- Alltagswiderstand und Commons
- Bündnis Umfairteilen und Aktionen
- Die Occupy-Bewegung und Aktionstage
- Gewerkschaftliche Mobilisierung in der Krise
- Interventionen gegen die neoliberale EU
- Klimastreiks und -kämpfe
- Mobilisierungsdebatte: Wie kämpfen (gegen Kapitalismus)?
- Proteste gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21
(Folge 3) Das Monster vor der Tür: Der Corona Kapitalismus.
Mindestens ein Viertel der Weltbevölkerung muss gegenwärtig unter Umständen leben, die mit Bestimmungen wie Ausgangssperre oder Kontaktsperre zwar nicht die Unterschiede zwischen einzelnen Ländern oder Regionen aufheben, wohl aber die allgemeine Richtung angeben. Zahlreiche Regierungen haben bereits Programme aufgelegt, die im Normalfall Großunternehmen zugute kommen, während die soziale Absicherung der Menschen, auch hier unterschiedlich, aber insgesamt „sehr zu wünschen übrig lässt“. Auf der anderen Seite schreien eben die Großunternehmen überall nach Steuergeldern (und dem Staat!), und ihre Ideologen in Medien und Politik drängen danach, „es“ müsse weitergehen, die Wirtschaft, die Arbeitsplätze und so weiter (dieweil sie stets weiter entlassen). Die privatisierten und kaputt „gesparten“ Gesundheitssysteme weltweit bauen nur noch auf die Schultern der Beschäftigten – denen jene neoliberalen Reaktionäre, die ihnen jahrelang immer mehr Arbeit bei immer weniger Geld diktierten, jetzt widerlicherweise Beifall spenden. Aber hinter ihrem Geschrei nach Solidarität (ein Wort, auf dem besten Weg zum neuen Synonym für Polizeistaat zu werden) scheint immer öfter das wahre Gesicht des Kapitalismus hervor: Sei es beim Todesentscheider Ethikrat in Italien oder beim Todesurteil für Alte im Elsass. Wie es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Alternativen Gewerkschaftlichen Netzwerkes für Solidarität und Kampf (dem auch LabourNet Germany angehört) passend heißt: „Sie befinden sich im Krieg – gegen uns“. Siehe dazu unseren dritten Versuch, die aktuelle weltweite Entwicklung durch eine kommentierte ausführliche Materialsammlung – vom 27. März 2020 – etwas deutlicher zu machen
(Folge 3) Das Monster vor der Tür: Der Corona Kapitalismus.
Der Vollständigkeit halber sei einleitend vorausgeschickt, dass in jedem einzelnen der folgenden Bereiche die ausgewählten und kommentierten Beiträge nur einen Bruchteil ausmachen – sowohl dessen, was wir zugesandt bekommen, bei der Recherche gefunden oder sonstwie gelesen haben, als auch, und erst recht, dessen, was weltweit passiert und publiziert wurde. Und selbstverständlich liegt unser Schwerpunkt dort, wo es um Widerstand gegen das Diktat kapitalistischer Arroganz und Entwicklungen von Selbstorganisation geht.
Gobale Auswirkungen und Reaktionen – und (beispielhafte) internationale Vergleiche des Vorgehens reaktionärer Regierungen im Sinne kapitalistischer Profitjagd
Da inzwischen weitgehend alle Regierungen dieser Welt auf das Virus reagiert haben muss auch hier eine ziemlich kleine Auswahl herhalten, um verschiedene Gemeinsamkeiten dieser Reaktionen etwas zu verdeutlichen. So bleibt etwa „außen vor“: Dass in Bolivien das Virus angegebener Grund ist für die Verschiebung der Wahl im April 2020 (was der Putschistenregierung der rassistischen Christin angesichts der aktuellen Umfragen sehr entgegen gekommen sein dürfte); auf den Philippinen der Präsident mit einer weiteren Verschärfung des Kurses allseitiger Militarisierung gesellschaftlicher Beziehungen reagiert (sofern das überhaupt noch möglich ist); oder auch, dass die Regierung in Armenien den Notstand nutzt, um mediale Gleichschaltung anzuordnen. Was bleibt ist dennoch mehr als genug: Maßnahmen zur Einschränkung demokratischer Rechte (die es auch außerhalb der ach so demokratischen EU serienweise gibt), die sich gleichen, Maßnahmen zur Förderung kapitalistischer Konzerne und Banken über Steuergelder – und Diktate dieser Unternehmen gegenüber ihren Beschäftigten…
„ITUC Global COVID-19 Survey: Half of countries in lockdown as COVID-19 pandemic wreaks health and economic havoc on working people and their families“ zuletzt aktualisiert am 24. März 2020 beim IGB ist ein Überblick des Internationalen Gewerkschaftsbundes zu den Auswirkungen auf globaler Ebene. In dem unter anderem deutlich wird: Dass sechs (sechs!) der G 20 – Staaten in ihren Ländern die nicht lebensnotwendigen Wirtschaftsbereiche eingestellt haben. Und dass es in rund 50% der Länder dieser Welt aktuell kostenlose Gesundheitsbetreuung gibt (was immer so „kostenlos“ denn auch heißen mag…). Nur in jedem dritten Land, in dem Selbstisolierung dekretiert wurde, ist diese mit einer Arbeitsplatzgarantie für die Betroffenen verbunden, praktisch genau so viele haben schon mal Rettungspläne für ihre Konzerne beschlossen…
„Trade Union Letter to the G20 Heads of State Meeting re COVID19“ am 23. März 2020 beim ITUC ist der Brief des IGB an die Teilnehmenden des G 20-Sondertreffens, in dem die grundlegenden Forderungen der Föderation dargestellt sind: Krankengeld oder Verdienstausfall-Sicherung gehören ebenso dazu, wie Jobgarantien und die Versorgung jener Familien, in denen Menschen in lebensnotwendigen Bereichen arbeiten müssen…
„WFTU STATEMENT ON THE ATTACKS AGAINST WORKERS“ am 24. März 2020 beim WFTU ist die Stellungnahme des Weltgewerkschaftsbundes zur aktuellen Entwicklung, in der die Angriffe auf die arbeitenden Menschen von Seiten der Regierungen und Konzerne verurteilt werden. Darin werden die Maßnahmen in verschiedenen einzelnen Ländern kritisiert und gefordert, die regierung sollten sich auf die Organisierung eines leistungsfähigen kostenlosen öffentlichen Gesundheitswesens konzentrieren und Entlassungen und Lohnraub verbieten.
