[Petition] Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen durch die Coronakrise
Dossier
„… Was mir trotz überdurchschnittlich viel Arbeit nicht gelang, ist Rücklagen zu bilden, die mich und mein Team durch eine Krise, wie wir sie derzeit erleben, retten könnten. So geht es nicht nur mir. So geht es unzähligen Selbstständigen, Kreativen, Musikern, Künstlern, Veranstaltern und Überlebenskünstlern. (…) So geht es unzähligen Studenten und anderen, die auf ihre 450€-Jobs angewiesen sind, um zu überleben. Für die kein Kurzarbeitergeld greift und für die Kredite keine Zukunftsperspektive sein können. Sie alle wissen nicht, wie sie ihre Mieten, ihre privaten Krankenversicherungen, Essen für ihre Kinder oder andere Verbindlichkeiten zahlen sollen. Sie alle brauchen Hilfe und zwar: SOFORT! Nicht als Kredit, sondern als Zuschuss für die Umsätze und Einkommen, die innerhalb von Tagen plötzlich weggebrochen sind. Deutschland ist ein reiches Land – Sie reden von Billionenkrediten für die Wirtschaft! Was dem Land aber auch helfen würde, ist die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens von 800-1200€ pro Person für 6 Monate. Schnell, unbürokratisch, zeitlich begrenzt. DAS würde den soziale Absturz Tausender verhindert und gleichzeitig die Kaufkraft im Land erhalten. Denn das ist das Zweite, was wir brauchen: Menschen, die weiterhin Geld ausgeben!…“ Petition von Tonia Merz bei change.org vom 13. März 2020 und auch EU-weit:
- Debatte zu Corona und Sozialstaat: Solidarität statt Grundeinkommen oder Emanzipation durch Grundeinkommen?
- Debatte Corona und Sozialstaat: Solidarität statt Grundeinkommen
„… Kaum hatte das als SARS-CoV-2 bezeichnete Virus im Frühjahr 2020 die Bundesrepublik erreicht, ertönten deutschlandweit die Rufe nach dem Sozialstaat. (…) Befürworter:innen eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) nutzten die Gelegenheit, um mit Hinweis auf die außergewöhnlichen Umstände für ihr Konzept zu werben. In einer Petition an den Bundestag wurde die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens von monatlich 800 bis 1.200 Euro pro Person für ein halbes Jahr gefordert. (…) Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen würde Sozialpolitik nach dem Gießkannenprinzip gemacht, statt ihre begrenzten Ressourcen im Sinne der Einzelfallgerechtigkeit auf jene Personen zu konzentrieren, die sie wirklich brauchen. So dürften selbst in einer Pandemie nicht alle Künstler:innen und Kulturschaffenden unterstützt werden müssen. Dieter Bohlen, Helene Fischer und Roland Kaiser brauchten während der Pandemie ebenso wenig Staatshilfe wie Gerhard Richter, weil sie allesamt Multimillionäre sind. (…) Längerfristig geht es um die Schaffung eines inklusiven Sozialstaates, der auf einer solidarischen Bürgerversicherung und einer bedarfsgerechten, armutsfesten und repressionsfreien Grundsicherung als geeigneter Alternative zum bedingungslosen Grundeinkommen basiert. Anstatt über allen Bürger:innen denselben Geldbetrag auszuschütten und den Bismarck‘schen Sozialversicherungsstaat damit zu zerstören, sollte man ihn weiterentwickeln. (…) Solidarisch zu sein heißt, dass die Bürgerversicherung zwischen den ökonomisch unterschiedlich Leistungsfähigen einen sozialen Ausgleich herstellt. Nicht nur auf Löhne und Gehälter, sondern auf sämtliche Einkunftsarten (Zinsen, Dividenden, Tantiemen, Miet- und Pachterlöse) wären Beiträge zu erheben. Nach oben darf es im Grunde weder eine Versicherungspflichtgrenze (aktuell 5.362,50 Euro pro Monat) noch eine Beitragsbemessungsgrenze (6.750 Euro pro Monat in Ost- und 7.050 Euro pro Monat in Westdeutschland) geben, die es privilegierten Personengruppen erlauben, sich ihrer Verantwortung für sozial Benachteiligte ganz oder teilweise zu