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Bundeswehr in Afrika: Breitet sich aus – und ruft Widerstand hervor
Dossier
„… In Niger, Kamerun und Tunesien sind jeweils bis zu zwei Dutzend deutsche Soldaten ohne Parlamentsbeschluss aktiv – und es soll sich auch um Spezialeinheiten handeln. Kampfschwimmer werden genannt und man muss vermuten, dass es sich um Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) aus Calw in Baden-Württemberg handelt. In der geheimen Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Parlaments kam es zu einer kritischen Debatte, wenn man die Quellen des RND zugrunde legt. Es liegt nun an der Friedensbewegung und den Bürgern und Bürgerinnen, diese Kritik zu untermauern und dafür zu sorgen, dass Bundeswehrsoldaten nicht im Geheimen und ohne demokratische Kontrolle außerhalb des NATO-Gebiets und Europa in Einsätze gehen…“ Beitrag „Deutsche Soldaten gehen am Bundestag vorbei in Afrika in Einsatz“ von Jens Wittneben am 16. Mai 2019 bei der Informationsstelle Militarisierung (IMI-Online Standpunkt 20/2019). Siehe zur Bundeswehr mit Weltauftrag und Kritikern, aber ohne Parlament, weitere Beiträge, darunter einen Demonstrationsbericht aus dem Niger:
- Militarisierte Standortpolitik. Was nach zehn Jahren Militäreinsatz in Mali krachend gescheitert ist, soll nun im Niger wiederholt werden
„… Das Militär soll es richten. Wieder einmal. Was nach zehn Jahren Militäreinsatz in Mali krachend gescheitert ist, soll nun im Niger wiederholt werden. Mit einem als „EU Partnership Mission Niger“ bezeichneten Einsatz, soll ab 2023 europäische Militärunterstützung in einem der am ärmsten gemachten Länder der Welt geleistet werden. Der Einsatz verfolgt drei Ziele, die klingen, wie aus der Werkzeugkiste imperialistischer Diskursfragmente gezogen: Kampf gegen den Terrorismus, Kampf gegen die Migration nach Europa und Absicherung der Uran-Minen, die französische Atomkraftwerke am Laufen halten. Der Ressourcenhunger Europas will weiter befriedigt werden, doch die Folgen der imperialen Produktions- und Lebensweise sollen bitte draußen bleiben. Migration soll mit dem Einsatz von Militär abgeblockt und nigrische Truppen beim Kampf gegen den Terrorismus ausgebildet werden, einem Phänomen das als Folge imperialistischer Interventionen massiv verstärkt worden ist. Ausgerechnet in einem sich stetig verschlechternden Dauerzustand, in dem „die Menschen im Niger mit Armut, Hunger, Dürre oder Überschwemmungen als Folge des Klimawandels zu kämpfen haben, kündigt die EU eine Militärmission an“, sagt Azizou Chehou, Koordinator des von medico international unterstützen Alarm Phone Sahara-Netzwerks. Die Initiative Alarm Phone dokumentiert Menschenrechtsverletzungen und organisiert Rettung für Menschen, die auf ihrem Weg in den Norden in der Sahara-Wüste feststecken. (…) Dass die EU mit diesem Einsatz plane, Migration weiter zu bekämpfen, klinge für ihn wie ein Albtraum: „Wir leben in einer Welt, in der ihre schwächsten Bewohner:innen zurückgelassen werden, während die Mitgliedsländer der EU Privilegien genießen. Ich habe das Gefühl, dass die EU-Bürger:innen Supermenschen sind in dem Sinne, dass sie auf dieser von uns allen geteilten Erde volle Rechte haben, im Gegensatz zu Menschen aus Ländern wie dem Niger, die keinerlei Schutz erfahren. Die Welt wird von Heuchlern angeführt, die andere zum Hungertod verdammen. Sie sorgen dafür, dass wir verelenden und dann dürfen wir dem noch nicht einmal entfliehen. Jede militärische Zusammenarbeit, sei sie auch nur ‚Mission‘ genannt, ist eine neue Strategie der Rekolonisierung unserer Länder, die nicht mehr selbst über ihr Schicksal und ihre Ressourcen bestimmen können.“ (…) Im Juli 2022 unterzeichnete die EU-Grenzschutzagentur Frontex und EUCAP Sahel Niger in Anwesenheit des nigrischen Innenministers eine neue „operative Partnerschaft zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität“. Auch hier mit dem alleinigen Ziel Migration nach Europa zu erschweren. „Die Militarisierung und die Vervielfachung von Kampfeinsätzen gegen den Terrorismus und die so genannte ‚irreguläre Migration‘ schaffen für uns, die Menschen in der Sahelzone, nur noch mehr Unsicherheit“, sagt Moctar Dan Yaye, der bei Alarm Phone Sahara mitarbeitet. „Ich bin entsetzt, wenn ich die Lastwagen, beladen mit tonnenschweren Waffen, regelmäßig durch unsere Städte fahren sehe. Die Antwort für den Niger und die Sahelzone liegt nicht im Militärischen. (…) Die geplante EU-Militärmission wird die Situation dort nur verschlimmern.“ Beitrag von Kerem Schamberger vom 7. Dezember 2022 bei medico international - „Bundeswehr: Vier Kommandos ohne Mandat“ von Marc Bebenroth am 14. Mai 2019 in der jungen welt hebt unter anderem hervor: „… Bereits am Freitag hatte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin auf Nachfrage erklärt, dass die Bundeswehr-Soldaten »auf Einladung der nigrischen Regierung dort, im Rahmen der Ertüchtigungsinititative der Bundesregierung« im Einsatz seien. Ihre Mission diene »zur Ausbildungsunterstützung« und damit unter anderem dem Aufbau einer »Schule für Spezialkräfte«. Der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, Frank Fähnrich, erklärte, dass es für diese Einsätze kein Mandat brauche, da Bundeswehr-Angehörige nicht in eine »bewaffnete Unternehmung« im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes einbezogen würden. »Es geht nicht um einen exekutiven Auftrag. Einen solchen haben die Soldaten nicht und sie nehmen nicht an einem solchen teil«, sagte Seibert…“
