Mehr Polit-Ökonomie – auch in den weltwirtschaftlichen Dimensionen einer vorhandenen Globalisierung – wagen. Perspektiven vor der Europawahl

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 10.4.2019 – wir danken!

Schau`n wir doch einmal, ob und wie es auf dem EU-China-Gipfel (am 9.4.) mit der Weltwirtschaftsordnung weitergehen kann – und ob Europa – das so vielstimmige – einen „produktiven“ Beitrag dazu leisten kann. (https://www.tagesschau.de/ausland/eu-china-gipfel-113.html externer Link) China macht Zugeständnisse (https://www.zeit.de/news/2019-04/09/china-macht-vor-gipfel-mit-eu-spitzen-zugestaendnisse-190409-99-743373 externer Link). Und wie wird das Verhältnis „Partner und Konkurrent“ austariert werden? (https://www.deutschlandfunk.de/eu-china-gipfel-partner-und-konkurrent.1766.de.html?dram:article_id=445874 externer Link)

Aber man sucht auch Gemeinsamkeiten – und China hat an einem „Zweifrontenkrieg“ kein Interesse. (https://www.tagesschau.de/wirtschaft/eu-china-gipfel-113.html externer Link) Das Handelsvolumen zwischen beiden Ökonomien ist wohl zu groß, als dass man ohne einander auskommen könnte, und so bewegt sich auch China – und es kommt zu einer gemeinsamen Abschlusserklärung. (https://www.sueddeutsche.de/politik/eu-china-gipfel-bruessel-handel-1.4403021 externer Link)

Aber bei mehr Demokratie hören die Gemeinsamkeiten auf:

Demonstranten wollten vor gut vier Jahren – wenigstens für Hongkong – mehr Demokratie – (https://www.fr.de/politik/protestdorf-erschoepften-11172459.html externer Link) und nun werden die Aktivisten „wegen Verschwörung zur Störung der öffentlichen Ordnung“ verurteilt. (https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-525499.html externer Link) Das Gesetz dafür stammt aus der Kolonialzeit. (https://www.abendblatt.de/politik/ausland/article216874397/Hongkong-Fuehrer-der-Regenschirm-Bewegung-veruerteilt.html externer Link)

Und wie einig wird Europa unter dem gemeinsamen Dach ihrer Währung sein?

Jedenfalls unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bezüglich der Selbstfindung von Euro-Europa da schon einen Anfang gewagt. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/treffen-auf-bellevue-euro-fan-im-schloss-1.4400943 externer Link)

Es ist alles nicht unbedingt neu – aber die Politik hat die Angewohnheit, schwierige Probleme unter den Tisch fallen zu lassen – nur wer sammelt sie dort und bringt sie wieder auf den Tisch? Nur wenns dann kracht? Und einfach „nicht mehr weiter“ geht? – Aber wer hat dann noch das Gedächtnis, wie die vorgeschlagenen Lösungen alle gingen – oder gar, wie man sie organisieren kann?

Man war ja in fest „eingefahrenen Gleisen“, das andere – vielleicht bessere – Entwicklungsmöglichkeiten einfach „aussparte“ (weg“schloss“?) … deshalb ist diese Problemschau um einiges erweitert wieder! Aber dennoch immer entlang „neuer“ aktueller Thematisierungen in der Politik und entsprechend in den Medien.

Und wo steht Europa vor der Europa-Wahl – auch mit dem Euro, fragt sich wenigstens einmal der Bundespräsident? (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/treffen-auf-bellevue-euro-fan-im-schloss-1.4400943 externer Link, vgl. dazu auch „Was gehört alles dazu, wenn ein gemeinsames – eben anderes – Europa angepeilt wird?“: https://www.labournet.de/?p=146774)

So „rollt“ da noch einiges an polit-ökonomischen Problemen auf uns zu, was meist noch kaum angedacht und erst recht nicht zu Ende gedacht bzw. gar gebracht worden ist.

