-Rider“ für Freitag, den 14. April 2023, in Frankfurt am Main geplant. Mit Streiks an ausgewählten Standorten erhöht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) den Druck auf den Lieferdienst-Marktführer. Im Februar 2023 hatte die NGG das Unternehmen mit rund 6.500 Beschäftigten in Deutschland zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Mark Baumeister, Referatsleiter bei der Gewerkschaft NGG: „Lieferando und die Konzernmutter Takeaway Express sind internationale Player und kein charmant chaotisches Hinterhof-Startup: Es ist höchste Zeit, dass die harte und gefährliche Arbeit der Lieferando-Beschäftigten mit einem Tarifvertrag fair und verbindlich festgeschrieben wird. Falls sich das Unternehmen weiterhin weigert, an den Verhandlungstisch zu kommen, werden die Rider ihre Protestaktionen ausweiten. Lieferando muss jetzt liefern.“
Die Gewerkschaft NGG und die Lieferando-Beschäftigten fordern den Abschluss eines Mantel- und eines Entgelttarifvertrags mit folgenden Bedingungen: Mindestens 15 Euro pro Stunde garantiert; Zahlung eines 13. Monatsgehalts; Angemessene Zuschläge für Schichten am Abend, an Sonntagen und an Feiertagen; Volle Bezahlung der letzten Fahrt nach Hause; 0,50 Euro Kilometerpauschale (netto) für autofahrende Lieferant*innen und eine faire Abrechnung der gefahrenen Strecke…“ NGG-Pressemitteilung vom 13.4.2023 („Premiere: „Lieferando-Rider“ im Streik“)- Aktuelle Infos: #liefernamlimit
- Lieferando-Mitarbeiter über schlechte Arbeitsbedingungen: „Wir sind eine bessere Dienstbotenklasse
„… Sebastian, der in Wirklichkeit anders heißt, legt seine Arbeitskleidung an – die orangene Jacke, den großen kastenförmigen Rucksack und seinen Fahrradhelm. Er verlässt die Wohnung, geht zu seinem Rad und startet die App auf dem Diensthandy. Orange ist die Farbe des Lieferdienstes Lieferando. (…) Während der Stoßzeiten tummeln sich Fahrradkuriere wie Sebastian bei den Restaurants im Stadtzentrum, um Burger, Pizza und Co. in Rekordzeit zu Kund:innen in teils abgelegene Stadtteile zu liefern. „Pling“ – über die App bekommt Sebastian seinen ersten Auftrag. Für ihn geht es nach Sachsenhausen. Im Laufe des Tages wird er, wie er sagt, „non-stop“ unterwegs sein. Bis zu fünf Stunden dauern seine Schichten. „Pausen gibt es nur auf dem Weg von der Tür des Kunden bis zu meinem Fahrrad“, sagt der 39-Jährige. Im Schnitt liefert er zwei Aufträge pro Stunde und legt pro Schicht etwa 25 Kilometer zurück – Informationen, welche die App speichert. (…) Lieferservices stehen wegen ihrer Arbeitsbedingungen oft in der öffentlichen Kritik. Bei Lieferando hätten es die Fahrer:innen im Vergleich jedoch noch am besten, meint der Betriebsrat. Aber auch Lieferando arbeite ständig am Algorithmus der App, die den Fahrern Aufträge, Lieferwege und -zeiten vorgibt, um die Lieferflotte profitabler zu machen. (…) Doch dies geschehe stets mit Blick auf die Kund:innen und die Gastronomie, sagt Betriebsrat Coelho und fügt hinzu: Die Situation der Fahrer:innen fände kaum Beachtung. Besonders die mangelnde Eingrenzung des Liefergebiets bereite ihnen Probleme. So könne es passieren, dass Fahrer:innen sich kurz vor Feierabend in der Nähe ihrer Wohnung befänden und noch einen weit entfernten Auftrag annehmen müssten. „Der Algorithmus nimmt keine Rücksicht auf menschliche Bedürfnisse“, sagt Coelho. Den Heimweg nach der letzten Lieferung bezahle Lieferando nicht. (…) Ein Problem, von dem auch Sebastian berichtet. Viel mehr störe ihn jedoch die „soziale Unsichtbarkeit“. Einige Leute duzen ihn ungefragt, forderten im Gegenzug aber das „Sie“. Fußgänger:innen, die ihm vors Fahrrad sprängen, und wüste Beschimpfungen gehörten zum Alltag. „Für die Menschen sind wir eine bessere Dienstbotenklasse“. Seine Stimme klingt bitter. Lieferando zahlt seinen Fahrer:innen nach Unternehmensangaben den Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde plus Bonuszahlungen nach geleisteten Lieferungen. Im Schnitt verdienen sie demnach etwas mehr als 14 Euro pro Stunde. Sebastian sagt, zu Zeiten des Corona-Lieferbooms habe er seinen Lebensunterhalt noch bei Lieferando verdient. Heute sehe das anders aus. Um seine Kosten zu decken, fahre er nebenbei Fahrrad-Taxi. Lieferando biete ihm nicht mehr genug Stunden an. „Es ist kein toller Job. Er verlangt, dass ich mich mit vollgepacktem Rucksack ins Verkehrschaos stürze“, sagt er. Bis er etwas Besseres findet, will er aber weiter bei Lieferando arbeiten.“ Artikel von Michael Theil vom 12. April 2023 in der Frankfurter Rundschau online - Berlin: Lieferando sabotiert Betriebsversammlung
„Der Lieferando-Betriebsrat hatte für Samstag 01.04.2023 rund 1200 Fahrerinnen und Fahrer zu einer Betriebsversammlung eingeladen. Die Räume, gemietet bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung, so berichten Rider, hätten laut Vertrag per Vorkasse von Lieferando bezahlt werden sollen. Die Zahlung blieb laut Berichten jedoch aus. Die Betriebsversammlung konnte trotzdem stattfinden. Dennoch handelt es sich unserer Einschätzung nach um einen klaren Fall von Union Busting:- Lieferando stresst die Betriebsratsmitglieder vorsätzlich, weil mit dem Raumvermieter wegen des fehlendem Zahlungeingang gesprochen werden muss
- Lieferando schädigt den Ruf der eigenen Firma aber auch des Betriebsrats, weil Vermieter sich auf Zahlungszusagen der Firma offensichtlich nicht verlassen können
- Lieferando sabotiert die Betriebsversammlung, indem unter den Beschäftigten Unklarheit gesät wird, ob die Versammlung überhaupt stattfinden kann“ Aus Union Busting-News 7/23 von Jessica Reisner vom 6. April 2023 bei Arbeitsunrecht
- „Liefern am Limit“: Lieferando-Beschäftigte gründen Betriebsrat in Dresden
„… Rund 120 Frauen und Männer arbeiten in Dresden für den Lieferservice Lieferando. Am Mittwoch haben sie einen Betriebsrat gegründet, wie zuvor bereits ihre Kolleginnen und Kollegen in Leipzig. Mitinitiator Julius Hoffeins sagte, die Wahlbeteiligung habe bei mehr als 53 Prozent gelegen. Das sei der bisher höchste Wert bei einer Lieferando-Betriebsratswahl. Man wolle sich für fairen Lohn, faire Arbeitsbedingungen und mehr Sicherheit im Job einsetzen. „Wir machen unsere Arbeit gerne, aber wir fordern auch Wertschätzung“, so Hoffeins. (…) Etliche beklagen laut Dresdner Betriebsratkandidaten mangelnde Wertschätzung – auch beispielsweise im Umgang mit Mitarbeitenden, die nach Genesung von einem Arbeitsunfall wieder in Schichten zurückkehren. Oft würde ihnen der Jobwechsel nahegelegt, hieß es. Die Fluktuation in der Branche sei hoch. Durchschnittlich bleiben die Mitarbeitenden nach Angaben der Betriebsratskandidaten 18 Monate im Unternehmen. Die geschätzte Zahl der Menschen, die in Dresden in Teil- oder Vollzeit ihren gesamten Lebensunterhalt mit der Lieferando-Stelle bestreiten, wird auf etwa 30 geschätzt. Die Mehrzahl sei Minijobber oder Studenten, die noch Kindergeld oder BaföG bekommen. (…) Der Gewerkschaftssekretär der NGG für die Region Dresden-Chemnitz, Veit Groß, verweist darauf, dass die Gewerkschaft Lieferando zu Tarifverhandlungen aufgefordert hat. Das Unternehmen verharre allerdings in totaler Blockadehaltung. Konkret will die NGG mit Lieferando einen bundesweiten Tarifvertrag abschließen. „Kernforderungen sind ein Einstiegsgehalt von 15 Euro je Stunde und völlige Neugestaltung des Bonussystems.“ Das Bonussystem, das nach dem Motto „Je mehr Lieferungen, desto mehr Boni“ funktioniert, animiere zu unvorsichtigem Verhalten und letztendlich steigender Unfallgefahr. Verweigert sich Lieferando weiterhin Gesprächen, erhöhe man als Gewerkschaft den Druck auf das Unternehmen, kündigte Groß an. Die Kampagne läuft unter dem Motto „Liefern am Limit“ und soll möglichst viele Lieferando-Mitarbeitende erreichen. Die gewählten Betriebsräte vor Ort können – unabhängig von einem Tarifvertrag – auf lokale Probleme in den sogenannten Lieferando-Hubs (Standorte mit eigenen Lieferando-Mitarbeitenden) eingehen, beispielsweise mangelfreie Ausrüstung oder bei der Schichtplanung die Berücksichtigung von Betreuungszeiten einfordern. Außerdem sind Betriebsräte Vertrauenspersonen bei Personalgesprächen…“ Beitrag vom 30. März 2023 bei MDR Sachsen - In Berlin demonstrieren Kuriere von Lieferando für den Tarifvertrag – niederländische Muttergesellschaft Just Eat Takeaway bilanziert Milliardenverlust, aber nicht in Deutschland
„Der niederländische Essenslieferdienst Just Eat Takeaway (JET) schreibt weiter tiefrote Zahlen. Das geht aus dem Jahresbericht 2022 hervor, den der Konzern am Mittwoch in Amsterdam veröffentlichte. Zwar stieg der Umsatz um vier Prozent, aber laut Nachrichtenagentur ANP steht unter dem Strich trotzdem ein Verlust von 5,7 Milliarden Euro. In Deutschland und Österreich ist die Aktiengesellschaft JET mit ihrer Tochter Lieferando am Markt, in der Schweiz mit Just Eat. Der Verlust geht zuerst einmal auf Zukäufe der vergangenen Jahre zurück. Zunächst fusionierte die niederländische Firma Takeaway mit Just Eat, dann übernahm sie den US-Konkurrenten Grubhub. Diese Deals sind mittlerweile »auf dem Papier Milliarden Euro weniger wert«, so ANP. Das sei zum Teil auf konjunkturellen Gegenwind und höhere Zinsen zurückzuführen, so hieß es vom JET-Konzern. An der Börse in Amsterdam fiel die Aktie am Mittwoch zeitweise um 9,57 Prozent auf 18,72 Euro. (…) Laut dem Financieele Dagblad (FD) vom Mittwoch war Nordeuropa einschließlich BRD und Niederlande die profitabelste Region. Dort betrug das Ergebnis 313 Millionen Euro. Den größten Zuwachs verzeichnete der Konzern in Großbritannien und Irland, wo er ebenfalls schwarze Zahlen schrieb. In den USA profitierte das Unternehmen von einem günstigen Wechselkurs. Sorgenkinder sind Spanien und Frankreich. Außerdem blieben Australien und Neuseeland hinter den Erwartungen zurück. (…) Eine weitere, gerne genutzte Möglichkeit der Gewinnsteigerung: Hungerlöhne und unverschämte Arbeitsbedingungen. Am Dienstag demonstrierten deshalb rund 200 »Rider« vor der Lieferando-Zentrale in Berlin-Kreuzberg, wie DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell auf Twitter mitteilte. Ihre Forderung: ein Tarifvertrag mit einem Stundenlohn von mindestens 15 Euro.“ Artikel von Gerrit Hoekman in der jungen Welt vom 02.03.2023 („Überall nur Verlierer: Niederländischer Lieferdienst Just Eat Takeaway bilanziert nächsten Milliardenverlust. Demo von Kurieren in Berlin“. Siehe zur Demo auch:- Gewerkschaften wollen Tarifvertrag erkämpfen: Lieferando-Fahrer drohen mit Streik – Demo vor Zentrale in Berlin
„Am Dienstag protestierten Beschäftigte des Bringdienstes Lieferando vor der Deutschlandzentrale in Kreuzberg – erstmals mit Unterstützung des Deutschen Gewerkschaftsbunds…“ Artikel von Christoph M. Kluge vom 01.03.2023 im Tagesspiegel online – ab da im Abo - Fotos und Videos der bunten Demo mit ca 300 Leuten gibt es bei Lieferando Workers Collective auf Twitter
- Gewerkschaften wollen Tarifvertrag erkämpfen: Lieferando-Fahrer drohen mit Streik – Demo vor Zentrale in Berlin
- Demo am 28.2. vor dem Lieferando-Headquarter in Berlin: Tarifvertrag – Jetzt!
„Am kommenden Dienstag, dem 28.Februar findet Abends um 18 Uhr vor dem Headquarter von Lieferando (Cuvrystr./Schlesische Str.) eine Auftaktaktion zur Tarifkampagne bei Lieferando statt: NGG.Ost: Lieferando: Tarifvertrag Jetzt! Rider unite, together we fight!
„Wir wollen mit Lieferando einen Tarifvertrag verhandeln für die mehr als 7.000 Beschäftigte in Deutschland. Aber ob Lieferando das will? Bisher hat das Unternehmen nicht reagiert. Deshalb starten wir mit einer Auftaktaktion am 28. Februar vor der Unternehmenszentrale in Berlin und zeigen, wie Ernst wir es meinen. Du bist Mitglied der NGG und arbeitest bei Lieferando? –> Dann komm hin und melde Dich bei uns. Du willst das Anliegen der Rider unterstützen und teilnehmen? Herzlich Willkommen, Danke für Deine Solidarität! Wir freuen uns auf Dich!“ Aufruf der NGG Ost vom 20. Februar 2023 für Dienstag, 28. Februar 18 Uhr | Headquarter Lieferando (Cuvrystr./Schlesische Str.)- Zentrale Forderungen sind unter anderem:
- Mindestens 15 Euro/ Stunde garantiert
- Zahlung eines 13. Monatsgehalts
- Angemessene Zuschläge für Schichten am Abend, an Sonntagen und an Feiertagen
- Volle Bezahlung der letzten Fahrt nach Hause
- 0,50 Euro Kilometerpauschale (netto) für Autofahrende und eine faire Abrechnung der gefahrenen Strecke
- Zentrale Forderungen sind unter anderem:
- Schluss mit ausgeliefert! NGG fordert Lieferdienst Lieferando zu Tarifverhandlungen auf
„Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) will Lieferando zum ersten tarifgebundenen Essens-Lieferdienst Deutschlands machen. Dazu hat sie das Unternehmen heute zu Verhandlungen über einen Mantel- und Entgelttarifvertrag aufgefordert. Für die rund 7.000 Beschäftigten des größten deutschen Lieferdienstes fordert die NGG zukünftig unter anderem einen garantierten Stundenlohn von 15 Euro sowie angemessene Zuschläge für Schichten am Abend, an Sonntagen und an Feiertagen. Dazu erklärte Freddy Adjan, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft NGG: „Jeder kennt die Lieferando-Fahrer*innen mit ihren orangenen Rucksäcken. Was viele nicht wissen ist, dass Lieferando sich noch immer häufig weigert, Verantwortung für die eigenen Beschäftigten zu übernehmen und ihre stressige und gefährliche Arbeit fair zu bezahlen. Deswegen haben wir Lieferando heute die Aufforderung zu Tarifverhandlungen in den Briefkasten geworfen. Tarifverträge sind die Voraussetzung dafür, dass Beschäftigte nicht den Launen des Arbeitgebers ausgeliefert sind. Sie schaffen Vergleichbarkeit und sind ein Gütesiegel für gute Arbeit. Davon profitieren am Ende beide Seiten.“ Mark Baumeister, Referatsleiter für das Gastgewerbe und Verhandlungsführer der NGG ergänzt: „Die Beschäftigten wollen keine zeitlich begrenzten Sonderzahlungen und Bonusprogramme, sondern gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne für alle, garantiert durch einen Tarifvertrag. Deswegen unterstützen sie die Aufforderung zu Tarifverhandlungen. Für uns ist klar, dass unter einem Stundenlohn von 15 Euro ohne Zulagen nichts laufen kann. Die harte körperliche Arbeit muss endlich wertgeschätzt werden. In der Schweiz und in Österreich gibt es bereits Tarifverträge für Lieferando, das gibt uns Rückenwind. Wir werden unsere Forderungen mit Nachdruck vertreten.“…“ NGG-Pressemitteilung vom 06. Februar 2023 , siehe auch #liefernamlimit - „Der erste Betriebsrat bei Lieferando aus Rheinland-Pfalz ist gewählt! Am Sonntag fand in #Mainz die Betriebsratwahl statt. Wir wünschen den gewählten Kolleginnen und Kollegen viel Erfolg für den Einstieg in die BR-Arbeit!“ Tweet von Gesamtbetriebsrat Lieferando vom 18. Jan. 2023
- „Die Lieferando-BRs sind in den letzten Wochen weiter gewachsen: Bereits im November fand die Wahl in #Leipzig statt, Anfang Dezember in #Düsseldorf und letzte Woche in #Braunschweig und #Bremen, ebenfalls gibt es weitere Wahlvorstände in verschiedenen Städten. Vielleicht einigen wir uns sogar mit der Konzernspitze über die Errichtung eines Europäischen Betriebsrats für die #JustEatTakeaway-Gruppe. Das neue Jahr wird auf jeden Fall sehr spannend!“ Thread von Gesamtbetriebsrat Lieferando vom 23. Dez. 2022
- Rider organisieren sich auch in Bremen – Lieferando klagt gegen Betriebsrat
„… Eine als Lieferando-Fahrer*in verkleidete Vogelscheuche weist den Weg ins Kommunikationszentrum Paradox. Draußen ist es unter null, drinnen gibt es Glühwein, Cola, Süßes und erwartungsvolle Aufbruchstimmung. In der Ecke steht eine aus Tischen gebaute Wahlkabine. Vereinzelt kommen Fahrer*innen, manche machen nur schnell ihr Kreuz und verschwinden wieder. Manche bleiben, man kennt sich – es gibt in Bremen nur 70 Fahrer*innen des Essenslieferdienstes Lieferando. Der Weg zu dieser ersten lokalen Betriebsratswahl war lang und das Wichtigste ist geschafft: Sie findet statt. Der Betriebsrat Nord, in dem sechs Städte zusammengelegt waren, hat ausgedient. Aus Sicht der Beschäftigten ist es nötig, den Arbeitskampf im Lokalen zu führen, um sichtbarer und näher an der Situation der Fahrer*innen zu sein. Seit 2017 kämpfen die Kurier*innen der Lieferbranche für bessere Arbeitsbedingungen, fordern einen Mindestlohn von 15 Euro, bezahlte Diensträder und -handys, eine korrekte Lohnabrechnung. Die Liste ist lang. (…) Er [Poshan Khanal] geht jetzt vor Gericht, weil seit Januar dieses Jahres die Abrechnungen seiner Arbeitszeiten nicht korrekt sind. Wenn Khanal eine Suppe im Rucksack ausläuft, meldet er eine Pause an und fährt eine Stunde nach Hause, macht sein Equipment sauber, um wiederum eine Stunde zurück ins Liefergebiet zu fahren. Diese Zeit fehle dann auf der Abrechnung. Anders als in Hamburg gibt es in Bremen keinen „Hub“, keinen Pausenraum, keine Zentrale, in der sich die Fahrer*innen über den Weg laufen und in Kontakt kommen können. Der niederländische Aktienkonzern Just Eat Takeaway, dem Lieferando gehört, stellte sich nach Auskunft der Wahlvorstände in der Vorbereitung der Wahlen quer, verzögerte Antworten auf Anfragen, stellte keinen Arbeitsraum zur Verfügung und verhinderte die digitale Kommunikation unter den Fahrer*innen. (…) Auch die Gewerkschaften müssen neue Strategien finden, wie sie die Aktiven der digitalen Unternehmen unterstützen können. „Das ist die gelebte Demokratie im Kleinen“, findet Julia Celikkilic von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), die dem Wahlvorstand seit einiger Zeit Büroräume und Infrastruktur zur Verfügung stellt, „die Leute hier sind so leidenschaftlich und fit“. Am Ende des Abends wird ein Viertel der 70 Bremer Kurier*innen gewählt haben. Viele sind im Urlaub in diesen Tagen, doch gültig ist die Wahl auch so. Lieferando hat angekündigt, die Wahl anzufechten, da „zu klären bleibt, wie eine Mitbestimmung außerhalb des Betriebs und seiner Strukturen umsetzbar sein kann“. Argumentiert wird, dass Bremen keine eigenständige Betriebseinheit sei, da es keine feste Niederlassung vor Ort gäbe. Das ist laut dem Anwalt des Betriebsrates, Ralf Salmen, ein generelles Problem der dezentralen digitalen Unternehmen. Das Betriebsverfassungsgesetz müsse in Hinblick darauf angepasst werden. Wahlvorstand Tobias Horoschko, der seit Jahren im Gesamtbetriebsrat aktiv ist, weiß aus Erfahrung, dass eine Anfechtung nicht das Ende sein muss. Er will weiterkämpfen, zur Not Neuwahlen ausschreiben. „Die machen nur Druck, die wollen uns einschüchtern“, sagt er. „Aber wir sind bereit.“ Am 28. Dezember wird der neue Betriebsrat seine konstituierende Sitzung haben. Solange die Wahl beim Arbeitsgericht angefochten wird, das könne rund ein Jahr dauern, ist das Gremium im Amt.“ Artikel von Clara Henning vom 22. Dezember 2022 in der taz online - Ob dichter Nebel oder Glatteis – es hat sich wenig verändert
- „Mehrere Kolleg*innen sind schon ausgerutscht und beim Arzt wegen Verletzungen. Aber wir übertreiben natürlich total, wenn wir Stadt-Schließungen fordern.“ Tweet von Fabio vom 19. Dez. 2022
- „Die Demonstrationen, Aktionen und Druck durch Presse und Betriebsräte hat sich bezogen auf Stadtschließungen bei schlechtem Winterwetter erstmals richtig bemerkbar gemacht: Der Rider-Betrieb in München ist seit 3 Tagen komplett eingestellt und die Rider werden bezahlt.“ Tweet von Lieferando Workers Collective vom 16.12. und
- „Währenddessen in Köln: dichter Nebel, nichts zu sehen und Dispo weigert sich, den Fahrer zu pausieren.“ Tweet von Lieferando Workers Collective vom 16.12.