entziehen. Was die Beitragsbemessungsgrenze angeht, stünde zumindest eine deutliche Erhöhung an. Umgekehrt müssen jene Personen finanziell aufgefangen werden, die den nach der Einkommenshöhe gestaffelten Beitrag nicht entrichten können. Bürgerversicherung heißt, dass alle Personen aufgenommen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie erwerbstätig sind oder nicht. Da sämtliche Wohnbürger:innen in das System einbezogen wären, blieben weder Selbstständige, Freiberufler:innen, Beamt:innen sowie Abgeordnete und Minister:innen noch Ausländer:innen mit Daueraufenthalt in der Bundesrepublik außen vor. Einerseits geht es darum, die Finanzierungsbasis des bestehenden Sozialsystems zu verbreitern, andererseits darum, den Kreis seiner Mitglieder zu erweitern…“ Gastbeitrag von Christoph Butterwegge vom 18. Mai 2022 in Kontext: Wochenzeitschrift Ausgabe 581 und die Antwort darauf: - Debatte Corona und Sozialstaat: Emanzipation durch Grundeinkommen
„… In Kontext-Ausgabe 581 wiederholt Christoph Butterwegge in einem Beitrag zur Pandemie und zum Sozialstaat seine bekannten Thesen gegen das Grundeinkommen. Die allerdings sind ebenso widersprüchlich wie seine Reformideen und verkennen die Grundeinkommensdebatte gründlich. (…) Die Bürgerversicherung ist eine Kranken- und Pflegeversicherung, die alle einschließt. Sie ist also inklusiv und universell. Die existenzielle Absicherung soll aber eine Grundsicherung sein, also nur Bedürftigen nach einer sozialadministrativen Einkommens- und Vermögensprüfung gewährt werden. Das ist das Gegenteil von universell, es ist auch nicht inklusiv. Forschungsarbeiten von renommierten Armutsforscher:innen zeigen, dass bedürftigkeitsgeprüfte Sozialleistungen Anspruchsberechtigte massenhaft vom Bezug der Grundsicherung ausschließen – wegen ihres stigmatisierenden und diskriminierenden Charakters: Bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV) sind es bis zu 50 Prozent, bei der Grundsicherung im Alter bis zu 68 Prozent. Grundsicherungen sind exkludierend. Sie verfehlen ihre grundrechtliche Funktion, vor Armut und sozialer Ausgrenzung zu schützen. Auch wenn die Grundsicherung, wie Butterwegge es wünscht, repressionsfrei sein soll – es bleibt der stigmatisierende und diskriminierende Charakter, der die Ausschlüsse verursacht. Darüber hinaus: Grundsicherungen sind Minderheitenrecht. Sie stehen unter Rechtfertigungsvorbehalt und bieten neoliberalen Sozialstaatsschleifern beste Gelegenheit, der „parasitären Minderheit“ die steuerzahlende Mehrheit gegenüberzustellen. Letztlich sind bedürftigkeitsgeprüfte Leistungen, die ein Minimum an Existenzsicherung und Teilhabe ermöglichen sollen, eine sozialstaatliche Konstruktion, die die Gesellschaft spalten – auch Butterwegges Grundsicherung. (…) Die Ausführungen von Butterwegge zur Bekämpfung der sozialen Folgen der Pandemie sind hochproblematisch: Viele Verbände von Künstler:innen haben zur Abfederung der sozialen Folgen der Pandemie ein Grundeinkommen gefordert. Sie mussten die Erfahrung machen, wie ineffektiv und ausgrenzend der bestehende Sozialstaat ist. Auch hier meint Christoph Butterwegge, diese Forderungen mit der bekannten Bemerkung zu den Reichen wegwischen zu können: „Dieter Bohlen, Helene Fischer und Roland Kaiser brauchten während der Pandemie ebenso wenig Staatshilfe wie Gerhard Richter, weil sie allesamt Multimillionäre sind.“ Vollkommen übersehen wird von ihm dabei, dass diese das Grundeinkommen im Rahmen der solidarischen Umverteilung finanzieren, unterm Strich sogar noch draufzahlen – wohingegen den finanziell mit dem Rücken an der Wand Stehenden mit dem Grundeinkommen existenzielle Nöte und der Gang zum Jobcenter erspart bliebe…“ Gastbeitrag von Ronald Blaschke vom 25. Mai 2022 in Kontext: Wochenzeitschrift Ausgabe 582 - Es ist kein Geheimnis, dass auch Mag Wompel die ablehnende Position von Christoph Butterwegge zum Grundeinkommen kritisiert – siehe unsere Rubrik Linke Kritik am BGE und in ihr im LabourNet-Archiv sogar die eigenständige Rubrik zu Christoph Butterwegge
