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Die griechische Rechtsregierung betreibt ihren menschenfeindlichen Kurs gegen Flüchtlinge mit faschistischem Mob und EU-Unterstützung – und stößt auf Widerstand der griechischen Bevölkerung

Ferries, not Frontex„… Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis, im Juli 2019 als liberaler Politiker zur Wahl angetreten, hat sich in nur sieben Monaten Amtszeit zu einem Parteigänger Viktor Orbáns und Matteo Salvinis gewandelt. Gegen den Populismus und für eine sach­orientierte Politik wollte er einstehen und einen funktionierenden, schlanken Beamtenstaat errichten. Zehntausende gutbezahlte Arbeitsplätze würden geschaffen, so versprach er – und scheiterte auf ganzer Linie. Zudem wollte er die bereits bei seinem Amtsantritt überfüllten Flüchtlingslager auf Lesbos, Samos und Chios entlasten – und versagte auch hier. Bislang entlud sich die Frustration der Regierung in Polizeiaktionen im Athener Viertel Exarchia und Polizeigewalt gegen Studenten und oftmals auch Passanten. Öffentliche Empörung über die Polizeigewalt blieb weitgehend aus, die Mehrheit sah in Mitsotakis’ »hartem Durchgreifen« die »Rückkehr zur Normalität«. Die meisten Medien applaudierten der Regierung. Mitsotakis reformierte die Sozialversicherung, er führte Renten »nur für Griechen« ein. Er strich Asylbewerbern die Gesundheitsversorgung, so dass Krebskranke unbehandelt bleiben und ein Säugling mit Wasserkopf nicht operiert werden kann. Erneut gab es keinen großen Protest. So in seinem Kurs bestätigt, bewegt sich Mitsotakis immer weiter nach rechts und gleicht sich den bekannten Vorbildern der neuen und extremen Rechten an…“ aus dem Artikel „Die Orbánisierung des Kyriakos M.“ von Wassilis Aswestopoulos am 05. März 2020 in der jungle world externer Link (Ausgabe 10/2020). Siehe dazu drei weitere Beiträge zur reaktionären Front gegen Flüchtlinge (nicht nur) in Griechenland sowie fünf Beiträge, die Aspekte des Widerstandes gegen diesen Kurs (ebenfalls nicht nur) in Griechenland deutlich machen:

„Der Tod der Genfer Flüchtlingskonvention“ am 05. März 2020 bei German Foreign Policy externer Link hebt unter anderem die europäische Koordination hervor: „… Für Entsetzen hat bei Menschenrechtsorganisationen gesorgt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Mitte vergangenen Monats einem Teil der völkerrechtswidrigen Push-Backs einen Anschein von Legalität verliehen hat. Gegenstand des entsprechenden Verfahrens war der Fall zweier Flüchtlinge, die im August 2014, aus Marokko kommend, den „Grenzzaun“ zur spanischen Exklave Melilla überwunden hatten, wo sie sofort von der Guardia Civil aufgegriffen und ohne Prüfung ihres Asylgesuchs nach Marokko abgeschoben wurden. Am 13. Februar urteilte die Große Kammer des EGMR nun – ein gegenläufiges früheres Urteil vollständig aushebelnd -, dies sei zu Recht geschehen: Die Flüchtlinge hätten auf legalem Wege einreisen müssen. Dass dies in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle faktisch unmöglich ist, ließ die Große Kammer außer Acht. Damit hat sie den Weg gebahnt, ein zentrales Element der Genfer Flüchtlingskonvention – das Recht jedes Menschen auf Prüfung seines Asylbegehrens – de facto auszuhebeln...“

„Was der „Grenzschutz“ schützt“ von Eric Wallis am 05. März 2020 in der taz online externer Link kommentiert Frontex und die Medien in Unterstützung der griechischen Rechten: „… Derzeit nutzen deutsche Medien das Wort „Grenzschutz“, um über die Fluchtbewegungen aus Syrien zu schreiben. Zu lesen ist: „EU-Grenzschutz: Frontex schickt Verstärkung an die griechische Grenze“ (Zeit-Online). „Türkei verstärkt Grenzschutz“ (Tagesschau). In diesem Zusammenhang jedoch gehört das Wort „Grenzschutz“ zumindest in Anführungsstriche. Die in dem Wort „Grenzschutz“ enthaltene Schutzmetapher löst ein Framing aus, das die Kriegsflüchtlinge als „Bedrohung“ darstellt. Die Medien sind sich keiner Schuld bewusst, schließlich sei Frontex die „Europäische Grenzschutzagentur“. Mehr noch, es ist vollkommen unstrittig, dass Grenzen vor bestimmten Bedrohungen zu schützen sind. Das Schutz-Framing versagt jedoch bei Kriegsflüchtlingen. Schutzsuchende Menschen können keine Länder bedrohen. Das Grenzschutz-Framing ist eine unauffälligere Variante des Wortbildes der „Festung Europa“, das seit Jahren von rechts etabliert wird. Aber es ist – im Kontext von Kriegsvertrieben – das gleiche Framing mit der gleichen Wirkung, eben nur in anderer Form. Ist der Frame aktiv, ist es schwer herauszukommen. Das Bedrohungsszenario findet sich dann in weiteren Wortbildungen wieder, wie die Titelzeile zeigen: „Flüchtlinge: Frontex erwartet Massenmigration nach Griechenland“ (Die Zeit, Die Welt). Nein, es ist keine „Massenmigration“, es sind „viele Kriegsvertriebene“…“