„They are at war… against us!“ am 26. März 2020 beim Alternativen Gewerkschaftlichen Netzwerk für Solidarität und Kampf ist die aktuelle gemeinsame Erklärung des alternativen Zusammenschlusses (dem auch LabourNet Germany angehört), worin sowohl die Krise der Gesundheitssysteme vieler Länder bewertet wird als Ergebnis der neoliberalen Austeritäts- und Privatisierungspolitik, als auch die Forderungen aufgestellt nach Absicherung gegen jeden Verdienstausfall und einem Mindesteinkommen für alle und überall.
„Keine Beatmung für Patienten über 80“ am 26. März 2020 beim ZDF meldet das Todesurteil über die Alten (denen doch die ganz besondere Sorge gilt, wie dieser Beschluss deutlich zeigt) mit folgenden Formulierungen: „… Katastrophenmediziner berichten angesichts der Corona-Pandemie über dramatische Zustände aus dem Elsass, die aus ihrer Sicht bald auch in Deutschland drohen könnten. Demnach arbeiten Mediziner an der Universitätsklinik Straßburg weiter mit Corona-Patienten, selbst wenn sie infiziert sind, und über 80-Jährige werden nicht länger beatmet. Stattdessen gibt es für die Betagten „Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmitteln“. Das schreiben die Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin in Tübingen in einem Bericht an die baden-württembergische Landesregierung. Der Bericht liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Mehrere Medien haben darüber berichtet. Das Elsass gilt als Frankreichs Epizentrum der Krise. Die deutschen Katastrophenmediziner besuchten die Universitätsklinik in Straßburg – und schlagen angesichts der Zustände Alarm. Sie berichten in dem Papier von einer „greifbaren Gefahr“ durch das Virus. Unter der Annahme, dass sich die Entwicklung im Elsass bald in Deutschland einstellen werde, sei eine optimale Vorbereitung von „allerhöchster Dringlichkeit“. Die Gefahr durch das Coronavirus mache „weitere konsequente Maßnahmen der Landesregierungen, der Krankenhäuser und der Rettungsdienste in Deutschland“ unabdingbar. Nadelöhr seien die zu beatmenden Patienten, heißt es in dem Papier. Seit dem Wochenende würden Patienten, die älter sind als 80 Jahre, an der Straßburger Klinik nicht mehr beatmet. So werde auch verfahren mit Patienten in Pflegeheimen in dem Alter, die beatmet werden müssten. Sie sollen durch den Rettungsdienst eine ‚“schnelle Sterbebegleitung“ erhalten…“
„Wegen Corona: „Eine unfassbare Verantwortung, die auf uns liegt““ am 21. März 2020 bei nordbayern.de ist ein Gespräch mit dem Theologen Peter Dabrock (Vorsitzender des Ethikrates in der BRD) in dem deutlich wird, dass auch hierzulande längst über die „italienische Selektionsmethode“ beraten wird, was unter anderem so deutlich wird: „… Diese Szenarien gehören zum Schlimmsten im klinischen Alltag. Es werden tatsächlich gerade auch bei uns Empfehlungen erarbeitet, wie man mit dieser schrecklichen Situation möglichst verantwortlich umzugehen hat. Verantwortung heißt hier: sich dem Dilemma stellen, heißt auch die Bereitschaft, Schuld zu übernehmen, wie es Dietrich Bonhoeffer einmal gesagt hat; heißt aber in dieser Klammer auch, den Schaden möglichst gering halten. Dazu sind in der Katastrophenmedizin eine Reihe von Kriterien entwickelt worden, die jetzt auf die Corona-Pandemie übertragen werden. Wichtig ist auch, wenn jemandem nicht mehr die lebenserhaltenden Maßnahmen, die er benötigt zuteil werden, dass er dann ausreichend palliativ versorgt wird. Aber ich hoffe, dass es nicht so weit kommt …Was bei einem Unglück einmal passiert, scheint in Italien auf Dauer gestellt zu sein: Neu ankommenden Schwerstkranken werden lebensrettende Behandlungen vorenthalten. Aber auch: Patienten mit schlechter Prognose werden von Beatmungsgeräten abgenommen und einer rein palliativen Therapie zugeführt, um die knappen Beatmungsplätze für Menschen mit besserer Prognose freizumachen. Andere lebenserhaltende Operationen können nicht mehr durchgeführt werden. Schreckliche Zustände – nur wenige hundert Kilometer von uns entfernt. Droht das bei uns? Ich hoffe es nicht. Erstens haben wir weit mehr Betten und Beatmungsplätze als in Italien, zweitens können wir jeden Tag, an dem wir noch unterhalb der Kapazitätsgrenze der Kliniken arbeiten, nutzen, um uns noch besser auf die ja nicht mehr abzuwendende Verschärfung der Krankheitsausbreitung vorzubereiten. Deshalb ist es so unglaublich wichtig, dass die strengen hygienischen Regeln und die Maßnahmen der Ausgangsbeschränkungen eingehalten werden. Haltet die Kurve flach, streckt sie über die Zeit – nur so überfordern wir das System, genauer: die Menschen im System nicht (noch mehr). Man soll daher die am Samstag eingeführten Ausgangsbeschränkungen nicht als Freiheitseinschränkung, sondern als Akt der Solidarität mit älteren und (chronisch) kranken Mitmenschen begreifen – es könnte Deine Oma oder Dein Bruder oder auch Dein Kind sein...“. Tja, da hat der Herr Rat wohl vergessen, dass nach ganz offizieller Politik Oma oder Opa ruhig verrecken sollen, mit aller Solidarität natürlich (dieselbe Art von Solidarität, die eine Berliner Senatorin zur sozialfaschistischen Ekstase trieb, die alle alten Leute einsperren wollte).
