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Auf die harte Tour in den Irak abgeschoben: »Freiwillig« ist nicht gleich »freiwillig« – sagt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte

Dossier

[Demo am So. 11.2.2018 in Berlin] Stoppt alle Abschiebungen!„Nach seiner »freiwilligen Rückkehr« wird ein Iraker erschossen. Die Todesgefahr hatte Finnland im Asylverfahren nicht erkannt. Damit stand der Mann vor der Wahl: Entweder er geht, oder er wird abgeschoben. Deswegen sei die Rückkehr nicht freiwillig und Finnland verantwortlich, urteilte der EGMR. Auf diese Art der Rückkehr setzt auch Deutschland. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geklagt hatte die Tochter. Der Asylantrag ihres Vaters, ein sunnitischer Iraker, war trotz Berichten von religiösem Konflikt am Arbeitsplatz, zwei Anschlägen auf sein Leben und der versuchten Entführung der Tochter selbst abgelehnt worden. Die Ereignisse wurden zwar nicht bestritten, jedoch wurde der Konflikt als privater Streit und der Rest als Resultat der Sicherheitslage im Irak bewertet…“ Beitrag vom 20. November 2019 von und bei Pro Asyl externer Link und mehr daraus/dazu:

  • Zehn Jahre nach dem Völkermord: PRO ASYL und Wadi fordern Bleiberecht für Jesid*innen in Deutschland New
    Vor dem zehnten Jahrestag des Völkermords an den Jesid*innen im Irak fordern PRO ASYL und Wadi e.V. ein Bleiberecht für Jesid*innen in Deutschland. Die Opfer des vom Bundestag anerkannten Völkermords brauchen Sicherheit. Im ersten Schritt muss endlich ein bundesweiter Abschiebestopp beschlossen werden.
    „Aus Deutschland dürfen keine Opfer des Völkermords abgeschoben werden. Die Jesid*innen brauchen Sicherheit und ein Bleiberecht hier. Statt den Überlebenden dieses vom Bundestag anerkannten Genozids diese Sicherheit zu gewähren, droht die Abschiebung an den Ort des Völkermords. Es muss endlich ein bundesweiter Abschiebestopp beschlossen werden“, sagt Karl Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL. Auch wenn aktuell keine neuen Abschiebungen bekannt sind, wird Jesid*innen gezeigt, dass sie in Deutschland keine Perspektive bekommen sollen. In Bayern zum Beispiel wird irakischen Geflüchteten, darunter auch Jesid*innen, systematisch die Duldung entzogen oder als ungültig gestempelt. Damit verlieren sie ihre Arbeitserlaubnis und auch die Möglichkeit, in einer eigenen Wohnung zu leben. Und auch in anderen Bundesländern werden Jesid*innen behördlich unter Druck gesetzt und ihnen werden Sanktionen wie Arbeitsverbot und Leistungskürzungen angedroht…“ Pressemitteilung vom 31.07.2024 von Pro Asyl externer Link
  • Kundgebungen und Protestcamp gegen Abschiebungen von Êzîd:innen in den Irak vor dem Abschiebegefängnis Langenhagen 
    Seit vergangenem Sonntag, den 26. Mai 2024, finden vor dem Abschiebegefängnis Langenhagen am Flughafen Hannover ein Protestcamp sowie täglich Kundgebungen statt. Demonstriert wird gegen drohende Abschiebungen von Êzîd:innen in den Irak. Nachdem am Sonntag bereits mindestens 150 Menschen vor Ort waren, kamen im Laufe des Montags und Dienstags etliche weitere Menschen. Anlass ist die drohende Abschiebung eines jungen Mannes in den Irak. Zahlreiche Freund:innen, Verwandte und Angehörige êzîdischer Communities kommen seit seiner Inhaftierung in Solidarität mit ihm vor das Gefängnis. Auch Menschen vom Netzwerk gegen Abschiebungen Hannover und Hannover Solidarisch waren am Montag bei der Kundgebung dabei.