„Autoritäre Fantasien“ von Moritz Aschemeyer am 05. März 2020 in neues deutschland online externer Link zu rechtsradikaler Freude über Menschenjagden: „… Die griechische Polizei macht derzeit die Drecksarbeit für die EU. Das freut hierzulande insbesondere die AfD. Diese hatte sich in der Vergangenheit nicht gerade durch Griechenland-Solidarität hervorgetan. 2015 forderte die AfD ein Referendum zu EU-Hilfen für das krisengebeutelte Land, und noch im letzten Jahr echauffierte man sich im Parteiblatt über Sozialprogramme des damaligen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Jetzt gilt jedoch »Solidarität«. Damit gemeint ist vor allem das harte Vorgehen gegen Flüchtlinge, das den Rechten als Projektionsfläche für autoritäre Fantasien dient. Der parteilose NRW-Landtagsabgeordnete Marcus Pretzell (früher AfD) bezeichnete auf Twitter die Nutzung von Waffengewalt als Ultima Ratio an der Grenze als eine »Selbstverständlichkeit«. Der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah forderte finanzielle und politische Unterstützung für Griechenland und stilisierte das Land zum Retter Europas. Dabei zog er eine direkte Linie von der Abschottungspolitik Ungarns vor fünf Jahren zu den aktuellen Geschehnissen…“

 „In dem Krieg, den Griechenland den Flüchtlingen erklärt hat – kann es auf uns als Feinde zählen“ so der (übersetzte) Titel des Aufrufs „In the war declared by Greece to refugees,count us as enemies – Open borders and free movement in Europe for all the persecuted“ der anarchosyndikalistischen Initiative Rocinante vom 03. März 2020 mit dem auch zur Mobilisierung zu den zahlreichen Demonstrationen in Griechenland am 5. März beigetragen werden sollte, die für die Forderung nach Offenen Grenzen und der Beendigung des Krieges gegen Flüchtlinge eintraten. (Den gesamten Text des englisch übersetzten Aufrufs senden wir auf Anfrage zu). Siehe dazu:

„Demonstration for Migration situation“ am 05. März 2020 im Twitter-Kanal von Keep Talking Greece externer Link ist ein Video von der beeindruckend großen Demonstration des Abends in Athen gegen den rassistischen und reaktionären Kurs der griechischen Regierung und ihrer faschistischen Gesinnungsfreunde.

„Thousands protest rise of xenophobia and hatred in Greece“ am 06. März 2020 bei Keep Talking Greece externer Link ist eine Zusammenstellung von Meldungen und Tweets zu den Protesten in Athen und anderen Städten am Abend vorher.

„PAME on the Refugee Situation“ am 05. März 2020 beim Gewerkschaftsbund PAME externer Link ist eine Erklärung der kommunistischen Föderation, in der das Vorgehen der griechischen Regierung und der EU und ihre Zusammenarbeit mit dem faschistischen Mob scharf kritisiert werden, das Ende der Dublin-Regelungen und des Deals mit der Türkei gefordert und Schritte gefordert werden, die eine schnelle Verteilung der flüchtenden Menschen in die verschiedenen europäischen Länder ihrer Wünsche ermöglichen sollen.

„Transnational solidarity against racism and war“ am 05. März 2020 beim Alternativen Gewerkschaftlichen Netzwerk für Solidarität und Kampf externer Link ist die Erklärung des Netzwerkes (dem auch LabourNet Germany angehört), mit der die Forderung nach Offenen Grenzen unterstützt wird und der gemeinsame gewerkschaftliche Kampf gegen Rassismus und Krieg unterstrichen wird.

Siehe zum Hintergrund:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=163961
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