Ein bedeutendes Beispiel aus der Wirtschaftsgeschichte: England marktliberal gegen Deutsches Reich staatlich gestützt – Adam Smith gegen Friedrich List?

Zunächst möchte ich einfach noch auf den Samstags-Essay (Wirtschaftsteil) in der Süddeutschen Zeitung von Alexander Hagelüken („Wie Kaiser gegen Queen“) hinweisen (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/samstagsessay-wie-kaiser-gegen-queen-1.4397607?reduced=true externer Link), der sich wiederum wohl auf einen Aufsatz von Harold James, Markus Brunnermeier und Rush Doshi über „Pekings Bismarck`scher Geist“ stützt. (https://twq.elliott.gwu.edu/beijing%E2%80%99s-bismarckian-ghosts-how-great-powers-compete-economically externer Link)

Die Börsianer (= Finanzmärkte) waren diese Woche optimistisch. Sie hofften auf einen Deal im US-Chinesisichen Handelsstreit, der dann wieder die Aktienkurse beflügelt. Doch die Verhandlungen brachten wieder nichts außer neue großartige Ankündigungen von Donald Trump. (Aber er hofft weiter: https://www.handelsblatt.com/dpa/wirtschaft-handel-und-finanzen-trump-hofft-auf-baldigen-durchbruch-im-handelsstreit-mit-china/24185136.html externer Link)

Abseits jedoch der kurzfristigen Kalkulationen der Finanzmärkte sind die Aussichten wenig berauschend. Zwar glauben immer noch viele Beobachter, dass sich die weltgrößten Wirtschaftsmächte irgendwie einigen. Dann wird es die Frage, wie lange das halten würde.

US-Präsident Trump will seine Strafzölle nur langsam abbauen. Das muss der Regierung in Peking missfallen. Zudem wird Trump unter Druck geraten, weil er selbst mit einem Deal seine öffentlich verkündeten Ziele verfehlen dürfte: Weder wird das Handelsdefizit mit China klar abnehmen – noch der Diebstahl geistigen Eigentums. (https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/diebstahl-geistigen-eigentums-donald-trump-china-bussgeld externer Link)

So unklar also die Vorteile von Trumps aggressiven Vorgehen sind, so eindeutig sind schon heute ihre Schäden. Global lähmt diese Unsicherheit die Unternehmen, bilanziert Robert Azevedo,(http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/wto-senkt-prognose-fuer-welthandel-drastisch-a-1260854.html externer Link)

Chef der Welthandelsorganisation WTO: Die ganze Welt verliert.

Der globale Warenaustausch wächst in diesem Jahr nur um 2,6 Prozent – kaum mehr als halb so viel wie 2017. Exportnationen wie Deutschland werden das besonders spüren – wenn auch noch nicht jetzt.

Aber bedroht ist – im Prinzip – noch viel mehr: Das ganze System offener Wirtschaft, das der Westen auf den Trümmern des 2. Weltlkrieges aufbaute. (das jetzt nach der Finanzkrise 2008 f. ein enormes Plus war gegenüber der Nationalisierung der Wirtschaftspolitiken nach der Weltwirtschaftskrise 1929 f.) Was jetzt Donald Trump anrichtet, ist ohne Beispiel: 2018 verhängten er oder Staaten in Reaktion auf ihn Strafzölle auf ausländische Produkte für 500 Milliarden Dollar. So viel zählte die WTO noch nie. Die Bürger des Westens haben sich daran gewöhnt, dass der Freihandel ihnen Wohlstand bringt. doch in Wahrheit sind offene Grenzen keine Selbstverständlichkeit, sondern historische Ausnahmen.

Alexander Hagelüken erklärt deshalb, die Amerikaner müssen schon sehr verzweifelt sein, wenn sie einen Wüterich wie Trump auf diesem offenen Weltwirtschaftsmodell rumtrampeln lassen, das sie selbst nach 1945 aufgebaut haben. Aber ob Amerika jetzt auf einen vernünftigeren Weg einschwenkt hat Bedeutung für die ganze Welt. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/samstagsessay-wie-kaiser-gegen-queen-1.4397607 externer Link)

Die jetzige Konstellation USA versus China erinnert also auch an die Rivalität zwischem britischen Empire und Deutschem Kaiserreich.

