Was „Leipziger Sylvester“ in Connewitz bedeutet: Die selbsternannte vierte Gewalt ruft zur Exekution
Dossier
„… Auch blieb unklar, auf welche Weise und wie schwer verletzt der Beamte wurde. Ab Mittwochabend schrieben zahlreiche Medien unter Berufung auf Polizeikreise von einer schweren Ohrverletzung und weiteren Kopfverletzungen. “Leipziger Polizist fast das Ohr weggesprengt“, schlagzeilte Focus Online. In Krankenhauskreisen zeigte sich man sich verwundert über diese Darstellung und die Polizeimeldung von einer „Notoperation“. Von dort erfuhr die taz, dass es einen Eingriff an der Ohrmuschel des Beamten unter lokaler Betäubung gegeben habe. Der Mann sollte demnach am Donnerstag oder Freitag wieder entlassen werden. Lebensgefahr oder drohender Gehörverlust hätten nicht bestanden. (…) Die Polizei wiederum verteilte schon vor der Silvesternacht Flugblätter in Connewitz, in denen sie einen „Polizeieinsatz zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit“ ankündigte. Am Abend dann kreiste sie mit einem Hubschrauber über dem Stadtteil und führte laut Augenzeugen verdachtsunabhängige Kontrollen durch. Am Ende stand die erwartete Eskalation. Und nun folgt die politische Debatte. Als eine der ersten forderte die Leipziger CDU Konsequenzen…“ – aus dem Artikel „Eskalation mit Ansage“ von Konrad Litschko und Aiko Kempen am 02. Januar 2020 in der taz online – worin die erste Welle der Polizeipropaganda relativiert wird. Siehe dazu weitere Beiträge zur medial gestützten Propagandakampagne der Polizei und der Kritik daran:
- Täter oder Opfer? In Leipzig wird gegen einen Mann verhandelt, der an Silvester einen Polizisten angegriffen haben soll. Die Verteidigung zeichnet ein anderes Bild
„Bald ein Jahr ist es her, dass Ausschreitungen in der Silvesternacht am Connewitzer Kreuz in Leipzig zu einer bundesweiten Debatte geführt haben. Am Mittwoch ging die Verhandlung gegen einen der Angeklagten am Amtsgericht Leipzig in die nächste Runde. Dem Angeklagten wird ein tätlicher Angriff, vorsätzliche Körperverletzung und Gefangenenbefreiung vorgeworfen. Er soll einem Beamten den Helm vom Kopf gerissen und ihn geschlagen haben – so die Staatsanwaltschaft. Verteidiger Daniel Werner hingegen zeichnet ein anderes Bild: Nicht sein Mandat hätte die Beamt:innen angegriffen – sondern er sei selbst Opfer von Polizeigewalt geworden. Der Angeklagte sei bei der Festnahme mit dem Kopf auf das Pflaster aufgeschlagen, bewusstlos gewesen und habe im Krankenhaus behandelt werden müssen. Mehr als vier Stunden vergehen am Mittwoch im Gerichtssaal, bis der erste Zeuge gehört wird. Der Beamte, dem der Angeklagte den Helm vom Kopf gerissen haben soll, räumt ein, es sei ein taktischer Fehler gewesen, dass er allein unterwegs war. Er beschuldigt den Angeklagten, ihn gegen die Wand gedrückt und geschlagen zu haben. Zuvor lässt sich ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft, Richter und anwesenden Polizeibeamt:innen beobachten. Zwei Polizist:innen der Leipziger Bereitschaftspolizei haben sich in Uniform und mit Dienstwaffe in die Besucherreihen gesetzt. (…) Verteidiger Werner sieht darin eine Verletzung der Gewaltenteilung. Sollte es eine dienstliche Anweisung geben, müsste diese dem Gericht vorliegen. Ansonsten sollten die Polizist:innen als Besucher:innen ihre Waffe ablegen. Die Anwesenheit der bewaffneten Polizist:innen, so Werner, würde psychologische Auswirkungen auf den Angeklagten haben, genauso wie auf Polizeibeamte, die als Zeugen geladen sind. Der Staatsanwalt bezeichnet den Einwand als eine Prozessverzögerungsstrategie. Werner hingegen befürchtet, dass die Zeugenaussagen der Beamten aufgrund des vom polizeilichen Korpsgeist ausgehenden Drucks verzerrt werden könnten. Schließlich stellt sich heraus, dass einer der Beamten im Publikum, selbst am Einsatz