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Frankreich: Gelbwesten reichern Nationalfeiertagsparade an. Bürgerliche Medien beschwören Sicherheitsbedrohung und vermischen Proteste mit algerischer Fanmobilisierung
„… Nun ist der 14. Juli ursprünglich ein Tag der Erinnerung an die Anfänge der bürgerlichen Revolution, die ab 1792 in eine zumindest teilweise soziale Revolution überging; doch wandelte die französische Bourgeoisie ihn in den letzten Jahrzehnten in einen Tag der Militärparade um. (Noch in den 1950er Jahren demonstrierten die französische KP, die übrige Linke und die organisierte Arbeiterbewegung an diesem Tag im Jahr, doch dies ist längst Geschichte…) Allein, in diesem Jahr waren so einige Leute dabei, denen es nicht gar so gefiel, wie Emmanuel Macron es gerne haben wollte. Jener hatte am Vorabend – 13. Juli 19 – noch stolz-wie-Erich verkündet, dass Frankreich nun auch ins Wettrüsten im Weltraum eintrete, eine eigene Kommandozentrale dafür einrichten und seine Luftwaffe (bisher: Armée de l’air, also „Armee der Luft“) in naher Zukunft in „Luft- und Raum-Armee“ umbenennen werde. (…) Doch aus Anlass der Militärparade auf den Champs-Elysées fanden sich auch einige Männer und Frauen ein, denen die ganze Macron-Politik nicht ganz so gefiel. Wohlweislich hatten diese Menschen, die zum Gutteil der heterogenen Protestbewegung der „Gelbwesten“ angehören, keine solchen – also gelbe Westen – angezogen, denn damit wären sie angesichts der massiven Kontrollen nicht weit gekommen. Doch ließen einige von ihnen unverschämterweise gelbe Luftballons aufsteigen. Auch musste Staatspräsident Emmanuel Macron sich einige Pfiffe anhören – das Pfeifkonzert war nicht jenes Konzert, das er bestellt hatte. Daraufhin fuhr ein Einsatzleiter der Polizei glatt aus der Haut, verlor jegliche Beherrschung und wollte unter den Augen der Kameras auf einzelne Demonstrierende eindreschen. Vor allem jedoch wurde eine Reihe von Personen, darunter bekannte Exponenten der heterogenen Protestbewegung wie Eric Drouet (der als relativ draufgängerisch bekannte LWK-Fahrer ), der Krankenpfleger Maxime Nicolle sowie Jérôme Rodrigues – ein bereits älterer Herr, dem im Zuge der Proteste im Frühjahr 19 ein Auge ausgeschossen wurde – am Rande der Parade festgenommen und in Polizeigewahrsam gesteckt. (…) 282 Festnahmen nach der Qualifikation der algerischen Fussballmannschaft…“ Artikel von Bernard Schmid vom 15.7.2019 – wir danken!
Frankreich: Gelbwesten reichern Nationalfeiertagsparade an. Bürgerliche Medien beschwören Sicherheitsbedrohung und vermischen Proteste mit algerischer Fanmobilisierung
Wäre Emmanuel Macron ein Bayer, hätte er vielleicht am gestrigen Sonntag (14. Juli) ungefähr wie folgt reagiert: Jo Zefix no amol, jezzet homms mür a no dös Fescht vasaut, die Saubandn, die elendige! Zum Teifi!
Nun ist Monsieur Macron allerdings kein Bayer, in der Regel drückt sich der französische Staatspräsident nicht ganz so rustikal aus, und des Bayerischen ist er auch nicht mächtig (…der Verfasser dieser Zeilen auch nicht übermäßig). Wahrscheinlich behielt er seine Reaktion sogar für sich. Doch begeistert war er sichtlich nicht ob des Verdrusses, welchen ihm die Protestbewegung der „Gelbwesten“ erneut bereitete, noch dazu am französischen Nationalfeiertag.
