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Die fortgesetzten Proteste im Iran richten sich gegen eine der Säulen des neoliberalen Mullah-Regimes: Die Pasdaran
„… Bislang war bei diesem Machtkampf die Position der Regierung die schwächste unter den Machtzentren der Islamischen Republik. Abgesehen vom Revolutionsführer Ali Chamenei, der mit nahezu unbegrenzten Befugnissen ausgestattet ist, ohne für seine Entscheidungen Rechenschaft ablegen zu müssen, haben sich die Revolutionsgarden mittlerweile zu einem Staat im Staat entwickelt, nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich und politisch. Sie bilden bei weitem das größte Wirtschaftsimperium des Landes, haben ihre eigenen Sicherheitsorgane, Geheimdienste und Gefängnisse, sie kontrollieren die Grenzen, die Häfen und Flughäfen und bestimmen zumindest im gesamten Nahen und Mittleren Osten die Außenpolitik Irans. Der Architekt dieser Außenpolitik war General Qasim Soleimani, der auf Befehl des US-Präsidenten Donald Trump am 3. Januar in der Nähe des Bagdader Flughafens von einer Drohne getötet wurde. (…) Auch Außenminister Mohammad Dschawad Sarif kritisierte die Revolutionsgarden und gab indirekt den Demonstranten Recht. „In den vergangenen Tagen hatten wir Menschen auf den Straßen von Teheran, die gegen den Fakt demonstriert haben, dass sie einige Tage lang angelogen worden sind.“ Mitten in der politischen und wirtschaftlichen Krise wird in Iran auch noch Wahlkampf geführt. Das Land wählt am 21. Februar ein neues Parlament. Doch auch das neue Parlament wird vermutlich die Lage nicht ändern können. Bereits im Vorfeld hat der Wächterrat mehr als tausend Kandidaten, zumeist Anhänger der Reformer, als ungeeignet abgelehnt…“ – aus dem Beitrag „Mauern beim Freitagsgebet“ von Bahman Nirumand am 17. Januar 2020 in der taz online über die Situation im Iran und die „Freitags-Rede“ des Obersten Mullah. Zur Rolle der Revolutionsgarden in Politik und Wirtschaft des Iran und zum Widerstand gegen sie sowie dessen gesellschaftlichen Ursachen und Entwicklungen eine Materialsammlung vom 19. Januar 2020 – sowie der Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zu den Massenprotesten im Iran und ihrem Wiederaufschwung nach dem Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine:
„Der General und das Volk“ von Rania Schwarz am 17. Januar 2020 in der taz online ist eine Reportage aus Kurdestan, in der unter anderem berichtet wird: „… Während in Teheran in den Tagen der Staatstrauer die Läden geschlossen bleiben, herrscht in den Straßen von Marivan, zehn Autostunden westlich der Hauptstadt, geschäftiges Treiben. „Hier wird nicht getrauert“, sagt ein Orangenverkäufer. Mit seinen etwas über 100.000 EinwohnerInnen ist Marivan die größte und wichtigste Stadt der westiranischen Provinz Kurdistan, wo es in der Vergangenheit immer wieder zu Aufständen kam. Es ist die Provinz, die am stärksten vom Abbau staatlicher Subventionen in der Gesundheitsversorgung, der Bildung und der Privatwirtschaft betroffen ist. Neben dem Basar gehen PassantInnen in bunten Röcken und breiten Hosen zügig an einem Bankgebäude vorbei. „Nutzen Sie die nächste Filiale, diese ist vorübergehend geschlossen“, steht auf einem Banner neben der verkohlten Tür – ein Mahnmal der Proteste vom November, die hier in den Köpfen noch lange keinen Abschluss gefunden haben. Erst vor zwei Wochen wurde der 25-jährige Aktivist Erschad Rahmanian in einem vereisten Stausee gefunden. Er war einer von Dutzenden, die während der Proteste verschwunden waren. „Noch bevor du deine Arme mit einem Banner in die Luft strecken kannst“, sagt ein Lehrer, „hast du eine Faust im Gesicht.“ Trotzdem ging er im November auf die Straße. Zweimal wurde er verhaftet, von seinem Job ist er suspendiert. „Zu verlieren habe ich nichts mehr“, sagt er. (…) Davon unbeeindruckt schleift ein Junge einen Plastiksack über die überfüllte Straßenkreuzung. „Die Staatsaufseher weisen mich zurecht, wenn mein Kopftuch nicht richtig sitzt“, sagt eine 31-jährige Doktorandin zur Freundin neben ihr. „Aber an einem Neunjährigen, der nicht zur Schule geht, weil er seine Familie mit Plastiksammeln durchbringen muss, gehen sie vorbei.“…“