„Danteske Szenen in Spanien: Alte Menschen zum Sterben zurückgelassen“ von Ralf Streck am 25. März 2020 bei telepolis berichtet von der besonderen Solidarität mit den alten Menschen in Spanien unter anderem: „… Die Lage in Spanien, vor allem im großen Coronavirus-Ansteckungsherd Madrid, wird immer abstruser und dantesker. Schon vergangene Woche war gemeldet worden, dass 19 alte Menschen in einem Altenheim in Madrid, wo weitere 70 alte Menschen infiziert waren, einfach zum Sterben zurückgelassen worden waren. Dass das kein Einzelfall war, hat sich am Montag auf schreckliche Weise gezeigt. Die Radiokette „Ser“ berichtet, dass bei der Desinfektion in verschiedenen Altersheimen Tote gefunden wurden, die im Zimmer mit Lebenden lagen. „Das Militär hat völlig verlassene alte Menschen, darunter bereits verstorbene, in Betten vorgefunden“, bestätigte Verteidigungsministerin Margarita Robles entsprechende Berichte. Sie seien vom Pflegepersonal verlassen worden und hätten unter „extremen Bedingungen und schlechten gesundheitlichen Bedingungen mit Toten“ im Zimmer überleben müssen. Die Namen der Institutionen nannte die Ministerin nicht. Robles kündigte aber an, dass die „ganze Härte des Gesetzes diejenigen treffen wird, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen“. Vergangene Woche handelte es sich um das private Pflegeheim Monte Hermoso. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen auf Anzeige des Ombudsmanns Ermittlungen aufgenommen. Das ist aber nur eine Seite des Horrors, den vor allem die Hauptstadtregion Madrid gerade erlebt, der sich aber auf das gesamte Land auszubreiten droht, da die Regierung noch immer nicht die nötigen Maßnahmen ergreift. Das Gesundheitssystem in der Hauptstadtregion, wo nun etwa alle fünf Minuten ein Mensch am Covid-19 stirbt, kollabiert oder ist schon kollabiert. Dazu gibt es längst viele Berichte...“
„Strafen statt Ermahnung“ von Eric Bonse am 26. März 2020 in der taz online steht hier als Beispiel für die endlos lange Liste von Meldungen über autoritäre Maßnahmen gerade auch in der von einigen immer noch für besonders demokratisch gehaltenen EU – hier eben Belgien: „… Erst eine Notregierung, nun Sondervollmachten: Das sonst so zerstrittene Belgien reagiert überraschend schnell und geschlossen auf die Coronakrise. Premierministerin Sophie Wilmès kann sich auf alle großen Parteien aus Flandern, der Wallonie und Brüssel stützen – und will dies nun nutzen, um den Ausnahmezustand weiter zu verschärfen. Schon jetzt gelten in Belgien striktere Regeln als in Deutschland. Das Königreich orientiert sich an Frankreich und hat schon vor zwei Wochen eine Ausgangssperre erlassen. Belgien hat auch die Grenzen zu Deutschland und den Niederlanden dichtgemacht, weil es die Einschleppung von Sars-CoV-2 etwa aus dem Kreis Heinsberg fürchtet. Nun denkt die Notregierung, die zunächst für sechs Monate eingesetzt wurde, über weitere Restriktionen nach. Wo es bisher nur Ermahnungen an undisziplinierte Bürger gab, soll es künftig saftige Strafen setzen. Joggen und andere Freiluftaktivitäten könnten – wie in Frankreich – eingeschränkt werden. Hygiene wird zur ersten Bürgerpflicht. So kann die Regierung künftig im Eilverfahren Notstandsgesetze erlassen, die die Gesundheit, die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten oder Beschränkungen bei Verkehr und Transport betreffen. Auch Eingriffe in die Justiz sind möglich – etwa um kürzere Gerichtsverfahren zu ermöglichen oder Gefängnisstrafen auszusetzen. Im Grundsatz tragen das alle Parteien mit. Nur der rechtsextreme Vlaams Belang und die linksradikale PTB wurden nicht an der Ausnahme-Gesetzgebung beteiligt. Allerdings haben vor allem Politiker der Linken und Grünen große Bauchschmerzen bei der Idee, die Liberale Wilmès mit weitgehenden Vollmachten auszustatten…“
„Der Markt lässt die Maske fallen“ von Ulrike Henning am 26. März 2020 in neues deutschland online handelt zwar von der BRD, gibt aber einen globalen marktwirtschaftlichen Trend wieder: „… Der Markt sei »extrem umkämpft«, das hat inzwischen auch das Gesundheitsministerium gelernt. Für Krankenhäuser, die sich im Großhandel oder bei bekannten Herstellern eindecken, sind die Preise meist noch eher niedrig, doch die Lieferzeiten betragen bis zu 20 Wochen. Eine Klinik in Eschweiler musste zum Beispiel schon Tausende Masken zum Stückpreis von sieben Euro kaufen. Ein dreilagiger Klinik-Mundschutz kostete vor Pandemiebeginn 3 bis 15 Cent, eine OP-Maske mit hoher Keimdichtigkeit 5 bis 15 Cent. Momentan hat wohl niemand die Übersicht darüber, wie viele der Schutzmittel im Gesundheitswesen nötig, wie viele schon bestellt, gekauft und verteilt sind…“