    Zunächst war am Montag die Rede von mehreren êzîdischen Inhaftierten im Abschiebegefängnis Langenhagen. Diese Information konnten wir bisher nicht bestätigen. In unser Abschiebungshaftberatung wissen wir bisher nur von einem irakischen Staatsangehörigen und sind mit diesem sowie Unterstützer:innen und seiner Anwältin im Kontakt
    …“ Meldung vom 29. Mai 2024 beim Flüchtlingsrat Niedersachsen externer Link, siehe dazu auch:

  • Neues Gutachten von PRO ASYL und Wadi zeigt: Jesidinnen und Jesiden dürfen nicht in den Irak abgeschoben werden
    Mit einem heute veröffentlichten Gutachten machen PRO ASYL und Wadi e.V. auf die düstere Lage der Jesid*innen im Irak aufmerksam – und fordern zugleich einen sofortigen bundesweiten Abschiebestopp für Jesid*innen. Zudem müssen sie eine dauerhafte und sichere Bleibeperspektive in Deutschland bekommen.
    Obwohl der Deutsche Bundestag Anfang 2023 die Verfolgung der Jesid*innen als Völkermord anerkannt hat und obwohl die Lage im Irak nach wie vor sehr unsicher ist, schieben seit einigen Monaten mehrere Bundesländer wieder Jesid*innen in den Irak ab. Und Tausende Jesid*innen fürchten, dass es ihnen bald ebenso ergeht. (…)
    In Deutschland existiert mit rund 250.000 Menschen nicht nur die größte jesidische Diaspora in Europa, sondern nach dem Irak die zweitgrößte weltweit. Sie leben vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Geschätzt sind derzeit 5.000 bis 10.000 irakische Jesid*innen ausreisepflichtig und von Abschiebungen in den Irak bedroht. Denn Mitte 2023 begannen die ersten Bundesländer auf dem Hintergrund einer enger werdenden Kooperation mit dem Irak und Gerichtsurteilen, wonach es im Irak keine gruppenspezifische Verfolgung mehr gebe, Jesid*innen in den Irak abzuschieben. Das von PRO ASYL und Wadi e.V. in deutscher externer Link und englischer externer Link Sprache herausgegebene Gutachten stellt die tragische Lage der jesidischen Gemeinschaft im Irak und die Hintergründe dazu dar – kompakt und umfassend samt der innerirakischen Konflikte. Damit wollen die beiden Organisationen eine Informationslücke schließen und eine Grundlage für qualifizierte Entscheidungen schaffen. Denn immer wieder entscheiden Behörden und Gerichte über die Zukunft jesidischer Menschen und lassen dabei die dramatische Situation, in die sie die Menschen schicken, außer Acht…“ Pressemitteilung vom 24.04.2024 von Pro Asyl externer Link
  • Kein Schutz für Genozid Überlebende in Niedersachsen: Flüchtlingsrat kritisiert Wiederaufnahme von Abschiebungen in den Irak scharf
    Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kritisiert die Entscheidung des niedersächsischen Innenministeriums, Abschiebungen in den Irak ab sofort und ohne Einschränkungen wieder aufzunehmen (siehe Erlass vom 10.04.2024 externer Link ). Nach Ansicht des Flüchtlingsrat ist im Irak – im Hinblick auf die Menschenrechte, die Wirtschaft und andere Gesellschaftsbereiche – keine Entwicklung erkennbar, die eine Aufhebung der bisherigen Erlasslage, die lediglich die Abschiebung von Straftäter:innen und Gefährder:innen vorsah, rechtfertigen würde. Auch irakische Êzîd*innen, die den Genozid durch den IS überlebt haben, droht nun die Abschiebung.