in der Silvesternacht beteiligt war. Er wird deshalb als Zeuge gehört, danach muss er den Raum verlassen. (…) Das Hin-und-Her zeigt im Kleinen, worum es in dem Prozess im Großen geht: Die Frage nach Schuld und Unschuld der Polizei im Geschehen rund um die Silvesternacht in Connewitz. Nach der Silvesternacht haben die Ereignisse eine Debatte über linke Gewalt gegen Polizist:innen ausgelöst. Gleichermaßen wurde jedoch darüber diskutiert, welche Rolle die Polizei bei den Eskalationen gespielt hat und ob es Polizeigewalt gegeben hat. Videos der Nacht zeigen gewalttätige Handlungen von beiden Seiten. (…) Im aktuellen Prozess gegen den Angeklagten wurde zudem bekannt, dass unter den eingesetzten Polizeibeamten mindestens zwei waren, die Verbindungen in die rechtsextreme Kampfsportszene haben. (…) Im Prozessverlauf hatten bereits zwei Polizeibeamte ausgesagt, die an der Festnahme des Angeklagten beteiligt waren. Keiner der beiden konnte einen Schlag des Angeklagten gegen einen Polizeibeamten bezeugen. Verteidiger Werner sagte am Mittwoch, es sei zu klären, wer das tatsächliche Opfer, wer der tatsächliche Täter sei. Er argumentierte, dass die Beweislage gegen den Mandanten dünn sei. So sei seine DNA nicht am Helm des Polizisten gefunden worden. Außerdem sei der Polizeieinsatz insgesamt umstritten gewesen. Derzeit ist noch ein weiterer Prozesstag für den 15. Dezember angesetzt…“ Artikel von Sarah Ulrich vom 2.12.2020 in der taz online - Die Leipziger Polizei, ihre Kampagne gegen „Linksextreme“ und einige Hintergründe: Zusammenbruch der Polizeipropaganda – ignorieren
„… Am Montag veröffentlichte „Zeit online“ Videosequenzen, die die besagten Auseinandersetzungen zeigen. Aus dem veröffentlichten Filmmaterial wird deutlich, dass der betroffene Beamte – wie auch das Gros seiner in der Sequenz zu sehenden Kollegen – gar keinen Helm trug. Geschweige denn, dass eine Masse von Autonomen auf seinen Kopf einprügelten. Bereits zuvor hatten Recherchen der „taz“ ergeben, dass der verletzte Beamte im Krankenhaus überhaupt nicht „notoperiert werden musste“ und auch keinerlei Lebensgefahr bestand. Dies hatte die Polizei jedoch zuvor behauptet. Der Beamte musste sich lediglich einem Eingriff an seinem Ohr unterziehen. Die Polizei wollte die Rechercheergebnisse von „Zeit online“ unterdessen nicht kommentieren. Auch von dem erhobenen Vorwurf des „versuchten Mordes“ rückten die Beamten bis Redaktionsschluss nicht ab. Von der Silvesternacht bleiben lediglich die Phantastereien des Leipziger Polizeipräsidenten Torsten Schultze, der von einem „geplanten und organisierten Angriff“ einer Gruppe von 20 bis 30 Personen fabulierte. Und eine Polizei, die mittels Unwahrheiten und Gräuelmärchen gegen vermeintliche Autonome hetzt und einen ganzen Stadtteil diskreditiert und in Geiselhaft nimmt. Dazu kommt, dass eine Reihe von Politikern und Medienvertretern ungeprüft Behauptungen der Polizei übernahm…“ – aus dem Beitrag „Ein Lügengebäude bricht zusammen“ von Markus Bernhardt am 10. Januar 2020 in der UZ über den schrittweisen Zusammenbruch der Polizeipropaganda – der von den Außenstellen ihrer Presseabteilung nicht weiter berücksichtigt wurde… Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge zur polizeilichen Medienkampagne sowie drei Beiträge, die auf verschiedene Hintergründe eingehen – von Nazi-Feiern, die als Familienfest „vermarktet“ werden und den Beziehungen der Leipziger Polizei zu dieser Szene, als auch zum polizeilich bekämpften Widerstand gegen Mietwucher vor Ort:- „Silvesternacht in Connewitz: Drei Videos und zahlreiche Zeugen werfen neue Fragen auf“ von Aiko Kempen und Edgar Lopez am 10. Januar 2020 bei Buzzfeed zu einem weiteren Meilenstein des Zusammenbruchs der Propagandakampagne: „… Andere Beamte ziehen einen Mann an seinen Haaren aus der Menge, ein