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Gemeinsam gegen Erwerbslosigkeit, Armut und kapitalistische Krise: Oppositionelle südafrikanische Gewerkschaften und selbstorganisierte Gruppierungen der städtischen und ländlichen Armen organisieren den „Cry of the Xcluded“

Das Plakat der südafrikanischen Xcluded Kampagne ab Februar 2020Schlagzeilen wie „Massenmord an Jobs“ und ähnliches lassen sich in südafrikanischen Medien nahezu täglich finden – egal, welche politische Orientierung sie befolgen. Die Präsidentschaftszeit des einst auch von den südafrikanischen Gewerkschaften ins Amt beförderten Jacob Zuma wird heute selbst von der Regierung nahe stehenden Kommentatoren der Politik der Dreierallianz (aus ANC, KP und Gewerkschaftsbund Cosatu), als „verlorene Jahre“ bezeichnet. Und die geforderte und versprochene Besserung ist in den zwei Jahren mit Cyril Ramaphosa als Präsident weit entfernt davon, sich auch nur am Horizont abzuzeichnen. Mit dem Energieversorger Eskom und der Fluggesellschaft SAA stehen auch – und vor allem – zwei der größten staatlichen Unternehmen vor weiteren Massenentlassungen, mit denen sie ihre betriebswirtschaftliche Krise überwinden wollen. Und die Bergbaukonzerne bestrafen alles, was ihre jahrzehntelangen Billiglöhne anheben könnte, von Sicherheitsbedingungen ganz zu schweigen. Aus Anlass der alljährlichen Ansprache des Präsidenten zur Lage der Nation (State oft he Nation – SONA) haben nun der oppositionelle Gewerkschaftsbund SAFTU und die unabhängige Berg- und Bauarbeiter Gewerkschaft AMCU nicht nur ihre Differenz und ihre Distanz überwunden, sondern auch – in einem ebenfalls keineswegs selbstverständlichen Schritt –  eine ganze Reihe von Organisationen der Menschen, die in Stadt und Land in Armut leben müssen, für die gemeinsame Aktion mobilisiert: Den „Schrei der Ausgeschlossenen“. Zu den Ursachen, Absichten und Aussichten dieser Mobilisierung haben wir eine aktuelle Materialsammlung zusammengestellt:

„«Die Staatskonzerne sind in einem fürchterlichen Zustand»“ am 14. Februar 2020 in der NZZ online externer Link ist ein Gespräch mit dem in Südafrika arbeitenden Journalisten Johannes Dieterich über die Rede des Präsidenten, worin er unter anderem in zum Medium passender Haltung ausführt: „… Das Wichtigste sind die Staatskonzerne. Dazu gehören zum Beispiel der Stromkonzern Eskom, die Fluggesellschaft SAA oder auch Transnet, die Eisenbahngesellschaft. Die sind in einem ganz fürchterlichen Zustand. Eskom hat 600 Milliarden Rand Schulden, das sind umgerechnet etwa 40 Milliarden Franken. Jetzt soll zum Beispiel die Fluggesellschaft SAA umstrukturiert werden. Dabei werden sicher Leute entlassen. Das stösst in Südafrika auf grosse Kritik. Aber die SAA hat Milliardenschulden. Sie muss entweder profitabel oder verkauft und privatisiert werden. Das kann dauern. (…) Gestern hat Ramaphosa in seiner Regierungserklärung, die er jeweils Anfang des Jahres abgibt, sehr interessante Vorschläge gemacht, die bisher so nicht auf dem Papier standen. Zum Beispiel, dass das Monopol von Eskom wegfallen soll. Das heisst, dass andere Firmen selber Strom herstellen können.…“

„Cry of the Xcluded launch statement: Let South Africa Work! Jobs, Dignity and Services!!!!“ am 12. Februar 2020 beim AIDC externer Link ist der Gründungsaufruf des neuen Bündnisses, das unter anderen aus SAFTU und AMCU, der Assembly of the Unemployed, den Mining Affected Communities United in Action und dem SA Green Revolutionary Council besteht. Darin wird die Situation der staatlichen Unternehmen in extremer Krise kurz zusammenfassend dargestellt – und das Zentrum der Kritik auf die Haushaltspolitik der Regierung konzentriert, die schlichtweg völlig falsche Prämissen und Prioritäten habe. Dem wird ein konkreter Mobilisierungsplan für das Jahr 2020 entgegen gestellt, den die beteiligten Organisationen verwirklichen wollen.