    Nach Auffassung des Flüchtlingsrats ist die Entscheidung der Landesregierung, Abschiebungen in den Irak uneingeschränkt zuzulassen, nicht durch Fakten geleitet. Neben dem selbst geschaffenen politischen Druck, die Abschiebungszahlen womöglich um jeden Preis zu erhöhen, dürfte die Änderung der Erlasslage auch „dem beispiellosen Wandel in der irakischen Rückkehr- und Rücknahmepolitik“ geschuldet sein, in dessen Rahmen sich die Regierung des Irak verpflichtet habe, „alle Rückführungen zu akzeptieren“, wie die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf die EU-Kommission berichtet externer Link. Die Lage im Irak ist für zurückkehrende Geflüchtete weiterhin gefährlich. Insbesondere für Êzid:innen ist eine Rückkehr in den Irak unzumutbar…“ Pressemitteilung vom 14.4.24 beim Flüchtlingsrat Niedersachsen externer Link, siehe dazu

    • den Post von Abschiebungsreporting NRW am 14.4. externer Link auf bsky: „“Krass, dass jetzt auch Niedersachsen weit hinter seine bisherige humanere Haltung zurückfällt und den noch am weitest gehenden #Abschiebestopp für #Irak einfach aufhebt. Damit fällt es sogar hinter #NRW, das noch ezidische Frauen und Minderjährige schützt.“
  • Jahrestag der Anerkennung des Genozids durch den Bundestag – RAV fordert Abschiebestopp für jesidische Geflüchtete
    „Am 19. Januar 2023 hat der Bundestag die Verbrechen des Islamischen Staats (IS) an den Jesid*innen als Völkermord anerkannt. Im Rahmen seines Beschlusses stellte der Bundestag fest, dass auch neun Jahre nach dem Genozid Verfolgung und Diskriminierung von Jesid*innen im Irak noch immer andauern. Heute, ein Jahr nach dem Anerkennungsbeschluss, ist die Lage von jesidischen Schutzsuchenden in der Bundesrepublik dagegen von akuter Angst vor Abschiebung geprägt. Laut Auswärtigem Amt und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sei durch den militärischen Sieg über den IS im Irak jegliche Verfolgungsgefahr für Jesid*innen gebannt. Dass die Opfer des Genozids noch immer schwer unter dessen Folgen leiden, wird in der deutschen Asylpraxis nicht hinreichend berücksichtigt. Hunderttausende Jesid*innen leben noch immer als Vertriebene unter teils menschenunwürdigen Bedingungen in kurdischen Flüchtlingslagern. Ein Wiederaufbau jesidischer Siedlungsgebiete ist aufgrund anhaltender Konflikte in der Region Shingal nicht abzusehen und offensichtlich nicht im Interesse der lokalen Konfliktparteien. Nach geheimen Absprachen zwischen dem Irak und der Bundesregierung bereits im April 2023, werden irakische Schutzsuchende seit Sommer 2023 erstmalig seit fast 20 Jahren wieder abgeschoben. Unter den bisher abgeschobenen befanden sich bereits rund 20 Jesiden. Der RAV fordert Abschiebungen von Jesid*innen zu stoppen und ein Bleiberecht zu ermöglichen.“ RAV-Pressemitteilung vom 19. Januar 2024 externer Link
  • Geheimer Migrationsdeal mit dem Irak nicht mehr geheim / Gebrochenes Versprechen: Abschiebung von Jesiden in den Irak

    • Gebrochenes Versprechen: Abschiebung von Jesiden in den Irak