Und das zeigt eine bloße Einschüchterungspolitik führt nicht weiter. Diese Konstellation Amerika versus China erinnert den Wirtschaftshistoriker Harold James an die Rivalität von britischem Empire und Deutschem Reich. Er entdeckt da erstaunliche Parallelen – und diese legen nahe, dass Trump mit seiner Einschüchterungstaktik – auch wieder – baden geht.

Zum Aufstieg ihrer jeweiligen Wirtschaft setzten – damals – beide Newcomer auf ähnliche Instrumente, schreiben Harold James Markus Brunneremeier und Rush Doshi in der Zeitschrift „Washington Quarterly“. (https://twq.elliott.gwu.edu/beijing%E2%80%99s-bismarckian-ghosts-how-great-powers-compete-economically externer Link)

Während das Deutsche Reich die britische Dominanz der Meere durch die Berlin-Bagdad-Bahn kontern wollte, attackiert China – heute – die maritime US-Überlegenheit ebenfalls auf dem Landweg: Durch das Projekt einer neuen Seidenstrasse bis nach Europa. (https://www.tagesschau.de/ausland/neue-seidenstrasse-101.html externer Link und noch http://www.spiegel.de/politik/ausland/china-entwicklungsprogramm-neue-seidenstrasse-a-1147588.html externer Link)

Und Industriespionage war den Deutschen – damals – ebensowenig fremd wie heute China, dem jetzt bis zu 80 Prozent des Diebstahls geistigen Eigentums im Amerika vorgeworfen wird.

Industrielle wie Alfred Krupp und Eberhard Hoesch tarnten sich damals wie Adelige, um englische Stahlwerke und Eisenhütten auszukundschaften. Wobei Hoesch einmal nur knapp den Polizisten entkam, die ein britischer Werkchef benachrichtigt hatte.

Ahnlichkeiten existierten auch bei der Rolle des Staates. Großbritannien hielt sich unter Queen Victoria, die bis 1901 sagenhafte 64 Jahre amtierte, weitgehend aus der Wirtschaft heraus. Das Deutsche Reich unter Kanzler Otto von Bismarck und Kaiser Wilhelm II. dagegen setzte – wie heute China wieder – auf Industriepolitik. Das wirtschafts-theoretische Fundament dafür lieferte der Nationalökonom Friedrich List, der erklärte: „Jede verantwortungsvolle Regierung sollte das Wachstum seiner wirtschaftliche Kräfte anregen“ – eine klare Absage an die britische marktliberale Schule a la Adam Smith. (https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_List externer Link) Eine richtige und konsequente Wirtschaftspolitik für ein Land mit einer „nachholenden“ Wirtschaftsentwicklung. (https://de.wikipedia.org/wiki/Nachholende_Entwicklung externer Link)

Konkret bedeutete das: Das Deutsche Reich förderte massiv Exporte, Fusionen – und Technologie. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/samstagsessay-wie-kaiser-gegen-queen-1.4397607 externer Link)

Den technologischen Vorsprung von England, das auf dem Sektor der Telegrafie, dem damaligen Kommunikationsweg, führend war, versuchten die Deutschen durch AEG / Siemens zu knacken – wozu auch gehörte,die britische Technik auszusperren, um die eigenen Firmen groß werden zu lassen.

Die spannende Frage ist jetzt, was man aus dieser historischen Parallele lernen könnte?

Die Antwort des Ökonomen-Trios ist: Kooperation statt Krawall. (https://twq.elliott.gwu.edu/beijing%E2%80%99s-bismarckian-ghosts-how-great-powers-compete-economically externer Link)

Um zu verhindern, dass die Chinesen bei Technologien die Spitze erringen, sollten sich die Amerikaner lieber nicht heute an dem damaligen Empire der Queen orientieren, sondern am deutschen Reich. Das investierte so stark in die Forschung, dass die Deutschen bald doppelt so viele Nobelpreise abräumten wie die Briten.

