„Skandal“: Abschiebe-Anstalt Pforzheim härter als der Knast
Dossier
„Seelsorger und Flüchtlingshelfer kritisieren Missstände in der Abschiebehaftanstalt in Pforzheim. Dort seien die Bedingunen härter als in der Strafhaft. Dabei seien die Inhaftierten keine Straftäter. Heftige Kritik an den Zuständen in der Abschiebehaftanstalt Pforzheim haben Flüchtlingshelfer und Seelsorger geübt. Den Flüchtlingen werde ihr Recht auf ein offenes Beratungsangebot verweigert und sie würden in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt, erklärten Vertreter von Flüchtlingsverbänden und Kirchen am Mittwochabend. Außerdem gebe es keine ausreichende medizinische und psychologische Betreuung. (…) Die Abschiebehaftanstalt Pforzheim ist die einzige Einrichtung dieser Art in Baden-Württemberg. Am Samstag soll in der Stadt gegen das Gefängnis und eine Kundgebung der Partei „Die Rechte“ demonstriert werden.“ Beitrag vom 10. Mai 2019 beim Migazin – am 11.05.2019 findet in Pforzheim die Demonstration „100 Jahre sind genug – Abschiebehaft abschaffen!“ und gegen den zeitgleichen Aufmarsch der Partei „Die Rechte“ statt. Siehe auch weitere Aktionsorte von 100 Jahre Abschiebehaft – Kampagne startet ins Aktionsjahr 2019 und nun den Bericht und die weitere Entwicklung:
- Pforzheim am 5.10.19: Menschenrechtler fordern Aufklärung über Gewalt in Abschiebehaft – Aktionstag vor dem Gefängnis
„… Menschenrechtler fordern eine schnelle Aufklärung über die Gewalt gegen Flüchtlinge in der Pforzheimer Abschiebehaftanstalt. Nachdem Geflüchtete von Übergriffen des Personals und verhängter Einzelhaft berichtet hatten, sei im Mai eine Petition beim baden-württembergischen Landtag eingereicht worden, teilte das Antirassistische Netzwerk Baden-Württemberg (AntiRa) am Mittwoch mit. Die Unterzeichner wollen, dass die Petition, für die weiter Unterschriften gesammelt werden, bei der nächsten Ausschusssitzung am 10. Oktober beraten wird. Außerdem sei am Samstag (5. Oktober) vor dem Gefängnis ein Aktionstag geplant. Derzeit befinde sich wieder ein Geflüchteter in Einzelhaft, sagten die an der Anstalt tätigen Seelsorger am Mittwoch auf Anfrage des „Evangelischen Pressedienstes“, die nicht namentlich genannt werden wollen. Ein Geflüchteter habe ihnen berichtet, dass er seit einigen Tagen in „Isolationshaft im Bunker“ sei, in einer Zelle ohne Tageslicht. Den Seelsorgern zufolge habe er sich außerdem nackt ausziehen müssen, wegen angeblicher Suizidgefahr. (…) Immer wieder kritisieren Flüchtlingshelfer und Seelsorger die Zustände in der Abschiebehaftanstalt in Pforzheim. Sie kritisieren etwa eine mangelnde medizinische und psychologische Betreuung, fehlende offene Beratungsangebote sowie die Einschränkung der Religionsfreiheit…“ Meldung vom 4. Oktober 2019 von und bei MiGAZIN , siehe dazu:- Nach angeblichen Menschenrechtsverletzungen: Netzwerk demonstriert vor Abschiebegefängnis
„Vor dem Abschiebegefängnis in Pforzheim haben am Samstag rund 50 Menschen gegen die dortigen angeblichen Misstände demonstriert. Zu dem Protest hatte das Antirassistische Netzwerk Baden-Württemberg aufgerufen. Seelsorger berichten von unmenschlichen Bedingungen in der Haftanstalt. So soll sich ein Geflüchteter nackt in Isolationshaft in einer Zelle ohne Tageslicht befinden. Zugang zu Telefon oder Internet habe er nicht. Das meldet das Antirassistische Netzwerk Baden-Württemberg, allerdings ohne Namen zu nennen, da die Seelsorger anonym bleiben wollen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe bestreitet auf SWR-Anfrage, dass es eine Isolationshaft in Pforzheim gebe, konkretisiert aber: „Sofern in der Abschiebungshafteinrichtung Untergebrachte das Zusammenleben in der Einrichtung beeinträchtigen oder eine Gefahr für sich selbst oder andere darstellen, werden diese engmaschig kontrolliert und ihr sonst freier Zugang innerhalb der Abschiebungshafteinrichtung auf einzelne Einrichtungsbereiche beschränkt.“…“ Meldung vom 5.10.2019 beim SWR , siehe auch einen Bericht bei pz-news.de - Abschiebehaft abschaffen! Isolation durchbrechen! Kommt zum Aktionstag am Sa. 5. Okt. 2019 nach Pforzheim