- Lieferando-Betriebsratswahl in Düsseldorf
„Es kam, wie es kommen musste: Heftige Wahlbeeinflussung am Wahltag. Vorgesetzte haben Kurier*innen unter Druck gesetzt, ihnen den Personalausweis abgenommen, sie ins Wahllokal gedrängt, auf dem Weg eingetrichtert wer zu wählen ist und den Perso dem Wahlvorstand vorgelegt. (…) Wenn man nicht ganz genau weiß, wer diese Person ist, muss man den Namen überprüfen mit einem amtlichen Dokument. Aber natürlich nur der Wahlvorstand.“ Tweet von Lieferando Workers Collective vom 6. Dez. 2022 - Lieferando-Betriebsratswahl in Düsseldorf am 5.12. wird jetzt schon für die die Boss-Liste „Team Orange“ beeinflusst
- „Am Wahltag veranstaltet @lieferando dort ein Winterevent. In den gleichen Räumlichkeiten wo auch die Betriebsratswahl stattfindet. Die Einladung beginnt mit „wir freuen uns, dass du Teil von Team Orange bist“ „Team Orange“ heißt auch die Boss-Liste. Übelstes Unionbusting.“ Tweet von Lieferando Workers Collective vom 3.12.
- zu dem zuvor vom 27. Nov. 2022 mit Foto: „Bald ist Betriebsratswahl in Düsseldorf. Lieferando versucht mit einer eigenen Liste einen gelben Betriebsrat durchzusetzen. Diese Liste besteht hauptsächlich aus HUB-Mitarbeitenden und Bossen. Auf den Flyer sind Stock-Fotos gedruckt.“
- 50 Cent pro Stunde: Lieferando zahlt Kurieren Winterbonus – Gewerkschaft NGG bezeichnet Bonus als „Augenwischerei“
„Lieferando-Fahrer erhalten in den kommenden Wochen einen Winterbonus, der allerdings recht klein ausfällt. Die Arbeitsbedingungen beim Essenslieferdienst Lieferando standen in der Vergangenheit schon oft in der Kritik. Nun scheint das Unternehmen dahingehend einmal mit positiven News auffallen zu wollen. Erstmals zahlt der zum Lieferdienstkonzern Just Eat Takeaway gehörende Konzern seinen Fahrern einen sogenannten Winterbonus, der für die hohe Belastung während der kalten Jahreszeit entschädigen soll. Wie Lieferando jetzt bekannt gegeben hat, gibt es für die Kuriere zwischen November und März 50 Cent mehr „pro gearbeiteter Stunde“, für die Arbeit zu den abendlichen Stoßzeiten von Freitag bis Sonntag gibt es weitere 50 Cent. Im Winter können die Angestellten so bis zu einem Euro mehr Stundenlohn verdienen. Außerdem zahlt das Unternehmen eine Inflationsausgleichprämie von bis zu 300 Euro, je nach vertraglich vereinbarten Arbeitsstunden der Kuriere. Um die Arbeit in der kalten Jahreszeit für die Fahrer erträglicher zu machen, erweitert das Unternehmen zusätzlich die Winterausstattung. (…) Für die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) geht der neue Winterbonus allerdings nicht weit genug. Aktuell zahlt Lieferando nach eigenen Angaben im bundesweiten Monatsdurchschnitt mehr als 14 Euro pro Stunde, die Boni zur Winterzeit seien nach Auffassung der NGG „Augenwischerei“. „Für uns ist ganz klar: Unter 15 Euro die Stunde kann nichts laufen“, betont Mark Baumeister, NGG-Referatsleiter für das Gastgewerbe bei Heise online . Ein Großteil der Fahrer hätten weder ein Dienstfahrrad noch ein Diensthandy. Die Gewerkschaft setzt sich nun verstärkt für Tarifverhandlungen ein.“ Beitrag von Corinna Flemming vom 28. November 2022 im Logistik-Watchblog , siehe auch:- Lohnerhöhung für Kuriere: Lieferando will Winterbonus zahlen
„Die Fahrer des Essenslieferdienstes Lieferando sollen in den kommenden Monaten bis zu einen Euro mehr in der Stunde verdienen. Die Gewerkschaft NGG bezeichnet das jedoch als „Augenwischerei“. Die Fahrer des Restaurantlieferdienstes Lieferando sollen für die Belastungen während der Wintermonate mehr Geld bekommen. Das zum Lieferdienstkonzern Just Eat Takeaway gehörende Unternehmen zahlt nach eigenen Angaben zwischen November und März erstmals einen Winterbonus in Höhe von 50 Cent „pro gearbeiteter Stunde“. Für die Arbeit während der Stoßzeiten am Nachmittag von Freitag bis Sonntag sollen zusätzliche 50 Cent pro Stunde gezahlt werden, hieß es. „Somit können Fahrer im Winter bei der Arbeit zu den beliebten Bestellzeiten bis zu einen Euro mehr verdienen.“ Die Lieferanten erhalten laut Lieferando ferner vor Weihnachten zusätzlich einen Inflationsausgleich von bis zu 300 Euro, abhängig von der vereinbarten Arbeitszeit der Kuriere. Die Winterausstattung werde um Thermo-Unterwäsche erweitert. Laut Lieferando verdienten die Fahrer im bundesweiten Monatsdurchschnitt mehr als 14 Euro pro Stunde „bei einem garantierten Stundenlohn von zwölf Euro zuzüglich variabler Lohnbestandteile wie Boni pro gelieferter Bestellung“. Das Unternehmen erklärte außerdem, dass die meisten Kuriere jetzt auf Dienstfahrrädern unterwegs seien. Ziel sei auch, bis Ende des Jahres alle Mitarbeitenden mit Diensthandys auszustatten. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hingegen gibt an, dass viele Kuriere noch immer weder Dienstfahrrad noch Diensthandy haben. Den Winterbonus bezeichnete die Gewerkschaft auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa als „Augenwischerei“. „Für uns ist ganz klar: Unter 15 Euro die Stunde kann nichts laufen“, sagte Mark Baumeister, NGG-Referatsleiter für das Gastgewerbe. Die Gewerkschaft fordert Tarifverhandlungen und ist nach eigenen Angaben gerade dabei, weitere Mitglieder an den einzelnen Standorten anzuwerben…“ Meldung vom 28.11.2022 bei tagesschau.de
- Lohnerhöhung für Kuriere: Lieferando will Winterbonus zahlen
- Immer noch keine Handys und Fahrräder, aber Lieferando will 14 der 17 Betriebsratsmitglieder außerordentlich kündigen und zudem die Wahl anfechten
„Der neue Betriebsrat der Berliner Lieferando-Kurier:innen kommt nicht zur Ruhe: Nun soll rund der Hälfte der Mitglieder außerordentlich gekündigt werden. Sie sollen Lieferando bei der Vorbereitung der Wahl um hunderte Arbeitsstunden betrogen haben. Der Betriebsrat bestreitet das. Nicht einmal einen Monat ist es her, dass die Berliner Lieferando-Kuriere einen Betriebsrat gewählt haben – und schon soll offenbar rund die Hälfte der Betriebsrät:innen gekündigt werden. Das sei nötig, weil die Mitarbeiter:innen in der Summe tausende Stunden mehr an Zeit für die Vorbereitung der Wahl angemeldet hätten, als sie tatsächlich erledigt hätten. Das geht aus einem Schreiben von Lieferando an Betriebsrat und Arbeitsgericht Berlin hervor. Der Betriebsrat streitet die Vorwürfe auf Anfrage von netzpolitik.org ab und sieht sich in seiner Arbeit behindert. (…) Der Vorwurf von Lieferando: Die Mitarbeiter:innen hätten sich während der Vorbereitung der Betriebsratswahl, also von November 2021 bis August diesen Jahres, in der Summe tausende Arbeitsstunden mehr anrechnen lassen, als sie tatsächlich gearbeitet hätten. Das geht aus dem Schreiben von Lieferando hervor. Wenn Beschäftigte als Wahlvorstand eine Betriebsratswahl organisieren, können sie sich für dafür während der Arbeitszeit freistellen lassen, ohne dass ihr Gehalt gekürzt wird. Sie müssen in dieser Zeit aber auch tatsächlich die Wahl vorbereiten. Bis Ende Juni sei aber nicht erkennbar gewesen, woran der Wahlvorstand eigentlich gearbeitet habe, heißt es im Brief von Lieferando an den Betriebsrat. (…) Ein Vertreter des Betriebsrats bestreitet die Vorwürfe gegenüber netzpolitik.org. Er und seine Kolleg:innen hätten mehr als die abgerechneten Stunden gearbeitet, sagt er. „Allein in der Wahlwoche sind so viele Stunden angefallen, dass wir alle Überstunden gemacht haben. Lieferando hat uns so arg behindert, dass wir Woche für Woche kaum voran gekommen sind, aber unglaublich viel Arbeit durch Kommunikation produziert wurde.“ Er verweist etwa auf eine Auseinandersetzung rund um die Kontaktdaten der über 1.000 Berliner Lieferando-Kurier:innen, die das Unternehmen für die Vorbereitung der Betriebsratswahl liefern musste. Der Einladung zu einem Gespräch sei man nicht nachgekommen, weil sie zwei Wochen vor Beginn der Betriebsratswahl und damit in die hektischste Vorbereitungsphase gefallen sei. Außerdem sieht er den Wahlvorstand durch die Vorwürfe von Lieferando diskriminiert: Ein weißes, akademisches Management werfe Migrant:innen und Nichtakademiker:innen vor, zu viel Zeit zu brauchen. Im Wahlvorstand habe es kein Vorwissen zu den juristischen oder praktischen Einzelheiten einer Betriebsratsgründung gegeben, außerdem müsse alle Arbeit im Betriebsrat zwischen Deutsch und Englisch übersetzt werden. „Das alles braucht enorm viel Zeit.“…“ Beitrag von Maximilian Henning vom 5. September 2022 in Netzpolitik („Lieferando will Betriebsräte kündigen“), siehe auch:- Lieferando will Betriebsräte kicken
„Der Lieferdienst ficht die Betriebsratswahl an und will den Großteil des Gremiums kündigen. Die Gewerkschaft spricht von Union Busting. Der Essensbringdienst Lieferando geht massiv gegen den neu gewählten Betriebsrat in Berlin vor. Laut taz-Informationen hat das Unternehmen für 14 der 17 Betriebsratsmitglieder Kündigungsverfahren eingeleitet. Lieferando wirft ihnen vor, in ihrer Funktion als Wahlvorstand, der die Betriebsratswahlen organisiert hat, Arbeitszeitbetrug begangen zu haben. Das ist einer der wenigen Gründe, aus denen Wahlvorstände oder Betriebsratsmitglieder, die besonderen Kündigungsschutz genießen, gefeuert werden können. Außerdem hat Lieferando beim Arbeitsgericht die Anfechtung der Wahl beantragt. (…) „Lieferando hat immer wieder die Herausgabe von Dokumenten hinausgezögert. Um uns dann vorzuwerfen, dass wir zu lange gebraucht und zu viele Stunden gearbeitet hätten“, empört sich Bowens. Nicht der einzige Fall, in dem ihnen „eine Falle“ gestellt worden sei. „Sie haben uns ein Büro gegeben, in das nur zwei Personen reinpassen, und das bei einem Wahlvorstand mit 11 Mitgliedern, 17 mit Stellvertreter*innen, plus Anwälte oder Gewerkschafter*innen“, erzählt die Fahrradkurierin der taz. Weil sie dort nicht immer erreichbar waren, wittert Lieferando nun Betrug. „Sie geben uns keinen ausreichend großen Raum und beklagen dann, dass wir uns nicht darin getroffen hätten. Das ist absurd.“ Angst, nun ihren Job zu verlieren, hat Bowens dennoch nicht. „Die Vorwürfe sind alle ziemlich dünn und es ist auch nichts Neues, dass Lieferando versucht, Betriebsräte einzuschüchtern.“
Neu ist allerdings, dass Lieferando nicht nur gegen einzelne Mitglieder vorgeht, sondern versucht, nahezu den gesamten Betriebsrat loszuwerden. „Das hat eine ganz neue Qualität“, sagt Sebastian Riesner von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, die, ebenso wie das Lieferando Workers Collective, mit einer eigenen Liste angetreten war. Der Gewerkschafter glaubt, dass die „Jagd auf den Betriebsrat“ mit dessen Größe zusammenhängt. „Sie vertreten über 1.000 Arbeiter*innen. Das will man mit aller Macht verhindern“, sagt Riesner zur taz. „Hier will man Mitbestimmungsorgane mit vollkommen obskuren Begründungen und konstruierten Vorwürfen kaputt schlagen.“ Das sieht der Arbeitsrechtsanwalt, der den Betriebsrat bei Lieferando vertritt, ähnlich. „Das ist alles heiße Luft. Es geht nur darum, die Betriebsratsmitglieder unter Druck zu setzen“, sagt Martin Bechert der taz (…) Bechert ist sich sicher, dass das Start-Up mit seiner Union-Busting Strategie scheitern wird. „Für die außerordentliche Kündigung von Betriebsräten braucht man gute Gründe. Und die haben sie nicht, sie haben gar nichts.“ (…)Aus welchen Gründen Lieferando die Wahl anficht, will das Unternehmen mit Verweis auf den laufenden Prozess nicht sagen. Wann dieser stattfindet, steht noch nicht fest…“ Artikel von Marie Frank vom 5.9.2022 in der taz online und - Tweet von Martin Bechert am 7.9.22 : „Traurig, aber wahr: @lieferando kündigt Mitglied vom #Betriebsrat ohne Beachtung des Sonderkündigungsschutzes. § 119 BetrVG? was meint ihr?…„
- Lieferando will Betriebsräte kicken
- Ärger im Gepäck: Lieferando will nach der Betriebsratswahl in Berlin die Kündigung ehemaliger Wahlvorstände vor Gericht durchsetzen
„… Nach der durchgeführten Wahl soll das Unternehmen nun beim Berliner Arbeitsgericht die außerordentliche Kündigung ehemaliger Mitglieder des Wahlvorstands beantragt haben. Laut Angaben, die betroffene Beschäftigte gegenüber „nd» machen, handelt es sich um neun Betriebsrät*innen sowie um ein Ersatzmitglied der Arbeitnehmervertretung. Mit Ausnahme eines Wahlvorstandes sind die Kündigungsanträge den Beschäftigten zufolge erst nach Konstituierung des Gremiums eingegangen. Betriebsratsmitglieder und Wahlvorstände genießen besonderen Kündigungsschutz, es bedarf für deren Entlassung daher eines wichtigen Grundes. Die Anträge auf außerordentliche Kündigung begründet das Unternehmen in Gerichtsschreiben, die »nd« vorliegen, mit dem Verdacht, dass die Betroffenen sich für ihre Funktion als Wahlvorstände Arbeitszeit eingetragen hätten, ohne tatsächlich zu arbeiten. So sei das Stundenaufkommen des Wahlvorstandes von rund 4600 Stunden innerhalb von sieben Monaten nicht nachvollziehbar. Die Beschäftigten hätten für ihre Arbeit als Wahlvorstände meist volle oder halbe Schichten eingetragen und dabei Stunden aufgerundet. Auch seien die Arbeitsorte für die Wahlvorstandsarbeit nicht genau angegeben gewesen, obwohl dies laut Lieferando notwendig ist. Zudem seien Wahlvorstände nicht über Diensthandys und Dienstmails erreichbar gewesen.
»Als Wahlvorstände haben wir alle Entscheidungen im Kollektiv getroffen. Auch die Umstände, dass wir als juristische Laien mehrsprachig gearbeitet haben und eine Wahl in einem dezentral organisierten Betrieb ohne zentrale Arbeitsstätte vorbereiten und durchführen mussten, tragen zum Zeitaufwand für die Wahlvorstandsarbeit bei«, sagt dazu Moritz W., einer der betroffenen Betriebsräte im Gespräch mit »nd«.
Hinzu käme, dass Lieferando die für die Vorbereitung der Wahl notwendigen Unterlagen nur sehr zögerlich zugänglich gemacht habe. Moritz W. wirft dem Unternehmen vor, absichtlich gegen die Durchführung der Wahl agiert zu haben: »Die Einforderung einer Plausibilitätsprüfung der Wahlvorstandsarbeit wurde seitens des Managements kurioserweise in die heiße Wahlphase gelegt. Das stellt für mich klar eine versuchte Behinderung unserer Tätigkeit dar, wogegen wir auch mit Abmahnungen vorgehen.«
Gegenüber »nd« bestätigt eine Lieferando-Sprecherin das Vorliegen von Verfahren und den Verdacht des Arbeitszeitbetrugs bei „mehreren Wahlvorständen», ohne deren genaue Zahl zu nennen…“ Artikel von Moritz Aschemeyer vom 01.09.2022 im ND online - Rider mit Betriebsrat. Berlin: Anfechtung der BR-Wahl durch Lieferando-Bosse erwartet
„Es ist ein Etappensieg. Seit Montag hat die Berliner Zweigstelle des Essenlieferdienstes Lieferando – die deutsche Marke des niederländischen Unternehmens Just Eat Takeaway – einen Betriebsrat (BR). Erstmals. (…) Besonders erfreulich: Der BR bestehe durchweg aus Ridern und Drivern; also Zustellern per Rad, Scooter oder Pkw. (…) Zur BR-Wahl wollte ferner die Liste »Senior Courier Coordinator« antreten. Eine »gelbe Liste«, bestehend aus Lieferando-Führungskräften und vor allem »betriebsfremden Personen«, erfuhr jW aus BR-Kreisen. Der BR-Wahlvorstand ließ die Verbindung nicht zu. Ein Antrag auf Wahlzulassung wurde vom Arbeitsgericht Berlin zurückgewiesen, eine Beschwerde dagegen vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Nun will die Gegenseite offenbar die BR-Wahl wegen Nichtaufnahme des »gelben« Vorschlags anfechten – und ließ dafür durch das Arbeitsgericht den »Wert eines Wahlanfechtungsverfahrens« mittels Streitwertkatalog festsetzen. (…) Weiterer Konfliktstoff: Lieferando will BR-Mitglieder kündigen, so Schuster. In einem ersten Fall sei ein Antrag auf Entlassung beim Arbeitsgericht gestellt worden. Weitere sollen nach jW-Information folgen. Der Vorwurf: Arbeitszeitbetrug. »Völlig absurd«, sagte Martin Bechert…“ Artikel von Oliver Rast in der jungen Welt vom 20.08.2022 , siehe auch:- „Mein Tipp: Wie schon beim gescheiterten Versuch, die #Betriebsratswahl gerichtlich abbrechen zu lassen, wird wohl nicht #Lieferando selbst die Wahl anfechten, sondern einige Vorgesetzte im Hub, deren Anwälte dann das Unternehmen zahlt.“ Tweet von Martin Bechert vom 20.8.22
- Ein dänischer Kurier und Aktivist bei Wolt hat Lieferando Workers‘ Collective in Berlin bei der Wahl des Betriebsrats unterstützt – und berichtet darüber
„Rasmus Emil Hjorth, dänischer Wolt-Kurier in der Wolt Workers‘ Group und Basisaktivist, berichtet aus Berlin, wo er das Lieferando-Arbeiterkollektiv bei der Wahl des ersten Betriebsrats unterstützt hat
Ich komme in einem Wahllokal am Ostkreuz in Berlin an. Von außen sieht es aus wie ein altes besetztes Haus, das die Bumzen (ein legalisiertes besetztes Haus in Kopenhagen) blass aussehen lässt.
Es ist einer der letzten Wahltage für den Betriebsrat bei Lieferando, dem deutschen Ableger von Just Eat Takeway. Ich arbeite ehrenamtlich und unterstütze die selbstorganisierte Gruppe Lieferando Workers‘ Collective (LWC) bei ihren Wahlbemühungen.
Als ich meinen dänischen Freunden erzählte, dass ich zur Teilnahme an einer Betriebsratswahl abgereist war, fanden sie das Konzept befremdlich. Nur wenige meiner Freunde wussten, was ein Betriebsrat ist, und die, die es wussten, verstanden es nur im dänischen Kontext.
In Dänemark funktioniert der Betriebsrat anders, da er dort als ein weniger mächtiges Instrument für die Arbeitnehmer angesehen wird. Das liegt daran, dass unsere Tarifverträge eine stärkere Rolle bei der Organisierung spielen. Das Konzept des Betriebsrats ist in vielen Ländern Europas zu finden. Es ist ein Organ, in dem sowohl Arbeiter als auch Angestellte zusammenkommen. Die Absicht des Betriebsrats ist es, dass die Arbeitnehmer über die laufenden Vorgänge informiert werden, aber letztendlich auch Entscheidungen treffen können, sofern es keine Interessenkonflikte gibt. Ehrlich gesagt habe ich den Eindruck, dass es sich bei den dänischen Betriebsräten nur um Bereiche handelt, in denen Anhörungen stattfinden und nicht um eine gleichberechtigte Beteiligung.
Ich habe herausgefunden, dass Betriebsräte (BR) im deutschen Kontext eine andere Bedeutung haben. Die deutschen Kuriere nutzen die Betriebsräte für ihre Organisierungsbemühungen.
Während ich bei der Wahl geholfen habe, gab es diese ständige Vorstellung von sichtbarer und offener Konfrontation seitens der Lebensmittellieferfirma. Die demokratische Gesinnung der Zustellfirmen ist fragwürdig. Es gibt eine klare Tendenz, dass jedes Mal, wenn ein Kurier zu Wahlen für einen Betriebsrat aufruft, die Arbeitgeber versuchen, den Prozess zu stören. Der Kampf um demokratische Mitbestimmung am Arbeitsplatz wird also nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in den deutschen Gerichtssälen ausgetragen.
Die Kuriere, mit denen ich gesprochen habe, sagen, dass die Geschäftsleitung die Gerichtsprozesse als eine Art Gewerkschaftsfeindlichkeitsmechanismus nutzt. So war es auch bei den Lieferando-Wahlen, bei denen 1600 Kuriere wahlberechtigt sind. Unmittelbar vor der Wahl reichte Lieferando eine Klage gegen die Wahllisten der Kuriere ein. Kurze Zeit später wies das Arbeitsgericht die Klage ab.
Die deutschen Lebensmittelkuriere und die Arbeiterbewegung
Die Wahlliste, für die ich mitkämpfe, LWC, ist keine Gewerkschaft, sondern ein Kollektiv, das den Fahrern angegliedert ist. Sie arbeitet mit den Gewerkschaften zusammen, aber nach dem Prinzip „arm’s length“. Das Kollektiv will autonom bleiben. (…) Die Kuriere haben ein lebendiges Netzwerk ohne ein zentrales Programm oder Gebühren geschaffen. Sie haben ein Netzwerk über verschiedene Lieferfirmen hinweg aufgebaut. Diese Netzwerke basieren auf dem Wissen, welche Lagerhäuser oder Flotten strategisch wichtig sind. Die Stammbelegschaft und eine kleine Gruppe von Sympathisanten halten alles am Laufen. Die Hauptidee ist, dass diese Betriebsräte einen dauerhafteren Bereich der Entscheidungsfindung für Kuriere in der gesamten Branche schaffen können. Die LWC-Aktivisten gehören zu den Hauptorganisatoren dieser Strategie, wobei sie die von Kurieren in anderen Unternehmen geführten Kampagnen aufgegriffen und unterstützt haben. Die Kuriere von LWC sehen den ÖR als ein Schlüsselinstrument, um die Ausbeutung der Kuriere zu beenden. Durch die BR-Wahlen werden die Kuriere in einem Wahlzyklus von vier Jahren vor Kündigung geschützt, was eine starke Basis für die Organisierung darstellt. Dies ist viel fortschrittlicher als die Organisierungsstrategien, die ich in Dänemark erlebt habe. In einigen Sektoren denken wir nur daran, unsere derzeitigen Bedingungen zu schützen, und nicht daran, sie zu verbessern oder zu erweitern. In Deutschland denkt man anders. Selbst mit nur zwei oder drei Basisaktivisten in einem Lagerhaus ist eine Forderung nach Wahlen fast garantiert.
