Erhöhung der Asylbewerberleistungen: Die Regierung steht in der Pflicht [denkste! Bezahlkarte!]
Dossier
„… Die Bundesregierung ist gesetzlich verpflichtet, die Asylbewerberleistungen regelmäßig der Teuerungsrate anzupassen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Asylbewerberleistungsgesetzes. Da die letzte Erhöhung über drei Jahre zurückliegt, liegt es auf der Hand, dass der Bedarf längst nicht mehr gedeckt ist. Vor diesem Hintergrund kritisiert PRO ASYL die von Unionspolitikern losgetretene Debatte darüber, ob überhaupt erhöht werden sollte, als verfehlt. Populisten aus der Union versuchen eine Metadebatte darüber zu führen, welche Leistungshöhe im europäischen Vergleich angemessen ist und wie man Ansprüche absenken könnte. (…) Maßstab bei der Bemessung ist der tatsächliche Bedarf, so das Bundesverfassungsgericht verbunden mit dem Hinweis, dass die Menschenwürde migrationspolitisch nicht zu relativieren sei. (…) Einzelne Sozialgerichte haben bereits Asylsuchenden, die den erhöhten Bedarf nun eingeklagt haben, den entsprechenden Betrag zugesprochen und Leistungsbehörden verurteilt, die Differenz nachzuzahlen…“ Pressemeldung von Pro Asyl vom 13. März 2019 – siehe dazu seitdem:
- „Diskriminierend und rassistisch“: Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
„In Thüringen bekommen Geflüchtete inzwischen fast überall den Großteil ihrer Leistungen auf eine Bezahlkarte überwiesen. Das System ist umstritten. Jetzt wird es umgangen – mit einem Kniff.
In mehreren Thüringer Regionen gibt es Aktionen, mit denen die Bezahlkarte für Geflüchtete umgangen werden soll. In Jena und Erfurt wird nach Angaben der Aktion „Abolish Bezahlkarte!“ („Bezahlkarte abschaffen!“) monatlich etwa 15.000 Euro Bargeld an Geflüchtete ausgegeben. Diese hätten zuvor mit ihrer Karte einen Gutschein bei einem Supermarkt eingekauft und abgegeben. In einzelnen Läden und Cafés können Menschen die Gutscheine wiederum kaufen und den Bargeldtopf somit wieder auffüllen. „Die Aktion soll so lange laufen, bis die Bezahlkarte wieder abgeschafft wird“, sagte Nana von der Aktionsgruppe, in die neben den Ortsgruppen Jena und Erfurt der Initiative „Seebrücke“ auch ein Thüringer Netzwerk von Geflüchteten eingebunden ist. (…) Pro Person werden 100 Euro getauscht, erklärte Nana weiter. Es gebe aber auch Ausnahmen. Kontakt gebe es für die Aktion mit Geflüchteten in Sonneberg, Greiz, Arnstadt, Gotha oder Apolda. Außerdem kämen viele Menschen aus der Gemeinschaftsunterkunft Obermehler im Unstrut-Hainich-Kreis. (…)
In Greiz hingegen berichtet das Landratsamt von einer weiteren Initiative, die dort die Bezahlkarte umgehen will. „Kritisch sehen wir, dass durch eine Tauschaktion – dazu noch organisiert – das Bezahlkartensystem ausgehebelt werden soll“, teilte ein Sprecher mit. Es bestehe der Verdacht, dass der Missbrauch staatlicher Leistungen befeuert werden könne. Daher werde geprüft, wie die Tauschaktion unterbunden werden könne. (…)
In Thüringen haben inzwischen alle Kreise eine Bezahlkarte für Flüchtlinge eingeführt. Auch die kreisfreie Stadt Gera hat sich im Oktober angeschlossen. Wie viel Geld jeweils noch bar ausgezahlt wird und wo die Karte gilt, ist teils unterschiedlich geregelt. Politisches Ziel ist unter anderem, Überweisungen in Heimatländer zu unterbinden. Die Städte Erfurt, Jena, Weimar und Suhl hatten zuletzt noch auf eine bundesweite Lösung gewartet.