Polizist tritt nach ihm, dann führt die Polizei ihn ab. Mitten auf der Straßenkreuzung liegt ein Mensch, er ist offenbar bewusstlos. Polizisten gehen an ihm vorbei. Ein Beamter steigt über den Mann, ohne sich um ihn zu kümmern. Es sind bisher unbekannte Szenen aus der Silvesternacht in Leipzig-Connewitz, die BuzzFeed News Deutschland rekonstruieren kann. Sie stammen aus drei Videos, die unseren Reportern in den vergangenen Tagen über verschiedene Personen zugespielt wurden sowie aus Gesprächen mit 15 Augenzeugen und drei Menschen, die angeben, von Polizeigewalt betroffen zu sein. Die vollen Namen und Kontaktdaten aller Augenzeugen, Betroffenen und Urheber der Videos sind BuzzFeed News – mit Ausnahme eines Video – bekannt. Die Recherchen zeichnen ein detaillierteres Bild der Nacht, über deren genauen Ablauf die Öffentlichkeit seit Tagen streitet. Sie zeigen, dass die Polizei in Teilen unkoordiniert und aggressiv vorgegangen ist, dass sie offenbar nötige Hilfeleistungen unterlassen hat – und dass eine Reihe von Menschen Opfer von Polizeigewalt geworden sind. Die Polizei Leipzig schrieb auf Anfrage der Reporter, die Vorwürfe seien bisher nicht aktenkundig und könnten daher weder bestätigt, noch dementiert werden...“
- „Connewitz – die Stunde der Scharfmacher“ von Kristian Stemmler am 10. Januar 2020 im Lower Class Magazine zur Orchestrierung der Kampagne im Dienste einer weiteren Stärkung polizeistaatlicher Tendenzen (in nahezu Allparteien-Koalition): „… Linke Krawalle, schwer verletzter Polizist, Not-OP – das kam den bürgerlichen Leitmedien am traditionell nachrichtenarmen Neujahrstag wie gerufen. Das klang nach brutalen Autonomen, nach Lebensgefahr und Koma. Von Spiegel über Focus bis Handelsblatt und Zeit stiegen alle auf die Geschichte ein, übernahmen die Mitteilung der Polizei kritiklos und ungeprüft. Dabei war zu diesem Zeitpunkt schon verdächtig, warum über die Verletzung des Polizisten nicht Konkreteres verlautbart wurde. Recht schnell stellte sich heraus, dass es keine Not-OP gegeben hatte und von einer schweren Verletzung nicht wirklich die Rede sein konnte. Der Beamte war wegen eines Risses am Ohr im Krankenhaus behandelt und nach zwei, drei Tagen bereits wieder entlassen worden. Auch die Behauptung, ein brennender Einkaufswagen sei „mitten in eine Einheit“ geschoben worden, brach in sich zusammen. Politiker aller Couleur hatten da aber ihre Statements schon längst abgesondert. Mit Abscheu und Entsetzen reagierten sie allesamt auf den bösen „linksextremistischen“ Überfall, von Innenminister Hotte Seehofer (CSU) über FDP-Chef Christian Lindner bis zu Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch, dessen Gedanken bei dem verletzten Beamten waren. Den Vogel schoss mal wieder Rainer Wendt ab, Chef der reaktionären Deutschen Polizeigewerkschaft, der in der Bild von einer neuen RAF faselte. (…) In den „sozialen Netzwerken“ wurde zu recht vielfach darauf hingewiesen, wie grotesk es ist, von linkem Terrorismus zu schwafeln, während in den vergangenen Monaten und Jahren die Taten rechter Terroristen für Angst und Schrecken gesorgt haben – da gab es bekanntlich tatsächlich Tote. Radikale Linke sollten sich aber fragen, ob es wirklich Sinn macht, sich mit obskuren Vorstößen von Leuten wie Wendt oder Voß überhaupt sachlich zu befassen. Die Ereignisse von Connewitz und die Debatte danach, sollten eher Anlass sein, sich das Vorgehen der bürgerlichen Hetzer in Politik und Medien, Polizei und Diensten mit gesunder Distanz anzusehen und daraus zu lernen. Hier ist offensichtlich die Gelegenheit genutzt worden, gleich zum Jahresbeginn ein Thema zu setzen und eine bestimmte Lesart durchzusetzen – und es ist erschütternd wie leicht das war. Natürlich lässt sich die Verletzung eines Polizisten nicht planen, aber dass bei Krawallen mal ein Bulle was abbekommt, liegt auf der Hand. Jedenfalls kam die Verletzung des Beamten in der Silvesternacht der Polizeidirektion Leipzig sehr gelegen. In der Pressemitteilung der Silvesternacht spricht die heimliche Genugtuung, mal wieder ordentlich gegen die Linken vom Leder ziehen zu können, aus jeder Zeile. Und natürlich hat der Pressesprecher der Direktion genau die Reizwörter verwendet, von denen er weiß, dass die Journaille auf sie anspringt...“