- Debatte Corona und Sozialstaat: Solidarität statt Grundeinkommen
- Grundeinkommen: Krisenvorsorge oder unbezahlbar? Freiburger Ökonomen schlagen ein Grundeinkommen in Krisenzeiten vor
„… Das bedingungslose Grundeinkommen wird kontrovers diskutiert und spielt bei verschiedenen Parteien im Wahlkampf eine Rolle. Wie es wirkt, will das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einem Pilotprojekt herausfinden. Nun haben sich Forscher der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau zu Wort gemeldet: Zumindest in Krisenzeiten könne ein Grundeinkommen helfen, Ungleichheit und Ungerechtigkeit vorzubeugen und abzufedern, heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Diskussionspapier. Die Maßnahmen, mit denen die Corona-Pandemie eingedämmt werden sollten, hätten für viele Menschen finanzielle Einbußen bedeutet, heißt es in dem Papier. Neben einer akuten Gesundheitskrise gerieten viele auch in eine Einkommenskrise. Darüber hinaus konstatierten die Ökonomen, dass es „zu einer asymmetrischen Risiko- und Lastenverteilung zwischen leistungsbezogenen und leistungslosen Einkommen“ gekommen sei, „was der Umverteilung zugunsten der Kapitalerträge verschärft Vorschub leistet“. (…) Das Grundeinkommen soll dieser Entwicklung entgegenwirken. Das Modell, das die Freiburger Wissenschaftler durchrechneten, sieht vor, dass jede erwachsene Person in Deutschland während der Pandemie beispielsweise 550 Euro im Monat erhält. Zusätzlich soll die Zahlung zum Beispiel von Mieten, Pachten und Zinsen ausgesetzt werden, wenn das Arbeitseinkommen ausfällt. Mit anderen Worten: Fällt das Einkommen weg, muss keine Miete gezahlt werden – und die Vermieter können in diesem Fall ihre Zahlungen an Banken aussetzen. Die Forscher erhoffen sich dadurch, dass Risiken aus der Krise nicht nur an Unternehmern und Beschäftigten hängen bleiben. Wie das Grundeinkommen finanziert werden könne, dazu bietet das Modell keinen Ansatz. Die Wissenschaftler sind sich aber sicher, „dass ein solcher Ansatz seitens der Kosten ‚günstiger‘ gewesen wäre, als die aktuellen Krisenhilfsmaßnahmen, die selbige Funktion hatten“. Für die Ökonomen ist es an der Zeit, der wachsenden Ungleichheit etwas entgegenzusetzen. Im Juli hatten sie schon einen Artikel veröffentlicht, in dem sie argumentierten: Die wirtschaftlichen und sozialen Krisen, die durch die Corona-Pandemie befeuert wurden, haben tiefgreifendere Wurzeln. Sie ließen sich zurückführen auf mehrere Jahrzehnte neoliberaler Politik, durch die öffentliche Güter privatisiert wurde, während sich die Risiken aus Umweltkatastrophen, Pandemien und wirtschaftlichen Krisen verstärkt hätten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen sei ein Mittel, um diese Probleme anzugehen…“ Beitrag von Bernd Müller vom 16. August 2021 bei Telepolis- Lesenswert dazu auch das 42-seitige FRIBIS-Diskussionspapier „Die Gegenfinanzierung des
Netto-Grundeinkommens in Zeiten schuldenfinanzierter Hilfsmaßnahmen während der Corona-Krise“ von Bernhard Neumärker, Bianca Blum, Burhan Yalcin und Sema Yalcin vom 14. Juni 2021 , das dem Beitrag zugrunde liegt - Anm.: Wenn auch sehr „human“, ein Vorschlag in die richtige Richtung der Umverteilung (einmal abgesehen von der nicht gerade besten Überschrift).
- Lesenswert dazu auch das 42-seitige FRIBIS-Diskussionspapier „Die Gegenfinanzierung des
- [Fast 500.000 Unterzeicher:innen] Gemeinsam für Grundeinkommen – Abstimmen statt bitten! Nächste Station: Volksabstimmung!