Die Bezahlkarte ist auch in anderen Ländern und Städten umstritten. In Niedersachsen etwa sind Geldabhebungen auf 50 Euro im Monat begrenzen…“ Meldung vom 18.11.2024 im Migazin - Auch Hessen will „Bezahlkarte“ für Geflüchtete ab Dezember einführen – Tauschbörsen gegen Bargeldlimit in mehreren Städten in Vorbereitung
- Hessen will „Bezahlkarte“ für Geflüchtete schon bald einführen – Die Kritik an dem neuen System reißt nicht ab
„Die sogenannte Bezahlkarte für geflüchtete Menschen soll in Hessen noch in diesem Jahr flächendeckend eingeführt werden, voraussichtlich ab Dezember. Das hat Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) am Mittwoch (6. November) im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Hessischen Landtags mitgeteilt. (…) Wie die SPD-Politikerin ausführte, will das Land die Bezahlkarte noch im Laufe dieser Woche beim Finanzdienstleister Secupay AG endgültig in Auftrag geben. Die ersten Karten könnten dann schon in wenigen Wochen zur Verfügung stehen. Ab einem noch festzulegenden Stichtag solle die Karte, die wie eine EC-Karte funktioniere, zunächst an alle neu in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH) in Gießen ankommenden Geflüchteten ausgegeben werden und in einem weiteren Schritt an Menschen, die bereits länger in dieser Einrichtung leben. (…) Wie bereits angekündigt, wird der Betrag, der als „Taschengeld“ mit der Karte an Bankautomaten bar abgehoben werden kann, nach Hofmanns Angaben auf 50 Euro begrenzt. Diese Summe sei aber nur ein „Orientierungsrahmen“, betonte die Ministerin. Je nach Lage vor Ort und individuellem Bedarf könne mehr Bargeld verfügbar gemacht werden. (…) Zu den Kosten der Einführung der Bezahlkarte konnte Hofmann am Mittwoch keine konkreten Zahlen nennen. Wie teuer das System werde, hänge auch mit der Entwicklung der Flüchtlingszahlen zusammen. Die Kosten für die Einführung und den Betrieb des Kartensystems übernehme das Land, allerdings nicht die Personalkosten, die bei den Kommunen anfielen. Man tue alles dafür, „damit die Kommunen es leicht haben“, sagte Hofmann. (…) Hilfsorganisationen wie „Pro Asyl“ oder der hessische Flüchtlingsrat sehen die Einführung der Bezahlkarte kritisch. Da lange nicht überall bargeldlos bezahlt werden könne, werde die Karte im Alltag massive Probleme verursachen. Es sei zudem diskriminierend, Geflüchteten generell Bargeld vorzuenthalten. Die 50 Euro „Taschengeld“ reichten zudem nicht aus. Das hatte im Juli auch das Hamburger Sozialgericht so gesehen: Im Falle einer dreiköpfigen Familie urteilte das Gericht, die pauschale Begrenzung sei nicht zulässig, weil die individuelle Lebenssituation berücksichtigt werden müsse.“ Artikel von Hanning Voigts vom 7. November 2024 in der Frankfurter Rundschau online - Bezahlkarte: Sozialministerin Hofmann kündigt flächendeckenden Start für Dezember an
Pressemitteilung vom 06.11.2024 bei Hessisches Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales - „Bezahlkarte in Hessen: Weisung des Landes an Kommunen ist raus, wird verpflichtend eingeführt. Übergangszeitraum 6 Monate. Vorerst nur EAE, Personen mit Karte sollen die dann auch nach Zuweisung auf Kommune behalten. Beim Barbetrag sollen sich diese an 50,- orientieren, aber auch Ermessen ausüben.“ Post von Hessischer Flüchtlingsrat am 7.11.24 bei bsky
- Tauschbörse gegen Bargeldlimit: In anderen Bundesländern wurde die Bezahlkarte schon eingeführt. Es gibt Proteste.
