Krankenkassen: Krankengeld-Empfänger beklagen teils aggressive Kontrollanrufe
Dossier
„Manche Krankenkassen bedrängen offenbar Versicherte, die Krankengeld erhalten, mit Kontrollanrufen, um herauszufinden, ob die Versicherten auch tatsächlich krank sind. Dabei fordern sie die Mitglieder auch auf, sensible Informationen am Telefon preiszugeben. Die Verbraucherzentrale Hamburg informiert nun, dass die Krankenversicherten keine solche Daten am Telefon preisgeben müssen. (…) Hintergrund ist, dass die Kassen den Langzeit-Erkrankten einen Teil des Einkommens als Krankengeld weiterzahlen müssen: in der Regel ab der sechsten Krankheitswoche. (…) So besteht der Verdacht, dass die Krankenkassen die Betroffenen um das Krankengeld bringen wollen — mit juristischen Tricks und Feinheiten…“ Beitrag von Mirko Wenig vom 16. Januar 2020 in Versicherungsbote – siehe mehr zu den Hintergründen:
- Sie tun es immer noch: Krankenkassen üben Druck aus auf Empfänger von Krankengeld. Dabei wurde doch sogar das Gesetz geändert, um das zu verhindern
„Springen wir zurück in den Herbst des Jahres 2014. Damals wurde hier dieser Beitrag veröffentlicht: Freundliche Nachfrage oder Druck ausüben? Die Krankenkassen und das Krankengeld . Darin musste man von diesen Vorwürfen der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) lesen: »Mitarbeiter der Kassen rufen mitunter Patienten, die lange krankgeschrieben sind, wöchentlich an. „Ob es schon besser gehe? Ob man den Psychotherapeuten wechseln wolle? Oder einen Psychiater aufsuchen? Entsprechende Therapeuten könne man empfehlen, heißt es dann am Telefon … Angeblich hätten Kassenmitarbeiter auch nach medizinischen Diagnosen gefragt und die Betroffenen bedrängt.« (…) Seit dem 19. Juli 2021 gibt es für die Krankenkassen engere Grenzen, wenn sie Daten zum Krankenstatus abfragen wollen. Da trat das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ in Kraft. Krankenkassen dürfen laut Gesetz nun Informationen ausschließlich per Brief oder E-Mail einholen. Nur wenn Versicherte einer telefonischen Kontaktaufnahme zuvor schriftlich zugestimmt haben, sind auch Telefonate erlaubt, berichtet Mirko Wenig in einem Artikel, dessen Überschrift aber auf etwas anderes hinweist: Krankenkassen üben weiterhin Druck auf Krankengeld-Empfänger aus. »Gesetzliche Krankenkassen versuchen nach wie vor, sensible Informationen von Patientinnen und Patienten zu sammeln, die Krankengeld beziehen. Dabei schrecken sie auch vor teils aggressiven Kontrollanrufen nicht zurück.« Und an den Ursachen hat sich nichts geändert (…) »16,612 Milliarden Euro gaben die gesetzlichen Versicherer 2021 für Krankengeld aus, so geht aus Daten des Bundesgesundheitsministeriums hervor. Es ist der viertteuerste Posten nach Krankenhaus-Behandlungen (85,128 Milliarden), Arzneimitteln (46,653 Milliarden) und ärztlichen Behandlungen (44,823 Milliarden). So besteht der Verdacht, dass die Krankenkassen die Betroffenen um das Krankengeld bringen wollen — mit juristischen Tricks und Feinheiten.« Mirko wenig bezieht sich bei seinen Ausführungen auf diese Mitteilung der Verbraucherzentrale Hamburg, die das Vorgehen der Krankenkassen schon vor Jahren kritisiert hat: Krankenkassen üben weiter Druck beim Krankengeld aus. (…) Bei den Hamburger Patientenschützern gehen auch ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes noch viele Fragen und Beschwerden von Krankengeldbeziehern ein, die sich von ihrer Krankenkasse bedrängt fühlen. Insbesondere durch Telefonate, die der Gesetzgeber eigentlich verhindern wollte, wird gegenüber Betroffenen anscheinend weiterhin Druck aufgebaut. (…) Die Verbraucherzentrale verweist auf weitere Regelungen, die den Krankengeld-Bezieher seit der Gesetzesänderung besser schützen sollen. »Seither sind mit Zustimmung durchgeführte Telefonate beispielsweise für alle Beteiligten zu protokollieren, worauf die Kassen ihre Versicherten auch hinweisen müssen. Darüber hinaus dürfen gesetzliche Krankenkassen nur bereits rechtmäßig erhobene Informationen nutzen, wenn es darum geht, den Medizinischen Dienst zur Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit einzuschalten.«“ Beitrag von Stefan Sell vom 25. Juli 2022 auf seiner Homepage - Weiter im Beitrag von Mirko Wenig vom 16. Januar 2020 in Versicherungsbote : „… Die Versicherten haben eine sogenannte „Mitwirkungspflicht“. Sind zum Beispiel Daten lückenhaft, müssen sie Informationen übermitteln, die dazu benötigt werden, den Krankengeld-Anspruch zu prüfen. Allerdings sind die Auskunftspflichten in der Krankenversicherung durch einen Paragraphen des Sozialgesetzbuches (§ 275 SGB V) stark eingeschränkt. Nur der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) darf Gutachten erstellen, ob der Patient noch krank ist. (…) Hier werden die Erkrankten von den Krankenkassen unter Druck gesetzt, wie nun die Verbraucherzentrale Hamburg berichtet: etwa durch besagte Kontrollanrufe, in denen auf die Mitwirkungspflicht verwiesen wird. „Am Telefon sind Sie nicht zur Auskunft verpflichtet! Und schon gar nicht müssen Sie für Ihre Kasse telefonisch erreichbar sein. Wir raten Betroffenen daher, der Krankenkasse mitzuteilen, dass man alle notwendigen Fragen gerne schriftlich beantwortet“, schreibt die Verbraucherzentrale Hamburg. (…) Die Verbraucherzentrale ist mit ihrer Kritik nicht allein. In den letzten Jahren kritisierten auch wiederholt Sozialverbände wie der VdK und der SoVD, dass die Krankenkassen mit zweifelhaften Methoden den Patienten das Krankengeld streitig machen wollen…“