Mit dem Grundeinkommen gegen Armut und soziale Ungleichheit?
„… Die Debatte um ein bedingungsloses Grundeinkommen ist in den letzten Jahren weltweit in Schwung gekommen. Angesichts der fortschreitenden digitalen Automatisierung und dem absehbaren Verlust vieler Millionen Arbeitsplätze, sehen viele darin ein ideales Instrument, um die sozialen Folgen dieser Entwicklung aufzufangen und das Einkommen stärker von der Erwerbsarbeit zu entkoppeln. (…) Die eigentliche Revolution in Sachen Grundeinkommen findet aber zur Zeit in Indien statt. Im Januar dieses Jahres kündigte die Regierung des indischen Bundesstaates Sikkim an, allen 600.000 Einwohnern von 2022 an ein bedingungsloses Grundeinkommen zu zahlen. Das sei kein Projekt und kein Experiment, betonten Vertreter der regierenden Sikkim Demokratic Front (SDF), sondern die reguläre Einführung eines BGE. (…) Finanziert werden soll es durch die Abschaffung des größten Teils der indischen Sozialprogramme. Das würde insbesondere das indische System der Nahrungsmittelsubventionen betreffen, aber beispielsweise auch das wichtige ländliche Beschäftigungsprogramm „Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Scheme“, das jedem ländlichen Haushalt mindestens 100 Arbeitstage pro Jahr zum Mindestlohn garantieren soll. Letzteres ist für viele ländliche Arme die einzige Möglichkeit, durch Arbeit etwas Geld zu verdienen. (…) Die Politik kann mit dem Grundeinkommen eine Antwort auf die Armut geben, während sie gleichzeitig den strukturellen sozialen Probleme ausweicht. Ein BGE wird beispielsweise die indischen Kleinbauern nicht davor bewahren, weiter von ihrem Land verdrängt und schließlich als „Überflüssige“ noch weiter an den Rand der Gesellschaft abgeschoben zu werden. Es wird ihnen nicht dabei helfen, ihren Rechten und ihren Interessen besser Geltung verschaffen zu können. So bietet das Grundeinkommen offenbar keine Abkürzung im Kampf um ein menschenwürdiges Leben für alle. In einer umfassenden Strategie, in der die strukturellen Ursachen von Armut und sozialer Ungleichheit angegangen werden, könnte es sich aber als sinnvoller Baustein erweisen.“ Beitrag von Gabriela Simon vom 15. April 2019 bei Telepolis