„Fast 500.000 Unterzeicher:innen bei change.org und 180.000 Mitzeicher:innen auf der Bundestagsplattform sowie eine Anhörung im Petitionsausschuss reichen offensichtlich nicht aus, um die Regierung beim Thema Grundeinkommen zu erreichen. Deshalb heißt unsere nächste Station: Volksabstimmung! Abstimmung21 ist die erste, von den Bürgern organsierten, bundesweiten Volksabstimmung, in der über die 4 wichtigsten gesellschaftsrelevanten Themen abgestimmt werden soll. Welche Themen das sind wird basisdemokratisch von Euch entschieden, in dem ihr per Petition vorgeschlagene Themen unterzeichnet…“ Update vom 10.2.2021 zur Petition Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen durch die Coronakrise bei change.org - Ein befristetes bedingungsloses Corona-Krisen-Grundeinkommen oder eine bedingungsarme Grundsicherung oder gar nichts davon?
„Jetzt ist das bedingungslose Grundeinkommen auch im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages auf- oder eingeschlagen. Auslöser ist diese Petition vom 14. März 2020: Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (…) Der Bundestag berichtet zusammenfassend zuerst von der ablehnenden Haltung des Vertreters der Bundesregierung: »Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist aus Sicht der Bundesregierung nicht geeignet, um eventuelle Lücken bei den Corona-Hilfen zu stopfen. Das machte Gerald Becker-Neetz, Leiter der Unterabteilung Ia Soziale Marktwirtschaft, Zukunft des Sozialstaates und Forschung beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), deutlich. Die Bundesregierung überprüfe permanent die Zielgenauigkeit der Corona-Hilfsmaßnahmen und steuere bei Bedarf nach, sagte der Ministeriumsvertreter.« (…) Also schauen wir einmal aus einer anderen Perspektive auf das verminte Gelände mit diesem „bedingungslosen Grundeinkommen“ und ziehen die Brille von Jürgen Schupp, Senior Research Fellow des Sozio-oekonomischen Panels am Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), auf denn der hat die Anhörung im Ausschuss unter der Überschrift „Bedingungsarme Grundsicherung verlängern statt befristetes Krisengrundeinkommen für alle“ so kommentiert: Die Bundesregierung wäre nicht gut beraten, das habe auch die Anhörung gezeigt, einen institutionellen Regimewechsel der sozialen Sicherung „am offenen Herzen“ vorzunehmen. Aber während man sich sicher sein kann, dass die Forderung der Petentin nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, und sei es auch nur befristet, im Parlament kaum auf Resonanz stoßen wird, muss man im Lichte der bisherigen Erfahrungen hinsichtlich des Umgangs mit den Menschen, die im Grundsicherungsbezug sind, wohl davon ausgehen, dass auch der differenzierte Vorschlag von Jürgen Schupp vom Tisch gewischt werden wird. Also von Seiten der Regierungsparteien. Man muss an dieser Stelle daran erinnern, dass bereits beim Höhepunkt der ersten Corona-Welle eine vergleichsweise bescheidende Forderung nach einem ebenfalls befristeten „Corona-Zuschlag“ in Höhe von 200 bzw. 100 Euro pro Monat für Hartz IV-Empfänger seitens der Regierungsfraktionen abgeblockt worden ist…“ Dabei wäre ein Aufgreifen des Vorschlags von Jürgen Schupp hilfreich und sinnvoll. Denn derzeit laufen mehrere Entwicklungslinien zusammen, durch die möglicherweise eine Teilgruppe der Selbstständigen, die tätigkeitsbedingt besonders hart getroffen sind von der Corona-Krise, über einen „Unternehmerlohn“ vor dem Gang zum Jobcenter bewahrt werden sollen…“ Beitrag von Stefan Sell vom 27. Oktober 2020 auf seiner Homepage - Grundeinkommen in der Coronakrise: Im Petitionsausschuss gibt es keine Zustimmung für ein Krisen-Grundeinkommen