„Die Bezahlkarte für geflüchtete Menschen gibt es seit einem halben Jahr bereits in verschiedenen Bundesländern – unter anderem in Bayern und Hamburg. Als Reaktion darauf riefen laut Medienberichten verschiedene Initiativen wie „Offen bleiben München“ oder „Nein zur Bezahlkarte“ in Hamburg zu Aktionen auf, um dem Bargeldlimit der Karte entgegenzuwirken. Auf sogenannten Tauschbörsen können Gutscheine, die mit der Bezahlkarte beispielsweise an Supermarktkassen gekauft wurden, dann gegen Bargeld eingetauscht werden. (…) Die Stimmen aus Hessen, die gegen das Bezahlkartensystem laut werden, seien ebenso schon zu hören. In mehreren hessischen Städten, unter anderem auch in Frankfurt, habe es bereits Treffen von Initiativen gegeben. „Die Bereitschaft ist auf jeden Fall da!““ Artikel von Isabelle Ney vom 06.11.20 in der FR online - [Hamburg] Bezahlkarte: Initiative hilft Geflüchteten wieder an Bargeld zu kommen
„Mit der Bezahlkarte für Asylbewerber will Hamburg Auszahlungen in bar beschränken – eine äußerst umstrittene Praxis. Jetzt sorgt eine Initiative dafür, dass Betroffene wieder an mehr Bargeld kommen. Die Sozialbehörde findet das nicht richtig…“ Meldung vom 04.11.2024 im Migazin
- Hessen will „Bezahlkarte“ für Geflüchtete schon bald einführen – Die Kritik an dem neuen System reißt nicht ab
- [Bundesrat stimmt AsylbLG-Kürzungen zu] Nächster Akt im Theater der Diskriminierung: Minusrunde für Geflüchtete
„Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten, sollen 2025 weniger Unterstützung bekommen. Bei Sozialhilfe und Bürgergeld wird es dagegen »nur« eine Nullrunde geben. Mit der Minusrunde für Geflüchtete setzen Bund und Länder ihre antisoziale Politik auf dem Rücken der Allerschwächsten fort.
Die Bundesregierung ist verpflichtet, die Regelbedarfe für die Sozialleistungen jährlich an die Entwicklung von Preisen und Löhnen anzupassen. Am 18. Oktober 2024, zeitgleich mit der Abstimmung über das Sicherheitspaket im Bundestag, hat der Bundesrat der diesjährigen Verordnung aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zugestimmt. Sie führt jedoch nicht zu einer Steigerung, sondern zur Kürzung der Grundleistungen für Geflüchtete nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Kürzung dürfte vermutlich um die 20 Euro monatlich für eine erwachsene Person betragen.
Die vom BMAS verantwortete und vom Bundesrat beschlossene Verordnung ist die vierte binnen zwölf Monaten, mit der die Verantwortlichen schutzsuchende Menschen tiefer in die existenzielle Not treiben. (…) Als Grund für die Minusrunde gibt das zuständige BMAS an, die aktuelle Neuberechnung des Statistischen Bundesamtes hätte für das Jahr 2025 ein Minus ergeben. Allerdings sehe § 28a Absatz 5 SGB XII einen Bestandsschutz vor, so dass die Bürgergeld- und Sozialhilfe-Regelsätze unverändert bleiben. Für Asylsuchende hingegen bestreitet das BMAS die Anwendbarkeit des Bestandschutzes. (…) Die Minusrunde für Geflüchtete ist ein bislang einmaliger Vorgang. Die Idee jedoch, Geflüchtete über den Hebel der jährlichen Anpassungen zu benachteiligen, ist nicht neu: Das Bundesverfassungsgericht hat die Leistungen nach AsylbLG bereits in seinem wegweisenden Urteil von 2012 als »evident unzureichend« bezeichnet, weil sie, anders als die Sozialhilfe, über viele Jahre nicht an die Preisentwicklung angepasst worden waren und dadurch eine erhebliche Differenz entstanden war. Von 2017 bis 2019 kam es drei Mal in Folge erneut zu gesetzgeberischen Versäumnissen bei der Anpassung…“ Meldung vom 25.10.2024 bei Pro Asyl und dazu:- Leistungsstreichungen für Dublin-Geflüchtete in Kraft, Leistungskürzungen für alle ab 2025