„Wir beginnen ab 11 Uhr. Unterstützt den Aufbau ab 10 Uhr. In Pforzheim sind unschuldige Menschen im Gefängnis. Sie hatten nicht die richtigen Papiere, sie hatten ihr Recht auf Bewegungsfreiheit und Freizügigkeit in Anspruch genommen. Allein deshalb sind sie in Haft, teilweise monatelang. Gefangene, die nicht bereitwillig alles unterschreiben, protestieren oder auch nur ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen, werden mit Isolationshaft innerhalb des Gefängnisses bestraft. Dafür gibt es gesonderte Zellen. Die Isolierten haben keinen Kontakt mit anderen Gefangenen. Sie müssen Anstaltskleidung tragen, dürfen weder duschen noch die Wäsche wechseln. Während der Isolation bekommen sie nichts, um die Zeit zu verkürzen, Kein Buch, keine Zeitschriften, keine Gebetskette, kein Radio – nichts. Und sie wissen nicht, wie lange sie in Isolationshaft bleiben müssen. Das können schon mal acht zermürbend lange Tage werden. Abschiebe- und Isolationshaft müssen aufhören! Mit einer Veranstaltung rund um den Abschiebeknast in Pforzheim wollen wir, wenn auch nur für kurze Zeit, die Isolation der Menschen im Knast durchbrechen. Wie schon am 11.Mai wollen wir mit Gefangenen Kontakt aufnehmen und unsere Solidarität zeigen…“ Aufruf vom 13. September 2019 auf der Website des Antirassistischen Netzwerks Baden-Württemberg
- Nach angeblichen Menschenrechtsverletzungen: Netzwerk demonstriert vor Abschiebegefängnis
- Gewalt gegen Geflüchtete im Pforzheimer Abschiebegefängnis nach dem 11. Mai 2019: Offensichtlich wenig Interesse an Aufklärung! Obwohl DRINGLICHKEIT bestand! Die Betroffenen (Zeugen) abgeschoben?
„bislang hat der Petitionsausschuss von Baden-Württemberg unsere Eingabe zur ‚Aufklärung der Gewalt gegen Geflüchtete im Pforzheimer Abschiebegefängnis nach dem 11. Mai 2019‘ nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Das Innenministerium hat noch keine Stellungnahme abgegeben. Möglicherweise wird der Petitionsausschuss erst am 10. Oktober 2019 darüber diskutieren. Der Vorgang zeigt sehr deutlich das Desinteresse politisch Verantwortlicher an einer Aufklärung der Gewalt gegen Geflüchtete im Pforzheimer Abschiebegefängnis nach der Demonstration gegen die Abschiebehaft ‚100 Jahre Abschiebehaft sind genug‘ am 11. Mai 2019 in Pforzheim. Wir haben mit der Eingabe der Petition eine unabhängige Anhörung und die Aussetzung der Abschiebungen von Betroffenen, die zur Klärung der Vorfälle beitragen können, beantragt. Auch dazu haben wir bislang keine Nachricht vom Petitionsausschuss erhalten. Wir gehen mittlerweile davon aus, dass die Betroffenen (Zeugen) abgeschoben wurden. Wir werden mit der Petition unsere Forderung nach Abschaffung der Abschiebehaft weiterverfolgen und haben die Sammlung der Unterschriften bis in den Oktober 2019 verlängert. Vielleicht kommen noch weitere Unterschriften hinzu. Im Oktober 2019 werden wir sicherlich zu einer weiteren Aktion gegen die Abschiebehaft aufrufen.“ Meldung von Antirassistisches Netzwerk Baden-Württemberg vom 23.7.2019
- Petition für die Aufklärung der Gewalt gegen Geflüchtete im Pforzheimer Abschiebegefängnis nach dem 11. Mai 2019