      „… Die Familie von Bascal und Jmana gehört zu einer verfolgten Minderheit, den Jesiden. Immer wieder mussten sie vor der Terrormiliz des IS fliehen. Seit 2019 sind sie in Deutschland geduldet, planten hier ihre Zukunft; bis zu dem Tag, der alles veränderte. Bascal: „Plötzlich, Mama kommt in Zimmer und sagt, die Polizei sind da. Wir sind aufgestanden und im Flur waren so ca. 20 Polizisten.“ Mutter, Vater und zwei Geschwister wurden direkt mitgenommen. (…) Der Verlust der Heimat, ist bei vielen Jesiden ein tiefsitzendes Trauma. Seit Jahrhunderten lebten sie im Norden des Irak, im Sinjar-Gebirge und rund um ihre heilige Stadt Lalish. Von dort wurden sie 2014 von der Terrormiliz des IS vertrieben. Etwa 5.000 Jesiden wurden getötet. Frauen und Kinder verschleppt, vergewaltigt, versklavt. Im Januar hat der Bundestag diese Gräueltaten als Völkermord anerkannt und einstimmig gefordert: Zitat: „… Êzîdinnen und Êzîden weiterhin unter Berücksichtigung ihrer nach wie vor andauernden Verfolgung und Diskriminierung im Rahmen des Asylverfahrens Schutz zu gewähren…”.Und auch in einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage hieß es im März: Zitat: „Für jesidische Religionszugehörige aus dem Irak (…) ist es – ungeachtet veränderter Verhältnisse – nicht zumutbar, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren.” Und trotzdem häufen sich jetzt Berichte, dass Jesiden abgeschoben werden. Die Menschrechtsaktivistin Düzen Tekkal wirft der Bundesregierung Wortbruch vor. (…) Trotzdem passiert, was lange tabu war. Warum? Die Zahl der Asylsuchenden steigt. Der Druck von rechts wächst und damit die Forderung, die Zahl der Abschiebungen solle steigen. (…) Auch Alias Familie ist vor Terror und Verfolgung des IS geflohen. Trotzdem wurde vor wenigen Wochen Alias Asylantrag abgelehnt und die Abschiebung angedroht. Alia Hassan: „Die Flüchtlingeigenschaften werden nicht zu anerkannt. Dass der Antrag auf Asylerkennung wird abgelehnt und dass ich nach Irak gehen soll, dass ich abgeschoben werden sollte und das ist in 30 Tagen.“ Im Irak drohe ihr keine Gefahr für Leib und Leben, schreibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF. Keine Gefahr? Erstaunlich ist, das BAMF bezieht sich bei seinen Entscheidungen laut Bundesinnenministerium insbesondere auf die aktuell gültige Lageeinschätzung des Auswärtigen Amtes. MONITOR liegt diese vor. Darin heißt es: Zitat: „Der irakische Staat kann den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen.“ Aktuelle Bilder aus dem Sinjar-Gebiet zeigen das große Ausmaß der Zerstörungen in der Heimat der Jesiden. Noch immer ist das Gebiet umkämpft. Rund 300.000 Jesiden leben deshalb bis heute in Flüchtlingscamps. (…) Prof. Jan Kizilhan, Duale Hochschule Baden-Württemberg: „Sie können nicht in ihre Siedlungsgebiete, weil dort verschiedene Rebellenorganisationen gegeneinander kämpfen. Insofern ist das lebensgefährlich. Und gleichzeitig haben wir eine rassistische Verhaltensweise gegen Jesiden durch die Mehrheit der Muslime.“ Der Hass, den der IS säte, ist immer noch da. Das zeigen auch aktuelle Videos von Imamen, die in sozialen Medien geteilt werden. Jesiden werden dort als Teufelsanbeter bezeichnet. (…) Alia Hassan klagt jetzt gegen ihre Abschiebung. Ob es hilft, ist ungewiss. Nur eins ist klar. Bei den Jesiden in Deutschland ist die Angst zurück. Achim Pollmeier: „Am Ende geht es um mehr als um Flüchtlingspolitik. Es geht auch um die Frage, was das Versprechen dieser Gesellschaft an eine Minderheit noch bedeutet, wenn der Druck von rechts zunimmt.“ Beitrag von Lisa Seemann und Lutz Polanz beim WDR-Magazin Monitor vom 14. Dezember 2023 externer Link (Videolänge: 8:36 min.)
    • Geheimer Migrationsdeal mit dem Irak: NDR, WDR und SZ liegt die schriftliche Erklärung zu Migration und Abschiebungen beider Länder vor.