- „Zur Medienstrategie von Bullen, Justiz und Politik in Hinblick auf den 31.12.“ von den Schmuddelkindern am 05. Januar 2020 bei de.indymedia zu polizeiüblichen Verhältnissen in Leipzig: „… Die Kontakte der Leipziger Polizei zur Neuen Rechten und zu Neonazis sind bekannt. Der Wunsch nach einer autoritären Umgestaltung des Staates und eine stärkere Kontrolle der Gesellschaft dürfte bei noch mehr Bullen eine Rolle spielen, auch da wo sie sich selbst gar nicht als rechts bezeichnen würden. Darüber hinaus scheint aber auch ein instrumentelles Verhältnis der Bullenführung in Leipzig zum rechten Trollmob zu bestehen. „Informationen“ zu den Geschehnissen am Kreuz wurden gezielt in die „Sozialen“ Medien gestreut, die Situation so beschrieben, als hätte nur der Zufall den Tod eines Bullen verhindert, als sei ein Schwerverletzter im Krankenhaus notoperiert worden, usw. Dies alles deckt sich mit der Behauptung der Neuen Rechten über die linke und vor allem die autonome Bewegung, die auch im Staat schon lange ein Zuhause gefunden hat: Dass es sich bei den Autonomen um inhaltsleere Gewaltfanatiker*innen handelt, oder schlimmer noch, um Stripppenzieher*innen für die Errichtung eines autoritären Staates vergleichbar mit der Sowjetunion, kurz um Menschenfeinde (ein Stereotyp, das auch der Leipziger Bullenpräsi Thomas Schultz im Interview nach Silvester bediente) oder in der Sprache der Neuen Rechten: Um die neuen Faschist*innen. Mit dem Streuen der verzerrten Darstellung der Bullen wurde also genau dieser rechte Trollmob auf den Plan gerufen und das nicht ohne Erfolg: Die spätestens durch die Massenwirkung der „Sozialen“ Medien völlig hilflos gewordenen Medien verbreiteten die Hetze als Tatsache. Linke, die sich zuvor kritisch geäußert hatten, verstummten, oder distanzierten sich gleich von ihren eigenen Aussagen. In einer Melange aus rechten Internettrolls, sensationsgeilen Presseorganen und herrschender Politiker*innen ergab sich ein Bild des Schreckens, welches die Geschehnisse am Kreuz völlig verzerrt wiedergab…“
- „Tödliche Pool-Party in Gerichshain hatte Neonazi-Hintergrund“ am 05. Januar 2020 bei de.indymedia berichtet von einer Party, die weder Polizei noch ihre Medien zu irgendeiner besonderen Aktivität mobilisierte, sondern sozusagen unter „Vermischte Familien-Nachrichten“ kam: „…Am Abend des 21. Dezember 2019 fand laut Lokalpresse in Machern, Ortsteil Gerichshain (Landkreis Leipzig) eine “Familienfeier” statt, in dessen Verlauf ein 20-Jähriger und ein 39-Jähriger ums Leben kamen. Schon am nächsten Tag wurde bekannt, dass es sich bei dem jüngeren der beiden um den Fußballspieler Pascale Gaedke (20) handelt, einen ehemaligen Torwart des 1. FC Lokomotive Leipzig, der zuletzt beim SV Liebertwolkwitz spielte. Nicht erwähnt wurde, dass der 39-Jährige Tote, Stefan “Aui” Auerbach, der organisierten Neonazi-Szene angehörte und dass das Gelände, auf dem die Feier stattfand, in Verbindung mit der rechten Hooliganszene steht. Unter diesen Umständen ist es notwendig, die Geschehnisse in Gerichshain näher zu beleuchten und die vermeintliche “Familienfeier” als das zu bezeichnen, was sie offenbar war: eine Zusammenkunft der extrem rechten Szene. So verkündete das europaweit agierende Neonazi-Musiklabel “PC Records” am Tag nach den tödlichen Ereignissen: “Am 22.12.2019 trat unser Freund und Kamerad Aui