„In diesen Tagen sind mehrere Regelungen zur Verschärfung des AsylbLG veröffentlicht worden. Damit fährt die Ampelkoalition einen Angriff auf die Sozialen Rechte Geflüchteter, der in seinem Ausmaß alle bisherigen Verschärfungen in den Schatten stellt. Selbst die Große Koalition mit Horst Seehofer hat kein so umfassendes Entrechtungsprogramm gewagt. Es ist dies Ausdruck einer dramatischen Verrohung und Radikalisierung der bürgerlichen Mitte, die Schritt für Schritt nun das umsetzt, was die Rechtsextremist*innen schon immer forderten. Nachfolgend eine Zusammenfassung von Claudius Voigt, GGUA…“ Beitrag vom 31. Oktober 2024 beim Flüchtlingsrat Niedersachsen
- Leistungsstreichungen für Dublin-Geflüchtete in Kraft, Leistungskürzungen für alle ab 2025
- So läuft das nicht: Die lange Liste der Probleme mit der Bezahlkarte: nichts als Ärger, Kosten und Arbeit – der Unsinn mit der Bezahlkarte ist zu stoppen
„Die Bezahlkarte für Geflüchtete verursacht Umsetzungsprobleme, sie hat massive negative Folgen für Betroffene und bedeutet absurde Mehrarbeit für die Verwaltungen. Erste Gerichtsentscheidungen verurteilen bereits die zum Teil rechtswidrige Praxis. PRO ASYL appelliert an die Länder und Kommunen, den Unsinn mit der Bezahlkarte zu stoppen. (…) Vielfältige Erfahrungen der ersten Monate zeigen, was passiert, wenn man in Deutschland lebende Menschen von einem regulären Zahlungsverkehr abzuschneiden versucht. Die Liste der Probleme ist lang. (…)
FAZIT: Die Bezahlkarte bedeutet nichts als Ärger, Kosten und Arbeit
Die Bezahlkarte bringt für viele Beteiligte nichts als eine Menge Ärger, Kosten und Arbeit im Alltag. Sie setzt geflüchtete Menschen vielfältigen Zumutungen aus, macht Einkäufe unmöglich oder umständlich, verursacht zusätzliche Gebühren, bringt drohende Verschuldung und nicht zuletzt Aufwand in den Behörden mit sich. Staatlich bezahlte Sozialarbeiter*innen müssen Fragen beantworten, Zahlungsprobleme lösen oder – datenschutzwidrig – private Überweisungsnummern einsammeln.
Zivilgesellschaftliche Initiativen in Hamburg , Nürnberg , München und an immer mehr Orten verhelfen Geflüchteten durch Tausch und Bargeld zum Notwendigsten, auch der politische Widerstand der Initiativen (zum Beispiel in Leipzig ) wächst. Nicht zuletzt beschäftigen sich auch die Verwaltungen mit den diskriminierenden Umständen einer Bezahlkarte. Neben kritischen Stimmen aus der Verwaltung wie z.B. im Ilmkreis haben sich Städte wie Steinfurt oder Münster zum Nutzen der Bezahlkarte kritisch geäußert. Durch die Berücksichtigung von Einzelfallbedarfen wird der kommunale Aufwand noch ansteigen, statt zu entlasten.
Die einzigen Gewinner der Bezahlkarte sind die Kartenverkäufer und die Konzerne Visa Inc. oder MasterCard Inc. Die Kostenlast der Bezahlkarte – in Berlin werden Kosten von fünf Millionen Euro statt wie bisher 366.000 Euro für die Ausgabe der Sozialleistung veranschlagt – trägt der Staat.
Rein gar nichts bringt die Bezahlkarte dagegen für Integration und ein friedliches Zusammenleben. In einer Zeit um sich greifender politischer Polemik, von Angriffen auf Demokratie und Verfassung, wäre das Geld und die Energie, die in die Bezahlkarte fließen, wesentlich besser in Integrationspolitik und Demokratieförderung angelegt. Oder in Investitionen im Bereich Schule und Wohnen. PRO ASYL appelliert an Länder und Kommunen, den Unsinn mit der Bezahlkarte zu stoppen.“ Beitrag vom 09.10.2024 bei Pro Asyl („So läuft das nicht: Die lange Liste der Probleme mit der Bezahlkarte“), siehe auch:- Bezahlkarten: Die Probleme hören nicht mit der Vergabe auf
„Streit, verfehlte Zeitpläne, Gerichtsverfahren: Bei der Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende reihen sich seit einem Jahr unterschiedliche Probleme aneinander. Ein Ende ist nicht absehbar.