      „… Für Olaf Scholz sind sie „das Wichtigste“, was man in der Migrationspolitik benötige. In „kurzer Zeit“ schon würden sie die „wichtigste Veränderung“ bedeuten. Was der Bundeskanzler derart auflädt, sind Vereinbarungen mit Staaten, aus denen viele Asylbewerber nach Deutschland kommen. Für die Bundesregierung gelten sie als das zentrale Instrument in der Migrationspolitik. (…) Eine Recherche von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ zeigt, dass die Bundesregierung und der Irak in den Verhandlungen schon viel weiter sind als öffentlich bekannt. Beide Länder haben demnach bereits vor Monaten eine gemeinsame Absichtserklärung vereinbart. Doch der Vorgang soll offenbar geheim bleiben. (…) Auf drei DIN A4-Seiten haben Deutschland und der Irak der Recherche zufolge im Frühjahr ihre gemeinsamen Ziele festgehalten: In dem vorliegenden Dokument bekunden „beide Seiten ihren Wunsch, ihre gegenseitige Zusammenarbeit im Bereich der Migration, einschließlich der legalen Migration, der konsularischen Zusammenarbeit, der Rückkehr und der Integration, zu verstärken“. Ein wichtiges Ziel sei es, die „freiwillige Rückkehr von Personen ohne Aufenthaltsrecht“ zu fördern. Dafür wolle man ein „mehrgleisiges Programm“ auflegen. Konkret spricht die gemeinsame Absichtserklärung zudem die Einwanderung von Arbeitskräften an. Beide Seiten seien sich „einig, dass die legale Migration für beide Gesellschaften von Vorteil ist und die Beziehungen zwischen den beiden Ländern stärkt“. Man wolle zum Beispiel das Ausstellen von Visa für Geschäftsreisende oder Studenten erleichtern. Als Durchbruch beim Thema Abschiebung kann die festgehaltene Formulierung gelten, dass jetzt grundsätzlich alle Personengruppen infrage kommen: Beide Seiten vereinbarten die „die Rückübernahme von Staatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise, die Anwesenheit oder den Aufenthalt im jeweiligen Hoheitsgebiet erfüllen“. Das heißt: Der Irak zeigt sich damit also bereit, nicht mehr nur wie bisher vor allem straffällige Menschen zurückzunehmen, sondern grundsätzlich alle Staatsbürger. Zuletzt wurde bekannt, dass auch mehr Jesiden in den Irak abgeschoben werden, in dem sie früher durch die Terrormiliz IS verfolgt wurden. (…) Konkret wird auch das größte Problem im Abschiebebereich angesprochen: die Identitätsfeststellung. (…) Wenn die Identität ungeklärt ist, wollen beide Seiten biometrische Daten austauschen. Irakische Botschaftsmitarbeiter führten Interviews mit möglichen Staatsangehörigen, um die Identität festzustellen. (…) Die Abschiebeoffensive in den Irak könnte zudem für Diskussionen sorgen, denn der Asyllagebericht des Auswärtigen Amtes zeichnet nach wie vor ein düsteres Bild zur Lage im Irak: Demnach sind staatliche Stellen „nach wie vor für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich“. Folter zur Erzwingung von Geständnissen, willkürliche Festnahmen und Entführungen durch irakische Sicherheitskräfte seien verbreitet. Der Irak dementiert auf Anfrage die Migrationsvereinbarungen nicht und betont, dass die Zusammenarbeit mit Deutschland gut laufe. Die Opposition übt deshalb deutliche Kritik an der Bundesregierung – sie mache Flüchtlingspolitik zur Geheimsache. „Bei Abschiebungen geht es schlimmstenfalls um Leben und Tod, mindestens aber um die Gewährleistung grundlegender Rechte“, sagt Linken-Politikerin Clara Bünger. „Die Bundesregierung muss offenlegen, was mit dem Irak zum Thema Abschiebungen vereinbart wurde.“…“ Beitrag von Manuel Bewarder und Amir Musawy vom 15. Dezember 2023 bei tagesschau.de externer Link – siehe erste Vermutungen hier weiter unten
  • 18-Jähriger soll ohne Familie in den Irak: Versuchte Familientrennung bei Abschiebung aus Freiberg
    Beim Abschiebeversuch des volljährigen Mazyar A. am 27. November in den Irak, trifft die Polizei auch dessen restliche Familienmitglieder in der Wohnung an. Trotz beidseitiger Irritation beharrten die Beamten auf der Rechtmäßigkeit des Vorgangs und bringen allein den Heranwachsenden zum Flughafen in Berlin. Der Vollzug der Abschiebung wird im letzten Moment verhindert, nun soll Mazyar A. in Abschiebehaft und anschließend abgeschoben werden. (…) Beim Anblick der Familie A. waren laut Aussagen des großen Bruders auch die anwesenden Polizisten irritiert, da diese nicht damit rechneten eine mehrköpfige Familie vorzufinden. Die Mutter von Mazyar A. macht sich große Sorgen um ihr Kind: „Sie sagten, dass sie nicht wussten, dass wir eine komplette Familie sind. Trotzdem hätten sie den Auftrag Mazyar abzuschieben und könnten daran nichts ändern. Bis heute wissen wir nicht genau, wo er sich aufhält und wie wir Kontakt zu ihm aufbauen können.“ Laut Anwältin wird Mazyar A. bald in Abschiebehaft überführt und könnte am 12. Dezember abgeschoben werden.