Nun ist der 14. Juli ursprünglich ein Tag der Erinnerung an die Anfänge der bürgerlichen Revolution, die ab 1792 in eine zumindest teilweise soziale Revolution überging; doch wandelte die französische Bourgeoisie ihn in den letzten Jahrzehnten in einen Tag der Militärparade um. (Noch in den 1950er Jahren demonstrierten die französische KP, die übrige Linke und die organisierte Arbeiterbewegung an diesem Tag im Jahr, doch dies ist längst Geschichte…)
Allein, in diesem Jahr waren so einige Leute dabei, denen es nicht gar so gefiel, wie Emmanuel Macron es gerne haben wollte. Jener hatte am Vorabend – 13. Juli 19 – noch stolz-wie-Erich verkündet, dass Frankreich nun auch ins Wettrüsten im Weltraum eintrete, eine eigene Kommandozentrale dafür einrichten und seine Luftwaffe (bisher: Armée de l’air, also „Armee der Luft“) in naher Zukunft in „Luft- und Raum-Armee“ umbenennen werde. (Vgl. bspw.: https://www.youtube.com/watch?v=060Va67o-rY und https://www.bfmtv.com/mediaplayer/video/emmanuel-macron-annonce-la-creation-d-un-commandement-militaire-de-l-espace-22-1175093.html ) Geld spielt keine Rolle, meine Herren…! Wer wird denn da auch knausern wollen?
Doch aus Anlass der Militärparade auf den Champs-Elysées fanden sich auch einige Männer und Frauen ein, denen die ganze Macron-Politik nicht ganz so gefiel. Wohlweislich hatten diese Menschen, die zum Gutteil der heterogenen Protestbewegung der „Gelbwesten“ angehören, keine solchen – also gelbe Westen – angezogen, denn damit wären sie angesichts der massiven Kontrollen nicht weit gekommen. Doch ließen einige von ihnen unverschämterweise gelbe Luftballons aufsteigen. Auch musste Staatspräsident Emmanuel Macron sich einige Pfiffe anhören – das Pfeifkonzert war nicht jenes Konzert, das er bestellt hatte (vgl. bspw. https://www.youtube.com/watch?v=6O2PyqTc2aU oder https://www.bfmtv.com/mediaplayer/video/14-juillet-emmanuel-macron-hue-au-debut-de-son-passage-sur-les-champs-elysees-1175132.html )
Daraufhin fuhr ein Einsatzleiter der Polizei glatt aus der Haut, verlor jegliche Beherrschung und wollte unter den Augen der Kameras auf einzelne Demonstrierende eindreschen (vgl. https://www.youtube.com/watch?v=WvYUhaClv88 oder https://www.dailymotion.com/video/x7d8qax )
Vor allem jedoch wurde eine Reihe von Personen, darunter bekannte Exponenten der heterogenen Protestbewegung wie Eric Drouet (der als relativ draufgängerisch bekannte LWK-Fahrer), der Krankenpfleger Maxime Nicolle sowie Jérôme Rodrigues – ein bereits älterer Herr, dem im Zuge der Proteste im Frühjahr 19 ein Auge ausgeschossen wurde – am Rande der Parade festgenommen und in Polizeigewahrsam gesteckt. (Vgl. https://actu.orange.fr/france/gilets-jaunes-eric-drouet-maxime-nicolle-et-jerome-rodrigues-en-garde-a-vue-en-marge-du-defile-du-14-juillet-magic-CNT000001hcagZ.html und https://www.parismatch.com/Actu/Societe/14-Juillet-Maxime-Nicolle-et-Jerome-Rodrigues-figures-des-gilets-jaunes-en-garde-a-vue-1637036 ) Dabei hat die Staatsgewalt jedoch ein Problem: Gegen mehrere der Betreffenden hatte man schlicht nichts vorliegen, es sei denn, dass ihre Gesichter bekannt waren. Mehrere der Betreffenden trugen nicht einmal einen gelben Luftballon bei sich. So musste auch die Staatsanwaltschaft am Abend Nicolle und Rodrigues ohne Anklageerhebung und ohne weiteres Ermittlungsverfahren freilassen. Hingegen behielt sie Drouet vorläufig noch, da gegen ihn wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt ermittelt werde.