„Am Montag wurde im Petitionsausschuss des Bundestages eine Petition für ein zeitlich begrenztes, bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) behandelt. (…) Der Wirtschaftswissenschaftler Bernhard Neumärker von der Universität Freiburg hatte die Petentin Wiest am Montag im Petitionsausschuss begleitet, und stellte ein Konzept für ein BGE vor, das »sofort umsetzbar ist«. Alle Bürger*innen würden demnach während der Coronakrise 550 Euro im Monat erhalten, Kinder jedoch »etwas weniger«. Die Finanzierung solle über bereits gewährte Mittel erfolgen, die lediglich umgeschichtet werden müssten. So sei keine Reform des Gesundheits- oder Rentensystems nötig. Während der Anhörung im Petitionsausschuss wurde allerdings deutlich, dass es keine Zustimmung für die Forderung gibt. Linken-Co-Parteivorsitzende Katja Kipping, eigentlich Verfechterin für ein bedingungsloses Grundeinkommen, kritisierte den konkreten Vorschlag zur Finanzierung als eine Umverteilung »von unten, von den besonders Bedürftigen, in die Breite«. Das sei genau die falsche Richtung. Auch die anwesenden Vertreter*innen der anderen Parteien, äußern sich skeptisch und ablehnend gegenüber dem vorgeschlagenen Krisen-Grundeinkommen. »Ohne Grundeinkommen geht es nicht«, meint hingegen die Petentin Wiest. Es wäre besonders aktuell sinnvoll, ein für alle Menschen sicheres Existenzminimum zu schaffen. Statt immer neue Hilfsprogramme zu entwickeln, wäre ein BGE während der Coronakrise eine Möglichkeit, ohne viel bürokratischen Aufwand für alle Menschen Hilfe zu leisten. Die Politik könne sich laut Wiest dann ganz auf die gesundheitliche Bewältigung der Krise konzentrieren. (…) Kommendes Jahr wird erstmals in Deutschland eine repräsentative Studie zu dem Thema, unter anderem vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, durchgeführt. Tenor des Petitionsausschusses am Montag war auch, diese Studie abzuwarten. Ein abschließendes Votum über die Petition trifft der Ausschuss zwar erst in einer späteren Sitzung, aber die Ablehnung ist vorhersehbar.“ Beitrag von Lisa Ecke bei neues Deutschland vom 26. Oktober 2020 - [Neuigkeit zur Petition] Krisen-Grundeinkommen im Bundestag & Petitionsübergabe
„… heute fand die Anhörung im Petitionsausschuss zum Thema Krisen-Grundeinkommen statt. Es war toll an der Sitzung teilzunehmen und Susanne Wiest hat sich sehr wortgewandt, sachlich und dennoch emotional für unser aller Wohlergehen stark gemacht. Auch wenn die Skepsis der meisten Politiker*innen nach wie vor groß ist, waren sie endlich gezwungen sich ernsthaft mit dem Thema Grundeinkommen auseinanderzusetzen. (…) Eine Entscheidung fällt der Petitionsausschuss erst kommende Woche…“ Statement von Tonia Merz vom 26. Oktober 2020 zum Fortgang der Petition bei change.org mit fast 500.000 Unterzeichnern - Initiative für sozialen Schutz in der EU: Minister aus Italien, Portugal und Spanien fordern ein garantiertes Mindesteinkommen für alle Bürger
„Europa soll sich »zur Solidarität zusammenschließen«. Das fordern Nunzia Cadalfo, Italiens Ministerin für Arbeit und Soziales, ihre portugiesische Amtskollegin Ana Mendes Godinho und Spaniens Sozialminister und Vize-Regierungschef Pablo Iglesias in einem jetzt erschienenen Debattenbeitrag für die portugiesische Tageszeitung »Público«. Nunzia Cadalfo vertritt Italiens populistische Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die Portugiesin Ana Mendes Godinho gehört der Führung der sozialdemokratischen Sozialistischen Partei (PS) an und Pablo Iglesias steht der spanischen Linkspartei Podemos vor. (…) Um dem millionenfachen Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung zu begegnen, fordern sie die EU auf, nach vorne zu schauen und einen Aktionsplan für ein »europäisches soziales Schutzschild« zu entwickeln. Nötig seien nun »ehrgeizige und mutige« Maßnahmen. Die Europäische Union brauche einen gemeinsamen rechtsverbindlichen Rahmen für ein Mindesteinkommen. Man dürfe sich dabei weder auf Existenzsicherung beschränken noch allein an Armutsgrenzen orientieren, die nach