Vor einem Jahr hatten die Ministerpräsident:innen der Länder beschlossen, Bezahlkarten für Asylsuchende einzuführen. Seitdem gab es eine gemeinsame Ausschreibung von 14 Bundesländern und jeweils eine eigene von Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. Und vor allem: Klagen, Verzögerungen, Diskussionen und Streit auf vielen Ebenen. Diese Problem-Meldungen wurden nun unterbrochen von der Botschaft: Bald wird es losgehen, die bundesweite Vergabe ist geschafft. Doch ein Ende der Querelen ist damit nicht in Sicht. Eine Übersicht, was bisher passiert ist…“ Beitrag von Anna Biselli vom 07.10.2024 in Netzpolitik
- Bezahlkarten: Die Probleme hören nicht mit der Vergabe auf
- Vorstellung: Initiative gegen die Bezahlkarte Nürnberg
„Wir stellen euch die Initiative gegen die Bezahlkarte Nürnberg vor. Anbei ein Auszug aus dem Selbstverständnis.
Wer wir sind
Wir sind ein Bündnis aus Einzelpersonen, Menschenrechtsorganisationen, Politischen Gruppen und sozialen Interessensvertretungen aus der Region, die sich im Sommer 2024 gegründet hat. Viele von uns sind bereits seit vielen Jahren zivilgesellschaftlich aktiv und arbeiten mit geflüchteten Menschen. An der Initiative gegen die Bezahlkarte Nürnberg beteiligt sind u.a. der Bayerische Flüchtlingsrat und antifaschistischen Gruppen aus Nürnberg.
Unser Selbstverständnis
Wir sind solidarisch mit geflüchteten Menschen und stellen uns gegen eine zunehmend autoritäre politische und gesellschaftliche Atmosphäre, die Asylbewerber:innen kriminalisiert und ausgrenzt. Wir sind überzeugt, dass Menschenrechte Vorrang haben vor einer Politik der Flüchtlingsabwehr und Sozialleistungen nicht zur Abschreckung eingeschränkt werden dürfen. Soziale Probleme bedürfen einer solidarischen gesamtgesellschaftlichen Lösung, die nicht darin bestehen kann, einzelne Bevölkerungsgruppen auszugrenzen.
Initiative gegen die Bezahlkarte Nürnberg. E-Mail: kartentauschnbg@posteo.de …“ Beitrag beim Bayerischen Flüchtlingsrat mit Übersetzungen zum Bezahlkartentausch in Nürnberg, siehe auch:- „Gegen die Menschenwürde“: Nürnberger Initiative gegen die Bezahlkarte für Geflüchtete
„Ein breites Bündnis setzt sich mit kreativen Lösungen gegen die Einschränkungen ein und plant ab Montag eine Tauschinitiative
Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist das umstrittene Projekt der Länder, um Migration zu begrenzen, sie soll abschrecken und Anreize für sogenannte illegale Migration senken, sie soll verhindern, dass Asylsuchende Geld an Familienmitglieder oder gar Schleuser schicken. Immer wieder wird das Modell kritisiert: Denn mit der Karte gehen viele Einschränkungen für Asylsuchende einher. (…) In Nürnberg formiert sich nun Widerstand gegen die Bezahlkarte. Ein Bündnis aus Einzelpersonen, Menschenrechtsorganisationen, politischen Gruppen und sozialen Interessensvertretungen, aus mehreren antifaschistischen Gruppen sowie dem Bayerischen Flüchtlingsrat gründete sich im Sommer – mit dem Ziel, Geflüchteten Solidarität entgegenzubringen. „Wir finden, 50 Euro im Monat sind viel zu wenig und wir finden, jeder soll selbst über das Geld bestimmen können, dass er oder sie bekommt“, heißt es im Selbstverständnis der Initiative. Sie wollen sich „gegen eine zunehmend autoritäre politische und gesellschaftliche Atmosphäre, die Asylbewerber:innen kriminalisiert und ausgrenzt“ stellen. Das Konzept ist denkbar einfach: Asylsuchende kaufen im Vorfeld mit ihrer Bezahlkarte Supermarkt-Gutscheine von Aldi, Lidl, Edeka, Rewe oder DM für maximal 50 Euro. Solidarische Personen kommen mit Bargeld vorbei. Vor Ort wird dann eins zu eins getauscht, es wird überprüft, ob der Betrag auch wirklich auf dem Gutschein ist. Im Grunde sei das eine Lösung, bei der niemand verliert: Denn für Menschen ohne Bezahlkarte ist es ja egal, ob sie bar oder mit Gutschein zahlen. Geflüchtete hingegen genießen mehr Freiheiten beim Wocheneinkauf. Zum ersten Mal wird die Aktion am