Was immer man auch inhaltlich von der Politik der einzelnen Protagonisten im Näheren halten mag – Eric Drouet fiel im Laufe der Protestbewegung eher durch verbalradikale Ankündigungen („wir marschieren in den Elyséepalast“, ab morgen „unbefristeter Generalstreik“) denn durch strategische Finesse auf, man muss ihm jedoch Courage und Bereitschaft zum Engagement zuerkennen -, so muss klar sein, dass solcherart präventive Festnahmen einen bedenklichen Eingriff, ja einen Skandal darstellen. Erfolgten diese doch offenkundig infolge irgendeines vermuteten späteren Verhaltens, jedoch eindeutig nicht infolge realer Handlungen, die bereits vorgekommen wäre. Ein solches Vorgehen der Staatsmacht ist auf keinen Fall hinzunehmen.
Insofern erfolgten sofort Reaktionen aus verschiedenen Ecken der Opposition, etwa aus der radikalen Linken (vgl. die Reaktion der „Neuen Antikapitalistische Partei“ NPA: https://npa2009.org/communique/14-juilllet-interpellations-preventives-de-gilets-jaunes-stop-lautoritarisme ), aber auch aus der stärker staatstragenden Linken wie LFI (Wahlplattform „Das unbeugsame Frankreich“ unter Jean-Luc Mélenchon); allerdings auch aus der extremen Rechten in Gestalt des RN / Rassemblement national, die ihrerseits vermutet, noch ein paar Aktien innerhalb der politisch heterogenen Protestbewegung der „Gelbwesten“ drin‘ zu haben (vgl. AFP-Meldung zur Reaktion ihres Sprechers: http://www.lefigaro.fr/flash-actu/14-juillet-coquerel-et-chenu-denoncent-les-arrestations-d-opposants-politiques-20190715 ).
Diese – präventiven – Festnahmen erfolgten nur zwei Tage nach massiver Polizeigewalt plus Verhaftungen anlässlich einer Protest- und Besetzungsaktion der Sans papiers oder „illegalisierten“ Einwanderer vom vorigen Freitag, den 12. Juli 19; wir werden näher berichten, vgl. einstweile eine linksgewerkschaftliche Reaktion (v. Solidaires) dazu: https://solidaires.org/Stop-a-la-repression-des-sans-papiers-Liberation-des-interpelles und das Dossier im LabourNet Germany
Im Laufe des Tages kam es noch bis in den Spätnachmittag hinein – mindestens bis nach 17 Uhr – zu Scharmützeln auf den Champs-Elysées (auf eben jener „Prachtmeile“ hatten sich auch die Militärparade und die Gelbballonproteste abgespielt). Dabei spielte dann allerdings auch die massiv zur Verstärkung herbeieilende autonome und „insurreaktionalistische“ Szene eine Hauptrolle. Insgesamt wurden auf den Champs-Elysées an diesem Tag mindestens 180 Personen vorübergehend festgenommen. (Vgl. bspw. https://www.lci.fr/police/en-direct-14-juillet-a-paris-incidents-sur-les-champs-elysees-des-gilets-jaunes-drouet-nicolle-rodrigues-interpelles-2126973.html )
Am Vorabend – Samstag, den 13. Juli 19 – hatte es bereits „Gelbwesten“- (in diesem Falle nicht Gelbballon-) Demonstrationen in Paris und anderen französischen Städten gegeben, allerdings mit begrenzter Beteiligung. (Eine insgesamt nette und anschauliche Serie von Photos wurde hier veröffentlicht: https://www.flickr.com/photos/119524765@N06/albums/72157709625489517 ), wobei allerdings an einer Stelle das Help, Russia!-Transparent der Wladimir, hilf!-Fraktion (zur Auswahl stehen: Rechtsextreme oder Totalverstrahlte mit oder ohne Alumiumhütchen?) negativ hervorsticht. Auch solche Töne und Individuen zählen, seuf! Riesenseufzer!, ebenfalls mit zum heterogenen Spektrum der „Gelbwesten“. Ach, würden sie doch nur einmal mit russischen Lohnabhängigen über „Rentenreform“ oder 60-Stunden-Wochen-Diskussion unter ihrem geliebten Väterchen Wladimir ernsthaft diskutieren;)