Durchschnittseinkommen berechneten werden, plädieren sie für soziokulturelle Teilhabe. Den Mitgliedsstaaten müsse es erlaubt sein, ein dafür angemessenes Mindesteinkommen festzulegen. Die drei Politiker verweisen explizit auf die 2017 auf dem Sozialgipfel im schwedischen Göteborg proklamierte europäische Säule sozialer Rechte, die in Nummer 14 ihrer 20 Grundsätze jeder Person, die nicht über ausreichende Mittel verfügt, »in jedem Lebensabschnitt das Recht auf angemessene Mindesteinkommensleistungen, die ein würdevolles Leben ermöglichen, und einen wirksamen Zugang zu dafür erforderlichen Gütern und Dienstleistungen« garantiert. Für Arbeitsfähige sollen solche Leistungen mit Anreizen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit kombiniert werden…“ Artikel von Peter Steiniger vom 11.05.2020 im ND online und sein Kommentar:- Soziales Europa dank Corona
„Auferstanden aus Ruinen: Schön wie nie wird die Sonne über dem neuen alten Europa scheinen, wenn es mit Corona erst die »größte Herausforderung in Europas Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg« gemeistert hat. Den derzeit üblichen gewagten Vergleich mit der historischen Katastrophe bemühen auch die Regierungsmitglieder aus Portugal, Spanien und Italien bei ihrem gemeinsamen Vorschlag zur Schaffung eines europäischen Mindesteinkommens. Dabei rühren sie an eine Erinnerung, die in ihren Ländern deutlich frischer ist: die Finanzkrise vor einem Jahrzehnt und deren Folgen. Die EU weckt dort in diesem Zusammenhang allerdings wenig gute Assoziationen. Tiefere Krise, größere Chancen: Aus mit nach Brüsseler und Berliner Rezepten neoliberal ausgehöhlten Gemeinwesen soll diesmal eine Union werden, wie sie es in ihrer »Säule sozialer Rechte« verspricht und wie es Bewegungen, Gewerkschaften und Parteien stets vergeblich einforderten. Die drei nehmen die EU beim Wort. Viel Glück dabei! Nach den Shutdowns wird die Corona-Gabenzeit enden. Was immer es kostet – das gilt allein für Big Player…“ Kommentar von Peter Steiniger vom 11.05.2020 im ND online
- Soziales Europa dank Corona
- Corona: Rückenwind für das bedingungslose Grundeinkommen?
Adrienne Goehler und Ursula Weidenfeld im Gespräch mit Vladimir Balzer beim Deutschlandfunk Kultur am 25. April 2020 (Audiolänge: ca. 88 Min.): „… „Es ist High Noon für das bedingungslose Grundeinkommen“, sagt Adrienne Goehler. Die Psychologin, Publizistin und Kuratorin setzt sich seit langem für dessen Einführung ein; sie nennt es auch „Grundauskommen“: „Weil es den Bezug herstellt zu dem individuellen Menschenrecht und dem Gedanken daran, was man zum Leben braucht.“ Für die ehemalige Berliner Kultursenatorin ist das Grundein- oder Auskommen „ein Menschenrecht, ein Gestaltung- und Möglichkeitsraum.“ Die Corona-Krise zeige deutlich, dass wir so nicht weitermachen dürfen: „Wir schaffen‘s nicht mehr mit den alten Modellen, die uns gerade an den Abgrund bringen! Wir müssen Corona und Klimawandel und die Angst der Menschen, ins Nichts zu stürzen, zusammendenken. Um zu der wichtigen ökologischen Transformation beitragen zu können, müssen wir die Möglichkeit kriegen, ein Leben führen können, das nachhaltig und entschleunigt ist. Und das geht am besten mit einem Grundeinkommen.“ Adrienne Goehler hat dazu einen Sammelband herausgegeben, der gerade im Parthas-Verlag erschienen ist; sein Titel: „Nachhaltigkeit braucht Entschleunigung braucht Grundein/auskommen“. (…) „Ich finde gut, dass wir über Formen der Grundsicherung reden“, sagt die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld. „Aber über eine Sicherung mit einer Bedingungslosigkeit zu diskutieren, halte ich für falsch.“ (…) Die Frage müsse eher sein: „Wie findet man Instrumente der Grundsicherung, die nicht entwürdigend sind? Man muss den Menschen das Gefühl nehmen, sie bekommen Almosen – und das haben wir in der letzten Zeit nicht gemacht.“ Es gebe effektivere und treffsichere Methoden als das bedingungslose Grundeinkommen, so Ursula Weidenfeld: zum Beispiel eine negative Einkommenssteuer – und das von vielen auch zu Recht kritisierte Hartz IV. „Da kann man viel im System tun.“ – Das wirklich interessante sind hier weniger die Pro- und Contra-Argumente, als der Umfang der Debatte (fast 1:5 Std.), wodurch überhaupt erst bestimmte Details zur Sprache kommen. - [Neue Webseite „Mensch in Germany„] Zusammen für Grundeinkommen