durch einen tragischen Unfall mit nur 39 Jahren aus dem Leben (…) Deine Familie & Kameraden trauern um Dich! (…) Stefan Auerbach!!HIER!! Auch im Laden können ab sofort Spenden abgegeben werden. Diese gehen direkt an die Familie!” Mit “Laden” ist das Ladengeschäft von “PC Records” im Chemnitzer Fritz-Heckert-Gebiet gemeint. Hinter dem Label steckt der umtriebige, dem verbotenen “Blood & Honour”-Netzwerk angehörende Neonazi Yves Rahmel. Eine weitere, im selben Stil verfasste Trauerbekundung ruft zu Spenden zur finanziellen Unterstützung der Hinterbliebenen auf. Das dort angegebene PayPal-Konto führt zu Mette Michalak. Sie ist die Lebensgefährtin von Volker Herbst, der der Kameradschaft “Bootboys Riesa” angehört und in kder Riesaer Rechtsrock-Band “Selbststeller” das Schlagzeug spielt. Bezüge zur Neonazi-Musiszene finden sich auch mehrfach bei Stefan Auerbach. So zeigte er sich u.a. in Merchandise-Artikeln der Neonazi-Bands “Abtrimo” und “Die Lunikoff Verschwörung”. Auch die von Rechtspopulisten und Neonazis gebildete Gewerkschaft “Zentrum Automobil”, die in Auerbach einen “Mitstreiter” verlor, kondolierte. Gesicht der Gewerkschaft ist Oliver Hilburger, der als Mitglied der Neonazi-Band “Noie Werte” ebenfalls kräftig im Rechtsrock-Milieu mitmischte...“
- „Tschüs, schöne Aussicht“ von Sarah Ulrich am 31. Oktober 2019 in der taz online zu einem der Hintergründe der Sylvester-„Ereignisse“: „… „Niemand hat die Absicht, Luxuswohnungen zu errichten“ steht in lila-goldenen Lettern über dem Zaun vor einer Baubrache im Leipziger Süden. Aktivist*innen haben mit Bänken und Liegestühlen die Straße besetzt. Kinder üben sich im Torwandschießen, eine Hüpfburg steht mitten auf der Straße. Es ist eine Nachbarschaftsvernetzung, die hier kurzerhand zum Protest einlädt. Das Netzwerk nennt sich „Ciao Bella Vista“, Tschüs, schöne Aussicht. In Anlehnung an das geplante „La Vida – Bella Vista“, das neueste Bauprojekt im Leipziger Süden. Immer mehr Neubauten sind in den vergangenen Jahren im Stadtteil Connewitz entstanden, nun ist ein weiteres Quartier geplant. (…) In den vergangenen Wochen hat es mehrfach auf Baustellen in Leipzig gebrannt, zuletzt auch in Connewitz. Die Polizei nahm mehrere Personen fest, sprach von Angriffen auf Beamte und Feuerwehrleute, was die Feuerwehr jedoch dementierte. Nichtsdestotrotz sah sich das sächsische Innenministerium alarmiert und kündigte an, das „weitere Vorgehen gegen den Linksextremismus“ zu besprechen. Ein Zusammenhang zwischen den Bränden sieht die Polizei bisher nicht, auch ob die Anschläge überhaupt politisch motiviert waren, ist noch unklar. „Das ist ein Zeichen dafür, dass soziale Probleme als Sicherheitsprobleme diskutiert werden“, sagt Hinterseer. Sein Netzwerk kritisiert auch, dass die Stadt für den Leopoldpark nicht rechtzeitig einen Bebauungsplan erlassen hat, durch den es möglich gewesen wäre, an der Gestaltung des Geländes mitzuwirken. Die Aktivist*innen fordern, die Debatte über Mietendeckel und Enteignungen auch in Leipzig zu führen...“
- Obwohl die Polizei inzwischen zugibt, gelogen zu haben: Die Propagandakampagne für den Polizeistaat nach dem „Leipziger Sylvester“ wird weiter geführt…
„… Die sächsische Polizei hat frühere Angaben über die Vorgänge in der Leipziger Silvesternacht korrigiert. Anders als in einer Polizeimeldung am Neujahrstag berichtet, musste ein verletzter Polizist demzufolge doch nicht notoperiert werden. Das sagte Polizeisprecher Andreas Loepki dem MDR. In der Silvesternacht sei der Kenntnisstand gewesen, so Loepki, dass ein verletzter Beamter notoperiert worden sei. Eine lebensbedrohliche Verletzung habe aber nicht vorgelegen. Die Polizei müsse sich nun den „Schuh anziehen, dass es sicherlich besser gewesen wäre von einer operativen Maßnahme zu sprechen, statt von Not-OP“, sagte Loepki. Dem SPIEGEL sagte Loepki, der operative Eingriff sei „dringend erforderlich“ gewesen, weil sonst „bleibende Schäden nicht auszuschließen gewesen wären“. Der Begriff Not-OP sei „im weiteren Sinne nicht falsch“. Es sei aber der Eindruck entstanden, nur durch die OP habe das Leben des Kollegen gerettet werden können. „Das stimmt nicht.