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Dritter Generalstreik in zwei Wochen: Eine nie da gewesene Mobilisierung führt zu einer neuen Situation in Kolumbien

Die Demonstration in Bogota beim dritten Generalstreik innerhalb von zwei Wochen - dem 04.12.2019 - war die größte seit Jahrzehnten...„… Am fünften Protesttag hatte Duque zwar seine Bereitschaft verkündet, sich mit den Sprechern des Streiks zu treffen, allerdings nur nebenbei als Teil von Gesprächen zwischen der Regierung und Unternehmergremien und ohne die zentralen Forderungen der Protestbewegung zu berücksichtigen. Das Streikkomitee verlangte deshalb, dass die Regierung sich mit ihm, verbündeten indigenen und Friedensorganisationen sowie mit Sprechern der selbstorganisierten Bürgerversammlungen an einen Tisch setzt und auf ihre Forderungen eingeht. Am Montag, dem zwölften Streiktag, willigte Duque schließlich unter der Bedingung in entsprechende Gespräche ein, dass der Streik von heute, Mittwoch, abgesagt wird. Daraufhin traf sich das Streikkomitee am gestrigen Dienstag mit der Regierung, lehnte es aber ab, den Streik abzusagen (…) Bislang widersprechen die Taten der Regierung Duque ihrer verkündeten Bereitwilligkeit zum Dialog mit der Streikbewegung. Inmitten der Proteste hat Duque staatliche Unternehmen in die Hände des privaten Finanzkapitals übergeben. Gerade dies nicht zu tun, war eine der Forderungen. Die Regierung treibt ebenso ihre Reformen weiter voran, die Steuern der Großkonzerne senkt und die der Mittel- und Unterschicht erhöht. Und trotz der großen Empörung wegen der Tötung des Abiturienten Cruz besuchte Duque Esmad und die Polizei, um ihnen ausdrücklich seinen Dank „für ihre Hingabe und permanente Aufopferung“ beim Schutz der Kolumbianer auszusprechen…“ – aus dem Beitrag „Warum die Proteste in Kolumbien heute wieder aufflammen“ von Hans Weber am 04. Dezember 2019 bei amerika21.de externer Link zur Situation, die zu dieser besonderen Mobilisierung am erneuten Streiktag geführt hat. Siehe in der Materialsammlung dazu auch drei weitere Beiträge zu Aktion und Repression an diesem Tag des dritten Generalstreiks, zwei gewerkschaftliche Stellungnahmen dazu, eine Erklärung der Selbstverteidigungsgruppen, eine erste gewerkschaftliche Bewertung der Bewegung und eine Analyse ihrer Entwicklung – sowie den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zur Entwicklung in Kolumbien:

„Minuto a minuto de las marchas del 4 de diciembre en Colombia“ am 04. Dezember 2019 bei LaFM externer Link war die laufend aktualisierte Chronologie des Tages mit Meldungen vor allem aus Bogota, Medellin, Cali und Bucamaranga, aber auch aus zahlreichen kleineren Orten, teilweise mit Fotos oder Kurzvideos versehen.

„Thousands passing by Las Nieves on their way to Plaza Bolívar“ am 04. Dezember 2019 im Twitter-Kanal von Lukas Kapunkt externer Link ist ein Video vom Beginn der Demonstration in Bogota, wovon der Autor sagt, weder Anfang noch Ende des Demonstrationszuges sei zu sehen – wie es bei Videos aus anderen Städten im Übrigen auch der Fall war. Was zumindest schon ein Indiz für die weitreichende Mobilisierung an diesem Tag war.

„Violencia policial en movilizaciones pacíficas del 4D“ am 04. Dezember 2019 bei Colombia Informa externer Link wiederum ist ein Überblick über die zahlreichen „Robocop“-Überfälle auf DemonstrantInnen in mehreren Städten, auch hier mit einer ganzen Reihe kurzer Videos versehen, die einen „Eindruck“ von der Polizeibrutalität geben.  

„A fortalecer el Paro Nacional del 4 de diciembre“ am 04. Dezember 2019 bei der Föderation der LehrerInnen-Gewerkschaft FECODE externer Link war der „letzte Aufruf“ des Verbandes (der der CUT angehört, aber auch als Einzelgewerkschaft im nationalen Streik-Komitee vertreten ist) zum Streik, worin auch nochmals die Mobilisierung in den Tagen vorher und bis zum 08. Dezember angegeben sind und der „Zustand ständiger Bereitschaft“ ausgerufen wird. Dabei wird insbesondere darauf verwiesen, dass die Regierung Duque zwar jetzt von Dialog rede, aber mit der Umsetzung ihres antisozialen Programms ungebremst fortfahre – die Aussetzung dieses Programms ist eine der Bedingungen der Protestbewegung für einen Dialog mit der Regierung.