„Viel Geld fließt in dieser Krise. Viele Menschen rufen: Hierher bitte auch. Damit wir sichergehen, dass das Geld bei allen ankommt, dass alle ein Einkommen haben, ist das Bedingungslose Grundeinkommen der geeignete Weg. Nicht nur in der Krise. Wie können wir die vielen Petitionen für das Grundeinkommen, die Ideen, Taten und den deutlich spürbaren Wunsch in der Gesellschaft , dass niemand durch das Raster der Zuständigkeiten fallen soll, bündeln und sichtbar machen? Wie können wir Menschen erreichen, die das bedingungslose Grundeinkommen, als neue Basis für unser Zusammenleben noch gar nicht auf dem Schirm haben? Diese Gedanken haben wir in verschiedenen Gesprächsrunden bewegt. Zusammenarbeit ist entstanden und entsteht. Mit viel unbezahlter Arbeit, – ganz herzlichen Dank an die SCHIPPER COMPANY-, haben wir die Webseite „Mensch in Germany„ erstellt: https://www.mensch-in-germany.org/ Das aktuelle Ziel steht: Die Petition an den Bundestag für die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens, soll die größte Petition werden, die je an den Bundestag gestellt wurde.“ Meldung vom 20. April 2020 bei Susanne Wiest - Ein halbes Jahr Grundeinkommen
Modedesignerin Tonia Merz hat eine Petition für ein sechs-monatiges Grundeinkommen aufgesetzt, denn viele kommen gerade auch mit Soforthilfen nicht über die Runden. Video der rbb Kultur-Senung vom 18.04.2020 in der ARD-Mediathek - Bedingungsloses Grundeinkommen: Die Zeit ist reif für das Grundeinkommen!
„… Stellen Sie sich vor, wir hätten aus der Finanzkrise vor gut zehn Jahren oder aus dem bereits über 15 Jahre währenden Hartz-IV-Debakel inzwischen die richtigen Schlüsse gezogen und unter anderem ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt. Was wäre dann jetzt? (…) Ganz einfach: Es wäre alles anders! Die Coronakrise als Wirtschaftskrise würde es in dieser dramatischen Form nicht geben. Warum? Weil das Grundeinkommen exakt jene unbürokratische, ja unbedingte Existenzsicherung darstellt, die unzähligen Menschen dieser Tage fatalerweise fehlt. Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass Petitionen, die ein bedingungsloses Grundeinkommen fordern, derzeit wie Pilze aus dem Boden schießen und weltweit millionenfach unterzeichnet werden. Zwar handelt es sich dabei meistens nur um Forderungen eines befristeten Notfall-Grundeinkommens, doch klar ist: Wer das Existenzminimum jedes Einzelnen nachhaltig garantieren will, der muss ein unbefristetes Normalfall-Grundeinkommen etablieren. Fragt sich also, warum wir das nicht schon längst getan haben? Antwort: Weil ein bedingungsloses Grundeinkommen, so heißt es immer wieder gebetsmühlenartig von seinen Kritikern, die Arbeitsmoral zerrütte, niemals zu finanzieren und überdies ungerecht sei. Was ist von diesen Einwänden zu halten? (…) Der Mensch ist von Natur aus kein Faultier. Im Gegenteil: Wir sind auf die freie Entfaltung unserer tatkräftigen Persönlichkeit angewiesen. (…) Ein Grundeinkommen könnte einen Großteil der bisherigen über 150 Sozialleistungen samt deren kostspieliger Kontrollbürokratie ersetzen und wäre damit, je nach Modell, sogar günstiger, jedenfalls aber liberaler als der heutige Sozialstaat. (…) Warum ausgerechnet Grundeinkommen für Faule? Und warum ausgerechnet Grundeinkommen für Reiche? Darüber klagen viele, die gewohnt sind, dass Sozialleistungen nur brave Bedürftige