„Krieg, Bürgerkrieg oder Militärdiktatur“ von Mohsen Massarat am 16. Januar 2020 bei den Nachdenkseiten ist ein ausführlicher Beitrag zur Politik des US-Imperialismus in der Region, in dem es zur Situation der Demokratiebewegung im Iran unter anderem heißt: „… Befürworter und Gegner der Islamischen Republik innerhalb von Iran sitzen, wenn es um den Erhalt des Staatsverbandes mit allen darin lebenden Völkern geht, ob sie wollen oder nicht, so gesehen im selben Boot – ein verhängnisvolles Dilemma für die inneriranische Demokratiebewegung. Für die Herrschenden im Iran ist es opportun, die Sicherheit des Staates in den Vordergrund zu stellen, um Regimegegner in die Defensive zu treiben. Diese wollen jedoch keine USA-hörige Regierung anstelle der gegenwärtigen Herrschaft. Gleichwohl sind sie dem Risiko ausgesetzt, vor den Karren der USA und ihrer iranischen Söldner für einen Regime Change eingespannt zu werden. Trumps Solidaritätsbekundung per Twitter an die Adresse der Regimegegner auf den Straßen von Teheran gehen exakt in diese Richtung. Den Kriegstreibern in den USA geht es darum, den berechtigten Widerstand der Millionen Menschen gegen die klerikale Herrschaft im Iran für die Veränderung der inneriranischen Kräfteverhältnisse zu kanalisieren, koste es, was es wolle. Dass durch ihre propagandistische und vielleicht begleitend auch subversive Intervention von außen Iran eher ins Chaos, in Bürgerkrieg und in die Zerstücklung des Landes getrieben werden könnte, steht m. E. nicht im Widerspruch, sondern in Übereinstimmung mit den Zielen der US-Hegemonialkräfte. Das empörende Verhalten der Verantwortlichen der Islamischen Republik mit ihren drastischen Lügen nach dem Absturz des ukrainischen Flugzeugs mit 176 Menschen an Bord arbeitet diesen Kräften in die Hände. Angesichts des Fehlens einer politisch organisierten und bei der Bevölkerung anerkannten Führung ist es m.E. so gut wie ausgeschlossen, dass der Widerstand auf den Straßen zum Systemwechsel führen wird. So oder so, der Spielraum aller gesellschaftlichen Kräfte des Irans für einen Systemwechsel zur Demokratie ist dramatisch geschrumpft. Es stehen angesichts der gegenwärtigen Kräfteverhältnisse m. E. zwei Alternativen an: Entweder errichten die mächtigen Revolutionsgarden in naher Zukunft eine Militärdiktatur, um ihre eigene Macht und die der religiösen Herrschaft zu retten. Oder aber es kommt zu einer politischen Vernetzung zwischen den unzufriedenen Strömungen im Machtapparat des Systems selbst mit dem systemkritischen Widerstand. Letztere Alternative dürfte mit erheblich geringeren sozialen Kosten einhergehen und wäre m.E. auch für die Demokratieentwicklung im Iran die eindeutig bessere Alternative. Eine demokratische Entwicklung im Iran und dessen Nachbarstaaten kann nur das Werk der eigenen Bevölkerungen sein...“
„Irans Revolutionswächter: Unkontrollierter Staat im Staat“ von Erich Gysling am 15. Januar 2020 beim Infosperber zu dieser extrem reaktionären Organisation unter anderem: „… Der Krieg endete 1988, Iran und Irak beklagten je etwa 500’000 bis eine Million Todesopfer. Nun machte man sich an den Wiederaufbau – da kamen die Pasdaran zum Zug. Sie wurden für die Konstruktion von Straßen, Brücken etc. eingesetzt. Und da forderten ihre Kommandanten Kompetenzen im Bereich der Wirtschaft, sonst könnten sie, so ihre Argumentation, die ihnen gestellten Aufgaben nicht erfüllen. Die entsprechenden Vollmachten erhielten sie von Chomeinis Nachfolger, Ayatollah Chamenei, aber auch von den unter Chamenei dienenden Staatspräsidenten. Besonders Mahmud Ahmadinejad erweiterte die Aktionsmöglichkeiten der Pasdaran. Das Resultat: Die Pasdaran kontrollieren jetzt gewaltige Bereiche in der Wirtschaft und im Finanzwesen. Sie konnten ganze Industriekomplexe übernehmen oder sich zumindest entscheidenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit verschaffen und Anteile bei zahlreichen Banken übernehmen. Daher die fehlende Transparenz bei den vielen iranischen Banken (in einer einzigen Strasse von Teheran oder einer anderen Millionenstadt liest man bisweilen ein Dutzend Banken-Namen), und daraus resultierend