„Massaker im Gefängnis“ von Julieta Daza am 27. März 2020 in der jungen welt berichtet über eine der zahlreichen Gewaltorgien gegen Gefängnisproteste rund um die Welt – hier aus Kolumbien: „.. .Schon vor Inkrafttreten der Maßnahme sorgte die Ankündigung für Panik und führte zu Protesten besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen. Am Dienstag versammelten sich unter anderem in Bogotá Hunderte auf zentralen Plätzen, um auf ihre prekäre Situation aufmerksam zu machen – unter ihnen informell Beschäftigte, Obdachlose, Sexarbeiterinnen und Straßenkünstler. Durch die Ausgangssperre sowie das Kontaktverbot gehen ihnen jegliche Verdienstmöglichkeiten verloren. Eine weitere Gruppe am unteren Ende der Gesellschaft hatte bereits am Wochenende auf die eigene katastrophale Situation aufmerksam gemacht. Für die Nacht von Sonnabend auf Sonntag hatten die Insassen von insgesamt mindestens 13 Männer- bzw. Frauengefängnissen Protestaktionen organisiert, um von der kolumbianischen Gefängnisbehörde »Inpec« wirksamere Maßnahmen zur Prävention von Infektionen mit dem Coronovirus zu fordern. So hatten die Inhaftierten vorgehabt, einen »Cacerolazo« durchzuführen, bei dem laut auf Töpfe geschlagen wird. Wie unter anderem die Organisation »Equipo Jurídico Pueblos« in einem am Sonntag veröffentlichten Bericht informierte, hatten sich schon vor Beginn der Protestaktionen Militär- und Polizeieinheiten zu mehreren der Gefängnisse begeben. Diese gingen später zusammen mit Gefängniswärtern gewaltsam gegen die Insassen vor, setzten Tränengas in geschlossenen Räumen sowie Schusswaffen ein. Dabei kamen allein im Gefängnis La Modelo in Bogotá nach Angaben von Justizministerin Margarita Cabello 25 Gefangene ums Leben, 83 weitere wurden verletzt. Am Dienstag kam es zu einem Aufstand in einem Gefängnis in Cúcuta nahe der Grenze zu Venezuela, bei dessen Niederschlagung drei Menschen verletzt wurden. Im Nachgang der Proteste wurden zudem insbesondere politische Gefangene in andere Haftanstalten verlegt, was Solidaritätsgruppen als »willkürlich, ungerechtfertigt und jedem Protokoll widersprechend« bezeichneten...“
„‘The City has condemned us to death,’ says Khayelitsha resident after water turned off“ von Sandisiwe Shoba am 26. März 2020 beim Daily Maverick berichtet über einen der ebenfalls zahlreichen weltweiten Fälle des Vorgehens von Behörden gegen die Bevölkerung in Armenvierteln und Slums – hier Kapstadt, wo die Stadtverwaltung verfügt hatte, säumigen Zahlern die Wasserversorgung abzustellen (was inzwischen unter dem Druck der Ereignisse wieder rückgängig gemacht wurde, aber die Wirkung war da – und die Absicht bleibt es…).
„Cash handouts for informal workers“ am 25. März 2020 in der Bangkok Post meldet auf der anderen Seite, dass informell arbeitende Menschen in Thailand in den nächsten drei Monaten jeweils 5.000 Baht (grob 150 Euro) zur Unterstützung bekommen – von der Regierung. Die nun wahrlich nicht als irgendwie links oder besonders sozial bekannt ist. Unfähig, aus der Ferne zu beurteilen, was die Summe im Alltag wirklich bedeutet, bleibt dennoch fest zu halten: Es gibt Regierungen, die ein Grundeinkommen beschließen, egal, welche Beweggründe sie haben mögen. (Und „Links“ oder „Rechts“ hilft da auch nicht sehr viel weiter, wenn Portugal Streiks verbietet und in Argentinien der Präsident öffentlich den Polizeikurs verteidigt „wer nicht hören will, muss fühlen“…)
„Irlanda nacionaliza hospitales privados mientras dure la pandemia“ am 25. März 2020 bei Resumen Latinoamericano berichtet vom Beschluss der irischen Regierung in der aktuellen Situation vorübergehend die privaten Krankenhäuser des Landes unter staatliche Kontrolle zu nehmen. (Könnte man beibehalten).
Einige (wenige) Beispiele dafür, wie sich die aktuelle Krise auf das Leben der Menschen rund um den Erdball auswirkt
Und dies vor allem mit einigen alltäglichen Auswirkungen in Ländern, die in ihrer großen Mehrheit keineswegs als besonders arm gelten, und die nicht Ergebnis aktueller konkreter Maßnahmen sind, sondern in der langen neoliberalen Vorgeschichte der jüngeren Entwicklung (siehe für Italien: Der Streik gegen Arbeitszwang in Italien war ein Erfolg. Die „alternativen“ Verhandlungen der großen Gewerkschaftsverbände mit der Regierung – weitaus weniger)
„Brasilien steht vor Elendswelle in Folge der Corona-Infektionen“ von Mario Schenk am 25. März 2020 bei amerika21.de zu Epidemie und rechtsradikaler Politik: „… Der wachsenden Zahl von Kranken ist Brasiliens Gesundheitssystem angesichts kaum vorhandener Beatmungsgeräte und Intensivbetten nicht gewachsen. „Ende April wird das Gesundheitssystem zusammenbrechen“, teilte Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta am Samstag mit. Der Höhepunkt von Neuansteckungen werde erst für Ende August erwartet. Um einen Kollaps zu verhindern, müssten Bewegungen eingeschränkt werden, forderte Mandetta im Beisein des Präsidenten Jair Bolsonaro. Dieser hält davon jedoch wenig. Es werde keinen Kollaps geben, versicherte er später: „Schließlich macht sich das ‚Grippchen‘ bei 60 Prozent der Bevölkerung nicht bemerkbar“, so der Präsident gegenüber dem Sender CNN Brasil. Wiederholt wandte er sich gegen die Quarantäne-Maßnahmen der einzelnen Bundesstaaten zur Einschränkung der Pandemie. Nachdem Bundesstaaten, die besonders vom Virus betroffen sind, den Verkehr auf Autobahnen und Flughäfen wegen mangelnder Kontrollen teilweise eingestellt hatten, veranlasste Bolsonaro, diese wieder zu öffnen. Am Wochenende ordneten angesichts schnell steigender Corona-Fälle die rechtskonservativen Gouverneure von São Paulo, João Doria (PSDB), und von Rio de Janeiro, Wilson Witzel (PSC), die Quarantäne an. Seit Dienstag sind der Großteil der Geschäfte sowie Sportstätten, Restaurants oder Kirchen geschlossen. Für diesen Vorstoß bezeichnete Bolsonaro die beiden Gouverneure als „wahre Arbeitsplatzvernichter“. Dabei warf er den beiden, die ihm politisch nahestehen, vor, sich gegen ihn verschworen zu haben. Gouverneur Doria sei ein „Spinner“, der sich in der Krise profilieren wolle. So entwickelt sich der unterschiedliche Einsatz von Maßnahmen zur Bekämpfung von Corona zum Machtkampf zwischen Bolsonaro und dem rechts-konservativen Establishment im Land...“