Die USA dagegen vernachlässigt heute die Unis. – Nur in die Forschung investieren die USA dennoch recht viel – wie Stephan Kaufmann dazwischen rufen kann. (https://www.fr.de/wirtschaft/china-fuehrungsmacht-12149277.html externer Link)

Das gesamte Budget für Forschung und Entwicklung liegt gemäß der französischen Bank Naxitis bei über 500 Milliarden Dollar im Jahr, weiß Stephan Kaufmann dagegen. China erreicht bisher nicht einmal die Hälfte. Zudem halten die USA vier mal mehr Patente als die Chinesen. Kein Wunder also, dass die USA-Regierung den Schutz des geistigen Eigentums zum zentralen Ziel der US-chinesischen Handelsgespräche machen. (https://www.fr.de/wirtschaft/china-fuehrungsmacht-12149277.html externer Link)

Dennoch bleibt dies dann vor allem eine bewahrende Wirtschaftspolitik, was auch schnell zum Fehler werden kann.

Denn: In einigen digitalen Schlüsseltechnologien ist China bereits dabei, an den USA vorbeizuziehen. Im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) hat die Volksrepublik 2018 zweieinhalb soviel Patente angemeldet wie die Vereinigten Staaten, heißt es in einer Untersuchung des China-Institutes Merics. Und in die auch militärische wichtige Quanten-Kryptografie investiere China zehnmal so viel wie die USA. (https://www.fr.de/wirtschaft/china-fuehrungsmacht-12149277.html externer Link)

Wer kann die technischen Standarts der Zukunft setzen?

Deshalb: Um zu verhindern, dass die Chinesen die internationalen technischen Standards der Zukunft setzen, sollten die Amerikaner internationale Kooperationen suchen…

Während nach der Weltwirtschaftskrise in den 1930-er Jahren das Denken in Nationen gestärkt wurde, geht heute Trump nach dem ökonomischen Absturz in der Finanzkrise 2009 ff. Trump wieder den Weg, der schon einmal gescheitert ist und versucht mit „America first“ den Protektionismus aus der Mottenkiste wieder hervor zu kramen.

Oder doch auch noch eine internationale Ordnung wie nach dem 2. Weltkrieg mit Bretton Woods?

Im Unterschied zu Hagelüken, der einfach als Alternative zum Trumpschen „America-first“-Wahn ansonsten weitgehend nur dem Markt frönt – wie es nach der Zerstörung des Bretton Woods-Systems 1973 durch die USA etabliert wurde, ist doch – darüberhinaus – der Weg zu einem internationalen System a la Bretton Woods die bessere „Alternative“.

Es war so maßgeblich, dass die USA nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst mit Bretton Woods (ab 1944) eine internationale Institution schuf, die dann mit der „Freiheit“ für die Finanzmärkte (1973) zu den Krisen führte. (https://stephanschulmeister.wifo-pens.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/FALTER_B_B_09_2018.pdf externer Link pdf)

Damit kommen wir – ohne die Finanzmärkte gänzlich abschaffen zu wollen – doch zu einem Realkapitalismus wieder zurück (selbst wenn dieser Gedanke Alexander Hagelüken noch nicht kommt, der immerhin mit Friedrich List die Rolle des Staates kennt und nicht „verteufelt“)(https://www.forum-makroökonomie.de/t455f6-New-Deal-fuer-Europa-Wiederherstellung-einer-realkapitalistischen-Spielanordnung-Stephan-Schulmeister.html externer Link).