Amalgam & Algerien
Bürgerliche französische Medien amalgamierten (Amalgam = französisch- u. englischsprachiger Ausdruck für eine unzulässige Vermischung und Verquickung) im weiteren Verlauf des Sonntag eifrig die „Gelbwesten“-Proteste mit der neuen „Bedrohung“, die da für den Abend dräuend am Horizont heraufzog: algerische Fußballfans! Halbfinale im Afrika-Cup (CAN: Coupe d‘Afrique des nations)! Mitsamt Ankündigung, auf die Champs-Elysées zu ziehen. Hülfä…
Tatsächlich muss man der vollständigen Information halber hinzufügen, dass nicht sämtliche Fans der Nationalmannschaft Algeriens sich im Vorfeld tadellos verhielten. Anlässlich des Viertelfinales war es, als Trittbrettphänomen am Rande von Freudenfeiern, zu illegaler nächtlicher Selbstbedienung und Gratis-Einkäufen am Rande der Champs-Elysées und kleineren Ausschreitungen gekommen. (Vgl. https://www.rtl.fr/actu/justice-faits-divers/champs-elysees-des-magasins-pilles-lors-d-un-rassemblement-apres-la-victoire-de-l-algerie-7798022678 )
Hubschrauber kreisten am frühen Abend über der Stadt, während um 20.28 – 20.29 Uhr über die Whatsapp-Diskussionsgruppen von pariser „Gelbwesten“-Zusammenschlüssen und. Linksradikalen Sozialprotestforen Nachrichten liefen wie diese: „Gelbwesten, BB (= d.h. schwarzer Block), DZ (= d.h. Autokennzeichen für Algerien, in der Landessprache Djazair) und ALLE BANLIEUES: Treffpunkt heute Abend auf den Champs-Elysées!“ Auch hier mag das kritische Auge bzw. Hirn von einem Amalgam sprechen, da sich mutmaßlich nicht alle angesprochenen Gruppen automatisch in einem „gemeinsamen Kampf“ wiedererkennen dürften. Zumal der Aufruf an die Algerier/innen in diesem Falle nicht einem politischen Anlass galt – wie bei den jeden Sonntag Nachmittag in Paris stattfindenden Anti-Algerienregime-Kundgebungen mit einer Beteiligung in fünfstelliger Personenzahl-Höhe -, sondern den politisch jedenfalls unbestimmteren Freudenfeiern über die Qualifizierung der algerischen Fußballmannschaft. (Auch wenn es einen Zusammenhang gibt: Die Fußballstadien bildeten in Algerien Jahrzehnte hindurch die stärkste Oppositionspartei, und die derzeit auf Demonstrationen in Algier vorgetragenen Sprechgesänge von Abordnungen aus den Stadien zeugen von einem durchaus hohen Bewusstsein und Sprachwitz bei vielen der Betreffenden.)
Vollständig unzulässig wurde die Vermischung jedoch, als seitens der Staatsmacht immer stärker in dieses Gesamtbild auch noch hineingerührt wurde, dass es Mitte voriger Woche – am Abend des Viertelfinales – im südfranzösischen Montpellier zu einem tödlichen Auffahrunfall kam, bei dem eine 42jährige Mutter starb, ihre 17jährige Tochter leicht und ihr einjähriges Mädchen schwer verletzt wurden.