Montag, 30. September, im Nürnberger Kulturzentrum Desi stattfinden. In unregelmäßigen Abständen soll das Tauschen zudem auch an Infoständen in Nürnberg und Umgebung möglich sein. Das Vorhaben begrüßt der Flüchtlingsrat: „Wir finden solche Initiativen wie die in Nürnberg eine sehr schöne Idee“, es sei eine „praktische, solidarische Lösung“, erklärt Wabra. Zwar dürfe diese „Trickserei“ der Politik nicht gerade gefallen, aber: Dass derartige Initiativen völlig legal sind, wurde schon in anderen Fällen vom Justizministerium bestätigt. Doch auch der Initiative ist klar: Es braucht eine gesamtgesellschaftliche und politische Lösung für das Problem. Sie wollen die Bezahlkarte nicht legitimieren, sondern Betroffene akut und niedrigschwellig unterstützen, explizit wenden sie sich gegen eine „Bezahlkarte mit Bargeldobergrenze, die betroffene Menschen entmündigt und ausschließt“.“ Beitrag von Jannik Westerweller vom 2. Oktober 2024 bei nordbayern online
- „Gegen die Menschenwürde“: Nürnberger Initiative gegen die Bezahlkarte für Geflüchtete
- Sozialleistungen für Geflüchtete auf Null? Strategische Angriffe auf die Verfassung
„Die ständigen Forderungen und Pläne, Sozialleistungen zu streichen, sind ein strategischer Angriff auf die Verfassung und auf ein solidarisches Europa. Das ist Gift für unsere Gesellschaft.
Die Bundesregierung hat mit der Vorstellung eines »Sicherheitspakets« im August 2024 unter anderem angekündigt, Geflüchteten in Dublin-Verfahren die Sozialleistungen drastisch kürzen zu wollen. Tags zuvor war bereits Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit der Forderung völliger Sozialleistungsstreichung »bis auf eine Reisebeihilfe« in den Medien breit rezipiert worden. Der Vorschlag, geflüchteten Menschen selbst die geringste Unterstützung für ihr Überleben zu kürzen oder ganz zu entziehen, reiht sich ein in eine seit Monaten befeuerte faktenarme Sozialleistungsdebatte, von Bezahlkarte bis Bürgergeld. Die politische Umsetzbarkeit, verfassungsrechtliche Zweifel oder gar moralische Skrupel haben keinen Platz in dieser Diskussion. Täglich werden neue Forderungen laut. Unmittelbar nach der Vorstellung des »Sicherheitspakets« forderte Alexander Throm (CDU) eine Ausweitung der angedeuteten Kürzungspläne auf sämtliche geduldete Menschen. Solche Forderungen entbehren nicht nur einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der realen Situation geflüchteter Menschen, sie sind auch sozialpolitisches Gift, weil sie Grundwerte unserer Verfassung angreifen…“ Position von Pro Asyl vom 04.09.2024 , siehe auch:- Asylverschärfungen: Es drohen Hunger und Obdachlosigkeit: Menschen im Dublin-Verfahren sollen systematisch verelenden
„Das, was bisher undenkbar war, ist jetzt Teil eines Gesetzentwurfs : Menschen, für deren Asylverfahren nach den Dublin-Regelungen ein anderer EU-Staat zuständig ist, sollen in Deutschland systematisch verelenden. Ein Ausschluss von sämtlichen Leistungen des AsylbLG soll dazu führen, dass selbst existenziellste Grundbedürfnisse wie Unterkunft, Verpflegung und medizinische Behandlung normalerweise gar nicht mehr, sondern nur noch in außergewöhnlichen Ausnahmefällen sichergestellt werden. Dabei wird auch keine Rücksicht darauf genommen, ob es sich um besonders schutzbedürftige Personen handelt, die besondere Bedürfnisse haben – wie etwa Menschen mit Behinderung, schweren Erkrankungen oder alte Menschen. Man nimmt allen Ernstes in Kauf, dass Menschen nach zwei Wochen aus den Unterkünften in die Straßenobdachlosigkeit und extreme Armut gezwungen werden. Dass der Gesetzentwurf offensichtlich weder mit Unionsrecht noch mit der Verfassung zu vereinbaren ist, stört dabei nicht. Es scheint zur politischen Strategie geworden zu sein, Regelungen zu beschließen, die später absehbar für rechtswidrig erklärt werden. Das dauert aber einige Zeit, und zumindest so lange kann man die (menschen-)rechtswidrige Praxis schon mal umsetzen.