„Unemployment claims reach nearly one million as businesses battered by coronavirus pandemic“ von David Parkinson und Josh Kane am 24. März 2020 beim Globe and Mail berichtet aus Kanada, dass dort inzwischen bereits 1 Million neuer Meldungen bei der Arbeitslosenversicherung eingegangen sind…
„Geplante Unterversorgung“ von Renato Beck am 26. März 2020 in der WoZ zum Gesundheitssystem in der (nicht ganz so armen) Schweiz unter anderem: „… Zur verbliebenen freien Kapazität kann Koch, oberster Seuchenbekämpfer im Bundesamt für Gesundheit, immerhin eine ungefähre Angabe machen. Er geht aktuell von rund 1200 Intensivbetten aus, aber man befinde sich in einem dynamischen Prozess, laufend würden neue Plätze geschaffen. Unklar bleibt weiterhin, wie dick oder dünn die Personaldecke ist, wie viele Pflegende und ÄrztInnen es zusätzlich braucht und woher diese kommen sollen. Was ebenfalls unausgesprochen bleibt: dass dieser Kraftakt deshalb nötig ist, weil die Schweiz in den letzten Jahren viele Spitäler und Betten abgebaut hat. Die Coronapandemie erfasst das Land auf halbem Weg in einem gewaltigen Rationalisierungsprozess. Alleine in der Grundversorgung verschwanden in den letzten zwanzig Jahren zwei von drei Spitälern. Betroffen waren vor allem kleinere Regionaleinrichtungen. Auch die Zahl der Betten hat sich in dieser Zeit deutlich verkleinert. Und geht es nach so mancher Entscheidungsträgerin, soll der Abbau noch eine Weile weitergehen. Im Januar forderte etwa Annamaria Müller, Verwaltungsratspräsidentin des Freiburger Kantonsspitals, im «Blick», jedes dritte Spital in der Schweiz stillzulegen. Müller hatte sich zuvor im Kanton Bern den unrühmlichen Titel «Spitalmörderin» eingehandelt, weil sie drei Schliessungen durchsetzte...“
„Corona-Krise: Kinder in einkommensarmen Haushalten besonders betroffen“ am 20. März 2020 bei ots war eine Pressemitteilung der Diakonie Österreich, worin unter anderem hervor gehoben wurde: „… Das zeige sich besonders deutlich am Thema Wohnen und bei der Bildung. 58% der Kinder in Haushalten, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, leben in Wohnungen mit krasser Überbelegung. „Es ist für keine Familie einfach, wenn alle zu Hause sind, die Eltern im Homeoffice arbeiten sich gleichzeitig um die Kinder kümmern müssen. Je beengter die Wohnverhältnisse, desto höher der Druck und angespannter die Situation. Die schulpsychologische Beratung empfiehlt, dass jedes Kind einen Platz in der Wohnung haben soll, wo es ein Buch hinlegen und in Ruhe und aufmerksam lernen kann. Ein Ding der Unmöglichkeit, wenn sich fünf Personen 50 m2 teilen müssen.“ Dazu kämen praktische Fragen wie der „Kampf um den Laptop“, wenn es im Haushalt nur ein Gerät gebe, das sowohl die Mutter fürs Homeoffice als auch drei Kinder für die Arbeitsaufträge der Schule brauchen…“
„Not in Europas Speisekammer“ von Carmela Negrete am 25. März 2020 in der jungen welt über MigratInnen auf andalusischen Feldern in Spanien: „… Hunderte der marokkanischen Arbeiterinnen, die bereits vor Ort sind, haben sich mittlerweile an die Andalusische Arbeitergewerkschaft (SAT) gewandt. Sie beklagen, auf engstem Raum leben zu müssen. Dabei sei es unmöglich, den zur Verhinderung der Ausbreitung des Virus notwendigen Abstand zu anderen einzuhalten. Zudem seien manche trotz Krankheit dazu gezwungen worden, zur Arbeit zu gehen. SAT-Generalsekretär Óscar Reina warnte gegenüber jW: »Die Leute brauchen Schutzmittel wie Mundschutz, Handschuhe und Desinfektionsmittel, um eine massive Ansteckung zu verhindern«. In Huelva sind zudem Hunderte obdachlose Landarbeiter dem Virus völlig hilflos ausgeliefert. Bei der Stadt Lepe wohnen sie seit Jahren in selbstgebauten Hütten und berichten, dass dort die spanische Armee in den vergangenen Tagen die Straße mit Desinfektionsmittel gereinigt habe, während in ihren Behausungen weiterhin fließendes Wasser fehle…“
„Unos 2.500 trabajadores de Correos están en cuarentena, según sindicatos“ am 25. März 2020 bei El Confidential meldet, dass rund 2.500 der insgesamt etwa 50.000 Beschäftigten der Post in Spanien bereits in Quarantäne sind – und meldet dazu, dass die Gewerkschaften unterstreichen, dass dies Ergebnis der verantwortungslosen Haltung der Unternehmensleitung sei…
„Maroc. Les classes populaires laissées à la porte des hôpitaux“ von Margot Vallère am 24. März 2020 bei Révolution Permanente berichtet von der „Gesundheitspolitik“ im Königreich Marokko, dass die ganz einfach königlich ist: Die Krankenhäuser im Land sind nicht überlastet. Denn die Armen kommen da ohnehin nicht hinein…