“...“ aus der Meldung „Polizei zieht Aussage über angebliche Notoperation zurück“ am 03. Januar 2020 im Spiegel online – woraus auch noch deutlich wird, dass die Polizei diese „Korrektur“ (Lügen-Eingeständnis mag man es dort wohl nicht nennen) erst vorgenommen hat, nachdem das Krankenhauspersonal ganz anderes berichtete als jene Medien, die einmal mehr die Arbeit der Polizeipressestelle verwendeten. Siehe dazu vier weitere aktuelle Beiträge, die deutlich machen, dass die Kampagne unabhängig von den wirklichen Ereignissen fortgeführt wird:- „Nebel über Connewitz“ von Konrad Litschko am 03. Januar 2020 in der taz online zum polizeilichen Eingeständnis – das ohne Folgen bleiben soll: „… Ein Sprecher der Leipziger Polizei räumte ein, dass der Begriff Notoperation missverständlich gewesen sei. Er sei aufgrund eines ersten Kenntnisstands gewählt worden. Gemeint gewesen sei eine „dringliche Operation“, die schnell habe erledigt werden müssen. Auch habe tatsächlich keine lebensbedrohliche Verletzung vorgelegen. Dennoch sei der Polizist schwer verletzt worden, so der Sprecher. Der Mann sei „bewusstlos und blutend von der Kreuzung geschleift worden“. Die Verletzungen beträfen „nicht nur einen Riss am Ohrläppchen“. Sachsens Polizeipräsident Horst Kretzschmar wies Vorwürfe zurück, er habe den Vorfall aufgebauscht: „Die Polizei wird nie Falschmeldungen verbreiten.“ Zu der Verletzung und dem Tathergang wollte sich Kretzschmar indes nicht weiter äußern. Dies würden die Ermittlungen zeigen. Der Polizeichef bestätigte aber, dass der 38-Jährige am Freitag aus dem Krankenhaus entlassen wurde. (…) Die Leipziger Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Angriffs weiter wegen versuchten Mordes. Tatverdächtige konnten dazu laut LKA bisher nicht ermittelt werden. Das Leipziger Amtsgericht erließ am Freitag aber Haftbefehl gegen vier Männer, 27 bis 32 Jahre alt, die in der Silvesternacht weitere Angriffe auf Polizisten verübt haben sollen...“ – woraus nicht nur deutlich wird, dass die Polizei die Verbreitung von Falschmeldungen lieber ihren medialen Hilfstruppen überlässt, sondern auch – einmal mehr – dass sächsische Beamte, vor allem, wenn sie Staatsanwälte sind, sich mit „so etwas“ wie Falschmeldungen nicht aufhalten. Wenn es gegen Linke geht…
- „Betrachtungen zur Silvesternacht in Connewitz“ am 03. Januar 2020 bei de.indymedia hebt unter vielem anderen hervor: „… Dennoch gingen die staatlichen Angriffe auf das Viertel weiter und äußerten sich in dauerhaft hoher Streifenpräsenz und lächerlichen Pressemitteilungen, in denen sich darüber beklagt wurde, dass Bullen im Viertel unerwünscht sind. Dabei wurde absurderweise immer wieder das Linxxnet in den medialen Fokus gerückt; das zwar eine linke Einrichtung ist, in der Menschen teilweise für eine bessere Gesellschaft streiten, das jedoch als Institution staatstragend und nicht polizeifeindlich ausgerichtet ist. Dies zeigt wie undifferenziert von polizeilicher Seite gegen alles vorgegangen wird, was nicht in die eigene Vorstellung von Sicherheit und Ordnung passt. Dabei war auffallend, wie sehr die Leipziger Polizei Pressemitteilungen mittlerweile dazu nutzt, um politische Akzente zu setzen und den öffentlichen Diskurs in ihrem Sinne und entgegen linker Politik zu beeinflussen. Die Bullen treten also zunehmend als eigenständiger politischer Akteur in Erscheinung. Dies ist nicht nur als ein Leipziger Phänomen zu betrachten, zieht sich hier aber auffallend durch die