Zwei Wahllisten kämpfen um gewählte Positionen
Die Wahltage sind ein großer Koordinationsaufwand. Wir mussten losziehen und die 17 Wahllokale abdecken. Das wurde zu einer großen Menschenjagd für Kuriere. LWC waren nicht die einzigen, die auf einer Liste zur Wahl antraten. Es gab eine weitere Liste namens „Drivers and Riders United“, die von der Gewerkschaft für Küchenpersonal und Lebensmittel, NGG, unterstützt wurde. Die beiden Listen waren sich in einigen Streitpunkten uneinig, die weniger im Wahlmaterial zum Ausdruck kamen, sondern eher in der Frage, wie sie ein Betriebsratsmandat ausüben wollten. Ein Teil der Kritik bezog sich auf die Befürchtung des LWC, dass die NGG-Liste eine zu enge Beziehung zu Lieferando habe, insbesondere weil ein von ihr geführtes Mandat die Stellung des LWC im Betrieb gefährden würde.
Die eigentliche Spannung besteht darin, wo die Organisation am Arbeitsplatz stattfinden soll. Die NGG möchte den Betriebsrat nutzen, um einen langfristigen Tarifvertrag mit der Unternehmensleitung auszuarbeiten. Andererseits fühlt sich der LWC in der Gewerkschaft nicht sehr gut vertreten. Die Zahlung von Gewerkschaftsbeiträgen ist ein großes Problem; die LWC wollen kein Geld zahlen, das dann an anderer Stelle verwendet wird. Der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war, als ein LWC-Mitglied von einem Inkassounternehmen aufgesucht wurde, weil NGG eine Schuld eintreiben wollte. Die NGG wurde daher vom LWC nicht als alternative Liste aus der Basis bezeichnet, sondern als etwas, das von außen kam.
Der Wahlkampf selbst verlief jedoch friedlich. Es gab nicht viele Probleme, und die Wähler waren im Allgemeinen recht zufrieden. Die Koordinationsarbeit und die Suche nach Kurieren hat mich durch ganz Berlin geführt. Wir haben stundenlang vor einem McDonald’s gestanden, nur um mit zwei Kurieren zu sprechen. Aber es hat sich gelohnt. Am Freitag kamen dann die Ergebnisse. Die Wahlbeteiligung war jedoch nicht rekordverdächtig; die Kuriere wussten, dass bei der im Sommer sinkenden Nachfrage 200 Kuriere, die zur Wahl gingen, ein gutes Ergebnis waren. LWC erhielt mit 131 Stimmen gegenüber 68 Stimmen für die NGG-Liste eine deutliche Mehrheit. (…)
Ich denke jedoch, dass es wichtig ist, die Arbeit dieser Basisgruppen anzuerkennen. Sie sind keine Gegenspieler der Gewerkschaftsbewegung, sondern aktive Teile, die die wirklichen Probleme der Branche auf den Verhandlungstisch bringen. In meiner Hauptorganisation, der Internationalen Transportarbeiter-Föderation, haben die jungen Transportarbeiter der Einbeziehung der Kollektive von Fahrern zugestimmt.“ Maschinenübersetzung des engl. Beitrags von Rasmus Hjorth am 15.8.2022 im Gig Economy Project bei Brave new Europe („Rasmus Hjorth – Berlin Lieferando couriers Works’ Council election: Notes from a Danish courier“) – ein insgesamt lesenwerter Artikel mit interessanten Einblicken in die dänische Gewerkschaftsbewegung und die Organisierung der Branche insgesamt - Lieferando Arbeiter*innen wählen ihren ersten Betriebsrat in Berlin trotz Union Busting durchs Management
„Am 08. August 2022 haben die Arbeiter*innen von der Takeaway Express GmbH Berlin („Lieferando“) ihren ersten Betriebsrat gewählt. Nach einer 7-tägigen Wahl (02.08.22 – 08.08.22) fand am Montagabend die Auszählung der Stimmen statt.
Zur Wahl standen zwei Listen:
Liste 1: „Lieferando Workers Collective (LWC)“, eine Liste unabhängiger Arbeiter*innen und
Liste 2: „Drivers and Riders Unite!“, die Liste der Gewerkschaft NGG.
Wählen konnten alle Kurier*innen. Es wählten 200 der knapp 1400 Arbeiter*innen. 199 Stimmen waren gültig. 131 Stimmen gingen an die Liste des Lieferando Workers Collective, 68 Stimmen an die NGG-Liste. Der zu konstituierende Betriebsrat wird 17 Mitglieder haben, elf der Plätze gehen an die Liste 1 (LWC), sechs Plätze an die Liste 2 (NGG).
Lieferando hatte zuvor erfolglos versucht die Betriebsratswahl zu beeinflussen: Sie versuchten zum Einen gerichtlich zu erzwingen, dass 24 Office Mitarbeiter*innen, einige von ihnen in führenden Positionen, in die Wähler*innenliste aufgenommen werden müssen. Zum Anderen reichte das Management auch eine Klage auf Abbruch der Betriebsratswahl ein, welche ebenfalls abgewiesen wurde.
Ein Mitglied des Wahlvorstands: „Die Ziele der Klagen widersprechen sich und schließen sich gegenseitig aus. Entweder eine Wahl wird korrigiert oder sie wird abgebrochen. Beides zu beantragen lässt ein anderes Ziel vermuten: Betriebsratsbehinderung noch bevor dieser existiert! UnionBusting wird leider immer brutaler und damit häufiger ins Vorfeld der eigentlichen Betriebsratsarbeit verlegt. Es spielt sich damit schon während oder vor Betriebsratswahlen ab. Also in einem sehr sensiblem Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes und der Demokratie in Betrieben. Arbeiter*innen, die sich für Mitbestimmung im Betrieb einsetzen, sind der Willkür des Managements ohne effektiven Schutz ausgesetzt.“
Das gilt auch für Lieferando in Berlin. Der Wahlvorstand wurde in seiner Arbeit wiederholt durch den Arbeitgeber behindert: Zum Beispiel durch unzureichende Büroräume, Bereitstellung von fehlerhaften Mitarbeiter*innenlisten und Druck auf Mitglieder des Wahlvorstands unter anderem durch fehlendes Gehalt (Lohnklau) oder ausbleibende Rückzahlungen von Wahlkosten und vieles mehr.
Auch war es dem Wahlvorstand monatelang nicht einmal möglich die Arbeiter*innen zu kontaktieren, da Lieferando keine Kommunikationsmittel zur Verfügung stellte. Diese Zeit nutzte der Arbeitgeber um ihrerseits E-Mails über die bevorstehende Wahl zu versenden und interessierte Arbeiter*innen aufforderte sich beim Arbeitgeber zu melden, statt den Wahlvorstand zu kontaktieren.
Ein Mitglied des Wahlvorstandes kommentiert: „Trotz alledem haben wir nun den größten Betriebsrat bei Lieferando in Deutschland gewählt. Noch nie waren so viele Arbeiter*innen wie in der letzten Woche aktiv. Wir freuen uns sehr, dass wir Arbeiter*innen trotz der schwierigen Umstände gezeigt haben, dass wir gemeinsam für unsere Rechte einstehen werden!“ Pressemitteilung vom 11. August 2022 des Wahlvorstands der Beschäftigten der Takeaway Express GmbH Berlin per e-mail – wir danken! (im Original mit einigen Anmerkungen/Links zu Presseberichten versehen und auch in engl. Version)- Siehe auch den Tweet von Ausgeliefert vom 9. Aug. 2022 : „Lieferando Berlin hat seit gestern einen Betriebsrat! Ein gewaltiger Schritt für 1500+ Mitarbeiter die ihr Recht auf Mitbestimmung erlangt haben! Glückwunsch an alle und danke an alle die gewählt haben! Mit der Hauptstadt mit an Board wird der Druck auf #Lieferando immens!„
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg weist die Beschwerde von Lieferando gegen die Betriebsratswahl zurück – auch in Dortmund katastrophale Zustände bei Extremhitze
- Kampf um Mitbestimmung: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg weist eine Beschwerde von Hub-Mitarbeiter*innen bei Lieferando über eine anstehende Betriebswahl zurück
„Nach dem Berliner Arbeitsgericht hat nun auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG) den Antrag auf einstweilige Verfügung von einer Gruppe von Hub-Mitarbeiter*innen bei Lieferando zurückgewiesen. Eine für August im operativen Geschäft geplante Betriebsratswahl wird somit stattfinden können. Zentraler Streitpunkt der Auseinandersetzung war die Zulassung von 24 Verwaltungsbeschäftigten aus dem Hub, einem zentralen Standort, an dem ein Teil der rund 1500 Berliner Lieferando-Fahrer*innen sich Arbeitsmaterialien abholt und an dem auch die Koordinator*innen der Kurier*innen arbeiten. Ob die Verwaltungsbeschäftigten demselben Betrieb angehören wie auch die Fahrer*innen des Lieferunternehmens, wurde an diesem Montag hitzig debattiert. Lieferando zufolge stelle das Hub gemeinsam mit den Fahrer*innen einen Betrieb dar, die Angestellten des ersteren stellten dabei den betrieblichen Leitungsapparat. Da diese Beschäftigten bei Aushang des Wahlausschreibens nicht auf der Wählerliste gestanden hätten, habe man Einspruch eingelegt. Der Wahlvorstand hat den Vorwürfen der Hub-Mitarbeiter*innen zufolge darauf jedoch nicht reagiert. Für den Wahlvorstand hingegen stellte sich die Betriebszugehörigkeit der Antragsteller*innen keineswegs so eindeutig dar. Ihm sei die vermeintliche Vorgesetzte der Koordinator*innen gar nicht bekannt. Konflikte würden von diesen zudem an die Firmenzentrale weitergegeben und nicht an die Standortmanagerin. Zudem seien zwei verschiedene Beschäftigtenlisten an den Wahlvorstand ausgehändigt worden, eine mit den Fahrer*innen, eine mit den Beschäftigten des Hub. Der Wahlvorstand will die Hub-Mitarbeiter*innen auch deswegen nicht zur Betriebsratswahl zulassen, da sie wohl dem Management von Lieferando näherstehen. Die Richterin erwähnte zudem einen weiteren Faktor, der zur Komplexität der Sachlage beiträgt – und der für den Wahlvorstand und dessen Anwalt offenbar eine neue Information war: In einem anderen Verfahren vor dem Arbeitsgericht bemühten sich Hub-Mitarbeiter*innen parallel um einen Abbruch der Wahl. Solch ein Abbruch hätte das Ergebnis der gestrigen Verhandlung am LAG also ausgehebelt. (…) »Es ist eine wichtige Entscheidung des LAG«, begrüßt Martin Bechert den Ausgang des Verfahrens im Gespräch mit »nd«. Der Anwalt vertritt den Wahlvorstand. »Damit gibt es nun erst einmal Rechtssicherheit für die Betriebsratswahl«. Er geht davon aus, dass eine anderweitige Entscheidung des LAG dazu geführt hätte, »die Anfechtungsgründe im Nachgang der Wahl zu zementieren, sollte sich herausstellen, dass es sich bei den in die Wählerliste Aufgenommenen nicht um Betriebsangehörige handelt«. (…) In der Vergangenheit kam es vermehrt zu rechtlichen Konflikten um Betriebsratsgründungen in der Berliner Lieferbranche, neben Gorillas kürzlich auch bei der Konkurrenz von Flink. Der befragte Lieferando-Wahlvorstand sieht in dieser Häufung die Reaktion auf einen wachsenden Widerstand gegen Unternehmenskonzepte, »die nicht auf Mitbestimmung ausgelegt sind«.“ Artikel von Moritz Aschemeyer vom 26. Juli 2022 in neues Deutschland online , siehe auch:- Landesarbeitsgericht entscheidet: Berliner Lieferando-Fahrer können einen Betriebsrat wählen
„Die Arbeitsgerichte wiesen mehrere Klagen zurück, die sich gegen die Wahl richteten. Doch damit ist der Ärger noch nicht vorbei…“ Artikel von Christoph Kluge vom 25.07.2022 im Tagesspiegel online (Abo!)
- Landesarbeitsgericht entscheidet: Berliner Lieferando-Fahrer können einen Betriebsrat wählen
- Dortmund: Lieferando-Fahrer berichtet über katastrophale Zustände bei Extremhitze
„39 Grad. Im Schatten. Es ist leicht vorzustellen, dass Asphalt, Motoren und Karosserien von Autos und Glasfassaden von Gebäuden in den Städten von NRW die Temperatur noch um ein paar Grad erhöhen. Für Fahrer von Lieferando oder ähnlichen Lieferdiensten bedeutet das Arbeiten unter Extrembedingungen. Gegenüber RUHR24 äußert sich einer dieser Fahrer und prangert zudem das Unternehmen an. Arbeiten bei 39 Grad? Das sei extrem, sagt Jonas (Name von der Redaktion geändert) gegenüber RUHR24. Der Alltag eines Fahrers von Lieferando sei generell anstrengend. Aber bei Hitze bekomme das noch mal eine ganz andere Note. Die Anzahl an gefahrenen Kilometer variiere zwischen circa 40 bis 130 Kilometern (Vollzeitkräfte) am Tag. Zwar mit E-Bike. Dennoch sei das anstrengend. Denn hinzu komme ja noch Treppensteigen – und der Stress des Großstadtverkehrs (…) Einerseits sei die Kommunikation mangelhaft. Ein klares Statement, dass man ab 35 Grad hitzefrei machen darf, vermisse er. Zwar könne man Sicherheitsbedenken äußern und sich mit der Zentrale verständigen. Aber er habe das Gefühl, dass davon lediglich erfahrene Fahrer wissen. Eine klare Kommunikation, dass man durchaus bei Extremhitze längere Pausen oder bei Sicherheitsbedenken gar freiwillig auf die Schicht verzichten darf, fehle komplett. Dieser Sicherheitsaspekt müsse bei jeder Form von Extremwetter – auch im Winter und bei Sturm – gelten. Andererseits sei da noch die Sache mit der Ausrüstung. Im Übrigen gelte dieser Kritikpunkt nicht nur bei Hitze, sondern auch im Winter. Es gebe laut Jonas keine professionelle Kleidung für die Fahrer. Gerade bei Hitze, aber auch bei Kälte sei das bereitgestellte Material eine Katastrophe. Es handele sich nicht um die klassische Funktionskleidung für Radfahrer, die vor allen Dingen beim Pensum zwischen 40 und 130 Kilometer notwendig wäre. Zudem haben die Fahrer keinen klassischen, mit Belüftungsfunktion ausgestatteten Helm, sondern eine Skater-Version. Der Helm sei sicher. Aber zu warm. Gerade bei Hitze. Der Rucksack dürfe nicht am Rad befestigt werden, sondern müsse auf dem Rücken getragen werden – eine Strapaze. (…)
Gesundheit, so Pressesprecher Oliver Klug, habe Priorität. Man orientiere sich an den aktuellen Wetterwarnstufen. Die Fahrer sollen aktuell schonender fahren, mehr Pausen machen. In den Zentralen gebe es Wasser. Restaurants seien angewiesen, ebenfalls Wasser auszuschenken. Ein Satz dürfte im Rahmen der Hitzediskussion durchaus interessant sein. „(…) bei Bedenken können sie sich bei ihrem Vorgesetzten melden!“ Genau das ist der Kritikpunkt, der besonders im Fokus steht. (…) Folgender Satz aus der Hitzeempfehlung kommt dem Pressestatement wohl am nächsten, dürfte sich aber eher auf den Zeitpunkt innerhalb einer Schicht beziehen: „Bei Bedarf einer Pause, Anzeichen von Unwohlsein, einer Hitzeerschöpfung oder eines Hitzekollaps wende dich bitte an das Live Operations Team.“ Eine Art „Hitzefrei“ bei Extremtemperaturen oder zumindest ein Hinweis auf Freiwilligkeit der Schicht fehlt. Zum Kritikpunkt der fehlenden Funktionskleidung schrieb das Unternehmen, dass die Fahrer „luftige Sommerkleidung“ haben. Auf den Rucksack ist Lieferando nicht eingegangen…“ Beitrag von Dennis Liedschulte vom 26.07.2022 bei ruhr24.de
- Kampf um Mitbestimmung: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg weist eine Beschwerde von Hub-Mitarbeiter*innen bei Lieferando über eine anstehende Betriebswahl zurück
- Arbeiten bei 38 Grad: Lieferando-Fahrerin: „Manchmal komme ich nach Hause und fange an zu weinen“
„Immer wieder werden die Arbeitsbedingungen von Lieferdienst-Kurieren angeprangert. Wir haben eine Lieferando-Fahrerin am heißesten Tag des Jahres begleitet. (…) arbeiten die Kuriere unter harten Bedingungen. Tagtäglich schlängeln sich allein von Lieferando, dem Marktführer, etwa 1400 sogenannte Rider durch den Verkehr. Sie hasten zwischen Restaurants und Wohnungen hin und her, Treppe rauf, Treppe runter, egal ob es regnet oder schneit oder, wie heute, fast 39 Grad heiß ist. Iris ist eine von ihnen. Eigentlich heißt sie anders. Ihr richtiger Name soll nicht in der Zeitung stehen. Sie hat Angst, von Lieferando gefeuert zu werden. Um sie zu schützen, sagen wir hier auch nur, dass sie aus Südeuropa stammt. Sie spricht gebrochen Deutsch, ihr Englisch ist etwas besser. (…) Sie sagt: „Die meisten Kunden kommen noch nicht mal bei dieser Hitze runter, lassen uns ihr Essen in den vierten Stock tragen und geben dann zwei Euro Trinkgeld, um ihr Gewissen zu beruhigen.“ Als sie an der Adresse ankommt, passiert, aus ihrer Sicht, fast ein Wunder. Der junge Mann, dem sie das Essen liefert, kommt ihr in Shorts und Schlappen entgegen. Er drückt ihr vier Euro und eine kühle Flasche Wasser in die Hand. „Ihr Armen“, sagt er, „bei der Hitze.“ Iris reißt die Augen auf. „Sowas habe ich in anderthalb Jahren bei Lieferando noch nie erlebt“, sagt sie. (…) Vor zwei Tagen ging auf Twitter ein Aufschrei viral. „Heute 35°C, morgen 38°C. Lieferando, wann wird der Betrieb eingestellt? Wir fahren 8-Stunden-Schichten in der prallen Sonne, die ganze Zeit im Stress durch Vorgesetzte, Bonussystem und die Angst, gekündigt zu werden. Das ist gefährlich!“ Geschrieben hat dies das Lieferando Workers Collective (LWC), ein loser Zusammenschluss von etwa 30 Ridern. In der offiziellen Stellungnahme von Lieferando heißt es dazu: „Gesundheit hat bei uns oberste Priorität.“ Die Fahrer seien angehalten, häufiger Pausen zu machen und Wasser werde im Hub, dem Fahrradlager, zur Verfügung gestellt. Der Hub befindet sich in der Kochstraße in Mitte. Weit entfernt von Iris‘ Einsatzort. „Warum“, fragt sie, „gibt es nicht mehr Orte, wo wir uns aufhalten und Wasser holen können?“ Lieferando verweist darauf, dass man auch in den Partnerrestaurants um Wasser bitten könne. Zudem gibt es eine Karte, in denen Wasserspender in der Stadt eingezeichnet sind. (…) An manchen Tagen, erzählt Iris, führe sie der Algorithmus mit jeder Bestellung ein bisschen weiter weg von ihrem Einsatzort. Neulich sei sie am Ende in Wilmersdorf gelandet. Nach einer harten Schicht habe sie noch eine dreiviertel Stunde mit dem Fahrrad nach Hause gebraucht. Sie verfasst handschriftliche Flyer für Demonstrationen gegen die Arbeitsbedingungen bei Lieferando. In einem heißt es: „Wie oft haben wir von Kollegen gehört, dass sie nur eine Zeit lang hier arbeiten? Wie oft haben wir uns das selbst gesagt und sind doch geblieben?“ (…) Eine richtige Pause sei in ihrer Schicht nicht vorgesehen, erst ab sechs Stunden Arbeitszeit gäbe es eine Stunde frei, sagt sie. „Aber Pause machen wir dann eben hier auf der Straße oder im Treppenhaus.“…“ Artikel von Niklas Liebetrau vom 23.7.2022 in der Berliner Zeitung online - Fahrer für Lieferando: Wie sich Arbeitskämpfe auszahlen können
„Unbefristete Verträge wurden bei Lieferando schon durchgesetzt. Aber Gesamtbetriebsrat Semih Yalçin fordert mehr Mitbestimmung für die Fahrer des Lieferdienstes. Die meisten Entscheidungen im Unternehmen würden im Büro immer noch ohne sie getroffen.“ Semih Yalçin im Gespräch mit Ute Welty am 23. Juli 2022 im Deutschlandfunkkultur – der Gesamtbetriebsratsvorsitzender fordert darin mehr Mitbestimmung für die Fahrer des Lieferdienstes. Die meisten Entscheidungen im Unternehmen würden im Büro immer noch ohne sie getroffen… - Montag, 25.07.22: Eilverfahren gegen die Lieferando-Betriebsratswahl am Landesarbeitsgericht in Berlin – Wahlvorstand bittet um solidarische Unterstützung ab 09:30 Uhr
Lieferando Management behindert Betriebsratswahlen in Berlin mit fragwürdiger Klage: „Der Wahlvorstand der Beschäftigten der Takeaway Express GmbH Berlin (besser bekannt unter der Marke „Lieferando.de“) lädt zur Teilnahme am Eilverfahren beim Landesarbeitsgericht Berlin / Brandenburg ein.
In dem Verfahren geht es um das Wähler_innenverzeichnis für die Betriebsratswahl der Takeaway Express GmbH Berlin. Es geht um die Frage: Wer ist wahlberechtigt? Bisher hatte nur eine Person fristgerecht aber erfolglos Einspruch gegen die Wähler_innenliste eingelegt. Nun sind neben der Takeaway Express GmbH (also dem Management) 24 Beschäftigte an der Klage beteiligt.
Ein Mitglied des Wahlvorstandes erklärt dazu: „Keiner der Beteiligten ist Kurier_in. Alle sind Vorgesetzte, Koordinator_innen, Projektleiter_innen oder Standortleiterin, teilweise mit Personalbefugnissen“. Der Klage zufolge soll auch die Leitung des Lieferzentrums („Hub“) in das Wähler_innenverzeichnis aufgenommen werden.
Die Lieferando-Geschäftsführung wird weiterhin von der Berliner Kanzlei Ziegenhagen vertreten, die bereits in der ersten Instanz gescheitert ist. Die 38. Kammer des Arbeitsgerichts Berlin unter dem Vorsitz von Richter Thomas Lakies hat am 14.07.2022 den Eilantrag abgelehnt.
Das Lieferando Management reiht sich damit erneut in die Reihe der erfolglosen Versuche von Lieferunternehmen ein, die gegen Betriebsratswahlen vorzugehen. Das Gorillas Management verlor ein Eilverfahren gegen den Wahlvorstand im November 2021 kurz vor der Wahl. Im Juni feuerte das Getir Management einen Initiator und half Managern in den Wahlvorstand. Im Juli scheiterte das Management von Dropp mit seinem #UnionBusting. Erst diese Woche hat das Management von Flink offen rechtliche Schritte gegen Arbeiter_innen eingeleitet, die sich für unabhängige Betriebsratswahlen einsetzen. Union-Busting ala TESLA findet immer mehr Nachahmer.