erhalten. Sie übersehen, dass das Grundeinkommen gerade keine Sozialleistung, sondern ein verfassungsgemäßes Grundrecht ist, das das menschenwürdige Existenzminimum ausnahmslos aller gewährleistet. Damit ist das Grundeinkommen keine identitätspolitische, sondern eine – wenn man so will – individualitätspolitische Maßnahme. Kurzum: Das bedingungslose Grundeinkommen macht weder faul, noch ist es prinzipiell unbezahlbar oder ungerecht…“ Standpunkt von Philip Kovce vorgetragen beim Deutschlandfunk Kultur am 7. April 2020 (Audiolänge: 4:21 Min., hörbar bis zum 19. Januar 2038) - Mit 1000 Euro im Monat durch die Krise? Petition für ein begrenztes bedingungsloses Grundeinkommen muss mit fast 450.000 Unterstützer*innen im Bundestag diskutiert werden
„In einer Zeit in der Millionen vor finanziellen Unsicherheiten stehen, wird die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen immer lauter. Fast 450.000 Menschen haben in den letzten Wochen die Petition einer Berliner Selbstständigen für eine befristete Grundsicherung unterschrieben. Jetzt hat eine neue Petition innerhalb kürzester Zeit das nötige Quorum für eine Anhörung im Bundestag erreicht. »Ich bin überwältigt«, schrieb Susanne Wiest gestern auf ihrem Blog. In nur vier Tagen hat die Aktivistin mit ihrer Forderung eines kurzfristigen und zeitlich begrenzten bedingungslosen Grundeinkommens 50.000 Unterstützer*innen erreicht. Damit ist das Quorum geknackt und sie darf ihr Anliegen in einer öffentlichen Sitzung vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages diskutieren. Die Idee ist nicht neu: Wiest schlägt einen existenzsichernden Betrag von ungefähr 1000 Euro im Monat für alle Bürgerinnen und Bürger vor. In der Coronakrise solle dieser so lange gezahlt werden, »wie es notwendig sei«. Wer das Geld nicht benötigte, könne es zurück spenden. Es sei nicht die Zeit für Bürokratie, Kontrolle und Bedarfsprüfungen, schreibt Wiest in ihrer Petition. Bereits in den letzten Wochen hatte die Diskussion um ein Grundeinkommen an Fahrt gewonnen. Die selbstständige Modedesignerin Tonia Merzan erreichte mit ihrer Petition auf »change.org« fast 450.000 Unterstützer*innen. In ihrer persönlichen Forderung beschreibt die Berliner Kleinunternehmerin ihre aussichtslose Situation, die sie mit vielen Selbstständigen und Kreativen teilt: »Was mir trotz überdurchschnittlich viel Arbeit nicht gelang, ist Rücklagen zu bilden, die mich und mein Team durch eine Krise, wie wir sie derzeit erleben, retten könnten.«… „ Artikel von Mascha Malburg vom 3.4.2020 in neues Deutschland online - [Petition] Notfall-Grundeinkommen für die EU – jetzt!
„An Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank Mário Centeno, Präsident der Eurogruppe Die Finanzminister der Mitgliedstaaten der EU. Wir fordern die Europäische Union und insbesondere die Eurogruppe auf, ein EU-geführtes Finanzinstrument zu schaffen, das es allen Mitgliedstaaten der EU ermöglicht, schnell ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen. Diese Notfall-Maßnahme muss all denjenigen unverzüglich und unbürokratisch helfen, die von der Coronakrise in ihrer Existenz bedroht sind. (…) Mit dem Appell schlagen wir eine bedingungslose monatliche Zahlung für jede Person vor – in einer Höhe, mit der die Lebensgrundlage im Alltag gesichert ist. Ein solches System hat den großen Vorteil, dass es nur ein Minimum an Bürokratie braucht und daher schnell eingerichtet ist. In vielen Institutionen der EU wird in diesen Tagen an Vorschlägen gearbeitet, die Wirtschaft zu stützen. Die ersten Schritten sind bereits getan, weitere werden folgen. Jetzt ist der richtige Moment für schnelle und unbürokratische Hilfe. Sie muss als Erstes das Viertel der Gesellschaft erreichen, das schon in normalen Zeiten von Armut bedroht ist…“ Petition Unconditional Basic Income Europe vom März 2020 bei YouMove.EU