Selbst wenn dadurch noch einige Lernwiderstände bei manchen Eliten überwunden werden müssen. (https://stephanschulmeister.wifo-pens.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/Lernwiderstand_Schulmeister_01_01.pdf externer Link pdf)

Dabei rutscht der Euro immer stärker in eine Schlüsselstellung in dieser Auseinandersetzung der USA mit dem Dollar als „Weltwährung“ gegenüber China – und der übrigen Welt. – Globalisierung ohne Weltwährung bleibt ein fataler Widerspruch –

Heute – 9.4.2019 – definiert die EU auf ihrem EU-China-Gipfel China als „strategischen Gegner – laut der EU-Definition wird China zum „Systemrivalen“. (https://www.fr.de/wirtschaft/china-fuehrungsmacht-12149277.html externer Link)

Unabsehbar werden die Folgen, meint Stephan Kaufmann, wenn Chinas Aufstieg dazu führt, dass der US-Dollar als global – bisher – unzweifelhaft gültiges Geld angezweifelt würde. (Vgl. zur Geschichte des Dollar-Regimes http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/europol_bahl.html – vor allem ab dem Abschnitt „Ein unbedachter Husaren-Ritt in die ökonomische Wüstenei – oder eigentlich doch das Chaos – und „alte“ Abhängigkeiten vom Dollar-Regime“ – sowie von Anfang 2018 noch „Finanzkrisen und kein Ende in Sicht – Die Weltwährungen geraten ins Schwanken – und treten gegeneinader an: auch Euro gegen Dollar?“ (https://www.labournet.de/politik/eu-politik/wipo-eu/finanzkrisen-und-kein-ende-sicht-die-weltwaehrungen-geraten-ins-schwanken-und-treten-gegeneinander-euro-gegen-oder-gar-statt-dollar/))

An der Stelle dieses im Dollar angelegten Widerspruches zwischen dem Dollar als nationaler Währung (mit nationaler Geldpolitik) setzt Stephan Schulmeister ein: Globalisierung ohne globale Währung bleibt ein fataler Widerspruch! (https://stephanschulmeister.wifo-pens.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/ifo_schnelldienst_16_2009.pdf externer Link pdf)

Aber ohne den Dollar als – gleichzeitiger – Weltleitwährung verlören die USA ihre bisherige (finanzielle) Souveränität.

Damit wäre das ganze bisherige globale Finanzsystem erschüttert, das – nach dem Scheitern von Bretton Woods – auf dem Dollar aufbaut – und ihn auch immer wieder als sicheren Hafen braucht. Man erinnere sich an die letzte Finanzkrise, wo die US-Zentralbank es war, die mit der Zusage von unbegrenzten Dollar-Krediten das Weltfinanz-System noch vor dem Zusammenbruch bewahrte. Ein „multilaterales Weltwährungssystem“, wie es Peking vorschwebt, hätte eine derartige Unterstützungs-Sicherheit verloren. (https://www.fr.de/wirtschaft/china-fuehrungsmacht-12149277.html externer Link)

Und wie steht es weiter mit dem Euro und Europa in dieser Auseinandersetzung der Ökonomien?

Deshalb kann noch zur Erweiterung diese Gedankens – in Richtung des Keynesianismus noch ausgeführt werden: Zu diesen Autoren (= zwei von ihnen: Harold James und Markus Brunnermeier) möchte ich nur anmerken, dass sie schon dieses gewaltige Werk des Kampfes der Wirtschaftskulturen zum Euro geschrieben hatten, weil Europa „durch den Rheingraben“ getrennt (= gerade Frankreich und Deutschland) so unterschiedliche Sichtweisen auf das Wirtschaftsgeschehen hat. (Vgl. The Battle of ideas: https://www.labournet.de/?p=109710 oder auch noch https://www.deutschlandfunk.de/euro-der-kampf-der-wirtschaftskulturen-nationales-denken.1310.de.html?dram:article_id=414856 externer Link, nebst vielleicht ergänzend noch vom 24.1.18: https://www.labournet.de/?p=127068 mit 20 Jahre Euro – der Unvollendete 10.1. 19: https://www.labournet.de/?p=142514)

Und für die Autoren gilt, keine dieser -scheinbar jeweils so festgefügten – Wirtschaftsideologien ist in Beton gegossen, sondern kann praxisorientiert den – politischen – Umständen nach neu gefügt werden.

Der deutsche Bundespräsident greift diesen Kampf der Wirtschaftskulturen jetzt aktuell wieder auf.

