Wie in Hanau Jugendpolitik gemacht wird: Mit Polizei und Überwachungskameras
„André Müller, Einsatzleiter bei der Stadtpolizei, kann auf drei großen Bildschirmen den Marktplatz, Freiheitsplatz und Platanenplatz sehen, fast jeden Quadratzentimeter. Die Bilder laufen nebenbei, während Müller andere Arbeiten erledigt. Doch wenn Hektik ausbreche, merke er das, sagt Müller. Die 28 Kameras „liefern gestochen scharfe Bilder“, erklärt Thorsten Wünschmann, Leiter des Ordnungsamts. Man kann auch nach dem Zurückspulen so heranzoomen, dass Gesichter klar zu erkennen sind. Seit einem Jahr ist die 700.000 Euro teure Anlage in Betrieb, Wünschmann zieht ein positives Fazit: Hanau sei so sicher wie noch nie, auch dank der Kameras. Der Kritik der Gruppe Datenschützer Rhein-Main an der Überwachung hält er entgegen, die Stadt halte hohe Vorgaben ein und lösche die Daten nach zehn Tagen, wenn kein Hinweis auf Straftaten vorliege. (…) Mehrere Sozialarbeiter, die mit der Situation in Hanau vertraut sind, aber anonym bleiben möchten, üben scharfe Kritik am Vorgehen der Stadt. Einer von ihnen sagt: „Fast alle Maßnahmen, die seit 2017 ergriffen wurden, sind repressiv – letzten Endes auch das Haus des Jugendrechts. Auch die Kameras und Kontrollen sind keine echte Prävention.“ Es brauche eine intensive und langfristige Jugendarbeit, vor allem in der City und in den Abendstunden. „Gerade sogenannte schwierige Jugendliche brauchen einen Ort, an dem sie willkommen sind, und Ansprechpartner, denen sie vertrauen.“ Dass die erfassten Fälle geringer geworden sind, sei kein Grund zur Entwarnung, mahnt er. Hanau habe ein größeres Problem mit Jugendkriminalität als zum Beispiel Fulda…“ – aus dem Beitrag „Jugendkriminalität in Hanau: Sozialarbeiter kritisieren repressive Maßnahmen der Stadt“ von Gregor Haschnick am 26. April 2019 in der FR online über polizeistaatlichen Alltag in einer etwas ärmeren bundesdeutschen Stadt.