„Mit der Eingabe dieser Petition stellen wir den Antrag auf 1.-) eine sofortige Untersuchung der polizeilichen Übergriffe am 11.05.2019 und der nachfolgenden Sanktionen (insbesondere der Einzelhaft) gegen inhaftierte Geflüchtete in der Abschiebehaft in Pforzheim 2.-) eine unabhängige Anhörung der Betroffenen und die Aussetzung der Abschiebungen von Betroffenen, die zur Klärung der Vorfälle beitragen können 3.-) die Abschaffung der Abschiebehaft in Baden-Württemberg. (…) Am 11. Mai 2019 fand im Rahmen der bundesweiten Aktionstage ‚100 Jahre Abschiebehaft sind genug!‘ in Pforzheim eine Demonstration statt. Vor dem Abschiebegefängnis fand eine Kundgebung statt. Aus einem Fenster meldeten sich Geflüchtete. Sie machten auf ihre Situation aufmerksam. Ein Gefangener nahm per Handy Kontakt mit der Kundgebung auf. Er schilderte kurz seine persönliche Situation. Das Gespräch wurde über die Lautsprecheranlage übertragen. Den Protest an einem Fenster, den Anruf eines Geflüchteten und die Kundgebung gegen die Abschiebehaft scheint höchstwahrscheinlich der Anlass für die Gefängnisverwaltung gewesen zu sein, gegen Geflüchtete in der Haft vorzugehen. Mittlerweile ist bekannt, dass Geflüchtete gefesselt und mindestens drei Tage in ihre Zellen eingesperrt wurden. Sie konnten nicht duschen und durften die Küche nicht benutzen. In der Nacht auf Montag klopften einige Personen an ihre Türe. Sie wurden in einen sogenannten ‚Bunker‘ gebracht und trugen Anstaltskleidung. Sie durften auch dort nicht kochen, der Handykontakt auch zum Anwalt war verboten, sie konnten keinen Kontakt zu anderen Gefangenen aufnehmen, sie durften nicht duschen und mussten auf einem Steinbett schlafen. Zusätzlich zu den eingangs erwähnten Anträgen, beantragen wir: Solange die Abschiebungshaft noch nicht als Instrument abgeschafft ist, fordern wir die Landesregierung auf, folgende Mindeststandards zu gewährleisten…“ Petition vom Antirassistischen Netzwerk Baden-Württemberg bei openPetition an den Landtag von Baden-Württemberg
- Pforzheim am 11.05.2019 – Antirassistische Demonstration – massive Repression – Roter Teppich für Antisemiten – 800 Menschen bei Gegenprotest
„Im Rahmen des bundesweiten Aktionstages gegen Abschiebehaft haben etwa 100 Menschen an einer antirassistischen Demonstration in Pforzheim teilgenommen. Die Behörden und Polizei reagierten mit massiver Repression gegen Abschiebehäftlinge. Ein kompletter Stadtteil wurde von einem Großaufgebot der Polizei für den antisemitischen Protest der Nazipartei Die Rechte abgesperrt. Etwa 800 Menschen protestierten gegen den Naziaufmarsch. Am Vormittag des 11.05.2019 organisierte das Antirassistische Netzwerk Baden Württemberg eine Demonstration zum Abschiebegefängnis in Pforzheim. Etwa 100 Menschen beteiligten sich an dieser. Auf der Demonstration wurde die Abschiebehaft an sich kritisiert. Menschen werden in Gefängnissen eingesperrt, von ihren Familien getrennt. Der einzige Grund, ihnen wird ein Bleiberecht verwehrt. (…) Schon im Vorfeld der Demonstration wurden Menschen aus den Zellen in Straßennähe verlegt, um eine Kontaktaufnahme mit den Demonstrierenden zu unterbinden. Am Bahnhof wollte die Polizei alle Demonstrierenden im Vorfeld kontrollieren. Mit Aussagen, es sollen Demonstranten von normalen Bürgern getrennt werden, wurde das Feindbild klar gestellt. Ein Anwalt konnte die rechtswidrige Maßnahme unterbinden. Während ein Redebeitrag eines Inhaftierten auf den Lautsprecherwagen übertragen wurde und einige Mithäftlinge den Kontakt über die Fenster zur Außenwelt hersatellen konnten, stürmten mehrere Polizeitrupps in den Knast und versuchten die Kontaktaufnahmen zu unterbinden. Nach bisherigen Informationen dürfen die Insassen bis Montag ihre Zellen nicht mehr verlassen. Am selben Tag schützte einb Großaufgebot der Polizei mit etwa 1300 Beamte eine Demonstration der Nazipartei Die Rechte. Ein ganzes Stadtviertel wurde dafür seit den frühen Morgenstunden abgesperrt…“ Bericht vom 12.5.19 der libertaeren gruppe karlsruhe auf ihrem Blog , AntiRa-BaWü bestätig auf Twitter die Repressionen im Abschiebeknast