So wird er zum Wahlhelfer für eine gemeinsame Eurokultur – angesichts „gro-ko-mäßiger“ Perspektivlosigkeit (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/treffen-auf-bellevue-euro-fan-im-schloss-1.4400943 externer Link) und lädt die Gruppe von deutschen und französischen Ökonomen, die zu Beginn des letzten Jahres (vgl. https://www.labournet.de/?p=127068 – und dort vor allem den ersten Absatz: Neuerdings… zu einer gemeinsamen Position von Deutschland und Frankreich… und den nächsten Absatz noch: „Top-Ökonomen…) ein gemeinsames Positionspapier vorgelegt hatten: „Deutschland sollte mehr Risikoteilung akzeptieren“ (https://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/policy/Staff-Comments-in-the-Media/Press-articles-by-staff/Archive/Eigene-Artikel-2017/medienecho_ifostimme-faz-27-09-2017.html externer Link).

Die Sonne hat am Montag in Berlin den Zenit überschritten, als Frank-Walter Steinmeier die renommierten Ökonomen auf seinem Amtssitz auf Schloss Bellevue empfängt. Kaum zu glauben, aber wahr,schreibt Cerstin Gammelin. Steinmeier ist der erste deutsche Amtsträger, der sich dafür interessiert, wie die Ökonomen die traditionell gegensätzlichen Sichtweisen beider Länder – die Deutschen betonen Marktdisziplin, die Franzosen Risikoteilung – zusammengebracht haben. Steinmeiers Interesse ist bemerkenswert, selbst wenn das Konzept nicht mehr taufrisch ist. Denn im Januar 2018 hatten diese deutsch-französischen Ökonomen den gemeinsamen Reformvorstoß gewagt, um den Stillstand bei der Vertiefung der Währungsunion zu überwinden. (http://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/presse/Pressemitteilungen/Pressemitteilungen-Archiv/2018/Q1/press_20180117_Reformkonzept_EWU.html externer Link)

Dabei macht gerade auch Stephan Kaufmann noch einmal klar, dass die Auseinandersetzung der Ökonomien gerade über die Währung – bis heute den Dollar – läuft. (https://www.fr.de/wirtschaft/china-fuehrungsmacht-12149277.html externer Link)

Man hätte damals – Anfang 2018 – annehmen können, dass die Bundesregierung der Ökonomentruppe das gemeinsame Konzept aus der Hand reißen würde, da sie doch gerade mit der Regierung in Paris an einem gemeinsamen Reformkonzept arbeitete. Aber weit gefehlt: Weder im Bundeskanzleramt noch im Bundesfinanzministerium sei man statt auf Begeisterung nur auf Ablehnung gestoßen. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/treffen-auf-bellevue-euro-fan-im-schloss-1.4400943 externer Link)

Aber diese Politik des „Kopf-in-den-Sand-steckens“ ist typisch für Deutschland – auf dem hohen Ross sitzend. Und so wurde der Bundespräsident dann eben jetzt – angesichts der sonstigen Euro-Perspektivlosigkeit in der GroKo – zum europäischen Wahlhelfer.

Ja, was gehört denn alles dazu, wenn ein anderes – nicht allein stagnierend-regressives -Europa angepeilt wird? (Vgl. dazu https://www.labournet.de/?p=146774: „Perspektiven für ein gemeinsames Europa“)

Die weitere Bewegung gegen ökonomischen Dogmatismus.