    Bei Mazyar A. handelt es sich um einen Heranwachsenden, der keinerlei Straftaten begangen hatte, bereits ein B2-Zertifikat der deutschen Sprache besitzt, hier einen Schulabschluss anstrebt und dennoch in den Irak abgeschoben werden sollte. (…) „Dies scheint also der neue Ton in der Abschiebepolitik zu sein: selbst von Korruption, Milizen-Gewalt und politischer Krise betroffene Staaten wie der Irak werden als „sicher“ erklärt, um endlich um jeden Preis „Im großen Stil mehr abschieben“ zu können. Diese Entwicklung ist nur möglich, weil hierzulande kaum mehr über die Realität von Ländern wie dem Irak und Fluchtursachen gesprochen wird“, so Schmidtke weiter. Rechte und eindimensionale Debatten über Abschottung und Abschiebung führten dazu, dass kaum Wissen darüber besteht, welche politischen Unruhen den Irak – gerade nach der sogenannten „Oktoberrevolution“ im Jahr 2020 – noch immer prägen. (…) Auch wenn Mazyar A. in diesem Jahr volljährig wurde, ist der Versuch einer Trennung von der Kernfamilie offensichtlich. Deswegen fordern wir, dass der Betroffene schnellstmöglich aus der Haft entlassen wird und zu seiner Familie kann. Außerdem lehnen wir Abschiebungen, insbesondere in seit Jahren von Krieg und Krisen gezeichnete Länder wie den Irak, insgesamt ab!
    Pressemitteilung vom 29. November 2023 beim Sächsischen Flüchtlingsrat externer Link
  • Änderung Abschiebungspraxis Irak
    Wir möchten Sie auf eine wichtige Veränderung bezüglich Abschiebungen in den Irak aufmerksam machen, die wir leider seit Beginn 2023 beobachten.
    Was hat sich geändert?
    Bisher galt für Personen ohne relevante strafrechtliche Verurteilungen, dass sie nicht abgeschoben wurden. Das hat sich spätestens seit Mai 2023 geändert. Uns sind leider immer mehr Einzelfälle bekannt, in denen es Abschiebungen in den Zentral-Irak gab. Für den 01.11. war eine Sammelabschiebung geplant, die jedoch aus uns noch unbekannten Gründen kurz vorher storniert wurde. Darüber hinaus gibt es Einzelabschiebungen auf Lininenflügen (bisher ohne Begleitung).
    Wie war es bis Ende 2022, wenn Geduldete Iraker:innen Ihren Pass abgegeben haben
    Bis 2022 und auch in den ersten Monaten 2023 fanden bis auf Ausnahmen bei strafrechtlich verurteilten irakischen Staatsangehörigen keine Abschiebungen in den Irak statt. Deshalb rieten Anwält:innen und Beratungsstellen allen Iraker:innen dazu, Pässe zu besorgen und abzugeben. Nur mit Passvorlage oder Mitwirkung bei der Passbeschaffung hatten sie die Möglichkeit auf eine Arbeitserlaubnis und Bleiberechtsperspektiven für langjährig Geduldete (§ 25 a und b AufenthG). Weiterhin konnten durch die Passbeschaffung hohe Strafen wegen Passlosigkeit verhindert werden. Generell gilt in Deutschland für Ausländer:innen die Passpflicht. Wer diese nicht erfüllt, kann zu hohen Geldstrafen verurteilt werden. Eine Geldstrafe wiederrum kann ein Bleiberecht verhindern oder zu Ausweisungen führen. Es kann also sein, dass ihr:e Anwält:in/Ihre Beratungsstelle Sie heute mit einem anderen Kenntnisstand berät als letztes Jahr.