Das Management von Lieferando legte nun Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung ein, die nicht zu ihren Gunsten ausfiel. Deshalb muss das Landesarbeitsgericht am Montag, dem 25.07.202, nun erneut entscheiden, ob das Management die Aufnahme von 24 Vorgesetzten in das Wähler_innenverzeichnis einer Betriebsratswahl von über 1.400 Kurieren durchsetzen kann. Von den 24 „Prozessbeteiligten“ scheinen einige – nach eigenen Angaben – mit den Wahlen nicht viel zu tun haben zu wollen.
Die aktuelle Klage ist nur die Spitze des Einflusses des Lieferando Managements auf die Betriebsratswahlen bei der Takeaway Express GmbH Berlin. Der Wahlvorstand und die Beschäftigten haben bereits die fatalen negativen Auswirkungen des „Scheunentreffen“-Urteils zu spüren bekommen. Dieses verhängnisvolle Urteil hob die Neutralitätspflicht der Chefs auf und machte den Weg frei für die Einmischung des Managements in die Betriebsratswahlen.
Die Mitglieder des Wahlvorstandes sind weiterhin zuversichtlich: „Trotz wiederholter behindernder Ablenkungen sind unsere Kolleg_innen, die [Auto-, Scooter- und Fahrrad-] Kuriere der Takeaway Express GmbH Berlin, auf die Betriebsratswahlen in wenigen Wochen vorbereitet. Wir hoffen auf eine gute Wahlbeteiligung!“ Wahlvorstand der Beschäftigten der Takeaway Express GmbH Berlin“ Pressemitteilung vom 20.7.2022 (per e-mail)- WAS?: 2. Instanz: Eilverfahren 8 TaBVGa 780/22 gegen die Lieferando-Betriebsratswahl in Berlin
- WO?: Landesarbeitsgericht, Madgeburger Platz 1, 10785 Berlin
- Saal 334 und vor dem Gericht
- TAG?: Montag, 25.07.2022
- ZEIT?: 09:30 Uhr = Vorabinfo; 10:00 Uhr = Gerichtsverhandlung; 12:00 Uhr = Pressekonferenz
- Vom 2.8. – 8.8.22 finden die Betriebsratswahlen bei Lieferando in Berlin statt, da sind wir uns sicher!
- [1.7.22 in Berlin] Lieferando schmeißt Luxus-Poolparty – und schließt die FahrerInnen explizit aus – diese laden sich explizit ein, ihre Party heißt „Sommer Pool Protest“
- „Wir schuften und ihr kultet das ab“. Von Lieferando-Party ausgeladene FahrerInnen protestieren mit eigenem Plantschbecken und vielen UnterstützerInnen
- „Wir schuften und ihr kultet das ab“. Von Lieferando-Party ausgeladen: Fahrer protestieren
„… Einen Pool haben sie beide, für dasselbe Unternehmen arbeiten sie auch: Lieferando. Da enden die Gemeinsamkeiten aber auch schon. Die einen, das sind die Büro-Mitarbeiter des Lieferriesen. Sie feiern an diesem Freitagabend eine Party im angesagten Berliner Beachclub Haubentaucher in Friedrichshain. Der Pool dort ist 240 Quadratmeter groß. Und da sind noch die anderen: die, die nicht rein dürfen. Fahrerinnen und Fahrer von Lieferando. Sie protestieren vor dem Club gegen die Veranstaltung. Und haben einen aufblasbaren Pool dabei. (…) „Wir finden diese Party scheiße, weil Lieferando Geld verprasst und uns damit deklassifiziert“, sagt Mo. Er ist seit mehreren Jahren Lieferando-Kurier, oder „Rider“, wie sie sich selber nennen. Außerdem ist er Teil des LWC. Er hat den Protest mit organisiert. „Diese Veranstaltung ist nur ein weiteres Beispiel dafür, das Lieferando uns nicht als vollwertige Angestellte ansieht“, sagt er. Etwa 50 Menschen sind am Freitagabend dem Protestaufruf gefolgt. Nicht alle fahren für Lieferando, auch Mitarbeiter von Flink oder Gorillas haben sich der Aktion angeschlossen. Gemeinsam stehen sie in der Nähe des Haubentaucher-Eingangs auf dem RAW-Gelände. Wer auf die offizielle Party möchte, muss hier vorbei. Den geladenen Gästen ist das sichtlich unangenehm. Mit starr nach vorne gerichtetem Blick stapfen die meisten am Protest vorbei Richtung Party, Richtung der fünf breiten Türsteher, die den Einlass kontrollieren. Anfragen nach Interviews werden wirsch abgewiesen. Die Demonstrierenden stimmen immer wieder Sprechchöre an: „Schämt euch, schämt euch.“ Eine Reaktion erhalten sie nicht. Dann reagiert plötzlich doch einer. Ein junger Partygast reißt seine linke Faust im Vorbeigehen in die Luft. „Bleib doch draußen, wir feiern hier auch“, sagt eine Protestlerin. Und wirklich, er stellt sich kurz dazu. „Ihr habt schon recht, dass es eine gewisse Zweiklassengesellschaft gibt bei Lieferando“, sagt der Mann, der im Vertrieb arbeitet und seinen Namen nicht nennen möchte. Er könne zwar verstehen, dass auch während der Party Essen ausgeliefert werden müsste. „Die Rider, die keine Schicht haben, hätte man aber einladen sollen“, sagt er. Aber um den laufenden Betrieb geht es bei dem Party-Verbot für die Fahrer gar nicht, sagt Oliver Klug, Pressesprecher von Lieferando zu t-online: „Andere Unternehmen veranstalten auch verschiedene Feiern für verschiedene Abteilungen. Das ist total normal.“ (…) Insgesamt bleibt der Protest ruhig. Die einen lauschen draußen den Redebeiträgen und buhen mal kurz, während die anderen vorbeilaufen. Wirklich sauer werden die Rider nur kurz wegen der Kleidung einiger Partygäste. Neben dem üblichen Partystyle tragen einige nämlich die typischen orangenen Lieferandojacken. „Das ist so dreist, das tragen eigentlich nur die Rider“, ruft einer der Protestierenden. „Wir schuften darin und ihr kultet das ab.““ Artikel von Yannick von Eisenhart Rothe vom 01.07.2022 bei t-online.de , siehe auch: - Lieferando-Fahrer auf Firmen-Party unerwünscht. Weil ihr Arbeitgeber sie von einer Poolparty ausschließt, protestieren Lieferandos Auslieferer mit eigenem Plantschbecken
„… Auf der Kundgebung wird schnell klar: Die Beschwerden der Beschäftigten gehen weit über die heutige Ausladung hinaus. Bereits im Februar hatte das Unternehmen einen Skiausflug für 5400 Büromitarbeiter*innen organisiert. Die Kosten dafür sollen sich laut Nachrichtenportal »Bloomberg« auf 15 Millionen Euro belaufen haben. »Das Unternehmen behauptet, für uns gäbe es Grillabende und Stammtische«, sagt eine, die seit einem halben Jahr bei Lieferando arbeitet. Von Grillabenden habe sie noch nie gehört, die Stammtische gebe es erst seit kurzem. »Dazu werden maximal 20 von 1700 Fahrern eingeladen, es gibt ein Freigetränk und dann sollen wir noch Verträge unterschreiben, damit Lieferando die Fotos davon verwerten kann.« Die Ausladung sei nur die Spitze des Eisberges. »Wir wollen faire Löhne, sichere Arbeitsbedingungen und Anerkennung«, sagt die Frau. Andere Fahrer kritisieren neben der als Deklassierung empfundenen Behandlung der Fahrer*innen, dass es derzeit weniger Schichten für die Fahrer*innen und teilweise weniger Lohn gebe. Angestellte würden zudem kurz vor dem Ende der Probezeit entlassen, heißt es. Auch sei es so, dass man sich Arbeitsmittel erst einklagen müsse und vieles nur auf Nachfrage geschehe. Vergangenen November hatten zwei Lieferfahrer vor dem Bundesarbeitsgericht erstritten, dass in Zukunft Diensthandys und Dienstfahrräder vom Arbeitgeber gestellt werden müssen…“ Artikel von Moritz Aschemeyer vom 03.07.2022 im ND online - Und die Berichterstattung des Lieferando Workers Collective auf Twitter
- „Wir schuften und ihr kultet das ab“. Von Lieferando-Party ausgeladen: Fahrer protestieren
- 01.07. / FRIDAY: Lieferando Sommer Pool Protest 2022!
„Kurier*innen werden nicht bezahlt, vergrault, leben von Erspartem oder Krediten und können ihre Miete nicht zahlen. Die Lieferando Headquarter Belegschaft aus Deutschland und Österreich feiert und verprasste erst Anfang des Jahres 15 Millionen Euro. Kurier*innen sind explizit ausgeladen (siehe anbei), müssen arbeiten, sofern sie überhaupt Arbeit zugeteilt bekommen. Wir haben genug! Keine Party ohne uns! Das Lieferando Workers Collective (LWC) Berlin ruft zum Protest! FREITAG / 01.07.2022, 17:00 UHR vorm „Haubentaucher“, Revaler Straße 99, Friedrichshain“ Aufruf vom 28.6.22 per e-mail, siehe auch auf Twitter in fast allen Sprachen dieser Welt auf ihrem Account – siehe zu den Hintergründen: - Im Berliner „Haubentaucher“: Lieferando schmeißt Luxus-Poolparty – und schließt die eigenen Fahrer explizit aus
„Lieferando feiert eine exklusive Sommer-Party in Berlin. Eingeladen sind jedoch nur Mitarbeiter aus dem Büro. Die Fahrer werden sogar explizit ausgeschlossen. Dagegen regt sich nun Protest. Der Lieferservicedienst Lieferando lässt es am 1. Juli in Berlin krachen: Im Haubentaucher, einem „Unikat in Berlin, mit einer atemberaubenden Eventfläche“, soll gefeiert werden. DJs und exlusiver Pool inklusive. Allerdings dürfen nicht alle feiern: Die Fahrer der Firma sind explizit von der Feier ausgenommen. Das geht aus der Einladung hervor, die auf Twitter gepostet wurde. Wörtlich heißt es: „Zur Veranstaltung sind ausschließlich Mitarbeiter von Lieferando (aus Deutschland & Österreich, ausgenommen sind Fahrer und Zeitarbeiter) eingeladen.“ Doch dagegen regt sich nun Widerstand. (…) Lieferando musste sich bereits im Frühjahr Kritik anhören, weil der Konzern für 16 Millionen Dollar einen Ski-Trip in die Schweiz unternommen hatte . Auch damals waren alle Büromitarbeiter eingeladen, nicht aber die Fahrer. Der Konzern verteidigte die Aktion damit, dass sie gut für die Moral der Belegschaft war. Die Moral der Fahrer war damit wohl aber nicht gemeint.“ Meldung vom 29.6.2022 beim Fokus online - Im Artikel „Lieferando schließt Rider von Firmenfeier aus“ von Daniel Hüfner am 29.6.2022 bei businessinsider.de heißt es auf deren Nachfrage: „… Warum Fahrpersonal explizit ausgeschlossen wird, beantwortete das Unternehmen indes nicht. Nur so viel: „Wir schätzen die Arbeit, die unsere Fahrer auf den Straßen leisten, sehr.“ Deshalb organisiere das Unternehmen wie in den Vorjahren für Fahrer „regelmäßige Teamevents in allen Städten, zum Beispiel Stammtische, Grillabende oder Veranstaltungen zu spezifischen Anlässen“…“ – was die Rider vehement bestreiten:
- „Laut Artikel gibt #Lieferando an „regelmäßige Teamevents in allen Städten, zum Beispiel Stammtische, Grillabende oder Veranstaltungen zu spezifischen Anlässen“ zu organisieren. Noch nie von Grillabenden gehört und die neuen Stammtische sind ein Witz.“ Tweet von Lieferando Workers Collective (LWC) Berlin vom 28. Juni 2022
- „Wir schuften und ihr kultet das ab“. Von Lieferando-Party ausgeladene FahrerInnen protestieren mit eigenem Plantschbecken und vielen UnterstützerInnen
- BigBrotherAward 2022 in der Kategorie „Arbeitswelt“ geht an Lieferando für die unzulässige Totalkontrolle der Rider
Der BigBrotherAward 2022 in der Kategorie Arbeitswelt geht an Lieferando und den deutschen Betreiber dieses Angebots, die yd.yourdelivery GmbH. Lieferando erhält den BigBrotherAward 2022 für die unzulässige Totalkontrolle ihrer beschäftigten „Rider“. Diese erfolgt mit Hilfe der Scoober-App, die detailliert und sekundengenau eine Fülle von Verhaltensdaten erfasst. Hierzu gehört neben dem Zeitpunkt der Abholung im Restaurant und der Übergabe an Kunden auch alle 15 bis 20 Sekunden eine Standortbestimmung. Siehe die Laudatio von Prof. Dr. Peter Wedde auf der BBA-Seite mit umfangreichen Informationen zum Unternehmen und der eingesetzten Software- Siehe auch: BigBrotherAwards 2022 – Oscars für Datenkraken
- Ein Job für höchstens drei Jahre. Für ihre gefährliche Arbeit fordern Berliner Lieferando-Fahrer Unterstützung in Krisenzeiten
„Die einen kommen nicht vom Sofa hoch, die anderen treten auch bei strömendem Regen in die Pedale. Täglich eilen unzählige Essenskuriere auf dem Fahrrad oder mit dem Auto durch die Hauptstadt – die meisten von ihnen in neon-orangener Montur. Ihr Arbeitgeber, der milliardenschwere Branchenriese Lieferando, hat in Zeiten von Pandemie und Abstand halten weiter die Kassen füllen können. Doch für den Geschmack der Fahrerinnen und Fahrer in Berlin kommt davon zu wenig in ihren eigenen Geldbeuteln an. (…) Von den versprochenen Diensthandys sei bis heute nichts zu sehen, erzählt Leo. Auch auf die Diensträder verzichte er lieber und nehme stattdessen weiter sein eigenes. »Viele der Räder sind einfach in einem Scheiß-Zustand«, sagt er. »Bei meinem eigenen Rad weiß ich wenigstens, dass es in Ordnung ist.« Wenn früher ein Fahrrad abhanden gekommen oder kaputt gegangen sei, habe Lieferando dazu aufgefordert, Leihräder von öffentlichen Anbietern auf eigene Kosten zu benutzen. An dieser Geisteshaltung hat sich laut Leo bis heute nichts geändert: »Es gibt bei Lieferando das Grundprinzip, dass Angestellte mit ihren Problemen und Nöten alleine gelassen werden.« Berliner Kolleginnen und Kollegen von Leo sehen es ähnlich. Immer wieder kommt es zu Demonstrationen vor dem Lieferando-Hauptquartier in Kreuzberg. Erst kürzlich forderten diejenigen, die mit dem Auto für das Unternehmen durch die Stadt fahren, eine Erhöhung der Kilometerpauschale von 30 auf 50 Cent, um den gestiegenen Spritpreisen gerecht zu werden. (…) Es ist auch die Anrechnung der Strecken, die für Kopfschütteln unter den Fahrerinnen und Fahrern sorgt. Die Rede ist von »gestohlenen Kilometern«: zusätzlichen Wegen, die durch Lieferando nicht anerkannt und gezahlt werden. Schuld soll das nicht funktionierende Zusammenspiel zwischen der unternehmenseigenen App und dem von Lieferando zur Verfügung gestellten Navigationssystem sein. Sarah erklärt, die App berechne ständig kürzere Wege als die Strecken, die tatsächlich angezeigt und gefahren würden. Außerdem werde man regelmäßig an falsche Adressen geleitet. Die zusätzlichen Kosten übernehme Lieferando in keinem der Fälle…“ Artikel von Patrick Volknant vom 03.04.2022 im ND online - Gegen den Kilometerklau. Demo vor Lieferando-Zentrale in Berlin: Abrechnungstricks und Benzinpreise ruinieren Autokuriere „Montag mittag vor dem Lieferando-Hauptquartier in Berlin-Kreuzberg. Zäh fließt der Verkehr an der Demo von gut zwei Dutzend Fahrern des Essenslieferdienstes vorbei, kurz wird Sarah El Hussein von zustimmendem Hupen übertönt. Seit elf Monaten kurvt die 32jährige mit ihrem eigenen Pkw zwischen Restaurants und Kunden hin und her, erhält dafür die üblichen elf Euro Stundenlohn plus 30 Cent pro Kilometer. Das war schon zuwenig, als die Benzinpreise um die 1,50 Euro lagen, erklärt sie ins Megaphon, und fordert eine Erhöhung um 20 Cent, dazu 20 Cent »Verschleißpauschale« für den Wagen. Und schließlich sollten die Touren noch korrekt abgerechnet werden. Dazu passt das handgemalte Schild eines Demonstranten: »Bezahlung ALLER Kilometer!« Jeder dritte Kilometer werde ihnen geklaut, da sind sich die Fahrer einig. Niemals zähle das obskure Firmen-Navi die komplette Distanz, oft genug schicke es einen auf Irrfahrten, die nicht bezahlt würden. So gesehen, liegt die Pauschale bei 20 Cent pro Kilometer. Im Stadtverkehr. Halten Sie davon mal ein Auto in Schuss. Und jetzt noch die Tankpreise. Einige Kollegen hätten sich schon krankschreiben lassen, heißt es, um sich nicht in den Ruin zu arbeiten. Lieferando hat hierzulande ein Monopol, Restaurantbetreiber ächzen unter den Gebühren. Die Konzernmutter Just Eat Takeaway verbuchte 2021 in Folge von Übernahmen einen operativen Verlust, aber fast die Hälfte des Rekordumsatzes von 5,3 Milliarden Euro wurde laut Jahresbericht in Nordeuropa erzielt, dem »profitabelsten Segment in der Industrie«, und da spielt die BRD eine Schlüsselrolle. Die riesige Firmenzentrale im Kontorhausstil ist Ausdruck dieser Marktstellung. Zum Geschäftsmodell gehört, jedes Risiko auf die ohnehin schlechtbezahlten Beschäftigten abzuwälzen. Und deren Organisierung zu erschweren. Umso beeindruckender ist die Demo vor dem Prunkbau, auf der Sarah El Hussein jetzt den Schlachtruf anstimmt: »Riders Unite!« – »Together we fight!« rufen alle. Sie tragen ihre orange Arbeitskluft, kommen aus Indien, Pakistan, Syrien oder Jordanien. Es gibt auch Redebeiträge in Hindi und Arabisch…“ Artikel von Alexander Reich in der jungen Welt vom 22. März 2022 , siehe dazu:
- Driver united! Lieferando-Autofahrer*innen fordern gerechtes Kilometergeld
„Nach den Fahrradfahrer*innen bei Lieferando (Rider) organisieren sich jetzt auch die Autofahrer*innen (Driver). Vor der Zentrale des Essendienstlieferers in Berlin Kreuzberg protestieren mehrere Dutzend Autofahrerinnen und Autofahrer. Unterstützt wurden sie dabei von der Gewerkschaft NGG, die bereits auch die Fahrradfahrer vertritt. (…) Die Rider und Driver bei Lieferando kommen aus zahlreichen Nationalitäten, befinden sich oft in einer prekären Lage, darunter auch alleinerziehende Mütter. Ihre Situation wird oftmals vom aktionärsgetriebenen Essenlieferdienst ausgenutzt. Die NGG unterstützt und hilft den Beschäftigten. Sie will auch in diesem neuen Bereich der Arbeitswelt, in dem die Beschäftigten oftmals nur per App mit dem Arbeitgeber in Kontakt stehen, armutsfeste Löhne und geregelte Arbeitsbedingungen durchsetzen. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert für die Beschäftigten einen Tarifvertrag mit einer Mindestzahlung von 15 Euro Stundenlohn. Derzeit bezahlt Lieferando in Berlin in der Regel 11 Euro Stundenlohn, hat aber für zahlreiche Fahrerinnen und Fahrer die Arbeitsstunden reduziert, so dass die Einkommenslage immer schwieriger wird.“ Meldung des Landesbezirks Ost der NGG vom 21.3.2022 - Sprit-Preise steigen – Lieferando-Fahrer:innen demonstrieren für höhere Zulagen
Die NGG Ost hatte für den 21. März (Tweet vom 20. März 2022 ) in Berlin zu einer Demo für höhere Fahrtkostenpauschalen der autofahrenden Liefer:innen aufgerufen: „Die autofahrenden Kolleg*innen bei Lieferando leiden extrem unter den Benzinpreisen Kilometerpauschale von gerade einmal 30 Cent reicht nicht!“
- Driver united! Lieferando-Autofahrer*innen fordern gerechtes Kilometergeld
- Arbeitskampf bei Lieferando – Was wollen die eigentlich?
„Kaum eine Branche drängt sich dem öffentlichen Leben und unserer Wahrnehmung momentan so sehr auf wie die der Lieferdienste. Es vergehen keine fünf Minuten in der Innenstadt, in denen nicht ein*e gehetzte*r Fahrradkurier*in, wahlweise in schwarz, orange, pink oder türkis gekleidet, in Windeseile an einem vorbeirauscht. Auch die mediale Berichterstattung lässt nicht lange auf sich warten, wenn mal wieder ein Skandal publik wird oder eine der genannten Farben ihre Arbeit zum Streik niederlegt, was nun mal alle drei bis vier Wochen passiert. Ein Anlass für deutsche Medienhäuser, die redaktionseigenen E-Bikes zu entstauben, um für zwei Stunden eine Schicht zu begleiten, damit man später glaubwürdiger schreiben kann, was man ohnehin schon schreiben wollte: „Ja, die Arbeitsbedingungen sind WIRKLICH nicht so gut“. Aber was heißt es, wenn wir von „Arbeitsbedingungen“ reden und wie sind sie denn nun? Was wollen die bei Lieferando eigentlich?