„Patient New York“ von Dorothea Hahn am 25. März 2020 in der taz online berichtet vom Krisenland USA unter anderem: „… „Was auf uns zurast, ist nicht mehr ein Güterzug, sondern ein Hochgeschwindigkeitsexpress“, sagt New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo am Dienstag auf seiner täglichen Pressekonferenz über das Virus. Als er spricht, sind in seinem Bundesstaat bereits 25.000 Menschen nachgewiesen mit Sars-CoV-2 infiziert und 200 an den Folgen gestorben. Die Infektionsrate verdoppelt sich alle drei Tage, erklärt der Gouverneur. Weil die Ausbreitung noch schneller geht als befürchtet, erwartet er den Höhepunkt beim Andrang auf die Intensivstationen in zwei bis drei Wochen. Die Kurve hat sich nicht in der Weise verflacht wie erhofft. Im Javets-Kongresszentrum in Manhattan werden am Dienstag 1.000 Feldbetten aufgestellt. Ein weiteres Kongresszentrum am Stadtrand und zwei Universitäten auf dem Land werden zu Notkrankenhäusern umgerüstet. Zusätzlich ist ein 1.000-Betten-Lazarettschiff der U.S. Navy in den Hafen von New York unterwegs. Aber sehr viel mehr ist nötig. Dem Bundesstaat fehlen mindestens 55.000 Betten und 30.000 Beatmungsgeräte. Die Regierung in Washington stellt über ihren Katastrophendienst Fema (Federal Emergency Management Agency) bis zum Dienstag lediglich 400 Beatmungsgeräte für New York bereit. Diese Knappheit könnte für 29.600 Schwerkranke bedeuten, dass sie keine Chance haben...“
„Coronavirus erfasst New York, Wall Street im Höhenflug“ von Bill Van Auken am 26. März 2020 bei wsws ebenfalls zur aktuellen Entwicklung in den USA: „… Inzwischen zeigt sich in ganz New York, wie die Pandemie um sich greift. Vor dem Elmhurst Hospital in Queens, wo sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, standen am Dienstag zum fünften Mal in Folge unzählige Kranke in einer Schlange hinter Polizeiabsperrungen auf der Straße und warteten darauf, in die Notaufnahme zu gelangen. Krankenschwestern berichteten, dass unter den positiv getesteten Arbeitern auch einige waren, denen ihre Arbeitgeber gedroht hatten, dass sie sich nicht einen einzigen Tag Quarantäne leisten könnten, ohne ihren Job zu verlieren. Dann wären sie nicht mehr in der Lage, ihre Familien zu ernähren. Die Mehrheit der Arbeiterklasse in New York – wie überall in den Vereinigten Staaten – ist in diesem tragischen Dilemma gefangen. Sie haben kein Geld, um bei einer längeren Schließung der Betriebe und Geschäfte über die Runden zu kommen. Die Almosen, die der US-Kongress verspricht, werden daran nichts ändern. Die große Zahl von Einwanderern, die keine Papiere haben und normalerweise den Dienstleistungssektor der Stadt am Leben halten, wird nicht einmal diese erbärmliche Summe erhalten. Sowohl Präsident Donald Trump als auch der Gouverneur von New York Andrew Cuomo haben auf die Sorgen der Arbeiterfamilien, die vor Hunger, Obdachlosigkeit und dem Ruin der kleinen Betriebe bangen, mit dem Vorschlag reagiert, dass die Menschen doch trotz der Verbreitung des Virus bald wieder arbeiten gehen können. Am Dienstag gab die New Yorker Verkehrsbehörde bekannt, dass sie sich letzte Woche gezwungen sah, den U-Bahn-Service einzuschränken. In der vergangenen Woche wurden deshalb mehr als 1.000 Fahrten gestrichen, weil die Zahl der krankgeschriebenen Mitarbeiter stark angestiegen war. Mindestens 23 Verkehrsarbeiter wurden positiv auf COVID-19 getestet, während viele weitere aufgrund des Kontakts mit infizierten Kollegen zur Quarantäne gezwungen waren. Den Kaskadeneffekt dieser Kürzungen bekommen die Passagiere zu spüren, die dicht an dicht in den Zügen zusammengepfercht sind, wodurch die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung beschleunigt wird. Die Stadt gab am Dienstag bekannt, dass sie mit privaten Mülltransportfirmen verhandelt, weil sie befürchtet, dass die wachsende Zahl der infizierten Müllfahrer – bereits 61 positiv und 26 weitere unter Quarantäne – dazu führt, dass sich bald die Müllberge auf den Straßen türmen…“
„Virus macht krank, Armut tötet“ von Ilona Eveelens am 23. März 2020 in der taz online berichtet aus Kenia: „… Kiarie pendelt aus Kiambu, einem Städtchen nördlich von Nairobi. „Es macht Angst, in einem Matatu (Kleinbus) hierher reisen zu müssen. Die sind normalerweise übervoll und dreckig. Aber heute gab es viel weniger Passagiere“, sagt der Witwer. Er sorgt sich um seine zwei Söhne, die ihm beim Anmalen der Holztierchen helfen: Sie sind erwachsen, aber haben keine Arbeit. In Kiambu hat er einen kleinen Gemüseacker mit ein paar Bananenstauden. Trotzdem macht er sich große Sorgen über die Zukunft: „Ich bin machtlos und kann nur beten, dass wir diese Plage überstehen.“ Viel beten – das tun auch die Putzfrauen und Gärtner, die aus Ongata Rongai ins benachbarte Mittelklasseviertel zur Arbeit gehen. Sie haben alle beschlossen, die vier Kilometer zur Arbeit zu laufen, weil sie Matatus jetzt zu riskant finden. Ihre Arbeitgeber haben ihnen Videos gezeigt, wie man sich die Hände intensiv wäscht, und so viel wie möglich aufgeklärt über das Virus...“