„EXIGIMOS A DUQUE SOLUCIóN AL PLIEGO“ am 04. Dezember 2019 bei Sinaltrainal externer Link ist eine Erklärung der nationalen Delegiertenversammlung der unabhängigen Nahrungsmittelgewerkschaft (die ebenfalls im nationalen Streik-Komitee vertreten ist) zum dritten Generalstreik. In der einstimmig verabschiedeten Resolution wird einerseits das Vorgehen der Regierung in 10 Punkten ausführlich kritisiert, zum anderen werden 12 Forderungen unterstrichen, die jedes Mal „an die Regierung des Tyrannen Duque, der die Oligarchie vertritt“ gerichtet sind. Mit diesen Forderungen wird dem gesamten sogenannten ökonomischen Modernisierungsprogramm Duques der Forderungskatalog der Streikbewegung entgegen gesetzt. Und dazu aufgerufen, weiterhin überall „Asambleas Populares“ zu bilden, beziehungsweise ihre Bildung aktiv zu unterstützen.

„Manifiesto de la Primera Línea“ am 05. Dezember 2019 bei kaosenlared externer Link dokumentiert, ist eine Selbstverteidgungsgruppe Erste Reihe in Kolumbien am 4.12.2019Erklärung der Selbstverteidigungsgruppen, die bereits in mehreren Städten gebildet wurden – und die natürlich der Regierung und ihren Propagandamedien Anlass sind über „Gewaltanwendung“ zu jammern – und entsprechend zu hetzen. In dieser Erklärung unterstreichen die Kollektive, dass sie weder Sprecher noch Partei haben, und dass sie ausschließlich auf Angriffe gegen friedliche Demonstration reagieren – dies aber „mit aller Entschiedenheit“.

„“Después de este Paro el país tendrá que mirar de otra manera el sindicalismo y las organizaciones sociales”“ am 04. Dezember 2019 bei Rebelion.org externer Link ist ein Interview mit Fabio Arias vom Exekutiv-Vorstand des Gewerkschaftsbundes CUT, in dem er unterstreicht, dass mit dieser aktuellen Streikbewegung die Rolle der Gewerkschaften und der sozialen Bewegungen in Kolumbien sich verändert habe – unter anderem auch, weil die Bewegung erkämpft habe, anerkannt und in der Gesellschaft gehört zu werden.

„Interview zum „Paro Nacional“ mit Camilo González“  von Lisa Alvarado am 29. November 2019 bei der ask externer Link ist ein Gespräch über die neuen Besonderheiten dieser Bewegung, in dem der Präsident von Indepaz (Institut für Entwicklung und Frieden) und Direktor des Projekts Centro de Memoria Historica in Bogotá einleitend ausführt: „… Wir sind in Kolumbien jetzt schon beim 7. Tag des Nationalen Streiks angelangt. Der Streik wurde für den 21. November mit Märschen und Streiks in gewissen staatlichen und privaten Firmen einberufen und hat sich dann in eine kontinuierliche Welle der Mobilisierung verwandelt, mit Millionen von Personen und verschiedenen Protestgründen. Das Komitee, das den Streik einberufen hatte, besteht aus Gewerkschaftszentralen, Studentenorganisationen, Indigenen, Kleinbauern, Frauen, und Gemeinschaften. Sie vertreten die Mehrheit der organisierten Sektoren und Gruppierungen aus über 500 urbanen Zentren und Gemeinden des Landes. Das Streikkomitee war der Aufrufer und am 21. November der Auslöser, aber die Bewegung geht jetzt viel weiter und es sind neue Formen der Mobilisierung entstanden, die eine andere Logik haben als die traditionellen Märsche oder Streiks, die eine einheitliche Führung haben. In jeder Region und in jeder Stadt organisieren sich die Leute, und es gibt eine unglaubliche Synchronisierung von Parolen und Gefühlen in diesem Aufstand gegen die asozialen Politiken der Regierung und in Verteidigung des Lebens und des Friedens. In diesen sieben Tagen haben sich Millionen von Personen auf friedliche Art und Weise mobilisiert. Sie haben sich mobilisiert gegen die Gewalt, gegen Morde an Führungspersonen und gegen die Rückkehr zu Kriegstechniken wie die Militarisierung von gewissen Gebieten und die Autorisierung zu wahllosen Bombardements. Beispielsweise jenes, welches den Tod von 12 Kindern gefordert hat und von der Regierung gerechtfertigt wurde. Es ist eine Bewegung gegen den Krieg und für den Frieden, die jegliche Art von Gewalt verurteilt, sogar diejenige, die sich innerhalb der Demonstrationen abspielt. Gegenüber dieser eindrucksvollen Demonstration von Selbstkontrolle der Jugend und der mobilisierten Gesellschaft gab es eine Antwort von massloser Gewalt durch die Bereitschaftspolizei. Das Resultat davon sind bisher hunderte von Verletzten und vier Tote…“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=158671
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