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Wie sich die ungarische Rechtsregierung trotz allem hält

Ungarn: 20.000 in Budapest gegen Orbans Schulpolitik im Februar 2016„… Ende vergangenen Jahres wurde trotz heftiger Proteste ein neues Gesetz verabschiedet, das die Anzahl der erlaubten Überstunden von 250 auf 400 im Jahr erhöht. (…) Das Gesetz sei notwendig, um die Auswirkungen des akuten Fachkräftemangels zu beseitigen, hieß es zur Begründung. Tatsächlich sieht sich Ungarn in den letzten Jahren mit einer Knappheit an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern konfrontiert, die vor allem in der exportorientierten Industrie Stellen besetzen könnten. Diese Krise fällt noch viel drastischer aus als etwa in Deutschland, und es gibt dafür zwei Hauptgründe: Zum einen weigert sich die rechtspopulistische Regierung bekanntlich, auch nur im Ansatz eine kontrollierte Einwanderung „aus fremden Kulturkreisen“ als Möglichkeit in Erwägung zu ziehen. Zum anderen sind seit der Wirtschaftskrise rund 600 000 oft gut ausgebildete Ungarinnen und Ungarn ins europäische Ausland ausgewandert. Das sind mehr als zehn Prozent der Staatsangehörigen im berufstätigen Alter. Grund dafür ist wiederum die Tatsache, dass die Löhne und Gehälter nicht nur in absoluten Zahlen, sondern selbst kaufkraftbereinigt bei Weitem nicht dem entsprechen, was man für ähnliche Jobs in Westeuropa verdienen kann. Einem Bericht der europäischen Statistikbehörde Eurostat zufolge kostete eine durchschnittliche ungarische Arbeitsstunde 2017 kaum zehn Euro. In Deutschland mussten die Arbeitgeber gut 34 Euro dafür ausgeben – bei Lebenshaltungskosten, die vielerorts durchaus vergleichbar mit denen in den Großstädten Ungarns sind. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass etwa VW Anfang des Jahres Gehaltserhöhungen von 18 Prozent akzeptieren musste, damit die Gewerkschaft AHFSZ ihre Protestaktion bei der Audi-Motorenfabrik in Győr beendete und die Produktion in Ingolstadt wieder aufgenommen werden konnte. „Selbst nach diesem Sieg verdienen die Mitarbeiter mehr als dreimal weniger als ihre deutschen Kollegen“, kommentiert Zoltán László, Vizepräsident der Gewerkschaft Vasas, die Arbeitnehmer in der Metall- und Autoindustrie vertritt. Aus der Perspektive der Regierung stellen die günstigen Arbeitskräfte einen der wichtigsten Gründe dar, die den Standort Ungarn so attraktiv für Investoren aus Mittel- und Westeuropa machen. Zusammen mit sehr niedrigen Unternehmenssteuern und großzügigen Förderungen oder Vergünstigungen trugen diese seit dem EU-Beitritt 2004 dazu bei, dass zahlreiche Industriekonzerne, vor allem deutsche Autohersteller, ihre Produktionsstätte hierher verlegt haben oder dies beabsichtigen. So gab etwa BMW Mitte letzten Jahres bekannt, voraussichtlich 2023 ein nagelneues Werk in Debrecen, nah an der rumänischen Grenze, eröffnen zu wollen…“ – aus dem Beitrag „Gebrochene Versprechen“ von Silviu Mihai in der Ausgabe 2/2019 von Mitbestimmung externer Link über die (nicht nur) wirtschaftlichen Gründe der starken Position der ungarischen Rechtsregierung

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=149157
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