»
Algerien »
»
»
Algerien »
»

Nach der Wahlniederlage und unter fortgesetzten Massenprotesten: Das Militär-Regime Algeriens simuliert Reformbereitschaft – und startet eine Offensive gegen unabhängige Gewerkschaften

Eine Demonstration in Algier am 26.2.2019 - nicht nur an den Freitagen wird gegen das "5. Mandat" für Bouteflika protestiert...„… Im Mai letzten Jahres forderte die IAO im Anschluss an eine Mission auf hoher Ebene in Algerien die Regierung auf, unverzüglich Massnahmen zu ergreifen, um die Verfolgung unabhängiger Gewerkschaftsführer und -mitglieder zu beenden, ihre Organisationen einzutragen und alle wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft und ihrer gewerkschaftlichen Aktivitäten Entlassenen wieder einzustellen. Die Reaktion war wie gehabt. Raouf Mellal, der Präsident der der IUL angeschlossenen SNATEG sowie des Gewerkschaftsbunds COSYFOP, sieht sich immer wieder mit neuen Anschuldigungen konfrontiert, zuletzt mit einer vom Arbeitsminister eingereichten Verleumdungsklage wegen bei der IAO vorgebrachter Beschwerden gegen die Regierung. Im Dezember versiegelten die Behörden die Zentrale der der IUL angeschlossenen SNAPAP in Algier, die auch als Zentrale des nationalen Dachverbands CGATA dient. Die Gewerkschaftsbüros werden von der Polizei Tag und Nacht überwacht. Kaddour Chouicha, Präsident der unabhängigen Gewerkschaft der Hochschuldozenten SES, Mitglied des Exekutivausschusses des CGATA und Vertreter im leitenden Gremium des IGB, wurde am 10. Dezember – dem Internationalen Tag der Menschenrechte – verhaftet und unverzüglich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, weil er die Militär- und die Zivilbehörden kritisiert hatte. Nach einem Monat vorläufig auf freien Fuss gesetzt, wurde er am 14. Januar erneut verhaftet. Chouicha ist Vizepräsident der Algerischen Liga für die Verteidigung der Menschenrechte und Präsident ihrer Sektion Oran. Ibrahim Daouadji, der Generalsekretär des unabhängigen Gewerkschaftsbunds OSATA, wurde am 12. Oktober aufgrund ähnlicher Anschuldigungen verhaftet und ist immer noch im Gefängnis. Er wurde zusammen mit seinem dreijährigen Sohn verhaftet, der erst nach Eingreifen von Anwälten freigelassen wurde. Rym Kadri, die die Aktivitäten der dem COSYFOP angeschlossenen Pädagogen koordiniert, wurde am 24. November wegen ihrer Teilnahme an einer Sitzblockade verhaftet, mit der die Freilassung von politischen Gefangenen gefordert wurde. Nach 4 Tagen wieder auf freien Fuss gesetzt, unterliegt sie weiterhin strengen gesetzlichen und polizeilichen Kontrollen. Hamza Kherroubi, der Präsident der dem COSYPOP angeschlossenen Gewerkschaft der Pflegehilfskräfte, wurde im Dezember wegen seiner Unterstützung des vom COSYFOB ab dem 8. Dezember ausgerufenen Generalstreiks verhaftet, der ‘Anstiftung’ bezichtigt und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Wegen seines Gesundheitszustands vorläufig auf freien Fuss gesetzt, wurde er am 21. Januar in Polizeigewahrsam genommen...“ aus dem Bericht „Algerien: unabhängige Gewerkschaften im Visier des Vorstosses der Regierung zur Zerstörung der Demokratiebewegung“ am 21. Januar 2020 bei der IUF externer Link, worin eine ganze Reihe von Angriffen auf die Gewerkschaftsbewegung berichtet wird. Siehe zur Entwicklung in Algerien drei weitere Beiträge über den nachwievor enorm starken Protest, die (vergeblichen) Versuche des Regimes, Änderung zu signalisieren – und eine gemeinsame internationale Solidaritätserklärung alternativer Gewerkschaften:

  • „49e vendredi: les manifestants insistent sur le changement profond“ von Khelifa Litamine am 24. Januar 2020 bei Algérie Eco externer Link war einer der Berichte über den 49. Freitag der Mobilisierung für eine wirkliche Veränderung in Algerien – eine Mobilisierung, die nachwievor ausgesprochen groß und weiterhin ungebrochen ist, wie nicht nur aus diesem Bericht hervorgeht. Neben von inzwischen üblichen Konfrontationen mit der Polizei wird darin auch unterstrichen, dass sich viele der Demonstrierenden auch gegen die Initiative des von kaum jemand gewählten Präsidenten wendeten, der für den wirtschaftlichen „Fortschritt“ ausgerechnet auf den – bisher schon umstrittenen – weiteren Ausbau des „Fracking“ setzen möchte.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=161978
nach oben