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„Job Fort?“ Bundeswehr sorgt mit Werbeaktion vor Ford in Köln für Kritik – gibt es aber auch für VW!
„… Am Donnerstagvormittag war ein Truck der Bundeswehr vor dem Gelände der Ford-Werke von Tor zu Tor gefahren. Die Aufschrift auf dem Werbebanner auf der Rückfläche in der Typografie des Autobauers: „Job fort – Mach was wirklich zählt“. Der Hintergrund: Ford hat jüngst angekündigt, 5400 Stellen in Deutschland zu streichen, davon 3800 am Standort Köln. Der Abbau soll über Abfindungen und Frühverrentung erfolgen. Hinter den Kulissen laufen zudem Gespräche zwischen Ford und anderen Arbeitgebern wie der Stadt Köln, der Deutschen Bahn und eben auch der Bundeswehr, die Interesse daran haben, Mitarbeiter zu übernehmen. Auch der NRW-Ministerpräsident hat zwar nichts gegen Nachwuchswerbung der Truppe. „Grundsätzlich ist es zwar zu begrüßen, wenn große Arbeitgeber wie die Bundeswehr Perspektiven für die Ford-Mitarbeiter aufzeigen“, teilte er dieser Zeitung mit. „Die Verwendung solcher billigen Werbesprüche ist aber völlig ohne Instinkt in diesen schwierigen Tagen. (…) „Das ist respektlos und beleidigend gegenüber den Mitarbeitern, die sich Sorgen um ihre Zukunft machen“, sagt Betriebsratschef Martin Hennig. Er könne keinem raten, zu einem solchen Arbeitgeber zu wechseln, so Hennig. (…) Vor Kurzen hatte das Verteidigungsministerium bereits vor den Werkstoren von Volkswagen mit einer ähnlichen Aktion geworben. Denn auch der Wolfsburger Autobauer entlässt einige tausend Mitarbeiter. Hier lautetet der Slogan ähnlich bizarr: „Jetzt Job fürs Volk wagen“…“ Artikel von Corinna Schulz vom 5. April 2019 beim Kölner Stadt-Anzeiger online , siehe dazu die IG Metall Köln-Leverkusen und nun die Bundesregierung:
- „Jetzt Job fürs Volk wagen! Mach, was wirklich zählt“ – Die Bundeswehr warb mit Wortspielereien nach Entlassungsankündigungen bei Ford und Volkswagen, die Bundesregierung findet die umstrittene Kampagne „effizient“
„… Vor der Werbeaktion habe zwischen der Leitung von Ford und der Leitungsebene des Bundesverteidigungsministeriums Kontakt gegeben: „Dringende Bitten, die Kampagne zu unterlassen, um die Beschäftigten nicht zusätzlich zu verunsichern, wurden seitens des Ministeriums ignoriert.“ Tobias Pflüger und andere Abgeordnete der Linksfraktion sahen sich veranlasst, deswegen eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zu stellen (BT-Drucksache 19/9694). Die werden gerne als lästige Interventionen mit vorgefertigten Hülsen pariert. Das offenbart aber, wie in der Antwort der Bundesregierung vom 28. Mai dieses Mal, doch auch einen gewissen Einblick in die Denke. Nachdem die Wehrpflicht, so heißt es in der Vorbemerkung, seit sieben Jahren beendet sei, müsse die Bundeswehr wie jeder Arbeitgeber „Maßnahmen der Personalwerbung“ ergreifen. Dabei werde ein „Bild von der Vielfalt der attraktiven beruflichen Möglichkeiten und Perspektiven“ aufgezeigt. Und es gebe da die „Arbeitgebermarke“, also „Mach, was wirklich zählt“, womit junge Interessenten „unter den Aspekten Sinnstiftung und Qualifizierung“ angesprochen werden sollen. Und schließlich würde die Bundeswehr auch ausgebildetem, also älterem Personal der Autohersteller „krisenfeste Jobs und sichere Perspektiven“, das die Bundeswehr bislang nicht als Arbeitgeber wahrgenommen hätte. (…) Gekostet habe die Kampagne ca. 18.000 Euro. Zum Thema Geschmacklosigkeit will sich die Bundesregierung nicht äußern. Man werte „keine derartigen Meinungsäußerungen“, die Bundeswehr wollte niemanden beleidigen, sondern Betroffenen eben eine „attraktive und krisensichere Perspektive“ bieten. Dass eine Tätigkeit bei der Bundeswehr, die zunehmend auf Auslandseinsätze ausgerichtet ist, für den Einzelnen keineswegs nur attraktiv und krisensicher ist, wird natürlich ebenso wenig erwähnt wie irgendein Hinweis darauf, was denn eigentlich wirklich zählt. Man will auf der einen Seite ein ganz normaler Arbeitgeber sein, aber dann doch auch wieder ein ganz besonderer. Die Bundesregierung, hier Peter Tauber bzw. dessen Büro, war jedenfalls sehr zufrieden mit der crossmedialen Kampagne: „Angesichts eines durch Fachkräftemangel gekennzeichneten Arbeitsmarktes“ müsse Werbung „auffallen“. Und das sei – man muss sagen mit Geschmacklosigkeit – gelungen, schließlich habe eine „erhebliche Resonanz auf die Werbeaktion erzeugt“ werden können…“ Beitrag von Florian Rötzer vom 31. Mai 2019 bei telepolis
- IG Metall Köln-Leverkusen: Zynische und verhöhnende Kampagne der Bundeswehr
„Die Bundeswehr hat heute unter dem Titel „JOB Fort?“ eine Anzeige auf der ersten Seite des Kölner Express und auf der Bundeswehr Homepage „Bundeswehrkarriere.de“ geschaltet, die hohe Empörungswellen nicht nur unter den Ford Arbeitnehmern in Köln ausgelöst hat. Dieter Kolsch, I. Bevollmächtigter der IG Metall Köln-Leverkusen: „Stelle gestrichen? Wir stellen ein: in den Bereichen Tech, Office, Logistik und IT. Mach was wirklich zählt. Bundeswehr“- so formuliert es die Bundeswehr auf ihrer Homepage „Bundeswehrkarriere.de“. Eine Verhöhnung der Arbeit und Leistung von vielen tausend Beschäftigten und ihrer Arbeit.“ Die IG Metall Köln-Leverkusen und der DGB fordern von der Bundeswehr eine Entschuldigung bei den Arbeitnehmern der Ford Werke für diesen Zynismus und eine Rücknahme der Anzeige. „Wir fordern eine faire Berichterstattung von den verantwortlichen Medien“, so Dieter Kolsch. (Fort im Logo des Ford-Konzerns) eine unerträgliche Provokation für die um ihre Arbeitsplätze besorgten Ford ArbeitnehmerInnen. Zynisch wird der Arbeitsplatzabbau von Ford missbraucht, um Werbung für Arbeitsplätze bei der Bundeswehr zu machen…“ Pressemitteilung vom 4.4.2019 von und bei IG Metall Köln-Leverkusen
- Gibt es auch für VW – siehe die Kampagnenseite der Bundeswehr: BEREIT FÜR EINEN SPURWECHSEL?
- Siehe im LabourNet-Archiv unsere Rubrik Bundeswehr: Armee der Arbeitslosen