auch eine gewisse Berechtigung der US-Regierung und der US-Banken, dieses ganze Finanzsystem als durchdrungen von der Macht der Revolutionswächter zu brandmarken. Und zu erklären: Mit Iran können keine normalen Geschäfte abgewickelt werden, weil sie immer, letzten Endes, den Pasdaran dienen. Das mag zutreffen – nur: Sind diese Revolutionswächter tatsächlich auch eine Terror-Organisation, wie US-Präsident Trump erklärt? Würde mit gleichen Ellen gemessen, wären mindestens auch die bereits erwähnten US-amerikanischen Navy Seals eine Terror-Einheit. Nicht Jeder, der in einer Einheit der Pasdaran dient oder Dienst getan hat, ist übrigens ein harter Verfechter der Ideologie der Islamischen Republik. Ich kenne (das mag Zufall sein) zwei Iraner, die sich für den Militärdienst schlicht und einfach deshalb bei den Pasdaran meldeten, weil in diesen Einheiten die Dienstzeit mehrere Monate kürzer war als bei der normalen Armee. Dieses «Privileg» wurde inzwischen aufgehoben. Aber viele junge Männer melden sich trotzdem noch immer gerne bei den Revolutionswächtern – weil diese das Renommee des Besseren geniessen. Und bessere Ausrüstung haben als die Regulären...“
„Zur aktuellen Lage der iranischen Werktätigen“ von Ali Behrokhi in Inprekorr 578 (Ausgabe Dezember 2019) fasst unter anderem zur Lage der arbeitenden (und erwerbslosen) Menschen im neoliberalen Kapitalismus des Iran zusammen: „… In den letzten Jahren ist es den iranischen Kolleginnen und Kollegen nachweislich gelungen, vom Regime unabhängige Vertretungsorgane zu gründen, die sich für die Interessen der Lohnabhängigen einsetzen und die im Land grassierende Wirtschafskriminalität anprangern. Weil die Aktivist*innen sich offen und ehrlich für die Belange der Belegschaft einsetzen und weil sie sich von den Schikanen des Regimes nicht einschüchtern lassen, genießen die neu geschaffenen Organisationen längst die betriebsübergreifenden Sympathien von Tausenden Beschäftigten, prekär Beschäftigten und Erwerbslosen im ganzen Land. Bei den aktuellen Arbeitskämpfen ist eindeutig der Trend zu erkennen, dass die neu geschaffenen Organisationen a) von dem überwiegenden Teil der Belegschaft des jeweiligen Betriebs getragen werden und b), dass sie durchaus in der Lage sind, sich überregional zu vernetzen und koordinierte Aktionen durchzuführen. Bei den jüngst durchgeführten Streiks machten sich Qualität und Wirkung der neu errungenen Phase der Organisierung deutlich bemerkbar. Wenn z. B. führende Köpfe eines Streiks verhaftet wurden, gingen gleichzeitig in 20 bis 30 Städten Kolleg*innen auf die Straße, verurteilten die rechtswidrigen Verhaftungen und forderten die Freilassung der Gefangenen. Neben den Massenfestnahmen der streikenden Arbeiter*innen in Haft-Tapeh und Ahwaz nahm das islamische Regime während der letzten Wochen und Monaten landesweit Hunderte Frauen und Männer fest. Ihr „Verbrechen“? In offenen Briefen und ähnlichen Protestaktionen äußerten sie sich solidarisch mit den berechtigten Forderungen der Festgenommenen und kritisierten die dubiosen „Verkaufs- und Privatisierungsmaßnahmen“ des Regimes! Das Regime regiert weiter ungeniert mit harter Hand und ignoriert die klugen und sachlich begründeten Forderungen aus der Arbeiterschaft, die ausschließlich darauf abzielen, auf die unerträglich gewordenen Missstände hinzuweisen. Die Antwort auf die Frage, warum immer mehr iranische Frauen und Männer ‒ trotz konkret bestehender Angst vor Verfolgung, Verhaftung und Folter ‒ sich politisch engagieren, ist auf die vom islamischen Regime verursachte wirtschaftliche, politische, soziale und kulturelle Misere zurückzuführen, von der alle Schichten der arbeitenden Bevölkerung im Iran betroffen sind…“