    Wir empfehlen allen geduldeten Iraker:innen, die ihren Pass abgegeben haben, nochmal ihre Anwaltskanzlei oder eine Beratungsstelle zu kontaktieren. Wenn die Ausländerbehörde auf eine Abschiebung hingewiesen hat und/oder Ihnen die Arbeitserlaubnis entzogen hat, sollten Sie auf jeden Fall eine:n Anwält:in oder eine Beratungsstelle kontaktieren.
    Wer zählt zur Risikogruppe?
    Betroffen sind geduldete Personen und Familien mit und ohne strafrechtliche Verurteilungen, die einen Pass abgegeben hatten. Wer eine Duldung aus rechtlichen Gründen besitzt (Familie oder Reiseunfähigkeit), kann – solange diese rechtlichen Gründe weiterbestehen – nicht abgeschoben werden. Wer nur aus dem Grund geduldet war, dass keine Abschiebung möglich war, zählt jetzt zur Risikogruppe. (…)
    Was ist der Grund für die neue Abschiebepraxis?
    Der Irak hat vermutlich seine Kooperationsbereitschaft gegenüber der Aufnahme von abgelehnten Asylsuchenden geändert. Wir nehmen an, dass diese gestiegene Kooperationsbereitschaft mit dem Migrationsabkommen zusammenhängt, welches Deutschland und der Irak im Mai 2023 laut Medienberichten unterzeichnet haben. [1] Alle uns bisher bekannten Abschiebungen fanden ohne Begleitung der Bundespolizei statt
    …“ Meldung vom 22. Oktober 2023 des Bayerichen Flüchtlingsrats externer Link
  • Flüchtlingsabkommen: Deutschland und Irak vereinbaren offenbar Kooperation
    Um mehr Asylsuchende in ihre Herkunftsländer zurückbringen zu können, will die Bundesregierung Migrationsabkommen schließen. Eine erste Vereinbarung mit dem Irak soll jetzt unterschrieben worden sein. (…)
    Vereinbarung offenbar bereits unterschrieben
    Deutsche und irakische Regierungsvertreter sollen Anfang vergangener Woche in Berlin ihre Absicht auf eine engere Zusammenarbeit im Bereich Migration per Unterschrift erklärt haben. Das erfuhren NDR und WDR aus verschiedenen Quellen. Den Informationen zufolge ist letztlich kein rechtlich verbindliches Abkommen, sondern eine „Gemeinsame Erklärung“ – eine „Joint Declaration“ – vorgesehen. Folgt man den Worten des Bundeskanzlers, dann sind angesichts der steigenden Asylzahlen in der Bundesrepublik genau solche Vereinbarungen von großer Bedeutung. Eine Vereinbarung mit dem Irak wäre also ein großer Erfolg für die Regierung und ihren neuen Beauftragten für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP). Der Irak gehört schließlich zu jenen Herkunftsländern, aus denen viele Asylsuchende nach Deutschland kommen. (…) Grundlinie der Bundesregierung sei, „irreguläre Migration zu begrenzen und legale Migrationswege zu ermöglichen“. Die irakische Seite ließ eine Anfrage bisher unbeantwortet. Die Verhandlungen zwischen beiden Ländern starteten bereits vor ein paar Monaten. Die Details, die nun offenbar festgezurrt wurden, sind auch NDR und WDR nicht bekannt. Der Recherche zufolge soll es beiden Seiten aber um eine umfassende Kooperation gehen, die sich nicht nur auf das Thema Rückführungen in den Irak beschränkt, sondern auch um erleichterte legale Einreisen für Iraker nach Europa. (…)
    In der Vergangenheit sind Abschiebungen in den Irak immer wieder daran gescheitert, dass es Probleme mit der Feststellung der Identität oder Staatsangehörigkeit gab – hier wollen beide Länder besser zusammenarbeiten, heißt es. Ende 2022 lebten in Deutschland laut Bundesinnenministerium rund 35.000 ausreisepflichtige Iraker. Etwa 32.000 von ihnen waren geduldet – und davon wiederum mindestens 7900 wegen fehlender Reisedokumente. Im Jahr 2022 sind lediglich 471 irakische Staatsangehörige aus Deutschland abgeschoben worden, die meisten davon in Drittländer. Lediglich 77 Personen wurden direkt in den Irak zurückgebracht. 907 wiederum kehrten in dem Jahr freiwillig zurück und nahmen dafür staatliche Förderung in Anspruch. Diese Statistiken spielen in dem Austausch zwischen Deutschland und dem Irak eine große Rolle.