Also, hier zum Mitschreiben: Wir – das sind Riderinnen und Rider bei Lieferando, sowie die Gewerkschaft NGG – wollen einen Tarifvertrag, der folgendes beinhaltet: 15€ Basislohn, sechs Wochen bezahlten Urlaub, ein 13. Monatsgehalt, volle Bezahlung der letzten Fahrt nach Hause, sowie Wochenend- und Feiertagszuschläge. Und wir wollen nicht mehr unsere Arbeitsmittel stellen müssen, aber das hat bereits das Bundesarbeitsgericht geregelt. (…)
Als Angestellte, erhalten wir seit dem 01.01.2022 einen Stundenlohn von 11€ pro Stunde + Bonus (davor 10€), sind krankenversichert, bekommen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, vier Wochen bezahlten Urlaub und neuerdings auch ein Dienstfahrrad und ein Diensthandy. Ein*e Vollzeitfahrer*in erhält rund 2300€ Brutto, diese Rechnung enthält Basislohn + Bonus. Das mag in dieser Branche im internationalen Vergleich fast Luxus sein und auch verglichen mit den Anfangszeiten bei Deliveroo und Foodora ist das ein enormer Fortschritt. In Deutschland geht man damit allerdings einer prekären Beschäftigung nach. Oder anders gesagt: Das Geld reicht nicht zum Leben. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Hub-Cities, wo die firmeneigenen Pedelecs zur Verfügung gestellt werden und Ansprechpartner*innen arbeiten und Remote-Cities, wo Rider*innen ihr eigenes Fahrzeug stellen müssen und die Kommunikation zu Verantwortlichen deutlich schwieriger ist. Die Nutzung des eigenen Fahrzeugs wird seit ungefähr einem Jahr mit 14 Cent Verschleißpauschale pro gefahrenen Kilometer kompensiert. Rechnet man den Anschaffungspreis und das Verlustrisiko mit ein, ist auch das zu wenig. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten sind mit einem Fahrrad oder einem Roller unterwegs und damit jeder Witterung ausgeliefert. (…)
Es muss grundsätzlich zwischen Minijobber*innen und Teil- bzw. Vollzeitkräften unterschieden werden. Wer zwei Mal in der Woche eine Schicht über vier Stunden fährt, kann den Job noch als sportliche Aktivität sehen. Wer hingegen mehrere Tage in der Woche bis zu neun Stunden Essen liefert, ist viel eher einer psychischen oder physischen Gefährdung ausgesetzt. Die potenziellen Gefahren sind vielfältig. (…)
Zur Veranschaulichung stellen wir uns eine durchschnittliche Bestellung im Wert von 20€ vor. Wenn Lieferando allein 30%, also sechs Euro erhält, muss die Frage erlaubt sein, wer hier überhaupt profitiert. Die Antwort lautet: niemand so wirklich. Restaurants klagen über die zu hohe Provision und Lieferando macht mit jeder Bestellung, die von den eigenen Rider*innen ausgeliefert werden ca. 4,50€ Verlust. Wie wir im Folgenden sehen werden, ist diese Zahl jedoch mit Vorsicht zu genießen, weil hier Dinge nicht miteinberechnet wurden, deren Preis man nicht bestimmen kann, die aber das Geschäft mit den eigenen Rider*innen umso wertvoller machen. Zum einen sind wir so etwas wie fahrende Litfaßsäulen. (…)
Wir wissen nun, dass Just Eat Takeaway als globales Unternehmen spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Konsumänderung Gewinne einfährt, die im dreistelligen Millionenbereich liegen. Wir haben gelernt, dass Lieferando auf die eigene Fahrer*inneflotte angewiesen ist. Die Rider*innen machen aber nicht nur einen wichtigen, sondern einen ebenso gefährlichen wie einsamen Job mit irregulären Arbeitszeiten und schlechter Bezahlung. Und damit nicht genug. Ähnlich wie Amazon ist Lieferando ein online Marktplatz mit Logistik-Sparte. Jeder Prozess muss so zeitsparend wie möglich ablaufen. Ein kurzer Kaufvorgang, eine schnelle Lieferung, ja keine Lebenszeit verschwenden. Dabei sind Onlinekäufe längst kein Trend mehr, sondern viel eher eine unumkehrbare Entwicklung im Kaufverhalten. Die beispiellose Geschichte des Onlineversandhändlers Amazon und das ständige Auftauchen neuer Lieferdienste für nahezu jedes Produkt, zeigen die Dimensionen und das Potenzial der Lieferlogistik. Für das Bestellen und Liefern von fertigen Gerichten ist Lieferando in Deutschland Marktführer und längst ein etablierter Arbeitgeber. Das wird sich so schnell nicht ändern. Daher wird es Zeit, sich an ebenso etablierte Regeln, Gesetze und Mitbestimmungsrechten zu halten und einen Lohn nach Tarif zu bezahlen. Ein Tarifvertrag würde ein wichtiges Zeichen setzen und die Konkurrenz unter Zugzwang bringen…“ Ein grundlegender und sehr informativer Artikel von Lukas Frey auf socialdebates.de (ohne Datum, aber vom Februar 2022) - »Diese Apathie entmenschlicht«. Moses Weber ist Rider und fährt für Lieferando. Kritisch blickt er auf die Rolle der Gewerkschaften in der Branche
„… Ich kenne viele, die den Job mehrere Jahre machen und dafür sogar die Länder wechseln. Sie bleiben teilweise nur für ein halbes Jahr in einer Firma, weil die Verträge leider befristet sind oder in der Probezeit gekündigt wird. Ich habe mehrere Kolleg*innen, die in die Niederlande gegangen sind, weil sie alle Lieferdienste in Deutschland schon durchhatten. Sie machen im Grunde denselben Job, nur bei einer anderen Firma, weil diese Unternehmen »Hire and Fire« betreiben. Eigentlich kannst du diese Arbeit aber nicht länger als fünf Jahre machen, sonst gehst du kaputt. Ein Beispiel: Wenn man diesen Rucksack über ein halbes Jahr trägt, entwickeln sich bleibende Schäden. Wenn man sich drei Tage erholen muss, bevor man wieder eine Schicht antritt, dann merkt man: Es muss sich etwas verändern. (…)
Ich habe viel darüber nachgedacht, was man tun kann, um die Rider zu unterstützen. Eigentlich sind in der gesamten Gastronomie so miese Arbeitsbedingungen. Es wird gern gesagt: Lieber direkt beim Restaurant bestellen. Da würde ich widersprechen und sagen: Lieber beim Lieferdienst bestellen. Denn Arbeitsbedingungen der Rider, die für irgendwelche kleinen Buden ausliefern, sind noch schlimmer. Deswegen ist meine Standardantwort: Hol’s dir selber ab. (…)
Ich bin nicht der Meinung, dass ich nur fürs Ausliefern bezahlt werde. Ich werde dafür bezahlt, als lebendige Werbung durch die Stadt zu fahren, meine Daten werden gesammelt, weiterverwertet und verkauft. Und ich werde dafür bezahlt, die Arbeitsbedingungen insgesamt zu verschlechtern. Je mehr es Arbeiter wie mich gibt, desto mehr schaffen diese Unternehmen eine neue Arbeitsrealität, die gesellschaftlich legitim wird. Das ist ein Investitionsziel: schlechte Arbeit. (…)
[Was würden Sie sich von den Gewerkschaften wünschen?] Dass Methoden speziell für prekäre Arbeitsverhältnisse entwickelt werden. Viele Gewerkschaften sagen immer noch: Dir wurde dein Lohn vorenthalten? Wir können für dich klagen! Das heißt, in einem halben Jahr wird die Klage in der ersten Instanz entschieden, aber meine Miete muss morgen bezahlt werden. Gewerkschaften könnten stattdessen Lohnausfälle ausgleichen, die nicht nur durch Streiks, sondern auch durch Arbeitsplatzverlust zustande kommen. Das sehen wir gerade in Großbritannien beim historischen Streik der Rider von Stuart Delivery, einem Subunternehmen von Just Eat Takeaway, das zu Lieferando gehört. Der Streik dauert jetzt schon über 30 Tage an. Die Gewerkschaft unterstützt die Rider bei jeglichen Lohnausfällen, und sei es, dass sie Trinkgeldverluste haben, weil sie die guten Schichten verlieren.
Ein weiteres Problem bei uns: Die etablierten Gewerkschaften versuchen alles weiterhin nur in deutscher Sprache zu machen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir als Rider miteinander reden und nicht nur über Gewerkschaften und Anwälte gehen, um uns auszutauschen.“ Interview von Clemens Melzer vom 04.02.2022 im ND online - Leipzig: Kundgebung am 31.01. in Solidarität mit dem gefeuerten Kollegen von Lieferando
„Ein Lieferando-Fahrer ist in Leipzig wegen seiner Kündigung in der Probezeit vor Gericht gezogen – und hat damit einen Protest ausgelöst. Mitarbeiter kritisieren das Unternehmen scharf. Angestellte des Essenslieferdienstes Lieferando haben am Montag in Leipzig für bessere Arbeitsbedingungen protestiert. „Wir fordern einen festen Stundenlohn für die Fahrer. Aktuell richtet sich die Bezahlung im Grunde am gesetzlichen Minimum aus“, sagte Lou Anton Hauser von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) am Montag. Anlass des Protests war eine Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Leipzig. Ein Lieferando-Fahrer hatte sich gegen die aus seiner Sicht unzulässige Kündigung in der Probezeit gewehrt…“ Bericht „Lieferando-Fahrer protestieren und kritisieren System“ vom 31.01.2022 bei t-online und Fotos der Betriebsgruppe Dominoeffekt auf Twitter - Lieferando-Rider demonstrieren am 28. Januar 2022 vor dem Headquarter in Berlin für 15 Euro mindestens pro Stunde und den ersten Tarifvertrag
„15 Euro mindestens pro Stunde und den ersten Tarifvertrag in der Lieferdienst-Branche, das fordern die Beschäftigten von Lieferando. Mit einer Demonstration vor der Berliner Firmenzentrale werden sie ihrer Forderung Nachdruck verleihen. Bist du dabei? Support the Riders! Freitag, 28. Januar 2022, 12.00 Uhr, Lieferando-Headquarter Schlesische Strasse / Cuvrystrasse“ Aufruf der NGG vom 19. Januar 2022 (auch auf Englisch), siehe auch www.ngg.net/liefernamlimit und #liefernamlimit #fightfor15 – siehe nun Berichte:- Protest von Lieferando-Fahrer*innen am 28. Januar 2022: Ausgeliefert, angenervt
„In Berlin-Kreuzberg haben am Freitag Lieferando-Fahrer*innen und Gewerkschafter für bessere Arbeitsbedingungen protestiert. „Der Plattform ausgeliefert“ und „Lieferando muss liefern“ steht auf den Schildern von Protestierenden, die sich am Freitag vor dem Lieferando-Hauptquatier im Stadtteil Kreuzberg versammelt haben. Insgesamt sind ca. 70 Fahrer*innen und Mitglieder der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zusammengekommen, um ihre Forderungen vorzustellen: Einen Stundenlohn von 15 Euro, Zuschläge für Schichten an Sonn- und Feiertagen, sechs Wochen Urlaubsanspruch, eine volle Bezahlung der Heimfahrt und Weihnachtsgeld. (…) Wie groß der Frust in der Lieferando-Belegschaft sein muss, wird an diesem Freitag in Kreuzberg sehr deutlich. Am Mikrofon steht Leo, seit einem Jahr Kurier, in seiner orangen Arbeitskleidung: „Wir fordern nicht nur mehr Geld, wir wollen vor allem echte Wertschätzung“, sagt er. Als er die Weihnachtsgeschenke anspricht, sorgt er für Gelächter unter seinen Kolleg*innen: 2020 habe es einen 20 Euro Lieferando-Gutschein gegeben, im vergangenen Jahr dann eine Packung Nudeln, in Form des Lieferando-Logos. „Wenn ich ehrlich bin, wäre mir ein anständiges Gehalt zu Weihnachten deutlich lieber.“ Stattdessen schicke das Management ihnen Mails mit Tipps, wie sie mehr Trinkgeld bekommen oder ihre Schichten so legen können, dass sie 47 Stunden pro Woche schaffen, berichten die Fahrer*innen. (…) Die Gewerkschafter und Lieferando-Fahrer*innen wirken an diesem Freitag wütend, aber optimistisch. In der Branche herrsche weiterhin Personalmangel, das stärke ihre Position: „Ob wir in Flink, Gorilla oder Lieferando-Uniform fahren, ist uns am Ende des Tages egal. Was zählt, sind die Bedingungen, unter denen wir arbeiten,“ sagt Till Nüsse. Eine Einigung in den Tarifverhandlungen sei also auch im Interesse von Lieferando.“ Bericht von Johanna Jürgens vom 28.1.2022 in der taz online , siehe Fotos der Proteste der NGG auf Twitter sowie die PM der NGG - Nudeln statt Tarifvertrag. Berlin: Lieferando-Beschäftigte fordern tarifliche Vereinbarung
„»Riders unite – together we fight!« schallte es am Freitag mittag vor der Zentrale des Lieferdienstriesen Lieferando in Berlin-Kreuzberg. Die Rider genannten Beschäftigten des Marktführers hatten zum Auftakt von Tarifverhandlungen gemeinsam mit der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) zum Protest aufgerufen. Die Forderung: Ein tariflich geregelter Stundenlohn von 15 Euro, ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen, Jahressonderzahlungen und eine Abschaffung des vom Unternehmen angewandten Bonussystems. »Was wir fordern, ist eigentlich für andere Jobs völlig normal, sagte Rodrigo Guimaraes, Betriebsratsvorsitzender bei Lieferando in Nürnberg, am Rande der Kundgebung zu junge Welt. Allein in Berlin arbeiteten Tausende Beschäftigte »in diesen ungeregelten Arbeitsverhältnissen«, sagte Olaf Klenke, Landesbezirkssekretär der NGG-Ost. (…) Die Arbeitsverträge von Lieferando böten »alles, was der arbeitsrechtliche Folterkoffer hergibt«, bemerkte Christoph Schink, NGG-Referatsleiter Gastgewerbe am Rande der Kundgebung zu jW. Das von Lieferando eingesetzte Bonussystem, »bei dem man die Fahrer gegen die Zeit und fürs eigene Portemonaie radeln lässt«, erfülle sich nicht und sei im Straßenverkehr zusätzlich auch noch gefährlich. Der Fahrer Leo, Mitglied des Wahlvorstands für einen künftigen Betriebsrat bei Lieferando in Berlin und Mitglied der Tarifkommission, wünscht sich »echte Wertschätzung« von Lieferando. Auch wenn das Management mit Geschenken zur Weihnachtszeit so tue, »als würde es uns wertschätzen«, lasse sich keine wirkliche Verbesserung feststellen. Lieber als Geschenke zu Weihnachten – im vergangenen Jahr erhielten die Rider vom Unternehmen eine Packung Nudeln in Form des Lieferando-Logos – wäre den Beschäftigten ein Weihnachtsgeld, unterstrich der Fahrer. »Darum brauchen wir einen Tarifvertrag«.“ Artikel von David Maiwald in der jungen Welt vom 29. Januar 2022
- Protest von Lieferando-Fahrer*innen am 28. Januar 2022: Ausgeliefert, angenervt
- [Petition] Lieferando soll die unzumutbaren Lieferwege wieder kürzen!
„Die deutlich längeren Anfahrten zu Restaurants und Lieferwege zu Kund:innen müssen wieder kürzer werden. Die Lieferradien der Restaurants müssen wieder stärker begrenzt werden. Liefergebiete von Restaurants der gleichen Firma sollen sich nicht mehr überschneiden. Begründung: Wir bekommen durch die langen Wege weniger Trinkgeld, weniger Bonus und werden noch mehr den Gefahren im Straßenverkehr und dem Wetter ausgesetzt. Die daraus folgende Konsequenz des Reallohn-Verlustes muss gestoppt werden. Für 11€ pro Stunde und mit mangelhaftem Equipment 8 Kilometer und mehr zu fahren ist eine Zumutung. Das Essen kommt nicht mehr heiß an. Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Lieferando Workers Collective aus Hürth“ Petition bei openPetition vom 16.01.2022 von Lieferando Workers Collective an Just Eat Takeaway/ Lieferando/ Takeaway Express GmbH - „Lieferando buhlt um Fahrer“ – indem Gerichtsurteile befolgt werden sollen, während aktuelle Rider ihr Geld einklagen müssen
„Der Essenslieferdienst Lieferando will die Arbeitsbedingungen für seine Fahrer verbessern, um für die Arbeitnehmer attraktiver zu werden – denn der Kampf um Personal bei Lieferdiensten ist groß. (…) Dafür stellt der Lieferdienst seinen Fahrern künftig ein Dienst-Fahrrad und ein Dienst-Smartphone inklusive Daten-Flatrate zur Verfügung. Außerdem bekommen die Lieferanten seit dem 1. Januar mehr Geld. Das teilte das Unternehmen heute mit. (…) Der Basislohn stieg bereits zu Beginn des Jahres von zehn Euro auf elf Euro. Das Unternehmen teilte mit, der Lohn von elf Euro pro Stunde werde unabhängig davon ausgezahlt, wie viel die Kuriere ausliefern, ob sie auf eine Bestellung warten, krankgeschrieben oder im Urlaub sind, wie Lieferando betonte. Hinzu kämen Liefer-Boni und Kilometerpauschalen, inklusive derer dann Verdienste von bis zu 18 Euro pro Stunde möglich sind. (…) Außerdem können ab Februar alle Beschäftigten zwischen einem von Lieferando gestellten Fahrrad, einem Leasing-Rad oder dem eigenen Rad für die Kurierfahrten wählen. Die letzteren beiden Optionen kompensiere Lieferando nach eigenen Angaben durch eine lohnergänzende Kilometerpauschale. Die Leasing-Räder bezögen Fahrer zudem vergünstigt und inklusive Wartungsservice. Bislang gab es diese Möglichkeit für Fahrer nur in 15 deutschen Großstädten, präsent ist der Lieferdienst allerdings in rund 60 Städten. (…) Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten hatte im Sommer einen Stundenlohn von mindestens 15 Euro für Lieferando-Beschäftigte gefordert. Zusätzlich verlangt sie die Zahlung eines 13. Monatsgehalts, Zuschläge für Schichten am Abend, an Sonn- und Feiertagen, sechs Wochen Urlaubsanspruch und die volle Bezahlung der letzten Fahrt zurück an den Wohnort. Die jetzt angekündigten verbesserten Arbeitsbedingungen bei Lieferando kommen nicht von ungefähr: Die Branche der Essens- und Lebensmittellieferdienste boomt. Fahrerinnen und Fahrer sind für die Unternehmen zunehmend schwer zu finden.“ Meldung vom 10. Januar 2022 bei tagesschau.de , verfolgt mensch aber die aktuellen Meldungen der Rider, erscheint das alles als reine Propaganda:- Lieferando Workers Collective am 10.1.2022 : „WO IST UNSER GELD?! @lieferando diesen Monat WIEDER kein Geld am Zahltag?! Sie verstoßen gegen die Betriebsvereinbarung! Im Jahr 2022 muss das Gehalt am 10. auf unserem Bankkonto eingegangen sein.“
- Protest-Fabio am 11.1.2022 : „Wenn man denkt, man hat alles in dieser Firma erlebt, muss ein Kollege mit der Gewerkschaft eine Zwangsvollstreckung einleiten lassen, da trotz Urteil das Geld nicht rausgerückt wird.“
- Organisierung bei Lieferando: „Fahrer mit Rad sucht Betriebsrat“
„Beim Restaurantlieferdienst Lieferando, dem so orange-penetranten Marktführer im Segment des lauwarmen Pizza- und Burger-Haustürservices, wollen Beschäftigte einen Betriebsrat gründen. Etwa 2.500 Angestellte in Berlin, zumeist mit wenig attraktiven Arbeitsbedingungen, könnten davon profitieren. Der erste Schritt auf dem Weg zu einer Betriebsratswahl ist mit der Ernennung eines Wahlvorstandes bereits gemacht: Elf Mitglieder sowie sechs Ersatzkandidat:innen gehören dem im November berufenen Gremium an. „Wir haben uns jetzt zusammengefunden, um Wahlen vorzubereiten“, sagt eine Vertreterin aus dem Wahlvorstand der taz, ihren Namen möchte sie aus Sorge vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen nicht öffentlich machen. Ernannt wurde das Gremium vom Lieferando-Gesamtbetriebsrat, der seit 2019 bundesweit existiert. Dem Schritt gingen jedoch monatelange Treffen der Fahrer:innen in Berlin voraus. Noch warten die nun Ernannten auf eigene Büroräume und die Unterstützung von Lieferando; manche von ihnen auch auf das Gehalt, das ihnen als Wahlvorstand zusteht. Richtige Steine habe ihnen das Unternehmen noch nicht in den Weg gelegt, so die Essenskurierin, aber Hilfe sei eben auch nicht vorhanden. Der niederländische Mutterkonzern Takeaway hatte in der Vergangenheit etwa am Standort Köln versucht, lokale Betriebsratsgründungen zu unterlaufen.