Seitdem betonte die bürgerliche Presse immer wieder, es handele sich um einen Fan der algerischen Mannschaft, welcher im Zuge des Freudentaumels (nach deren Viertelfinale-Sieg) durch die Stadt gerast sein. Kleines Problem: Der Fahrer war Franzose und Marokkaner und hat im Polizeiverhör selbst angegeben, das Fußballspiel sei ihm wurscht gewesen, er sei auf dem Weg zu einer Freundin gewesen. Und das Opfer war selbst Marokkanerin. Die örtliche Staatsanwaltschaft behauptet jedoch, es gebe Widersprüche in den Aussagen des jungen Mannes – nicht zum Unfallhergang, sondern zur Frage seiner Stellung zum Spiel der algerischen Mannschaft. Es sei unklar, ob er dieses nun im Fernsehen angeschaut habe oder nicht. Tatsächlich kommuniziert die Staatsanwaltschaft Montpellier nun primär zur Frage des Fan- oder Nicht-Fan-Seins des Unfallfahrers und zum algerischen Spiel, nicht zum Unfallvorgang (vgl. bspw.: https://actu.orange.fr/france/accident-mortel-apres-la-victoire-de-l-algerie-la-vitesse-manifestement-excessive-en-cause-procureur-CNT000001hbjGN.html )
Am Wochenende demonstrierten mehrere Hundert Menschen aus Solidarität mit den Unfallopfern, die verletzte 17jährige verlas – sichtlich bewegt, wie auch Fernsehbildern zu entnehmen war – einen Text. Den Betroffenen war es dabei (zu Recht) sch…egal, ob der Unfallfahrer nun für das Spiel der algerischen Fußballer zu begeistern war oder nicht; die Teilnehmer/innen an dem Trauer- und Gedenkmarsch erklärten, „jeden Abend“ würden gefährliche Fahrszenen beobachtet, und die Stadtverwaltung solle endlich, endlich einen Geschwindigkeits-Stopper an der gefährlichen Stelle hinbauen, doch bislang habe diese das sträflich versäumt. (Es würde sicherlich weniger Geld kostet als ein Weltraum-Armee.) (Vgl. http://www.lefigaro.fr/flash-actu/famille-fauchee-a-montpellier-300-personnes-a-un-rassemblement-de-soutien-20190714 )
Am Sonntag Abend kam es dann noch zur Qualifikation der algerischen Auswahl (2:1 gegen Nigeria), nachdem französische Faschisten ostentativ einen Sieg Nigerias gegen ihren historischen Hauptfeind – Stichwort Algerienkrieg 1954/62 – herbeigefleht hatten (vgl. http://sport24.lefigaro.fr/football/can/fil-infos/can-2019-heros-de-l-algerie-mahrez-repond-a-un-elu-du-rn-sur-twitter-965925 ). Gegen Mitternacht strömten die Menschen in familiärer, weitgehend angenehmer – der Autor dieser Zeile war dabei – Atmosphäre auf die Straßen. Ab zwei Uhr kam es jedoch zu Reibereien mit der Polizei. In der Nacht kam es in Paris zu 282 Festnahmen. (Vgl. bspw. https://www.cnews.fr/sport/2019-07-15/la-can-2019-en-direct-282-interpellations-en-france-apres-la-victoire-de-lalgerie ) Selbst die handzahme französische Sozialdemokratie beschwerte sich darüber, dass man seitens der Staatsmacht die Sache ausschließlich als „Sicherheitsproblem“ wahrgenommen und entsprechend behandelt habe (vgl. AFP-Meldung: http://www.lefigaro.fr/flash-actu/victoire-de-l-algerie-faure-ps-regrette-une-reponse-purement-securitaire-20190715 ) Nun, so was kommt von so was…
Artikel von Bernard Schmid vom 15.7.2019 – wir danken!