Nachdem wir schon mit Freude vernommen hatten, dass der Wirtschaftsweise der Gewerkschaften der „pluralen Ökonomik“ zuneigt. (siehe dazu „Widerspruch ist das Erheben des Vernunft über die Beschränkungen des Verstandes“ (https://www.labournet.de/?p=144586) haben wir jetzt die Ehre zu erleben, dass der Berliner Ökonom Sebastian Dullien Chef des gewerkschaftsnahen IMK geworden ist: Deshalb ist des weiteren ein Interview in der Frankfurter Rundschau mit Sebastain Dullien noch lesenswert, der zum 1. April die Nachfolge von Gustav Horn beim IMK angetreten hat. (https://www.wallstreet-online.de/nachricht/11292509-dgb-chef-dullien-chef-forschungsinstituts-imk externer Link)

Und im Interview – von dem ich nur ausschittsweise wiedergebe – sprach er an (https://www.fr.de/wirtschaft/rezepte-gegen-wirtschaftsabschwung-12126381.html externer Link): Der Brexit kann ein Schock werden – wäre aber beherrschbar…
In China könnte nach einer Wachstumspause die wirtschaftliche Entwicklung wieder belebt werden. Allerdings laufen in den USA die Effekte von Trumps Steuersenkungen aus. In Deutschland gibt es für den Staat Optionen bei einer eventuell kommenden Krise gegenzusteuern – es wäre gut, dies in einer konzertierten Aktion zusammen mit den Niederlanden und Frankreich zu machen.
Der Vorschlag von IWF-Chefin Lagarde die Steuern zu senken, ist nicht der effektivste Weg. Und die Abschaffung des Soli käme vor allem den Reichen zugute – und Steuersenkungen würden zur Umverteilung führen, denn die Hälfte der deutschen Haushalte zahlt gar keine Einkommenssteuer.

Die Schuldenbremse ist ein Instrument das Krisen verstärken kann – aber wir müssen uns daran gewöhnen, dass – obwohl die öffentlichen Investitionen auf einem viel zu niedrigen Niveau sind – dass die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert wurde, was kurzfristig wohl nicht änderbar ist. Das kann jedoch durch öffentliche Investitionsgesellschaften austarirert werden.

Im Euro-Raum ist Italien ein ganz großes Problem – und könnte das gesamte Euro-System destabilisieren. Wichtig ist daher jetzt durch Wirtschaftswachstum Populisten den Wind aus den Segeln zu nehmen. (https://www.fr.de/wirtschaft/rezepte-gegen-wirtschaftsabschwung-12126381.html externer Link)

Davon sind inzwischen immer mehr überzeugt:

Und immer stärker wird der Ökonomen-Chor von allen Seiten mit den Zweifeln an der schwarzen Null:

Schwarze Null versus Investitionsoffensive. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/investitionsstau-zweifel-an-der-schwarzen-null-1.4399851 externer Link)

Keine neuen Schulden – so steht es im Koalitionsvertrag. Doch mehr und mehr Ökonomen widersprechen: Deutschland müsse jetzt massiv investieren – und womöglich soagr das Schuldendogma opfern. Und dieser Widerspruch kommt von konservativen wie linken Ökonomen. Eine Schwarze Null versus Investitionsoffensive, so lässt sich die Debatte zusammenfassen, die der neue Chefökonom Jakob von Weizsäcker (SPD) nun auch im Ministerium angeregt hat. Die Schuldenbremse ist zehn Jahre nach ihrer Erfindung nicht mehr unumstritten. Das liegt auch daran, dass sich das wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld geändert haben. Das alte Diktum, dass die Schulden von heute die Steuern von morgen sind, gerät ins Wanken. Stattdessen heißt bes jetzt: Wenn wegen der Nullzinsen Investitionen fast nichts kosten, dem Wachstum aber zusätzliche Impulse geben, finanzieren sich die Schulden praktisch selber.

Ein Kurswechsel ist nicht ausgeschlossen: Die Nullzinsphase wird anhalten, gleichzeitig muss in Deutschland investiert werden. Folgerichtig denkt man im Finanzministerium über eine neue Idee nach: einen Investitionsfonds.

Jedoch trotz all dieser ökonomischen Vernunft will die große Koalition politisch an der schwarzen Null und der Schuldenbremse festhalten. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/investitionsstau-zweifel-an-der-schwarzen-null-1.4399851 externer Link)

Und so werden wir noch gegen diese Denkbarriere gegenhalten müssen. (https://www.labournet.de/?p=131626)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=147279
nach oben