Ob mit Streiks oder Mietboykott, ob mit selbstorganisierter Versorgung oder nachbarschaftlichen Zusammenschlüssen – der Widerstand gegen Arbeitszwang, Kostenabwälzung und Repression wird immer stärker
Arbeitszwang trotz Ausgangssperren sind eine der „Frontlinien“ aktueller weltweiter Auseinandersetzungen, wie es auch die Abwälzung der Kosten auf die Menschen sind, wie sie über Lohnkürzungen oder Entlassungen vorgenommen werden soll. Und gegen das Diktat, zu gehorchen, bilden sich ebenfalls immer mehr Initiativen… Auch hier nur einige Beispiele…
„Call Centers em Greve por medidas de proteção contra pandemia“ am 25. März 2020 im Esquerda.net berichtet vom – massiv begonnen – Streik in den Call Centern Portugals (mit denen unter anderem Heimarbeit gefordert wird), ein Streik, der auch deswegen von besonderem Interesse ist, weil es „eigentlich“ ja seit neuestem in Portugal verboten ist, zu streiken…
„Healthcare workers in Ghana and Nigeria strike, demand tools to fight Coronavirus spread“ am 19. März 2020 bei Peoples Dispatch berichtet von den Streiks im Gesundheitssektor in gleich zwei afrikanischen Ländern, mit denen die betreffenden Belegschaften eine angemessene Ausrüstung forderten – die sie auch bekamen…
„Workers Launch Wave of Wildcat Strikes As Trump Pushes for ‘Return to Work’ Amidst Exploding Coronavirus“ am 25. März 2020 bei It’s Going down berichtet von den Reaktionen auf Herrn Trumps Ausführungen über die bevorstehende allgemeine Wiederaufnahme der Arbeit – die eine hier lückenhaft dokumentierte regelrechte Streikwelle quer durch die USA auslösten…
„Movilizaciones en los centros de trabajo en defensa de la salud, el empleo y las condiciones laborales“ am 25. März 2020 bei Resumen Latinoamericano berichtet von den Vorbereitungen der Gewerkschaften ELA, LAB, ESK, Steilas, Etxalde und HIRU am 27. März im Baskenland einen Mobilisierungstag für Sicherheit und gegen Entlassungen und Kürzungen zu organisieren.
„COVID-19 Crisis: Fighting to Protect Incheon Airport-Yeongjong area Workers“ am 25. März 2020 bei der Gewerkschaft KPTU berichtet von Warnstreiks am Flughafen Seoul/Korea gegen drohende Entlassungen, die manche der zahlreichen hier tätigen Subunternehmen offensichtlich vorbereiten: Die Zahl der täglichen Passagiere ist von 200.000 auf 10.000 gesunken – die Forderung an die Regierung ist es, den Flughafen als „Beschäftigungskrisen-Zone“ auszuweisen, was erhöhte Sicherheit gegen Kündigungen bedeuten würde.
„Panamá: SUNTRACS negocia cierre de proyectos de construcción y asegura pago de salarios“ am 24. März 2020 bei der Bauarbeiter-Internationale berichtet von der erfolgreichen Mobilisierung in Panama, mit der die Einstellung der Bauarbeiten im Land bei Garantie der Lohnfortzahlung erreicht wurde…
„Announcing: #Seattle Rent Strike“ am 25. März 2020 bei Enough is Enough ruft zum Mietstreik in Seattle auf – und steht damit als Beispiel für zahlreiche ähnliche Aufrufe, nicht nur in den USA, sondern in einer ganzen Reihe von Ländern
„Reclaim Our Homes“ von Sarah Jaffe am 20. März 2020 beim Dissent Magazine berichtet – mit Schwerpunkt Kalifornien und Los Angeles – über verschiedene aktuelle Initiativen in den USA das Recht auf Wohnung zu verteidigen.
„COVID-19: Niemand ist sicher, bis alle geschützt sind!“ vom 24. März 2020 ist ein Offener Brief der Transbalkan-Solidaritätsgruppe auf ihrer Webseite, worin es unter anderem heißt: „… Die Aufnahmezentren in Bosnien-Herzegowina, die von der IOM verwaltet werden, befinden sich wahrscheinlich in einem schlimmen Zustand und wiedersprechen jedem Maß der Würde. Die meisten Camps sind überfüllt, ohne angemessenen Hygienemöglichkeiten und Desinfektionsmittel, ohne regelmäßigen Zugang zu warmem Wasser und ohne sauberes Trinkwasser. Diese grundlegenden Ressourcen sollten jederzeit, nicht nur unter Pandemiebedingungen, zur Verfügung gestellt werden. Wir bitten um das Engagement aller, die die Fähigkeit und Pflicht zum Handeln haben: UN-Organisationen und ihre Partner, insbesondere die IOM, die die größte Zuständigkeit hat, Ärzte ohne Grenzen, das Internationale Rote Kreuz und seine lokalen Zweigstellen, der Dänische Flüchtlingsrat, Merhamet, Caritas und alle anderen Organisationen und Gruppen, die in jedem Fall an der Betreuung von Menschen auf Transit beteiligt sind. Schließlich fordern wir, dass alle Menschen gleichermaßen und uneingeschränkten Zugang zum Gesundheitssystem erhalten. Menschen auf Transit müssen ohne Diskriminierung behandelt werden und konkrete Schutzmaßnahmen müssen in die allgemeinen Maßnahmen zum Schutz der Gesamtbevölkerung einbezogen werden. Wir fordern, dass Menschen Informationen über das Virus, seine Verbreitung und mögliche Schutzmaßnahmen in den Sprachen erhalten, die sie verstehen. Wenn im Kampf gegen die Pandemie ein Teil der Bevölkerung von den Schutzmaßnahmen ausgeschlossen wird, werden gleichzeitig alle anderen Bemühungen, die Verbreitung des Virus zu stoppen, zunichte gemacht. Unsere Regierungen sind gesetzlich verpflichtet, den Zugang zu Notfallbehandlungen für alle Menschen unabhängig von ihrem Status zu gewährleisten. COVID-19 wird Notfallbehandlungen für viele Menschen erfordern. Aus diesem Grund fordern wir die Behörden auch auf, der Bevölkerung von Bosnien und Herzegowina regelmäßig und kostenlos medizinische Behandlung zur Verfügung zu stellen. Dies gilt insbesondere für Menschen die sich bereits mit dem Virus infiziert haben oder bei denen ein Verdacht auf eine Ansteckung besteht. Die Situation erfordert Vorsicht und Offenheit und die organisierte Unterstützung für Flüchtlinge, Migranten und andere gefährdete Gruppen aufrechtzuerhalten…“