„»Habt Angst, wir sind alle zusammen«“ von Ali Nouri am 18. Januar 2020 in neues deutschland online zur Entwicklung der und Beteiligung an den massenhaften Protesten unterschiedlichster Art: „… Besonders bemerkenswert bei den jüngsten Unruhen ist, dass die iranische Mittelschicht wieder aktiv geworden ist. Seit Langem, vor allem seit der blutigen Niederschlagung der im Jahr 2009 formierten »Grünen Bewegung«, war diese Schicht bei den Protesten eher abwesend. Auf den Demonstrationen im Januar 2018 und im November 2019 waren es meistens Menschen aus den unteren Schichten der Gesellschaft, die vor allem wegen ihrer wirtschaftlich prekären Lebensverhältnisse protestierten. Der Kern dieser Demos lag nicht in Teheran, sondern in kleineren Städten und in den Provinzen. Während der größte Teil jenes Aufruhrs aus wütenden jungen Männern bestand, waren letzte Woche auch zahlreiche Frauen dabei. Wie im Jahr 2009 fühlt sich die iranische Mittelschicht wieder vom System belogen. Damals waren viele Menschen der Überzeugung, dass die Präsidentenwahl gefälscht war, und gingen auf die Straßen. Die größte Demonstration war auf der Teheraner Enqelab-Straße, die etwa fünf Kilometer lang ist. Die systemtreue iranische Presse hat die große Zahl der Protestierenden geleugnet oder verschwiegen. Das ist dieselbe Strecke, auf der vor Kurzem die Trauerfeierlichkeit für Soleimani stattfand, begleitet von Heli-Kameras und anderen Propagandamitteln. »Etwa acht Millionen Menschen haben sich an der Trauerfeier für Soleimani in Teheran beteiligt«, berichteten die staatlichen Medien diesmal. Diejenigen, die nicht an dieser Trauerkundgebung teilnahmen, äußerten sich teilweise über die sozialen Medien. »Zumindest wissen wir jetzt, wie viele Menschen 2009 auf der Straße waren«, vermittelte ein Tweet. »Sind die Menschen kleiner geworden oder ist dieselbe Strecke größer geworden?«, lautete ein anderer. Nun ist es die Mittelschicht, die sich vom Flugzeugabschuss besonders betroffen zeigte...“
„Neue Massenproteste im Iran: Jugend und Frauen an vorderster Front“ von Narges Nassimi am 14. Januar 2020 bei Klasse gegen Klasse hob zur Auseinandersetzung der Fraktionen des Regimes unter anderem hervor: „… Das Handeln der beiden Fraktionen des Regimes brachte noch einmal die Heuchelei der Reformist*innen an die Oberfläche. Die sogenannten Reformist*inenn sind dieselben Politiker*innen, die in den vergangenen Monaten an den Massakern Tausender und an der brutalen Repression und der Verhaftung von unbewaffneten Protestierenden beteiligt waren. Auf einmal inszenieren sie sich jedoch als Trauernde um die getöteten Insassen des Flugzeuges. Dabei sind sie genauso verantwortlich für die über 1500 Toten der letzten Wochen. Mindesten in fünf Städten fanden direkt am Samstag die ersten neuen Proteste statt: in Teheran, Isfahan, Hamedan, Rascht und Babol. Dabei kam die Mobilisierungskraft aus den Universitäten, wo sich Schüler*innen und Studierende gemeinsam mobilisert haben. Vor der Amir Kabir Universität, der Sharif Universität und der zentralen Teheran Universität versammelten sich am Samstag, dem ersten Wochenentag im Iran, Hunderte junger Menschen. Weitere Proteste entflammten kurz darauf auch in weiteren Städten; mittlerweile gibt es Videos auch aus Sanandadsch, Baneh, Ahwaz, Yazd, Semnan, Karaj, Tabriz, Kerman, Schiraz, Arak und Zanjan. (…) Die Versuche der Reformist*innen, die neuen Proteste (mit Propaganda über Referendum und Reform) zu vereinnahmen, sind gescheitert. Ihr anfänglicher Versuch, in Teheran mit Blumensträußen und Kerzen um die Insass*innen des Flugzeuges zu trauern, stieß auf eine Flut von lauten Kampfansagen der Umstehenden. Parolen wie „Reformisten, Hardliner, eure Zeit ist vorbei“, „Die Islamische Republik muss zerstört werden“ und „Suleimani ist ein Mörder“, waren die vernichtenden Antworten. Die Student* innen im Iran riefen: “Nein zum Referendum, nein zur Reform, (sondern) Streik, Revolution”, “Von Teheran bis Baghdad, Elend, Unterdrückung und Gewaltherrschaft”, und “Von Teheran bis Baghdad, rufen wir Revolution!”...“
„Iran Popular Protests Against Regime Intensify in Response to Iran Downing of Passenger Plane“ am 13. Januar 2020 bei der Alliance of Middle Eastern and North African Socialists ist eine Stellungnahme des linken, trotzkistisch orientierten Netzwerkes, in der sowohl auf die massive Kritik an den Revolutionsgarden verwiesen wird, die bei den Protestdemonstrationen vorgetragen wurde, als auch unterstrichen, dass alle Kritik an dem mörderischen Kriegskurs der USA dies nicht dazu führen dürfe, das diktatorische Regime im Iran zu verteidigen.