Für die Fahrer:innen geht es um viel. Obwohl Lieferando zu den etablierten Marken der Branche gehört, ist der Lohn vergleichsweise schlecht. Wer Essen ausliefert, erhält zehn Euro pro Stunde, ab der 25. Auslieferung im Monat kommen 25 Cent pro Lieferung oben drauf, nach der 100. ein Euro. Fahrrad und Handy müssen die Fahrer:innen bislang trotz eines entgegengesetzten Urteils des Bundesarbeitsgerichts selbst stellen, für eine minimale finanzielle Kompensation. In Berlin haben sich die Arbeitsbedingungen diesen Winter aufgrund des Fahrermangels verschlechtert. Bis zu zehn Kilometer müssen Fahrer nun für eine Lieferung zurücklegen, daher schaffen sie weniger Fahrten…“ Artikel von Erik Peter vom 29.12.21 in der taz online , siehe dazu:- Telegram Channel des Wahlvorstands der Arbeiter*innen der Takeaway Express GmbH in Berlin
- Kundgebung am 15.12.2021 in Köln: Lieferando – dem Winter ausgeliefert
„Der Zusammenschluss von selbstorganisierten Lieferfahrer*innen – das Lieferando Workers Collective (LWC) – und die Gewerkschaft FAU (Freie Arbeiter*innen Union) streiten für angemessenes Winterequipment. Jacken, die keine 8 Std. Schicht trocken halten, Handschuhe, die in Sekunden durchnässt sind, Schuhüberzieher, die ein Sicherheitsrisiko darstellen, Mützen, die nicht unter einen Helm passen, fehlende Hüllen für die privaten Handys, fehlende Thermowäsche und weiteres mehr sind drängende Probleme der Lieferandofahrer*innen. Um diese Missstände auf direktem Weg anzugehen, hat sich das Lieferando Workers Collective gegründet. Ein erster, wenn auch kleiner Erfolg war schon zu verbuchen. Es gab neue, wasserfeste Handschuhe, die in einem Go-In nach Fristablauf erfolgreich eingefordert wurden. Unterstützt wird das LWC hierbei von der Gewerkschaft FAU, die unter dem Hashtag #PAYDAY auch für Unterstützer*innen für die Kundgebung wirbt. Für weitere, dem Wetter entsprechende Forderungen, läuft die vom LWC neu gesetzte Frist am 14.12.2021 ab . „Wir rechnen nicht damit, dass unsere Forderungen fristgerecht in Gänze erfüllt werden. Deswegen haben wir bereits jetzt eine Kundgebung angemeldet um unseren Stimmen Nachdruck zu verleihen.“ so Nils vom LWC.“ Aufruf des Lieferando Workers Collective zur Kundgebung am 15. Dezember ab 17 Uhr am Ehrenfeldgürtel, siehe dazu:- Klitschnass und frierend durch Köln: Fahrerinnen und Fahrer von Lieferando demonstrierten am Mittwoch gegen den Lieferdienst
„… Nils arbeitet seit drei Jahren für den Lieferdienst Lieferando in Köln. Ein Job, der ihm Spaß macht. Allerdings ist die Arbeit auf dem Fahrrad bei Wind und Wetter oft auch sehr unangenehm, sagt er. „Wenn es nicht nur nieselt, sondern normal regnet und man privat keine wasserdichten Schuhe hat, sind die Füße spätestens nach einer halben Stunde nass und kalt“, berichtet der Lieferando-Fahrer. Nils kritisiert, dass Lieferando den Fahrern keine geeignete Bekleidung für die kalte und nasse Jahreszeit zur Verfügung stelle. Die Jacke, die Lieferando anbietet, halte für drei bis vier Stunden ganz gut dicht. Danach dringe die Feuchtigkeit aber durch. Es gebe keine Thermounterwäsche für die Arbeit im Winter. „Man friert, irgendwann tun auch die Hände weh, weil sie nass und kalt sind“, sagt Nils. Für die Schuhe stelle Lieferando jetzt zwar Überzieher aus Silikon zur Verfügung. Die seien aber so rutschig, dass Sturzgefahr bestehe. (…) Mitarbeiter von Lieferando und anderen Lieferdiensten haben sich zusammengeschlossen. Sie wollen am späten Mittwochnachmittag vor der Lieferando-Basis in Köln-Ehrenfeld für bessere Arbeitsbedingungen demonstrieren. (…) Ein anderes Problem: Alle Fahraufträge kommen über das Handy. Die Fahrer müssen ihre privaten Geräte nutzen. Wenn die runterfallen oder nass werden, hätten sie Pech, sagt Nils dem WDR: „Ich muss Schäden selbst bezahlen. Lieferando sagt uns, die Versicherung ist dafür nicht zuständig. Wir bleiben auf den Kosten für die Reparatur von Handys sitzen. Einige Mitarbeiter klagen deshalb gegen Lieferando.“…“ Beitrag von Oliver Köhler vom 15. Dezember 2021 beim WDR , siehe auch: - Proteste gegen Arbeitsbedingungen bei Lieferando
„Alle Bestellungen mit dem privaten Handy abarbeiten, keine passende Winterkleidung – das werfen Fahrradkuriere ihrem Auftraggeber Lieferando vor. Sie protestieren in Köln. Oliver Köhler ist dabei gewesen.“ Video des Beitrags in WDR 5 Westblick – aktuell vom 15.12.2021 - 15. Dezember 2021: PayDay bei Lieferando in Köln
„Dem Winter ausgeliefert bei Lieferando? Mangelhafte und fehlende Ausrüstung für den Winter, damit muss jetzt Schluss sein! Her mit den Diensthandys und der regenfesten Thermokleidung! Deshalb ruft die FAU Köln zusammen mit dem Lieferando Workers Collective zur #PayDay Kundgebung am 15. Dezember 2021 um 17:00 vor dem Lieferando-Hub Köln! Das Lieferando Workers Collective hat bereits am 1. Dezember mit einem Walk-in ihre Forderungen bekanntgemacht – gleichzeitig gab es ein erstes Zugeständnis: Die Fahrer*innen erhielten am selben Tag wie bereits zuvor gefordert, neue Handschuhe…“ Aufruf samt Video bei der FAU – siehe auch den der FAU Köln auf Twitter und Infos beim Lieferando Workers Collective auf Twitter
- Klitschnass und frierend durch Köln: Fahrerinnen und Fahrer von Lieferando demonstrierten am Mittwoch gegen den Lieferdienst
- Stundenlohn statt Bonussystem. Gegen Unterbezahlung: NGG mobilisiert Lieferando-Fahrer
„Die Restaurants sind wieder für Gäste geöffnet, doch viele lassen sich ihr Essen weiterhin in die eigenen vier Wände liefern. Goldene Zeiten für Unternehmen wie Lieferando, die das Bestellte von der Gaststätte zum Kunden bringen lassen – von Fahrern, die zu Niedriglöhnen arbeiten müssen. In Nürnberg wollen sich die Rider nicht mehr damit abspeisen lassen und fordern einen Tarifvertrag und einen Stundenlohn von 15 Euro. Am Dienstag gingen sie dafür auf die Straße. In der Lebkuchenstadt berät nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) derzeit die Tarifkommission über das weitere Vorgehen. »Es wird Zeit, dass auch die Fahrerinnen und Fahrer für ihre harte Arbeit einen vernünftigen Urlaubsanspruch, Zuschläge bei Arbeit in den Abendstunden, an Sonntagen und Feiertagen sowie ein 13. Monatsgehalt und einen verlässlichen Stundenlohn erhalten«, erklärte Christoph Schink, NGG-Referatsleiter für das Gastgewerbe, gegenüber dpa. Aktuell bekämen die Fahrer einen Stundenlohn von zehn Euro, »der durch ein völlig intransparentes, gefährliches und diskriminierendes Bonussystem ergänzt wird«.
Lieferando wehrte sich gegen diese Vorwürfe. Mit den Boni liege der Stundenlohn im Schnitt bei 13 Euro. Das sei »mehr, als die Angestellten in vergleichbaren Servicebereichen« erhielten, teilte das Unternehmen mit. Außerdem hätten die Beschäftigten einen »üblichen Urlaubsanspruch«, bekämen »Überstunden bezahlt« und seien durch eine reguläre Anstellung abgesichert mit Lohnfortzahlung und Versicherungen. Zudem profitierten rund 95 Prozent der Fahrer von dem »bundesweit einheitlichen« Bonussystem; und in wenigen Tagen hätten sie »in der Regel« die nötigen Lieferungen für die Monatsboni zusammen. Das sieht die NGG anders. Zumindest wer in Teilzeit bei Lieferando beschäftigt sei, könne die geforderte Anzahl von Lieferungen aufgrund der Arbeitszeit nicht erreichen, heißt es bei der Gewerkschaft. Außerdem sei nicht durchschaubar, wer wieviel Bonus erhalte. Zudem gebe die App, über die die Fahrer die Aufträge erhalten, Anreiz, »durch waghalsige Manöver schneller ins Restaurant, schneller zum Kunden« zu kommen, sagte Christin Schuldt von der NGG München gegenüber der Abendzeitung (Dienstagausgabe). Das gefährde die Verkehrssicherheit der Rider. (…) Die Gewerkschaft NGG und die Beschäftigten von Lieferando pochen auf höhere Löhne, weil sie zwar vor allem in Großstädten arbeiten, aber sich mit ihren Gehältern dort kaum noch eine Wohnung leisten können. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die der Immobilienmakler Homeday veröffentlicht hat. In der Studie hat Homeday die regionale Mietbelastungsquote unter anderem für Fahrer der Kurierdienste ausgerechnet. Das heißt, es wurde berechnet, in welchen Stadtteilen der Anteil der Mieten an den monatlichen Einkommen 30 Prozent übersteigt. In Großstädten ist das Wohnen für die Rider kaum noch möglich.“ Artikel von Bernd Müller in der jungen Welt vom 11.11.2021 - Kundgebung am Dienstag, 9. November 2021 in Nürnberg: Lieferando-Beschäftigte demonstrieren für mehr Geld: Support the Riders!
„Mindestens 15 Euro pro Stunde: Das fordern die Beschäftigten des Essenslieferdienstes Lieferando / Kundgebung am Dienstag, 9. November 2021, im Nürnberger Zentrum. „Aktuell gilt ein Stundenlohn von 10 Euro, der durch ein völlig intransparentes, gefährliches und diskriminierendes Bonussystem ergänzt wird. Wenn die Rider aber nur mehr Geld verdienen können, wenn sie noch schneller in die Pedale treten, kann es für sie auf der Straße, vor allem in der kalten und dunklen Jahreszeit, gefährlich werden“, sagt Christoph Schink, Referatsleiter für das Gastgewerbe der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). „Es wird Zeit, dass auch die Fahrerinnen und Fahrer für ihre harte Arbeit einen vernünftigen Urlaubsanspruch, Zuschläge bei Arbeit in den Abendstunden, an Sonntagen und Feiertagen sowie ein 13. Monatsgehalt und einen verlässlichen Stundenlohn erhalten“, so Schink. Dafür kämpfe die NGG-Tarifkommission und lädt zur Kundgebung ein…“ NGG-Meldung vom 8.11.2021 , siehe zum Hintergrund:- Lieferando-Beschäftigte wollen Tarifvertrag durchsetzen 15 Euro mindestens!
„Mindestens 15 Euro pro Stunde: Die Beschäftigten von Lieferando wollen Schlussmachen mit miesen Arbeitsbedingungen beim Lieferdienst-Riesen. Sie wollen einen Tarifvertrag durchsetzen, der unter anderem einen deutschlandweit gültigen Mindestlohn vorsieht. In Hamburg haben die Mitglieder der Tarifkommission am vergangenen Freitag ihre Forderungen beschlossen. „Die Rider sind bei Wind und Wetter unterwegs – sie erwarten völlig zu Recht, dass ihre gefährliche Arbeit fair bezahlt wird“, so Christoph Schink von der Gewerkschaft NGG. „Lieferando ist der milliardenschwere Marktführer in der Lieferdienstbranche und kein sympathisch-chaotisches Start-Up.“ Es sei deshalb an der Zeit, dass die Arbeitsbedingungen einheitlich und und fair geregelt werden, so Schink. „Unsere Mitglieder machen sich jetzt mutig und selbstbewusst auf den Weg, einen solchen Tarifvertrag durchzusetzen.“
Der Tarifvertrag mit Lieferando soll folgende Forderungen erfüllen: Mindestens 15 Euro pro Stunde; Zahlung eines 13. Monatsgehalts; Angemessene Zuschläge für Schichten am Abend, an Sonntagen und an Feiertagen; sechs Wochen Urlaubsanspruch; volle Bezahlung der letzten Fahrt nach Hause“ NGG-Meldung vom 31. August 2021
- Lieferando-Beschäftigte wollen Tarifvertrag durchsetzen 15 Euro mindestens!
- Es gibt nun das Lieferando Workers Collective !!!
- Lieferando: Abmahnung nach öffentlicher Kritik
„Lieferando hat einen Fahrer abgemahnt, nachdem er das Unternehmen auf Twitter kritisiert hatte. Der Fahrer bemängelte Bugs bei der internen Scoober-App. Mitglieder des Betriebsrats protestieren. Nils wohnt in Köln, ist seit drei Jahren Fahrer bei Lieferando und will seinen Nachnamen lieber nicht öffentlich lesen. Neben seiner Arbeit betreibt er den Twitter-Account @FabioLeone94 , wo er viel über seine Arbeit bei dem Lieferunternehmen schreibt – und über Probleme dabei. (…) Am gleichen Tag, an dem Nils den Thread veröffentlichte, schickte Lieferando ihm zwei Abmahnungen – sie bezogen sich auf ältere Tweets. Es handele sich bei diesen nicht mehr um sachliche Kritik, so die Abmahnungen. Dem stimmt Nils im Gespräch mit netzpolitik.org zu: „Das hatte mit sachlicher Kritik nichts mehr zu tun.“ Er hat inzwischen beide Tweets gelöscht. Ein paar Wochen später kam dann die nächste Abmahnung, diesmal wegen des Threads zur Scoober-App. Lieferando wirft Nils darin vor, seine Kritik zuerst öffentlich geäußert zu haben. Lieferando werde damit in der Öffentlichkeit im Internet angeprangert. Dadurch sei dem Unternehmen die Chance genommen worden, auf die Missstände zu reagieren, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangen. Stattdessen hätte er diese Kritik zuerst intern äußern sollen, schreibt Lieferando. Nils behauptet, er habe genau das gemacht. Schon vor Monaten habe er persönlich mit einem Vorgesetzten vor Ort über diese Probleme geredet. Anfang September habe er dann noch eine Mail hinterhergeschickt, auf die er erst nach mehr als einer Woche eine Antwort bekommen habe. (…) Es sei nicht das erste Mal, dass das Unternehmen verhindern wollte, dass Fahrer*innen mit Problemen an die Öffentlichkeit gingen, sagt der Betriebsrat: Vor einigen Monaten habe es einen Vorschlag für eine Betriebsvereinbarung gegeben, laut der Fahrer*innen nicht mit Vertretern der Presse reden sollten. Da habe aber der Betriebsrat nicht mitgemacht. (…) Bei der aktuellen Sache, der dritten Abmahnung gegen Nils, könne er nicht direkt aktiv werden, so Betriebsrat Schmitz. Auch eine eventuelle Kündigung könne man nicht direkt verhindern, aber Bedenken einlegen. Das würde dann bei einem späteren Kündigungsschutzverfahren vom Gericht berücksichtigt. „Ich wünsche ihm alles Gute und werde ihn bestmöglich unterstützen“, so Schmitz zu netzpolitik.org. Nils fühlt sich kaum an seinen Arbeitgeber gebunden, denn er bekommt ihn nie zu Gesicht: „Mein Chef ist die App, ich fahr von Zuhause, ich geh alle drei Monaten in den Hub für Masken und Desinfektionsmittel – da von Treuepflicht zu sprechen, das ergibt sich für mich nicht.“ (…) „Ich möchte jetzt anderen helfen und die Bedingungen mitverbessern, denn es gibt halt nunmal Leute, die sind wirklich auf solche Jobs angewiesen“, sagt Nils.“ Artikel von Maximilian Henning vom 13. Oktober 2021 bei Netzpolitik.org - Arbeitsunfall vor Gericht: Lieferando will Handy-Reparatur nicht bezahlen, Rider klagt vor Arbeitsgericht Köln auf Schadensersatz am 29. September 2021
„Lieferando bestreitet legitime Ansprüche mit absurden Argumenten. Leipziger Arbeitsrechtsanwalt provoziert mit skurrilem Schriftsatz: „Mehrfaches der Erdbeschleunigung“ & „ideologisch instrumentalisiert“. Vor dem Arbeitsgericht Köln klagt der Lieferando-Kurier Leon A. auf Erstattung einer Handy-Reparatur, nachdem ihm sein mobiles Endgerät bei der Arbeit herunter gefallen war. Lieferando und andere Rad-Kurierdienste verlangen ganz selbstverständlich von ihren Fahrern (Riders), dass sie bei der Arbeit private Fahrräder und Handys verwenden. Das widerspricht eigentlich allen Gepflogenheiten, die sich zwischen Arbeitern und Unternehmern seit den letzten 150 Jahren entwickelt haben. Dass die Beschäftigten Lieferando somit massiv entlasten1 und von unternehmerischer Verantwortung befreien, dankt ihnen das Management jedoch nicht. Es wird vielmehr auch noch frech: Lieferando weigert sich, Handys zu reparieren, die bei der Arbeit und durch die Arbeit kaputt gegangen sind. Klagt ein Fahrer auf Schadensersatz — wie nun Leo A. in Köln — behauptet das Unternehmen dreist, das habe nichts mit der Arbeit zu tun: „Der Schaden wird vielmehr im privaten Einsatz enstanden sein.“ (Zitat Schriftsatz RA Danilo Friedrich-Goodall) (…) Wenn Lieferando seinen Kurieren Diensthandys stellen würde, hätte sich dieser Prozess wohl schnell erledigt. Lieferando müsste dem Rider die Erstattung der Reparatur vom Lohn abziehen, die Beweislast läge ansonsten beim Unternehmen — was sehr wenig Aussicht auf Erfolg hätte, da die Riders allein unterwegs sind und zumeist keine weiteren Zeugen befragt werden können. Das Kölner Gerichtsverfahren behandelt einen Streitwert von 120,- Euro. Das gilt als Bagatelle. Potentiell geht es aber um Millionen — wenn wir an das Heer der rund 10.000 Lieferando-Fahrer*innen in Deutschland denken. Der Fall ist ein Präzedenzfall. Wenn Leon siegt, können sich alle anderen Rider in Zukunft auf das Kölner Urteil berufen. Deshalb ist der Fall wichtig…“ Meldung von 24. September 2021 bei Aktion gegen Arbeitsunrecht , sie ruft zu Prozessbeobachtung auf am Mittwoch, 29. September 2021, 10:00 Uhr am Arbeitsgericht Köln, Saal V, Blumenthalstr. 33, 50670 Köln. Siehe zum Urteil:- Handy kaputt. Lieferando kneift und muss Reparatur bezahlen. Prozess vor dem Arbeitsgericht Köln macht deutlich: Fahrer*innen brauchen Diensthandys. Arbeitsrecht braucht Sammelklagen!
„Der Lieferando-Arbeitsrechtsanwalt Danilo Friedrich-Goodall fehlte unentschuldigt. Daher verhängte das Arbeitsgericht Köln am 29. September 2021 ein Teilversäuminsurteil gegen Lieferando. Der größte deutsche Essenslieferdienst muss dem Kölner Fahrer Leon A. die Reparatur seines privaten Handys bezahlen, das bei einem Arbeitsunfall kaputt gegangen war. Kostenpunkt: 139,- Euro. Der Fall ist aus zwei Gründen brisant: Das Problem, das im Einzelfall nur eine Bagatelle darstellt, haben potentiell sämtliche 10.000 Riders in Deutschland. Es geht in der Summe um Millionen. Die Beweislast liegt beim Kläger. Da Lieferando — wie andere Lieferdienste auch — die Nutzung von privaten Handys der Riders voraussetzt, müssen diese auf Reparatur klagen. Daraus folgt zwingend die Forderung: Diensthandys für alle! Die Kölner Arbeitsrichterin Brigitte Neideck machte darauf aufmerksam, dass Leon A. im Falle einer Verhandlung beweisen müsste, dass sein Handy bei einem Unfall während der Arbeit kaputt gegangen ist — und nicht in der Freizeit — und dass der Unfall nicht durch grob fahrlässige Fahrweise verursacht wurde — sondern höchstens durch „leicht fahrlässige Fahrweise“. Da die Riders zumeist allein unterwegs sind, fällt es oft schwer, Zeugen oder andere Beweise beizubringen. Hieraus ergibt sich folgender Tipp: Bei einem Unfalls sofort Telefonnummern von Zeugen notieren, damit diese notfalls vor Gericht aussagen können! Die gängige Praxis ist inakzeptabel. Sie lässt nach Ansicht der Aktion gegen Arbeitsunrecht nur einen Schluss zu: Diensthandys für alle müssen her! Alles andere ist sittenwidriger Quark. Lieferando muss das unternehmerische Risiko voll übernehmen!…“ Meldung vom 29. September 2021 von und bei Arbeitsunrecht , siehe auch: - Subversives Element. Lieferando übernimmt nur Teil der Reparaturkosten und begründet das politisch. Lieferdienst nun zur vollständigen Zahlung verpflichtet
„Die akademische Viertelstunde wurde gewartet, dann erging ein Versäumnisurteil: Das Arbeitsgericht Köln hat am Mittwoch dem Lieferando-Rider Leon A. 139 Euro Schadenersatz für sein im Dienst zu Bruch gegangenes privates Handy zugesprochen. Der Grund für das Versäumnisurteil: Rechtsanwalt Danilo Friedrich-Goodall, der laut Gerichtsrolle die Takeaway Express GmbH – das Unternehmen hinter der Marke Lieferando – vertritt, war unentschuldigt nicht erschienen. Der Urteilsspruch ist zunächst ein Erfolg, hatte Lieferando über seinen Anwalt doch bestreiten lassen, dass das Handy während der Arbeitszeit Schaden genommen habe. Die beklagte Takeaway Express GmbH kann binnen einer Woche allerdings Einspruch gegen das Urteil einlegen und damit das Verfahren weiter in die Länge ziehen. »Dann würden wir uns hier demnächst wiedersehen«, erläuterte die Vorsitzende Richterin Brigitte Neideck noch im Gerichtssaal gegenüber dem guten Dutzend Unterstützer von Leon. (…) Nach seiner Schadensmeldung habe sich das Unternehmen auch zunächst »freundlich« gezeigt, wollte dann aber nur einen Teil der Kosten, insgesamt 120 Euro, übernehmen. »Ich will aber den ganzen Schaden beglichen haben«, so Leon im Gespräch mit jW. In einem Schriftsatz hatte der Anwalt behauptet, dass Reparaturkosten »grundsätzlich« von der Beklagten beglichen würden. Darum sei auch unklar, warum der Fahrer überhaupt geklagt habe. Erklären kann sich der Anwalt das nur damit, dass Leon »offenbar ideologisch instrumentalisiert« worden sei, womit er wohl auf die Mitgliedschaft Leons in der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) anspielte. In die war Leon aber erst nach dem Handymalheur eingetreten, weshalb der 19jährige nicht auf den Rechtsschutz der Gewerkschaft zurückgreifen konnte und sich kurzerhand selbst vor Gericht vertrat.(…) Der NGG sind die 13 Euro aber nicht genug, sie fordert einen Stundenlohn von 15 Euro und ein 13. Monatsgehalt. »Lieferando ist der milliardenschwere Marktführer in der Lieferdienstbranche und kein sympathisch-chaotisches Startup«, so Schink weiter. Und dafür, dass die Rider ihr eigenes Mobiltelefon für die Arbeit benutzten, müsse es eine finanzielle Kompensation geben. »Man stelle sich mal vor, ein Kellner müsste Teller und Besteck mit zur Arbeit bringen«, spottete Schink. »In dem Verfahren geht es Lieferando auch nicht ums Geld, sondern ums Prinzip«, kommentierte Schink das Verhalten von Lieferando vor dem Kölner Arbeitsgericht.“ Bericht von Bernhard Krebs in der jungen Welt vom 30.09.2021
- Handy kaputt. Lieferando kneift und muss Reparatur bezahlen. Prozess vor dem Arbeitsgericht Köln macht deutlich: Fahrer*innen brauchen Diensthandys. Arbeitsrecht braucht Sammelklagen!
- Lieferando: Verfahren um Darmstädter Betriebsrat geht in zweite Instanz. Es geht darum, was ein Betrieb überhaupt ist. Und ob die alten Regeln die moderne Plattformökonomie überhaupt erfassen können
„In Darmstadt hatten Lieferando-Fahrer*innen im Januar einen Betriebsrat gewählt. Lieferando hat die Wahl angefochten, das Arbeitsgericht Darmstadt erklärte sie nach mehreren Güteterminen am 26. August für unwirksam. Der Betriebsrat zieht nun vor das hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt. Bei dem Prozess geht es um eine Frage, die weitreichende Folgen für Lieferando-Fahrer*innen in ganz Deutschland haben kann: Viele von ihnen arbeiten in Städten ohne feste Lieferando-Niederlassung, so wie Darmstadt. Gibt es dort trotzdem einen eigenen Betrieb, für den die Fahrer*innen einen eigenen Betriebsrat gründen können? Die Klärung dieser Frage zieht sich schon länger hin. Noch unter Foodora hatten Fahrer*innen in Münster einen Betriebsrat gegründet, obwohl das Unternehmen dort keine Niederlassung hatte. Das Verfahren wurde 2019 wegen eines Formfehlers eingestellt, die von Fahrer*innen erhoffte Festlegung gab es damals nicht. (…) Das Arbeitsgericht Darmstadt hat die Einschätzung von Lieferando, in der Stadt gebe es keinen Betriebssitz, bestätigt. (…) Der Darmstädter Betriebsrat hat Beschwerde gegen das Urteil beim Landesarbeitsgericht Hessen eingelegt. Bis dahin bleibt der jetzige Betriebsrat bestehen. „Wir werden uns vom Urteil nicht einschüchtern lassen und genauso weiterarbeiten wie bisher“, so der Vorsitzende des Betriebsrats zu netzpolitik.org. „Wir sehen uns weiter als einen eigenständigen, betriebsratsfähigen Betrieb.“ Bis es ein rechtskräftiges Urteil gebe, werde man bei der anstehenden Neuwahl auch wieder in Darmstadt wählen. (…) „Die jetzige Definition des Betriebsbegriffs ist ziemlich schwierig auf unsere Betriebsstrukturen umzuleiten“, sagte er im Gespräch mit netzpolitik.org. „Fest steht aber, dass das Betriebsverfassungsgesetz für diese Art der Arbeit modernisiert werden muss – erst recht, wenn der Anwalt der Arbeitgeberin Urteile aus den 1960er Jahren bringt. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts wird ziemlich spannend sein, da hier hoffentlich Maßstäbe für andere Unternehmen und Städte ohne Hubs gesetzt werden können.“ Beitrag von Maximilian Henning vom 20. September 2021 bei Netzpolitik.org - [NGG] 15 Euro pro Stunde: Lieferando-Kuriere wollen Tarifvertrag durchsetzen
„Mindestens 15 Euro pro Stunde: Die Beschäftigten des Essenslieferdienstes Lieferando wollen einen Tarifvertrag durchsetzen, der unter anderem einen deutschlandweit gültigen Mindestlohn für ihr Unternehmen vorsieht. In Hamburg haben die Mitglieder der Tarifkommission am Freitag, den 27. August, ein Forderungspaket beschlossen. „Die Rider sind bei Wind und Wetter unterwegs – sie erwarten völlig zu Recht, dass ihre gefährliche Arbeit fair bezahlt wird.“ Das sagt Christoph Schink, Referatsleiter für das Gastgewerbe der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und verweist auf die harten Arbeitsbedingungen der Essenskuriere.