„Zur Selbstsorge gezwungen“ von Rainer Werning am 24. März 2020 in der jungen welt berichtet von den Philippinen: „… Bis Montag (Ortszeit) hatten sich landesweit 462 Menschen infiziert, und 33 Personen starben an Covid-19. Per Präsidialproklamation gilt seit einer Woche landesweit ein mindestens sechsmonatiger Katastrophenzustand. Gleichzeitig wurde bis zum 12. April über den Großraum Manila und die bevölkerungsreichste und wirtschaftlich bedeutsamste Nordinsel Luzon mit weit über 50 Millionen Einwohnern eine »erweiterte Gemeinschaftsquarantäne« verhängt. Anfängliche Ausgangssperren von 20 bis 5 Uhr gelten vielerorts bereits ganztägig. Alles, was die Regierung bislang an Soforthilfen in Aussicht stellte, war ein Betrag aus der »Portokasse« in Höhe von 27,1 Milliarden Peso (ca. 496 Millionen Euro). Davon ist der Löwenanteil, nämlich 14 Milliarden, für die Tourismusindustrie vorgesehen. Jeweils gut drei Milliarden sollen für den Erwerb von Testkits und materiellen Direkthilfen, der Rest in Form von Darlehen an Kleinbauern und Fischer bereitgestellt werden. Am Montag fand die erste gemeinsame Krisensitzung des Repräsentantenhauses und Senats statt. (…)Unmittelbar nach Dutertes Ankündigung kam es vielerorts zu tumultartigen Szenen. Pendler waren gestrandet, Arbeiter und Angestellte mussten lange Fußmärsche in Kauf nehmen, weil der öffentliche Verkehr lahmgelegt war. Sofern sie Glück hatten, konnten »Frontline«-Beschäftigte in Krankenhäusern, Hospitälern, Apotheken, Banken, Lebensmittelgeschäften und in der Nahrungsmittelindustrie die von den Unternehmen bereitgestellten Transportmittel nutzen. Als sich in Manilas Stadtbezirken Pasig und Marikina die dortigen Bürgermeister zu dem populären Entschluss aufrafften, wenigstens Dreiräder zuzulassen, erregte das den öffentlichen Zorn des Präsidenten. In einer am späten Donnerstag abend kurzfristig angesetzten Pressekonferenz bezichtigte Duterte sie des Rechtsbruchs sowie der Amtsanmaßung und drohte ihnen mit strafrechtlichen Maßnahmen. Allein im Großraum Manila wirkt »erweiterte Gemeinschaftsquarantäne« wie Hohn: In den zahlreichen Slumgebieten dieses etwa 15 Millionen Menschen zählenden Molochs beginnt just in diesen Tagen mit Einsetzen der Trockenzeit wie bereits im letzten Jahr der Ansturm auf das knappe Trinkwasser. Die Philippinen sind außerdem das Land mit den – im weltweiten Vergleich – überfülltesten Haftanstalten und Gefängnissen, deren Regierung bis dato aber nicht einmal die Entlassung kranker, über 60 Jahre alter politischer Gefangene erwog. »Die einzige Gewissheit, die wir heute haben«, heißt es in einem am 17. März veröffentlichten Beitrag des Onlinemagazins Bulatlat, »besteht darin, dass wir gezwungen sind, für uns selbst zu sorgen…“
„Masken für Armenien“ von Tigran Petrosyan am 26. März 2020 in der taz online berichtet von einer Aktion, die ebenfalls in vergleichbarer Form in einer Reihe von Ländern stattfindet – und auch zur Selbsthilfe gehört: „… Zu Hause bei der Familie in der Stadt Etschmiadsin, etwa 20 Kilometer von der Hauptstadt Jerewan entfernt, sitzen Frauen rund um die Uhr an ihren Nähmaschinen. „Um neun Uhr morgens beginnt die Näharbeit mit einer Tasse Kaffee für alle“, sagt Khatschatur Abrahamjan und zeigt auf seinem Handy sein Wohnzimmer. Dort arbeiten seine Mutter, seine Frau, die Frau seines Bruders und einige Nachbarn. Sie sind die erste freiwillige Gruppe, die eine derartige Initiative ins Leben gerufen hat – kurz bevor die armenische Regierung am 16. März den Ausnahmezustand erklärte. (…) Zurzeit produzieren sie 4000 Masken pro Tag. Nach ihrer Fertigstellung werden die Masken in den lokalen Krankenhäusern sterilisiert und dann verteilt. „Wir wollen den Menschen helfen, Masken zu bekommen, ohne dafür zu bezahlen“, sagt Khatschatur Abrahamjan. Am Anfang wollten die Menschen nicht glauben, dass die Masken kostenlos seien, erzählt Abrahamjan. Heute sei fast die ganze Stadt versorgt. „Die Leute rufen an, stehen vor der Tür. Das freut uns sehr“, sagt er…“
- Siehe zuvor: Das Monster vor der Tür: Der Corona-Kapitalismus: Teil 1 am 16. März 2020 und Folge 2 am 18. März 2020
- Siehe auch im LabourNet Germany (nur einige der vielen Dossiers):
- Streiks, Nachbarschaftshilfe, freiwillige Quarantäne: Solidarität in Zeiten von Corona
- Die Gesundheitsdiktatur. Notstand wegen dem Corona-Virus verlangt nach Wachsamkeit gegenüber dem Staat
- Datenschutz vs. Corona-Virus – Was [nicht nur] Unternehmen beachten müssen
- Recht auf Wohnung: Erst recht bei einer Epidemie
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