gesamte bisherige Amtszeit des neuen Leipziger Bullenchefs Torsten Schultze. Dieser fällt durch andauerndes Rumjammern über den Unmut, der ihm und seinen Kollegen aufgrund deren Berufswahl aus der Bevölkerung entgegen schlägt, auf. Als im Oktober Polizeikräfte ins Viertel einfielen, um Leute vom geselligen Beisammensein an der Straße abzuhalten und durch massive Präsenz Stärke demonstrieren wollten, war die Empörung groß. Die Leute waren entschlossen, dies nicht hinzunehmen und den Schweinen durch einige Wurfgeschosse klar zumachen, dass sie im Viertel noch immer unerwünscht sind. Nach einigen Selbstverteidigungsaktionen, die sich gegen Akteure und Profiteure der Aufwertung und kapitalistischen Umgestaltung des Viertels richteten, wurde ins große Horn der Repression geblasen. Zum unzähligen Mal war auf staatlicher Seite von einer neuen Qualität der Gewalt die Rede, wurde irgendetwas von neuen RAF-Gruppen gefaselt, zum unzähligen Mal wurde irgendeine neue Ermittlungsgruppe (Soko LinX) gegründet und vom „Aufräumen in Connewitz“ geredet – man wolle jetzt auch gegen Müll und Graffiti stärker vorgehen. Der Hort des Linksextremismus solle endlich stillgelegt werden…“
- „Gedanken zu den Ereignissen an Silvester in Connewitz“ von Geppetto ebenfalls am 03. Januar 2020 bei de.indymedia unterstreicht die Kontinuität der Propagandalügen: „… Die Leipziger Bullen haben neben der Lüge der vermeintlichen Notoperation weitere Fakenews in Umlauf gebracht und damit bewusst das mediale und politische Klima beeinflusst. Ein brennender, als Polizeifahrzeug gestalteter Einkaufswagen wurde auf eine Kreuzung geschoben und kam dort zum Erliegen. Bullen waren zu diesem Zeitpunkt nicht in der Nähe des Einkaufwagens Es gab keinen Hinterhalt, in den die Cops gelockt wurden. Nach einem Angriff auf Bullen in der Selneckerstraße rannten zwei Bullen im Jagdfieber und einer davon ohne Helm mindestens einer Person hinterher, um diese festzunehmen. Ein kleines Stück dahinter folgte ein dritter Bulle. Den beiden Cops gelang es eine Person kurzzeitig festzunehmen, dies führte zu spontanem solidarischen Handeln Umstehender und durch direkte körperliche Angriffe auf die drei Cops konnte die Person befreit werden. Die Bullen haben ihren Festnahmeversuch voreilig und ohne Rücksicht auf ihren Selbstschutz gestartet. Der wegen Körperverletzung im Amt vorbestrafte BFE-Truppenführer Golze wird wahrscheinlich so schnell nicht wieder ohne Helm Zugriffsversuche starten. Die von Ronny Golze geäußerte Kritik in einer Polizeiübung: „Die Annäherung war noch zu langsam“, kann man in diesem Fall auch getrost zurückweisen. Die Bullen sind nicht erst seit Kurzem ein eigener politischer Akteur geworden, der die Deutungshoheit über politische Ereignisse und Auseinandersetzungen, teilweise mit Lügen und Übertreibungen, zu erlangen versucht. Sie generieren eigene Wahrheiten und schaffen ein Klima, das Politiker*innen aller Parteien zu einem Distanzierungsmarathon gegenüber vermeintlich linker Gewalt zwingt, auch wenn sich im Nachhinein das meiste als gelogen herausstellt. Die Bullen arbeiten damit ganz bewusst mit an einer Verschiebung der Diskurse nach Rechts, liefern Wasser auf die Mühlen derer, die seit jeher mit ihren autoritären Polizeistaatssehnsüchten glänzen und fördern letztlich damit auch Gewalt von Rechts. Und während sich Bullen, Medien (dem Narrativ der Bullen unkritisch folgend) und Politiker*innen aller Parteien gegenseitig mit catchy Schlagworten wie „linker Terrorismus“ und „Mordversuch“ und absurden RAF-Vergleichen überbieten, um maximale Aufmerksamkeit zu generieren, sind immer noch Menschen, die am Kreuz festgenommen wurden, eingesperrt, lag oder liegt ein Mensch in Folge der Polizeigewalt an Silvester im Krankenhaus… Wer mit Worten wie „Terrorismus“ und „Mord“ um sich wirft, relativiert den Tod jener, die nicht nur im vergangenen Jahr rechten Tätern zum Opfer fielen und stellt alle, die am Silvesterabend gegen die Brutalität, Schikanen und Anwesenheit der Sächsischen Nazibullen intervenierten, mit diesen tatsächlichen rechten Terroristen auf eine Stufe…“