- „Ohne Mandat in Nigers Wüste“ von Dominic Johnson am 16. Mai 2019 in der taz unterstreicht: „… Berichten zufolge trainieren seit Mai 2018 Kampfschwimmer der Bundesmarine nigrische Soldaten an militärischen Karten und Kommunikationsmitteln. Sie seien zur Eigensicherung bewaffnet. Da keine Einbeziehung in Kampfhandlungen zu erwarten sei, bewege sich der Einsatz „unterhalb der Mandatsschwelle“, soll die Bundeswehr dem Verteidigungsausschuss des Bundestages erläutert haben. Es sei eine „Ausbildung eher rudimentärer Art“. Die Einschränkung, dass keine bewaffneten Auseinandersetzungen zu erwarten seien, gilt aber auch für den Bundeswehreinsatz zur Ausbildung der Armee Malis – und den beschließt der Bundestag. Nun soll der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Mandatierungspflicht klären. Niger ist ein enger Partner Deutschlands. Die Logistik für das Bundeswehrkontingent der UN-Mission in Mali mit Standort Gao läuft über Nigers Hauptstadt Niamey, auf deren Flughafen Deutschland eine Luftwaffenbasis mit etwa 50 deutschen Militärangehörigen aufgebaut hat…“
- „»Die Bundeswehr muss sofort aus Mali abziehen«“ am 08. Mai 2019 bei marx21.de war ein Gespräch von Ava Matheis mit Christine Buchholz in dem die Linken Vertreterin im Verteidigungsausschuss unter anderem betont: „… Die malische Armee ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Um ein Beispiel zu nennen: Im Juni letzten Jahres musste das Verteidigungsministerium in Bamako einräumen, dass in der Region um Mopti in Zentralmali Massengräber entdeckt worden sind. An diesem Tag haben malische Soldaten eine Reihe von Personen festgenommen. Alle, die nicht zur Ethnie der Peuls gehörten, wurden freigelassen. Die 25 Peuls wurden ermordet und dann im Massengrab verscharrt. MINUSMA hat in der Folge einen Bericht verfasst, der weitere vergleichbare Fälle dokumentiert. Insgesamt wurden schon 12.000 malische Soldaten ausgebildet. Das hat nicht verhindert, dass sich in Zentralmali ein völlig neuer Konfliktherd entwickelt hat, in den malische Soldaten verstrickt sind. Bei dem letzten fürchterlichen Massaker am 23. März in dem Ort Ogossagou sind 157 Menschen getötet worden, darunter laut Unicef 46 Kinder. Beteiligt waren Berichten von Überlebenden zufolge mindestens ein gutes Hundert bewaffnete Männer, gekleidet in der Tracht der traditonellen Jäger der Ethnie der Dogon, begleitet von einem Dutzend Uniformierter. (…) Wenn die Bundeswehr sagt, sie bilde die malische Armee aus, ist das nur die halbe Wahrheit. Zugleich macht sie sich selbst fit, international unter schwierigen klimatischen Bedingungen zu agieren. Das unternehmerfreundliche Handelsblatt kommentierte anlässlich des Besuchs von Kanzlerin Merkel in Mali und Niger, dass es in der Sahelzone auch darum geht, sich ein Stück weit von der amerikanischen Militärsupermacht zu emanzipieren und zu lernen, »selbständig Interessen durchzusetzen«. Das bringt es gut auf den Punkt: Es geht nicht um die malische Bevölkerung, sondern um »militärische Glaubwürdigkeit« und die geostrategischen Interessen des deutschen Kapitals…“
- „Niger: „Nieder mit den ausländischen Truppen““ am 19. März 2019 bei Izindaba war ein Bericht über einen hierzulande unbeachtet gebliebenen Protest: „… Im Niger haben am 16.3.2019 rund tausend Menschen gegen die Anwesenheit ausländischer Truppen aus westlichen Staaten demonstriert. Sie folgten in der Hauptstadt Niamey dem Protestaufruf eines Bündnisses zivilgesellschaftlicher Gruppen und skandierten: „Nieder mit den ausländischen Truppen!“ Die Initiator*innen erklärten, die ausländische Truppenpräsenz untergrabe die Souveränität ihres Landes und trage nichts zur Verbesserung der Sicherheitslage bei. Die Republik Niger grenzt ausschließlich an Krisenstaaten und liegt in einer Region, die als Operationsgebiet jihadistischer Gruppen akut gefährdet ist. Zudem ist Niger ein wichtiges Transitland für afrikanische Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa. Die deutsche Verteidigungsministerin hatte im November einen Lufttransportstützpunkt der Bundeswehr in Niamey eröffnet. Die deutschen Soldaten unterstützen von dort aus die UN-Mission MINUSMA und die EU-Mission EUTM im Nachbarland Mali – vor allem im Bereich Transport…“