„“Das Regime ist nicht überlebensfähig““ von Gerrit Wustmann am 15. Januar 2020 bei telepolis ist ein Gespräch mit Farhad Payar vom Iran Journal (bei dem man leider schon auch darauf hinweisen muss, dass solch ein Urteil schon sehr oft zu hören war, ohne dass es in 40 Jahren eingetroffen wäre) in dem dieser zur Lage der Menschen im Iran unter anderem ausführt: „… Es gibt dazu keine Umfragen, daher ist das schwer zu sagen. Aber meine Gespräche mit Menschen aus den unterschiedlichsten Schichten in Iran geben mir den Eindruck, dass ein erheblicher Teil gegen eine Einmischung von außen ist. Weil sie sehen, dass es nichts bringt. Aber es gibt auch andere, die sagen: Seht nach Deutschland, dort hat die Einmischung die Befreiung gebracht. Aber die Menschen sehen auch, dass die aktuellen Sanktionen eben nicht die Machthaber treffen, sondern die Bevölkerung. Eine Unterstützung des Systems wird ebenso abgelehnt. Russland und China, aber auch Europäer hofieren die Machthaber, auch diese Form der Einmischung wollen die meisten Iraner nicht. [Frage: Wie groß ist die Gefahr, dass sich das brutale Vorgehen vom vergangenen November wiederholt?] Zum einen ist davon auszugehen, dass die Menschen weiter demonstrieren werden. Weil sie keine Wahl haben. Laut Zahlen der staatlichen Gewerkschaften leben bis zu neunzig Prozent der iranischen Arbeiter unter der Armutsgrenze. Lehrer brauchen zwei Jobs, um sich über Wasser zu halten, eine Mittelschicht gibt es kaum noch. Es gibt fast nur noch Arme und Superreiche. Die Probleme, wegen denen so viele im November protestiert haben, sind ja nicht aus der Welt, im Gegenteil. Und die neuen US-Sanktionen werden die Lage nochmal verschlimmern. Und das Regime wird wieder schießen, weil es sich nur noch mit Gewalt an der Macht halten kann. In seiner jetzigen Form ist das Regime nicht mehr überlebensfähig. [Frage: US-Präsident Trump sagt den Demonstranten Unterstützung zu – wie kommt das bei der Opposition an?] Die Reaktion vieler Menschen sind Hohn und Gelächter. Trump wird von den meisten Iranern nicht ernstgenommen. Ein Beispiel: Gestern passierten die Demonstranten in Teheran eine Stelle, wo die israelische und die amerikanische Flagge auf die Straße gemalt sind. Die Regierung will, dass man da drübertrampelt. Doch die Demonstranten gingen um die Flaggen herum, aus Protest gegen die Hardliner. Trump verstand das nicht, er twitterte: Wow, sie treten nicht auf unsere großartige Flagge, das ist ein Fortschritt. Dafür wurde er einmal mehr belächelt…“
- Zu den fortgesetzten Massenprotesten im Iran zuletzt: „Nach dem Abschuss der Passagiermaschine: Trotz „Bauernopfer“ und Repression gehen die Proteste gegen das Regime im Iran weiter“ am 15. Januar 2020 im LabourNet Germany