Wer soll von Leistungen ausgeschlossen werden?
Der Gesetzentwurf sieht in § 1 Abs. 4 AsylbLG neu vor, vollziehbar ausreisepflichtige Personen, für deren Asylverfahren ein anderer Dublin-Staat zuständig ist, nur noch für zwei Wochen Leistungen für das physische Existenzminimum zu gewähren und sie danach von sämtlichen Leistungen auszuschließen. (…) Kategorisch und auch in Härtefällen ausgeschlossen sind nach dem Gesetzentwurf demnach auch in den zwei Wochen künftig:
– sämtliche Leistungen des sozialen Existenzminimums (z. B. Mobilität, Telekommunikation),
– die Behandlung chronischer Erkrankungen,
– Teilhabeleistungen nach § 6 AsylbLG für Menschen mit Behinderung,
– Leistungen für Pflegebedürftige, z. B. Pflegesachleistungen
– Zusatzbedarfe für Schwangere (jenseits medizinischer Bedarfe)
– Leistungen zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht (z. B. Passbeschaffung, Kosten der freiwilligen Ausreise) usw.
Nach den zwei Wochen: Das physisches Überleben darf nur noch bei „außergewöhnlicher Härte“ gesichert werden, das soziale Überleben keinesfalls
Der Gesetzentwurf sieht zusätzlich eine so genannte „Härtefallregelung“ vor. Diese bezieht sich auf zwei Konstellationen:
– Die Überbrückungsleistungen in den zwei Wochen müssen im Falle einer „außergewöhnlichen Härte“ einige wenige zusätzliche Leistungen
– Nach den zwei Wochen müssen Leistungen nur im Falle einer „außergewöhnlichen Härte“ überhaupt noch gewährt werden – allerdings nur die Leistungen für das physische Überleben. Die Leistungen für das soziale Überleben sind auch dann kategorisch ausgeschlossen.
Für beide Öffnungen soll künftig eine „außergewöhnlichen Härte“ Voraussetzung. Dies ist eine extrem hohe Hürde, es handelt sich um die härteste Härte, die das Gesetz kennt. Sie ist wesentlich schwerer zu erfüllen als eine „besondere Härte“, die aktuell schon für eine andere Gruppe im Gesetz steht (das sind bislang in bestimmten Fällen Personen, die in einem anderen EU-Staat einen Schutzstatus haben oder auch bestimmte nicht-erwerbstätige Unionsbürger*innen). Eine drastische Verschärfung! (…)
Der Ausschluss ist verfassungswidrig
Es ist offensichtlich, dass diese Neuregelung verfassungswidrig ist – und zwar mindestens aus zwei Gründen (…)
Der Ausschluss ist unionsrechtswidrig
Die Ausschlüsse sind weder mit der aktuell geltenden Aufnahmerichtlinie zu vereinbaren, noch mit der ab Mai 20206 umzusetzenden neuen Aufnahmerichtlinie. (…)
Abgesehen von diesen rechtlichen Erwägungen stellt sich die Frage, was in die Parteien gefahren ist, einen solchen Vorschlag zu machen?! Hat die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit der Rechtsradikalen und der Rassist*innen mittlerweile eine so starke Wirkmacht, dass selbst die bürgerliche Mitte glaubt, diese in Gesetzesform gießen zu müssen?“ Stellungnahme von Claudius Voigt (GGUA) vom 11.09.2024 bei Tacheles und:- „Bemerkung dazu: Was die Ampel hier plant, ist faktische Abschaffung des Asylrechts. Die Ampel setzt damit das um, was die AfD (und das BSW) fordern. Wir reden hier nicht von „kleineren“ Stellrädchen wie Bezahlgutscheinen, sondern von dem faktischen Abschaffen des Asylrechts in Deutschland. Von der FDP ist nichts anderes zu erwarten, dass dies von SPD, aber auch den Grünen nicht nur mitgetragen, sondern imitiert wird, ist ungeheuerlich und durch nichts zu rechtfertigen. Das stellt einen Bruch dar, wie früher die AGENDA 2010 und die Einführung der Hartz Gesetze durch die Schröder-Regierung.