„‘Cry of the Xcluded’: Saftu and Amcu put differences aside to fight austerity and ignite the left“ von Greg Nicolson am 12. Februar 2020 beim Daily Maverick externer Link ist ein Bericht über die Gründung des Netzwerkes und die dazu einberufene Pressekonferenz, worin vor allen Dingen unterstrichen wird, dass sich bei dieser Initiative Organisationen zusammen gefunden haben, die bisher eher auf Distanz zu einander gehalten hatten – und sie seien jetzt eben durch den Druck der negativen Entwicklung faktisch gezwungen gewesen, einen solchen Schritt zu tun, wenn es eine handlungsfähige linke Opposition im Lande geben solle.

The Cry of the Xcluded: A New Dawn for Movements?“ von Rekang Jankie am 13. Februar 2020 ebenfalls beim Daily Maverick externer Link behandelt ebenfalls die Frage der für viele überraschenden Zusammensetzung dieser Initiative und skizziert außerdem noch die diversen Problemfelder, in denen die verschiedenen Organisationen aktiv sind.

„Cosatu Opposes South Africa’s Plans to Cut 30,000 State Jobs“ von Prinesha Naidoo am 14. Februar 2020 bei Bloomberg externer Link meldet, dass auch der an der Regierung beteiligte Gewerkschaftsbund Cosatu die Pläne – bei denen eben rund 30.000 Jobs  zur „Disposition stehen könnten“ – ebenfalls ablehne, ohne dass allerdings etwas über konkrete Gegenmaßnahmen berichtet würde.

„Privatising Eskom means neoliberalism is the winner – Sadtu GenSec“ von Ray Mahlaka am 12. Februar 2020 im Business Maverick externer Link ist ein Interview mit dem Generalsekretär der Lehrergewerkschaft SADTU worin Mugwena Maluleke sich gegen eine Privatisierung des staatlichen Energieversorgers Eskom wendet. Der Gewerkschafter – gleichzeitig Mitglied im staatlichen Investitionsfonds – sähe eine Privatisierung als eine Art „Endsieg“ des Neoliberalismus auch in Südafrika.

„En Afrique du Sud, la révolte des ouvriers agricoles“ von Laure Panerai am 28. Dezember 2019 im Nouvel Observateur externer Link berichtet von der neuerlichen Protestbewegung unter den LandarbeiterInnen Südafrikas, die bis heute auf irgendeine positive Auswirkung des Landreformgesetzes von 1996 warten. Der Kampf der Gewerkschaft CSAAWU ist angesichts der extrem reaktionären Haltung der südafrikanischen Großagrarier besonders kompliziert, hat aber, wie viele andere soziale Bewegungen auch, in letzter Zeit neue Kräfte gewonnen.

„Domestic workers fight for national minimum wage“ von Zoe Postman am 17. Januar 2020 bei Ground News externer Link berichtet vom ebenfalls aktuell stärker werden Kampf der Hausangestellten für einen Mindestlohn, der zum Leben reicht. Auch dies – wie der vorherige Beitrag – ein Schlaglicht auf soziale Kämpfe, die sich in letzter Zeit zunächst im Schatten der großen Auseinandersetzungen um die Staatsbetriebe und die Bergwerke entwickelten, nun aber sichtbar werden – und die in die neue gemeinsame Plattform einfließen sollten.

#CryTheExcludedexterner Link bei Twitter ist der Hashtag zu dieser neuen Initiative, der vor allem rund um den 12. Februar sehr viele Tweets umfasste.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=163028
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