„Lieferando ist der milliardenschwere Marktführer in der Lieferdienstbranche und kein sympathisch-chaotisches Start-Up. Es ist Zeit, dass die Arbeitsbedingungen deutschlandweit einheitlich und fair geregelt werden. Unsere Mitglieder machen sich jetzt mutig und selbstbewusst auf den Weg, einen solchen Tarifvertrag durchzusetzen.“
Die Forderungen im Einzelnen: Mindestens 15 Euro pro Stunde, Zahlung eines 13. Monatsgehalts, Angemessene Zuschläge für Schichten am Abend, an Sonntagen und an Feiertagen, sechs Wochen Urlaubsanspruch, volle Bezahlung der letzten Fahrt nach Hause.
Nach eigenen Angaben sind bei Lieferando etwa 10.000 Menschen beschäftigt. Der Stundenlohn der Essenskurieren liegt zwischen zehn und elf Euro pro Stunde. Mit einem Bonussystem belohnt Lieferando eine besonders hohe Zahl von Auslieferungen – das erhöht den Druck auf die Kuriere und kann so die Gefahr von Unfällen im Straßenverkehr erhöhen.“ NGG-Pressemitteilung vom 31. August 2021 , siehe dazu:- Die NGG-Aktionsseite Liefern am Limit
- #liefernamlimit
- Die Forderungen (als Grafik) bei Lieferfabio am 16. Aug. 2021 auf Twitter : „Hallo, @lieferando. Wir haben da ein paar Forderungen an Euch.“
- [Pünktlich zum Freitag, den 13.] Lieferando bietet Kurieren unbefristete Verträge an
„Der Essenslieferdienst Lieferando bietet seinen Kurieren unbefristete Arbeitsverträge an. Das gilt zum einen ab sofort für neu eingestellte Mitarbeiter, wie das Unternehmen des niederländischen Branchenriesen Just Eat Takeaway mitteilte. Zum anderen werden auch den rund 10.000 bestehenden Fahrerinnen und Fahrer der Takeaway Express GmbH unbefristete Verträge angeboten. Zwar sei deren befristete Anstellung in der Regel auch so verlängert worden, die neuen Verträge böten aber mehr Sicherheit, betonte der Lieferservice…“ dpa-Meldung vom 13.8.2021 in der Süddeutschen Zeitung online – siehe zum Hintergrund Freitag, der 13.8.21: Gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen bei Lieferdiensten Gorillas & Lieferando und zur Entfristung auch:- Lieferando schafft Befristung ab. Aktionstag #Freitag13 gegen Horror-Jobs wirkt!
„Größter Online-Fahrrad-Lieferdienst Europas Lieferando stellt Riders ab sofort unbefristet ein. Wichtige Forderung des Aktionstags #FREITAG13 überraschend erfüllt. (…) Jetzt gilt es nicht nachzulassen und auch die restlichen sechs Forderungen durchzusetzen. Sie sind keineswegs utopisch, sondern Selbstverständlichkeiten gemäß deutschem, europäischem und internationalem Recht (Betriebsverfassungsgesetz, Grundgesetz, Europäische Sozialcharta, UN-Menschenrechtskonvention, ILO-Kernnormen). Wir fordern von Lieferando / Just Eat und Gorillas: Arbeitsschutz & Sicherheit. Union Busting stoppen: Betriebsräte gründen + schützen! Schluss mit sachgrundloser Befristung & Kettenbefristung! Sechs Monate Probezeit sind zu lang! Ausrüstung und Reparaturen sind keine Privatsache. Transparente Abrechnung, kein Trinkgeld-Klau und andere Tricksereien! Keine Total-Überwachung, inhumanes Ranking & systematischen Datenklau!…“ Meldung vom 13. August 2021 bei Arbeitsunrecht - Siehe auch den Tweet vom Arbeitsrechtler Martin Bechert vom 14. Aug. 2021 : „#Lieferando wäre sonst von diversen Arbeitnehmern verklagt worden. GorillasWorkers haben auch schon gesammelt. Ich habe im Namen unserer Mandanten @gorillasapp aufgefordert bis Ende nächster Woche zu entfristen, sonst gibt ca. 200 Klagen – im 1.Schritt! #Arbeitsrecht #Berlin„
- Lieferando schafft Befristung ab. Aktionstag #Freitag13 gegen Horror-Jobs wirkt!
- [Interview zu Betriebsräten bei Lieferando] »Wir kommen erst bei der Chefetage durch, wenn wir uns einen Rechtsanwalt nehmen«
„Die Lieferdienst-Branche ist für ihre Gewerkschaftsfeindlichkeit berüchtigt. Beim Marktführer Lieferando ist es den Ridern dennoch gelungen, Betriebsräte zu gründen. Ein Gespräch über Strategien und Herausforderungen der Plattformwirtschaft. (…) Obwohl die Lieferdienstunternehmen für ihr gewerkschaftsfeindliches Vorgehen bekannt sind, gelang es den Ridern, sich in relativ kurzer Zeit betriebliche Mitbestimmung zu erkämpfen und deutschlandweit Betriebsräte zu gründen. Auch wenn die Rider sich noch lange nicht am Ziel sehen, zeigt sich schon jetzt: Eine betriebliche und gewerkschaftliche Organisierung von Beschäftigten ist auch in der Plattformökonomie möglich. So auch in Münster, wo gemeinsam mit Osnabrück und Bielefeld der Lieferando-Betriebsrat Westfalen besteht. Carlotta Rölleke und Joscha Moeller gehören diesem Betriebsrat an, fahren selber für Lieferando und kämpfen seit 2018 für bessere Bedingungen in der Branche. Mit ihrer Bestrebung, einen Betriebsrat in Münster zu gründen, zogen sie gemeinsam mit anderen Ridern und der NGG im Jahr 2018 vor Gericht. Der NGG-Gewerkschaftssekretär Piet Meyer betreut und unterstützt sie. Im JACOBIN-Interview erklären sie, warum ihr Arbeitskampf immer wieder vor Gericht landet und warum die Organisierung in der Plattformökonomie so herausfordernd ist. [Lieferando gilt als Krisengewinner der Corona-Pandemie. Gleichzeitig ist das Unternehmen wieder vermehrt wegen der schlechten Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen geraten. Inwiefern geht der Erfolg bei Lieferando auf Kosten der Fahrerinnen und Fahrer?] CR: Eigentlich tut er das fast die ganze Zeit. Während der Corona-Pandemie kam noch hinzu, dass der Infektionsschutz beinahe vollständig auf uns Fahrer ausgelagert wurde. Wir haben das Potenzial, totale Superspreader zu sein. Die Fürsorgepflicht wird einfach auf uns übertragen, während die Last der Bestellungen wächst. Aber wir werden nicht ausreichend geschützt, um das zu bewältigen. Und wir werden auch nicht richtig entlohnt, um das zu bewältigen.
JM: 2020 gab es eine Umsatzsteigerung von 75 Prozent im Vergleich zu 2019. Damit lag der Umsatz des Konzerns in Deutschland bei 2,5 Milliarden Euro, weltweit bei 12,9 Mrd. Wir sehen von diesen Profiten nichts. Wir fahren teilweise immer noch mit unseren eigenen Fahrrädern, wir fahren mit unseren eigenen Handys. Für diese Ausgaben werden wir nicht angemessen kompensiert und liegen mit einem Stundenlohn von 10 Euro nur knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn. [Die ersten Betriebsratsgründungen der Branche gab es 2017, damals noch bei Foodora. Wie haben sich seit diesen knapp 4 Jahren die Arbeitsbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer entwickelt? Konntet Ihr bereits erste Erfolge erzielen?] JM: Lieferando ist jetzt nicht mehr in der Situation, machen zu können, was sie wollen. Es ist jetzt tatsächlich jemand da, der schaut, ob zum Beispiel die Schichtpläne richtig gestaltet sind. Und jetzt haben wir zum Beispiel mit Druck der Aufsichtsbehörden und der Presse erreicht, dass alle Arbeitsmittel erst einmal in einigen Großstädten und höchstwahrscheinlich auch irgendwann mal in anderen Städten geprüft werden und dass die Kosten für die Reparaturen, die dann anfallen, um diese Fahrräder wieder in ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen, vom Arbeitgeber getragen werden. Aber die Geschäftsführung zeigt wenig echten Willen, mit uns zusammenzuarbeiten. (…) CR: Es gibt gerade sieben Betriebsräte in Deutschland: Westfalen, Köln, Nürnberg, Stuttgart, Frankfurt, den Betriebsrat Nord und den kürzlich gegründeten Betriebsrat in Darmstadt. Sehr viele Städte, in denen Lieferando aktiv ist, haben also noch keinen Betriebsrat…“ Interview von Leonard Ecker im Jacobin.de (ohne Datum) mit Piet Meyer, Joscha Moeller und Carlotta Rölleke – siehe zu den weiteren Ausführungen im Interview auch den untenstehenden Artikel - Lieferando und seine Betriebsräte: Gründung eines Betriebsrats in Darmstadt vor Gericht – möglicherweise mit weitreichenden Konsequenzen für Fahrer*innen in anderen Städten
„An vielen Orten in Deutschland streiten gewählte Arbeitnehmervertretungen mit Lieferando. In manchen Städten ist mittlerweile eine Art Frieden erreicht. Doch in Darmstadt steht ein neues Gerichtsverfahren an – möglicherweise mit weitreichenden Konsequenzen für Fahrer*innen in anderen Städten. (…) In den letzten Jahren ist Lieferando auf verschiedenen Wegen gegen neue Betriebsrats-Gründungen vorgegangen. Zumindest ein wenig hat sich das Klima zwischen Unternehmen und Betriebsräten Ende letzten Jahres verbessert, aber im hessischen Darmstadt ist Lieferando vor einigen Monaten wieder gegen die Gründung eines Betriebsrats vor Gericht gezogen. Das Urteil wird mit Spannung erwartet, denn es könnte die Türen für noch viel mehr Betriebsräte öffnen. (…) Im nur 30 Kilometer von Frankfurt entfernten Darmstadt wurde im September 2020 ein neues Fass aufgemacht, gerade, als in Frankfurt die Anfechtung des Betriebsrats begann. Drei Darmstädter Lieferando-Angestellte beriefen einen Wahlvorstand ein und begannen damit den langen, bürokratischen Weg zur Betriebsratswahl. „Mit Problemen konnte man sich nur an Frankfurt wenden“, erzählt einer von ihnen netzpolitik.org. Er möchte anonym bleiben. „Wenn ich als Fahrer eine Sprechstunde haben wollte, konnte ich nach Frankfurt fahren – unbezahlt.“ Bei der Wahl spielte Lieferando wieder nicht mit, mit vertrauten Argumenten: Die Kontaktdaten der Fahrer*innen könnten dem Wahlvorstand nicht übergeben werden, weil das gegen den Datenschutz verstoßen würde. Wohlgemerkt hatte das Hessische Landesarbeitsgericht dieser Argumentation für Frankfurt schon widersprochen. Ein Sprecher von Takeaway antwortete nicht auf eine Anfrage von netzpolitik.org, warum das Unternehmen das Argument in Darmstadt noch einmal vorbrachte. Stattdessen mussten die Benachrichtigungen zur anstehenden Wahl zuerst an Lieferando geschickt werden, das Unternehmen schickte sie dann über den internen Mailverteiler. Bei der Wahl im Januar verschickte der Wahlvorstand 65 Briefe, knapp die Hälfte der Leute habe mitgemacht. „Das wir überhaupt zweistellig wurden, hat mich sehr gefreut“, so der dabei gewählte Darmstädter Betriebsrat. Was dann kam, sei aber schon vorher angekündigt worden, sagt er: Zuerst brauchte es fünf Tage, bis Lieferando die Ergebnisse per Mailverteiler bekannt gab. Und dann flatterte, wie in Frankfurt, die Anfechtung der Wahl ein. Lieferandos Begründung dafür ist die Ursache, warum das noch laufende Gerichtsverfahren jetzt so aufmerksam beobachtet wird. Denn Darmstadt hat im Gegensatz zu Köln, Frankfurt, Dortmund und allen anderen Städten, in denen es bisher bei Lieferando Betriebsräte gibt, keinen Lieferando-Hub. Das heißt aus Sicht von Lieferando, dass in Darmstadt kein Betriebsrat gegründet werden kann. Denn dazu bräuchte es eine Betriebseinheit, eben einen Hub, und der sei in Darmstadt nicht gegeben. (…) „Ich denke, dass das dann ein Betrieb sein muss“, so der Frankfurter Betriebsrat Schurk zu netzpolitik.org. Er sieht Darmstadt aber nicht als Einzelfall, sondern als Vorstoß: „Wir brauchen eine Novellierung unserer Definition von Betrieb, die von der Betriebsstätte abgekoppelt ist.“ Das sei ein Schritt mit wichtigen Konsequenzen, so die Fairwork Foundation auf Anfrage von netzpolitik.org. Geografie gegen die Angestellten zu nutzen, sei eine häufige Strategie in der Plattformwirtschaft. „Durch die Möglichkeit, in allen Städten, in denen das Unternehmen tätig ist, Betriebsräte zu gründen, könnten die Angestellten vielleicht mehr kollektive Kraft aufbauen, um für ihre Rechte zu kämpfen.“ Zumindest bis die Verhandlungen vorbei sind, gibt es den Betriebsrat in Darmstadt. Er besteht momentan aus fünf Leuten und einem Ersatzmitglied. Für die Betriebsratsarbeit freigestellt ist keiner davon, alle arbeiten als Fahrer*innen weiter. Sie kümmern sich um die ganz praktischen Probleme der Fahrer*innen – und dabei funktioniert die Zusammenarbeit mit Lieferando eigentlich gut, sagt einer der Betriebsräte. (…) Die Verhandlungen vor dem Arbeitsgericht Darmstadt laufen währenddessen weiter, am 26. August soll öffentlich über die Anfechtung entschieden werden. Wie dabei die Chancen stehen? „Bewertet man den tatsächlichen Tatbestand, würde ich sagen, ist das vollkommen 50/50“, so der Darmstädter Betriebsrat. Er hat aber noch ein anderes Anliegen: „Mir geht es auch darum, dass die anderen Städte und Kollegen in anderen Unternehmen Wind davon bekommen, dass so ein Betriebsrat eben keine örtliche Arbeitsstätte oder eine Leitung vor Ort braucht.“ Umfangreicher Beitrag von Maximilian Henning vom 02.08.2021 bei Netzpolitik mit sehr gutem Überblick über die Betriebsräte-Struktur bundesweit und alle bisherigen Gerichtsverfahren - LAG-Urteil gegen Lieferando: Kuriere müssen nicht eigenes Fahrrad und Handy nutzen
- Lieferfahrer Nils zum Arbeitskampf bei Lieferando und Co
„Gerade während Corona wurden Lieferdienste zu essentiellen Dienstleistungen. Ob für Menschen in Quarantäne oder als oft einzige Möglichkeit für Restaurants überhaupt noch den Betrieb aufrecht zu erhalten. Lieferando war lange de facto Monopolist in diesem Markt und hat diese Position auch zu seinen Gunsten genutzt. Was es bedeutet als Lieferfahrer zu Arbeiten und mit welchen Herausforderungen oder gar Schikanen mensch dabei zu kämpfen hat erzählt uns der Lieferfahrer Nils“ Video des Interviews bei youtube - »Sollen die Schnauze halten«. Lieferando: Intransparentes Geschäftsgebaren und Risikoabwälzung auf Rider
„… Die Fahrer sind abgekapselt vom Rest des Unternehmens. Wir haben in vielen Städten Betriebsräte gegründet, wissen aber nicht, was in Amsterdam und Berlin los ist, wo die wesentlichen Entscheidungen getroffen werden. Der Arbeitgeber versucht uns da so lange wie möglich rauszuhalten. Wir sollen die Bestellungen fahren, nach Hause gehen und die Schnauze halten. Dabei haben wir nicht dieselben Vorteile wie ein Büromitarbeiter. Wir tragen Risiken und Kosten. Indem man private Arbeitsmittel einbringt, ein Fahrrad, ein Smartphone, eine Mailadresse, geht man in Vorleistung und übernimmt Kosten, die das Unternehmen hätte tragen müssen. (…) Wenn man eine Beschwerde hat, zum Beispiel: »Ich habe zuwenig Lohn gekriegt!«, dann schreibt man eine Mail, auf die oft nicht reagiert wird. Oder sie sagen: »Wir zahlen dir das mit der nächsten Abrechnung aus.« Aber es kommt dann nix. Die Ungerechtigkeit ist unter anderem diese Intransparenz. Es gibt in den Stationen vor Ort zwar auch gute, engagierte Koordinatoren, die den Leuten helfen wollen. Aber deren Anweisungen widersprechen zum Teil sogar geltendem Recht. Da werden Schichten nicht bezahlt, Krankheitstage rausgenommen. Wenn man sie fragt: »Hey, warum ist mein Urlaubsgeld so niedrig?«, können die das oft gar nicht beantworten. Da hat irgendwie die Zentrale ihre Finger im Spiel, und sie selbst sind hilflos. [Der Algorithmus kontrolliert die Fahrer. Was verbirgt sich hinter der zentralen Auslieferungsapp Scoober?] Hier loggen sich die Fahrer ein und starten ihre Schicht. Hier wird der Transport vom Restaurant zum Kunden koordiniert. Scoober ist eine Eigenentwicklung, aber dahinter stecken gängige Onlineriesen wie Amazon und Google. Es gibt immer wieder Updates für diese App, und wir wissen nicht, was die genau bewirken. Erweitern sich die Möglichkeiten, die Fahrer zu kontrollieren? Und es bleibt natürlich eine Frage des Datenschutzes. Dazu haben wir jetzt eine Arbeitsgruppe gebildet…“ Ein Gespräch von Elmar Wigand in der jungen Welt vom 01.04.2021 mit Semih Yalcin, Betriebsratsvorsitzender bei Lieferando in Köln. Der NGG-Gewerkschafter gründete bei Foodora 2018 den ersten deutschen Betriebsrat eines großen Fahrradlieferdienstes – ungekürzt nachzuhören auf youtube als Video von:- arbeitsunrecht FM Nr.10 | Lieferando: Milliardenprofit dank Corona — Wo bleiben die Rider?
„Elmar Wigand spricht mit Semih Yalcin, Betriebsratsvorsitzender bei Lieferando in Köln, über Arbeitsbedingungen und Betriebsratsarbeit beim Essens-Lieferdienst Lieferando und die Plattform-Ökonomie im Allgemeinen. Lieferando macht in der Krise Milliardengewinne. Bei den Ridern kommt davon wenig bis nichts an. Semih Yalcin ist schon seit den Anfängen der Branche als Betriebsratsvoristzender dabei und wurde von Liederando quasi versehentlich miteingekauft. Er setze sich gegen alle Versuche ihn frühzeitig kalt zu stellen erfolgreich zur Wehr. Im Interview berichtet er über die Schwierigkeiten der Rider und der Betriebsratsarbeit beim Lieferdienst.“ Podcast der Sendung vom 11.03.2021
- arbeitsunrecht FM Nr.10 | Lieferando: Milliardenprofit dank Corona — Wo bleiben die Rider?
- 3 Sendungen, 1 Tenor: Milliardenprofit dank Corona, unverändert miese Arbeitsbedingungen für die Lieferando-Rider
- [heute show] Wie Lieferando Restaurants und Fahrer ausnutzt
„Schatten-Websites, Knebelverträge mit Restaurants, Kampf gegen Betriebsratsgründungen, unmögliche Arbeitsbedingungen… Bei jeder Bestellung kassiert Lieferando 13 Prozent für die Nutzung der Plattform – und sogar 30 Prozent, wenn sie es ausliefern. Lieferando hat von Amazon gelernt – und ist genau so ein Drecksladen. Holt Euch das Essen lieber selber!“ Video des Beitrags in der heute-show vom 12.03.2021 bei youtube , siehe dazu die Reaktionen des Unternehmens:- Gründet Betriebsräte! meldet am 14.3.21 auf Twitter : „@lieferando ruft Kolleg:innen in deren Freizeit an um sie unter Druck zu setzen schneller zu arbeiten.“ und RIDER SUPPORT dazu : „#Lieferando nervt Rider und ruft sie Sonntags an, obwohl sie nicht arbeiten. #Lieferando meint Kündigungen müssten erst bearbeitet werden, bevor die Kündigungsfrist läuft. Widerlich unprofessioneller Umgang mit Mitarbeiter*innen.Kein Respekt. Weder vor Freizeit, noch Gesundheit.“
- [Panorama] Bringdienst Lieferando: Schlechte Arbeitsbedingungen? Panorama 3-Reporterin Andrea Brack-Peña hat den Selbstversuch gemacht und sich als Fahrerin durch Schnee und Eis gekämpft.