    Lage im Irak weiter kritisch
    Dass die Zahlen von Rückkehr und Abschiebungen bisher niedrig liegen, hat nicht nur mit der bislang schlechten Zusammenarbeit zu tun, sondern auch mit der Lage im Irak: Dem zuletzt im Oktober 2022 aktualisierten Asyllagebericht des Auswärtigen Amtes zufolge sind staatliche Stellen „nach wie vor für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich“. Die in der Verfassung verankerten Rechte und Grundfreiheiten würden zudem „nicht umfassend gewährleistet“, heißt es in dem vertraulichen Bericht, den NDR und WDR einsehen konnten. Laut dem Bericht seien Folter zur Erzwingung von Geständnissen, willkürliche Festnahmen und Entführungen durch irakische Sicherheitskräfte verbreitet. Darüber hinaus gehe von bewaffneten Milizen eine Bedrohung für die Bevölkerung aus. Auch seien „sehr viele Kinder und Jugendliche (…) durch Gewaltakte gegen sie selbst oder gegen Familienmitglieder stark betroffen“. Religiöse Minderheiten leiden laut dem Bericht unter „weitreichender faktischer Diskriminierung“. Der irakische Staat kann demnach „den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen
    „…“ Beitrag vom 17.05.2023 in tagesschau.de externer Link von Manuel Bewarder, Amir Musawy und Reiko Pinkert, NDR/WDR
  • Weiter aus dem Beitrag vom 20. November 2019 von und bei Pro Asyl externer Link: „… Auch die finnische Berufungsinstanz bestätigte die Ablehnung. Ein folgenschwerer Fehler. Statt auf seine Abschiebung zu warten, unterschrieb der Vater eine »Freiwilligkeitserklärung« und verließ mit Unterstützung der IOM Finnland Ende November 2017. Einen Monat später war er tot. Erschossen, mit drei Schüssen auf offener Straße. Die finnische Regierung bestritt überhaupt zur Verantwortung gezogen werden zu können – schließlich hätte er einen Haftungsausschluss im Rahmen der »freiwilligen Rückkehr« unterschrieben. Ein Staat kann nur für Menschenrechtsverletzung verantwortlich sein, so Finnland, wenn die Abschiebung von ihm vollzogen worden wäre. (…) Der EGMR ließ dieses Argument nicht gelten. In dem Fall sei klar, dass der Vater Finnland nicht verlassen hätte, wäre er nicht ausreisepflichtig gewesen. Damit war seine Entscheidung nicht »freiwillig«, nicht seinem freien Willen entsprungen. Es war lediglich eine Wahl zwischen einer Abschiebung und einer von IOM organisierten Rückkehr. Angesichts dieser Tatsache, spielt auch der unterschriebene Haftungsausschluss keine Rolle…“ 
  • Für Deutschland gilt sogar die staatliche Verpflichtung zum Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 GG. Danach haftet eigentlich die staatliche Gewalt grundsätzlich für die Folgen von Abschiebungen (zumindest, wenn man das GG ernst nimmt).
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=157760
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