- „»Polizei geht repressiv gegen die Bevölkerung vor«“ am 04. Januar 2020 in der jungen welt ist ein Interview von Gitta Düpertal mit Juliane Nagel, in dem die sächsische Landtagsabgeordnete der Fraktion Die Linke zu den Ereignissen in ihrem Wahlkreis unterstreicht: „… Die »Soko Linx« wurde gegründet, weil sich konservative Politiker ständig auf Connewitz als Problemstadtteil fokussieren. Wie vielerorts gibt es hier einen angespannten Wohnungsmarkt, mit der Folge, dass sich normale Menschen die steigenden Mieten nicht mehr leisten können. Dagegen richteten sich politische Kritik ebensowie militante Aktionen, etwa Angriffe auf teure Neubauprojekte. Es gab Baustellenbrände, Attacken auf Kräne, Maschinen, zuletzt ein Überfall auf eine Mitarbeiterin einer in Connewitz aktiven Leipziger Immobilienfirma. Nach einem Bekennerschreiben auf dem Portal »Indymedia« und einer in den Medien aufgebauschten Kampagne wurde dann aber nicht mehr differenziert. Es folgte ein Versuch, die gesamte linke Szene in Connewitz einzuschüchtern. Die Rechte hat offenbar ihr Hassobjekt gefunden, und die Polizei stimmt mit ein. / Woher bezieht der Stadtteil sein linksalternatives Image? / Ähnlich wie im Berliner Bezirk Kreuzberg wurden dort Häuser besetzt, eine linke Kulturszene ließ sich nieder. Neonazis starteten Übergriffe auf deren Zentren, die Ordnungsbehörde wollte räumen. All das führte in der Vergangenheit zu Straßenschlachten. Insofern gibt es eine ausgeprägte linke politische Szene. Die Bevölkerung des Stadtteils ist auf Selbstbestimmung aus, geht kritisch mit der Polizei um. Die wiederum geht besonders repressiv gegen die Bevölkerung vor – nicht nur zu Silvester...“
- „In Leipzig gab es zu Silvester laut Tag24 „super linksautonome Chaoten“, die können von BFE-Einheiten einzelne Polizisten „isolieren“ und versuchen sie zu „töten““ am 02. Januar 2020 im Twitter-Kanal von „Rassismus tötet“ konfrontiert die Propagandaschlacht mit – ihrer eigenen – Realität: Den Lügen wird ein Video der Bild (!) gegenüber gestellt, das ganz anderes zeigt, als die Behauptungen…
- „Der Polizeipräsident nutzt Medieninformation für politische Stimmungsmache“ am 02. Januar 2020 beim Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz ist eine Pressemitteilung des Netzwerkes zur Polizeipropaganda, in der es unter anderem heißt: „… Neue Qualität bei Polizei Leipzig. Der Polizeipräsident nutzt Medieninformation, welche zur neutralen Berichterstattung über Geschehnisse gedacht ist, für politische Stimmungsmache. Schon die massive Polizeipräsenz zu den Minidemos von Herrn Poggenberg war unserer Meinung nach überzogen und in der Konsequenz eine steuerverschwendende Machtdemonstration durch die Polizei. Auch die eskalierende Einsatztaktik zu Silvester am Connewitzer Kreuz ging für viele Beteiligte, auch für die eingesetzten Beamt*innen, nach hinten los. Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Ihnen wünschen wir baldige Genesung. Aber die Instrumentalisierung von privaten Tweets einzelner Bürger*innen, inklusive Namensnennung, überschreitet die Funktion einer amtlichen Medieninformation. Wir fordern Herrn Polizeipräsidenten Torsten Schultze auf, den Namen sofort aus der öffentlichen Medieninformation zu entfernen und sich bei dem betroffenen Bürger zu entschuldigen. Die Polizei hat Recht und Gesetz zu schützen und sich selbst auch im Rahmen dessen zu bewegen…“
- Siehe bei Twitter auch #Connewitz und die Berichterstattung von @luna_le sowie das namentliche Outing von @4CLXI durch die Polizei…