„Während viele Restaurants in der Corona-Pandemie um ihr Überleben kämpfen, sind Bringdienste die Gewinner der Krise. Doch wie geht es denen, die täglich das Essen nach Hause liefern? Ein Selbstversuch. (…) Im Dezember demonstrierten Fahrer*innen von Lieferdiensten in Frankfurt, weil ein Kollege von einem Auto angefahren wurde und gestorben ist. Auch wenn keiner dem Lieferdienst Schuld an dem Tod des Riders gibt, beklagen sich viele Kolleg*innen bei der Gelegenheit über die Rücksichtslosigkeit mancher Autofahrer, machen aber auch auf ihre Arbeitsbedingungen aufmerksam. Betriebstrat Philipp Schurk kritisiert, dass viele Fahrer*innen ihre Räder selbst kontrollieren müssten und auf den Kosten sitzen blieben: „Das geht einfach nicht“, sagt er. Auch in Berlin hat es Proteste gegeben, als Kurier*innen während Schnee und Sturm ausliefern sollten. Eine Riderin erzählt uns: „Lieferando hat es zunächst erstmal nicht eingesehen den Betrieb zu stoppen, obwohl mehrmals viele Riderinnen und Rider darauf hingewiesen haben, dass es viel zu gefährlich ist.“ Lieferando bestreitet das und schreibt auf Anfrage, die Sicherheit habe hohe Priorität und „Fahrer*innen können sich bei Sicherheitsbedenken eigenständig von ihrer Schicht abmelden, um unter Lohnfortzahlung zu Hause zu bleiben“. (…) Das Fazit der ersten Tage: „Ich bin in den zwei Stunden immer der Zeit hinterhergefahren. Ich habe keinen Auftrag pünktlich abgegeben.“ Schon mit den nächsten Schichten wird es besser, dafür kommen neue Probleme dazu. Eine Soße läuft ihr im Rucksack aus, das mobile Internet ist aufgebraucht und sie rutscht auf spiegelglatter Fahrbahn aus, als es schneit. Zum Glück bleibt sie unverletzt, stellt aber fest: Die Bremsen sind kaputt und müssen bis zur nächsten Schicht repariert sein. Sie bringt ihr Rad in die Werkstatt und zahlt für neue Teile und Montage 32,50 Euro. Wenig später erfährt sie, dass Lieferando nur die feste Verschleißpauschale in Form eines Gutscheins von Amazon zahlt. Zehn Cent gibt es pro gefahrenen Kilometer an Verschleiß, mit einer Obergrenze von 44 Euro pro Monat. Einigen Rider*innen ist das zu wenig, zudem würde die Montage nicht ausreichend bedacht, erzählen sie uns. Lieferando schreibt dazu auf Anfrage, sie würden mit dem Betriebsrat „an weiteren Verbesserungen und einer Erhöhung der aktuellen Verschleißpauschale“ arbeiten. (…) Unsere Reporterin Andrea hat ihre genaue Endabrechnung noch nicht, am Ende hat sie in 30,5 Arbeitsstunden laut App gut 400 Euro verdient, inklusive Boni und Trinkgeld. Positiv in Erinnerung geblieben ist ihr der Zusammenhalt unter den Fahrer*innen „man grüßt sich, man hilft sich, das habe ich schon gespürt, aber es ist auf jeden Fall kein leicht verdientes Geld“, sagt sie.“ Reportage und Video von Andrea Brack-Peña, Philip Hennig und Mirco Seekamp aus Panorama 3 am 9.03.2021 beim NDR - arbeitsunrecht FM Nr.10 | Lieferando: Milliardenprofit dank Corona — Wo bleiben die Rider?
„Elmar Wigand spricht mit Semih Yalcin, Betriebsratsvorsitzender bei Lieferando in Köln, über Arbeitsbedingungen und Betriebsratsarbeit beim Essens-Lieferdienst Lieferando und die Plattform-Ökonomie im Allgemeinen. Lieferando macht in der Krise Milliardengewinne. Bei den Ridern kommt davon wenig bis nichts an. Semih Yalcin ist schon seit den Anfängen der Branche als Betriebsratsvoristzender dabei und wurde von Liederando quasi versehentlich miteingekauft. Er setze sich gegen alle Versuche ihn frühzeitig kalt zu stellen erfolgreich zur Wehr. Im Interview berichtet er über die Schwierigkeiten der Rider und der Betriebsratsarbeit beim Lieferdienst.“ Podcast der Sendung vom 11.03.2021
- [heute show] Wie Lieferando Restaurants und Fahrer ausnutzt
- Lieferando-Boom: Mitarbeiter-Schutz in der Kritik
„Marktführer und quasi Monopolist: durch die Corona-Krise boomt das Geschäft beim Lieferdienst Lieferando. Doch die Mitarbeiter strampeln hart für ihr Geld. Und der Boom bringt noch weitere Probleme mit sich. Während viele Innenstädte in der Corona-Pandemie wie leergefegt sind, ist für Elmar Ewaldt Rushhour. Der 51-Jährige arbeitet als Fahrer für Lieferando in Nürnberg. Zu Beginn seiner Schicht holt er ein Elektro-Fahrrad an einem Fahrradsammelplatz ab – ein sogenannter Hub. Rund 20 Prozent der Fahrerinnen und Fahrer nutzen ein gestelltes Elektrofahrrad von Lieferando. In nachfragestarken Regionen soll laut Unternehmen für Beschäftige ein Stundenlohn von bis zu 18,50 Euro inklusive variabler Komponenten und Trinkgeld möglich sein. Wie realistisch dieser Lohn ist und wie Elmar Ewaldt um seinen Stundenlohn kämpft, sehen Sie hier in unser Doku „Kontrovers – Die Story“. [Siehe unten] (…) Zwar sind alle sogenannten Rider durch das Unternehmen Lieferando dazu angewiesen, ihr Rad zu jedem Schichtbeginn zu prüfen, doch der Lieferdienst gibt auch an, die Fahrräder seien in angemessenem Zustand und würden professionell und regelmäßig geprüft. (…) Doch beim Versuch einer Begehung wird den Betriebsräten der Zutritt von einem Hub-Mitarbeiter zunächst verweigert. Erst nachdem sie rechtliche Schritte androhen, dürfen sie nach etwa einer halben Stunde doch eintreten. Von einer Begehung ohne Ankündigung kann nun nicht mehr die Rede sein. Wir konfrontieren Lieferando mit dem Vorwurf, betriebliche Mitbestimmung zu behindern. Mitgründer Jörg Gerbig räumt ein: Es gebe durchaus Nachholbedarf (…) Für sicherheitstechnische und diverse weitere Probleme der Beschäftigen setzt sich Ewaldt seit Monaten für einen Betriebsrat in seiner Stadt Nürnberg ein. Bisher gibt es Betriebsräte in nur vier Lieferando-Städten: Berlin, Köln, Stuttgart und Frankfurt. Neugründungen scheinen schwierig. (…) In Frankfurt stellte das Gericht „nicht kooperatives Verhalten des Arbeitgebers“ fest. Lieferando wollte Mitarbeiterlisten, die Voraussetzung für die Durchführung einer Betriebsratswahl sind, nicht an den Wahlvorstand weitergeben. Selbiger Sachverhalt in Köln. (…) Auf Anfrage des BR-Politikmagazins Kontrovers bei weiteren Lieferando-Betriebsräten geben alle an: Die Zusammenarbeit mit Lieferando sei problematisch. Nach Angaben des Unternehmens sind alle Fahrerinnen und Fahrer sozialversicherungspflichtig beschäftigt und festangestellt. Doch Gewerkschaften kritisieren, dass die allermeisten der Fahrerinnen und Fahrer nur befristete Einjahresverträge erhielten oder Minijobber seien. (…) Bonus-Zahlungen sollen die Riderinnen und Rider dazu motivieren, mehr Fahrten auszuliefern. Die Boni sind daher gestaffelt: 25 Cent pro Stunde gibt es mehr ab der 26. Lieferung, ab der 100. Lieferung gibt es einen Euro und ab der 200. Lieferung gibt es zwei Euro pro Stunde mehr. Doch die meisten von Elmar Kolleginnen und Kollegen arbeiten als Minijobber und kommen nie auf so viele Fahrten. Denn am Monatsende werden sie wieder auf 0 gesetzt. Bis Elmar in diesem Monat 100 Lieferungen ausgefahren hat, wird er nicht von nennenswerten Boni profitieren. Um das zu ändern, will sich Elmar in Zukunft als Betriebsrat für einen höheren Basislohn stark machen und sich für die Interessen seiner Kolleginnen und Kollegen einsetzen…“ Beitrag von Johannes Lenz und Caroline Sophie Hofmann vom 21.01.2021 bei BR24 , siehe auch:- Ausgeliefert an Lieferando: Wie Rider und Restaurants kämpfen
„Auf den Straßen werden sie immer mehr: die „Rider“ – Fahrradkuriere mit ihren Lieferrucksäcken. Burger, Pizza, Frühlingsrollen. In der Corona-Krise brummt das Liefer-Geschäft mit Essen. Ganz vorne mit dabei: Lieferando. Deren ‚Rider‘ strampeln hart für Boni. Nun fordern sie mehr Basis-Lohn. Kontrovers über die Schattenseiten des schnellen Booms.“ Video des Beitrag in „Kontrovers – Die Story“ am 20.01.2021 im BR Fernsehen (20 Min, Online bis 20.01.2026)
- Ausgeliefert an Lieferando: Wie Rider und Restaurants kämpfen
- Lieferdienst in der Kritik: Lieferando: Betriebsrat berichtet über schlechte Arbeitsbedingungen
“Für sie ist die Coronakrise eine Goldgrube: Essenslieferdienste profitieren wie kaum eine andere Branche von der Pandemie. Wegen der Ausgangsbeschränkungen und Hygieneregeln bestellen viele Menschen ihre Mahlzeiten online bei Restaurants und lassen sie sich nach Hause liefern. Doch mit den steigenden Geschäftszahlen ist auch die Kritik an den Arbeitsbedingungen der Kurierfahrer lauter geworden. Nun hat der Betriebsrat des deutschen Lieferdienstmarktführers Lieferando in Frankfurt am Main eine vierseitige Liste erstellt, auf der 52 mutmaßliche Arbeitsschutzverstöße aufgelistet werden, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am Donnerstag berichtete. Darin kritisiert Betriebsrat Philipp Schurk unter anderem, das Unternehmen »kontrolliert nicht nur nicht, ob Fahrräder verkehrssicher sind, sondern mahnt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab, wenn sie wegen der fehlenden Verkehrssicherheit ihres Fahrrads nicht fahren wollen«, zitiert die FAZ aus dem Papier. Lieferando, das zum niederländischen Konzern Just Eat Takeaway gehört, bestreitet die Vorwürfe. Ein weiterer Streitpunkt ist die Umsetzung der Hygieneauflagen. Laut Lieferando sollen sich die Fahrer wegen der Coronapandemie im Laufe der Schicht regelmäßig die Hände waschen. Doch Waschräume, um das zu erledigen, gebe es nur im »Hub«, wo die Kuriere ihre Schicht beginnen. Hinzu kommt: Weil Restaurantbetreiber den Zutritt zu den sanitären Anlagen verwehren, können viele Fahrer während der Arbeit nicht einmal auf die Toilette gehen. Dass der Job außerdem Gefahren birgt, zeigt ein Verkehrsunfall am vergangenen Sonnabend in der Mainmetropole, bei dem ein Kurier von Lieferando von einem Autofahrer überfahren wurde und verstarb. Trotzdem hat das Unternehmen die Gründung von Betriebsräten lange erschwert. Erst nach Urteilen der Landesarbeitsgerichte in Köln und Frankfurt am Main ließ der Konzern dort Anfang des Jahres Betriebsratswahlen zu. …“ Meldung in der jungen Welt vom 27.11.2020 - [Reportage] Strampeln für zwei Kaffee
„Lockdown ist Lieferando-Zeit. Aber wie geht es eigentlich einer Fahrerin, die durch die Stadt jagt, um Essen auszuliefern? Wir sind mitgefahren…“ Reportage von Gustav Theile vom 27. November 2020 in der FAZ online - „Geht an die Öffentlichkeit!“ Lieferando-Kuriere über anstehende Betriebsratswahlen
“Als wir in Folge #5 von systemrelevant mit Antonio sprachen, ließ er schon durchblicken, dass er wieder bei Lieferando in Frankfurt für die Betriebsratswahlen antreten und für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen möchte. Im Nachgehakt-Interview holt er jetzt seine 5 KollegInnen mit vor die Kamera und wir sprechen darüber, wie die Essenskuriere sicherer durch den Verkehr kommen und wie man mit fiesen Management-Taktiken umgeht.“ Video-Interview vom 27.08.2020 auf dem youtube-Kanal von systemrelevant - Ehemaliger Fahrer packt aus: So mies sind die Arbeitsbedingungen bei Lieferando
“… Christian Müller (Name geändert) hat Anfang des Jahres drei Monate für das Unternehmen als Fahrer in Hamburg gearbeitet. „Zuerst bin ich mit meinem eigenen Fahrrad gefahren“, sagt Müller im MOPO-Gespräch. Das sei nicht untypisch, viele Fahrer nutzen ihre eigenen Räder oder auch Autos. Erst nach ein paar Wochen habe er dann ein Gefährt von „Lieferando“ erhalten (…) „Jeder Lieferant nutzt auch sein eigenes Handy und Vertrag“, sagt Müller. Und das obwohl die Abläufe der Dienste durch eine extra App für die Fahrer geregelt werden. Ohne die App sind die Bestellungen und Dienstpläne nicht einsehbar. Die App dient ebenfalls der Nachverfolgung der Lieferung, so kann der Kunde zu jeder Zeit seine eigene Bestellung verfolgen. Das sei aber nicht alles: „ Die Mitarbeiter werden mit der App überwacht, für längere Lieferwege muss man sich dann rechtfertigen.“ (…) Auch die Arbeitszeiten seien problematisch, sagt Müller: „Ich musste teilweise in der Hitze drei Tage hintereinander zehn Stunden arbeiten.“ Das weist „Takeaway.com“ zurück: Es sei gar nicht möglich, da die meisten Fahrer auf Minijob-Basis angestellt seien. Müller erklärt, dass auch die Wege oftmals sehr weit seien, mit dem Rad zum Restaurant und dann zum Kunden kann auch mal eine Stunde dauern. Dazu komme, dass bisher noch keine Abrechnung korrekt gewesen sei. „Die Überstunden müssen eigentlich im Dienstplan vermerkt werden, oft fehlen sie aber.“ Innerhalb von drei Monaten seien ihm so 500 Euro verloren gegangen. Eine Ausnahme sei das nicht, behauptet Müller. (…) Aufgrund des fehlenden Geldes und der vermehrten Fehler in der Abrechnung bat Müller um ein Gespräch: „Nach drei Minuten war ich wieder raus, wurde aus dem Büro geschmissen und fristlos entlassen.“ Alle Mitarbeiter, die den Mund aufmachen und auf die Missstände aufmerksam machen, würden gekündigt werden. Das war allerdings nur möglich, da Müller nach eigenen Angaben einen Ein-Jahresvertrag mit einer einjährigen Probezeit unterschrieben hatte…“ Artikel von Sina Riebe vom 16.08.2020 in der Morgenpost online (Hamburg) - Lieferando-Fahrer warten seit Wochen auf ihr Trinkgeld – oder den Lohn
“Die Bezahlung ist schon in Ordnung, sagt Max Beernbaum. Das Problem sei eher, dass sie so unzuverlässig ankomme. Der 27-Jährige fährt für Lieferando Essen in einer deutschen Großstadt aus. Die Corona-Krise hat auch seinen Alltag verändert – und den vieler anderer Essenskuriere (bento ). Seit mehreren Monaten müssen Max und Kollegen Abstand halten, wenn sie ihre Lieferungen übergeben. Damit sie dennoch Trinkgeld erhalten können, hat Lieferando Mitte Mai eine digitale Trinkgeldfunktion in die Bestell-App integriert. Die Funktion wird inzwischen rege genutzt. Das Problem ist nur: Bei den Fahrern kommt davon oft wenig an. Viele warten seit Wochen auf die Auszahlung des versprochenen Trinkgeldes. Seit gut zwei Monaten kämpft Deutschlands größter Lieferdienst mit Schwierigkeiten bei der Lohnabrechnung. In ganz Deutschland berichten sogenannte Rider davon, bislang nur unvollständiges oder gar kein Trinkgeld erhalten zu haben. Damit sie keine Nachteile erfahren, hat Max hier einen anderen Namen erhalten. Denn die Probleme reichen offenbar noch weiter: bento vorliegende Dokumente zeigen, dass es auch bei der Lohnabrechnung offenbar seit langem immer wieder zu Unregelmäßigkeiten kommt. Immer wieder mussten Lieferando-Lohnzettel neu ausgestellt und nachträglich korrigiert werden. (…) Betriebsräte aus einzelnen Standorten schätzen den Anteil der seit Mai fehlerhaft ausgestellten Trinkgeld-Abrechnungen dagegen auf einen zweistelligen Prozentsatz. Die technischen Probleme hätten dazu geführt, dass bislang oft noch nicht einmal klar sei, wie viel Geld den Fahrern noch zustehe, heißt es. (…) Dass es mit diesem Durcheinander am Monatsende oft Probleme gibt, sei schon lange vor Corona zu spüren gewesen, sagt Laura Schimmel von der zuständigen Gewerkschaft NGG. Inzwischen landen die Probleme bei der Lohnabrechnung regelmäßig vor dem Arbeitsgericht. Allein in Nürnberg habe es in den vergangenen zwölf Monaten etwa eine Hand voll Klagen gegen Lieferando gegeben, sagt die Gewerkschaftssekretärin. Gleichzeitig schränkt sie die Zahl ein: „Das waren nur die Fälle, in denen es jemand auffiel und er es vor Gericht brachte.“ Auch in anderen Städten standen sich Kurierfahrer, Betriebsräte und Lieferando bereits mehfach gegenüber. Nicht selten geht es auch um die Frage, ob das Unternehmen die Arbeit seiner Mitarbeiter zuverlässig erfasst oder Aufgaben auf sie abwälzt. In Köln, heißt es aus dem Umfeld des dortigen Betriebsrats, stehe bald der 14. Prozess seit 2017 an…“ Artikel von Jan Petter vom 22.07.2020 bei bento online - Zwischenerfolg: Lieferando will „Auslagenersatz für Schutzmittel“ zahlen!
„… Mittlerweile haben wir 9.053 Unterschriften gesammelt und können sogar einen kleinen Erfolg gemeinsam feiern! In der vergangene Woche kündigte Lieferando einen „Auslagenersatz für Schutzmittel“ an. Dabei sollen die Rider selber für Schutzmittel sorgen und die Unkosten würden dabei durch einen Pauschalbetrag gedeckt. Wir finden, das ist ein guter aber kleiner Schritt in die richtige Richtung. Uns drängen sich trotzdem dabei mehrere Fragen auf. Seit 4 Wochen fragen die Rider nach Desinfektionsmittel und Schutzkleidungen. Warum passiert erst jetzt etwas? Wird der Pauschalbetrag ausreichen, um die Kosten für Schutzmittel zu decken? Warum wird die Verantwortung und die Beschaffung von Schutzmittel nun der Belegschaft überlassen? Warum behauptet Lieferando weiterhin für Desinfektionsmittel sei gesorgt, obwohl sie in der Mail einräumen, dass die bereits verteilten Desinfektionsmittel nicht zum Schutz gegen den Corona- Virus geeignet seien? Apropos. Schutzkleidung? Fehlanzeige! Es wurden immer noch keine Schutzmasken oder Handschuhe verteilt. Muss erst etwas schlimmes passieren, bevor gehandelt wird? Warum weigern sie sich konsequent immer noch die Arbeitsbedingungen zu verbessern?…“ Meldung vom 15. April 2020 zur Petition bei change.org - Lieferando: Umkämpfte Betriebsratswahl knapp gewonnen, gewerkschaftsnahe Liste siegt in Köln
„Mitten in der Corona-Pandemie fand in Köln am Montag, 5. April 2020 von 11.00 – 17.30 Uhr eine Betriebsratswahl beim Essenskurierdienst Lieferando statt. Der ehemalige Foodora-GBR-Vorsitzen. Der ehemalige Foodora-GBR-Vorsitzende Sami Y. und seine Mitstreiter*innen konnten die Wahl knapp gewinnen. Die Aktion gegen Arbeitsunrecht gratuliert! Der Erfolg ist um so höher zu bewerten, als die NGG-nahen Betriebsratskandidat*innen unter extrem erschwerten Bedingungen kämpfen mussten. (…) Lieferando scheiterte Ende Januar 2020 vor dem Landesarbeitsgericht Köln mit dem Versuch, die Herausgabe einer Wählerliste zur BR-Wahl zu verweigern. Das Management nahm mit Kliemt den idiotisch anmutenden Standpunkt ein, die verbliebenen 22 Ex-Foodora-Fahrer stellten innerhalb der Firma nach wie vor einen eigenen Betrieb dar – obwohl sie Lieferando-Kleidung trugen und dieselbe App verwendeten wie alle anderen. Am 7. Mai 2020 folgt vor dem Arbeitsgericht Köln ein Kammertermin, der weiteren juristischen Bullshit rund um die Frage der „betriebsfähigen Einheit“ behandeln soll. Es hätte genug Ansatzpunkte gegeben, die Wahl wegen grober Verstöße des Managements gegen die gebotene Neutralität anzufechten. (…) Tarek S. musste am Wahltag von der Kölner Polizei mit einem Platzverweis daran gehindert werden, die Wähler vor dem Wahllokal in der Richard-Wagner-Straße als direkter Vorgesetzter zu beeinflussen. Laut dem Portal Business Insider „soll der Standortleiter seinen Widersachern zudem Prügel angedroht haben (…) Als die Guardians of the Galaxy einen ganzen Tag lang zu einer improvisierten Corona-Versammlung einluden, um sich und ihre Ziele zu präsentieren – immer nur sechs Leute durften eintreten, die anderen warteten mit Abstand vor der Tür des BR-Büros – konterte das Mangement mit kostenlos verteiltem Essen an einem anderen Ort. Semih und seine Mitstreiter*innen waren also auf Straßen-Wahlkampf angewiesen. Sie kontaktierten ihre Kollg*innen an häufig frequentierten Orten in Köln wie dem Rudolfplatz. Als besonderen Clou mixten sie ein eigenes COVID-19-Desinfektionsgel nach WHO-Rezept, dem sie – passend zur orangenen Lieferando-Kleidung – ein wohlriechendes Aprikosenöl bei mixten, dazu einen Schuss Lavendel und eine Idee Kölnisch Wasser. Das Rezept wirkte. Die Flacons fanden begeisterte Abnehmer, zumal Lieferando auch nach zwei Wochen Corona-Shut-Down noch keine Hand-Desinfektion für seine Fahrer*innen bereit stellte (!).So transportierte das Aprikosen-Desinfektionsgel eine zentrale Botschaft: Dem profitgetriebenen Markteroberer Lieferando sind seine Fahrer*innen im Grunde egal, aber ein guter, aktiver Betriebsrat kümmert sich um die Gesundheit der Kolleg*innen. Die mangelhafte Viren-Abwehr ist kein Einzelfall: So stehen ordentliche Winterjacken und T-Shirts für den Sommer oben auf der Liste der Forderungen, ebenso eine transparente und gerechte Schicht-Verteilung. Zudem sollen Betriebsabläufe sinnvoll gestaltet werden – etwa dass weit entlegene Filialen wie der Burger King am Bonner Verteiler nicht mehr mit dem Fahrrad sondern per Auto angesteuert werden. Lieferando soll auch für Verschleißkosten an den Fahrrädern der Kuriere aufkommen…“ Bericht von Elmar Wigand vom 9. April 2020 bei Arbeitsunrecht - Orry Mittenmayer am 6.4.20 bei Twitter : „-BREAKING – Lieferando hat heute versucht Betriebsratswahlen zu behindern und hat nun eine Anzeige wegen Behinderung betriebsrätlicher Arbeit. Richtig so. Das ist übrigens das Unternehmen, dass von sich behauptet ein „junges, modernes Unternehmen zu sein„
- https://www.bento.de/politik/coronavirus-bei-lieferando-wir-gehen-in-den-park-wenn-wir-aufs-klo-muessen-a-ff05f574-0ffa-4768-922e-3b0fdbf27a12
- https://www.shz.de/deutschland-welt/wirtschaft/Lieferando-Fahrer-fordern-bessere-Arbeitsbedingungen-id27879827.html