Passend wurde das in einer Stellungnahme diverser zivilgesellschaftlicher Organisation formuliert: „Flüchtlingsschutz ist Teil unserer demokratischen Werte“ und es wurde dazu aufgerufen Flüchtlingsschutz, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte in Europa verteidigen“. Dem ist nichts hinzuzufügen, der Aufruf: https://t1p.de/z8dta “ Aus dem Thomé Newsletter 32/2024 vom 15.09.2024
- „Bemerkung dazu: Was die Ampel hier plant, ist faktische Abschaffung des Asylrechts. Die Ampel setzt damit das um, was die AfD (und das BSW) fordern. Wir reden hier nicht von „kleineren“ Stellrädchen wie Bezahlgutscheinen, sondern von dem faktischen Abschaffen des Asylrechts in Deutschland. Von der FDP ist nichts anderes zu erwarten, dass dies von SPD, aber auch den Grünen nicht nur mitgetragen, sondern imitiert wird, ist ungeheuerlich und durch nichts zu rechtfertigen. Das stellt einen Bruch dar, wie früher die AGENDA 2010 und die Einführung der Hartz Gesetze durch die Schröder-Regierung.
- Sozialleistungen für Geflüchtete auf Null? Strategische Angriffe auf die Verfassung
„Die ständigen Forderungen und Pläne, Sozialleistungen zu streichen, sind ein strategischer Angriff auf die Verfassung und auf ein solidarisches Europa. Das ist Gift für unsere Gesellschaft. Mehr: https://t1p.de/om30z
Gleiches Thema, anderer Autor: Die Pläne zu Leistungsausschlüssen in Dublin-Fällen folgen einer rechten Agenda, den Sozialstaat immer weiter unter Nationalvorbehalt zu stellen. Was sagen EU- und Verfassungsrecht dazu? Mehr: https://t1p.de/bqkyh “ Aus dem Thomé Newsletter 31/2024 vom 08.09.2024
- Asylverschärfungen: Es drohen Hunger und Obdachlosigkeit: Menschen im Dublin-Verfahren sollen systematisch verelenden
- Positionspapier: Datenschutzrechtliche Grenzen des Einsatzes von Bezahlkarten zur Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
Die Konferenz der Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder und des Bundes haben einen Beschluss zur Bezahlkarte gefasst. Darin setzen sie sich mit datenschutzrechtlichen Grenzen der Bezahlkarte auseinander. Sie kommen unter anderem zu folgenden Ergebnissen:
– Die eigenständige Einsichtnahme in den Guthabenstand durch die Leistungsbehörde ist unzulässig.
– Die Beschränkung auf bestimmte Postleitzahlengebiete aufgrund einer räumlichen Beschränkung ist unzulässig.
– Die AZR-Nummer darf nicht mit der Bezahlkarte verknüpft werden.
– Sicherheitsbehörden dürfen an sich keinen Zugriff auf die auf der Karte gespeicherten Daten haben. Siehe den Beschluss der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder vom 19. August 2024 - Hamburg sagt NEIN! zur Bezahlkarte: Demo am Samstag, 10. August
„… in Hamburg wächst der Protest gegen die Bezahlkarte für Geflüchtete. Im Februar 2024 wurde die „SocialCard“, eine guthabenbasiserte VISA-Karte, an über 2.000 Geflüchtete ausgegeben. Das Sozialgericht Hamburg hat die pauschale Bargeldbegrenzung von 50€ im Juli für rechtswidrig erklärt. Überweisungen, Lastschriftverfahren oder PayPal sind nicht möglich. Am Samstag, 10.08.2024 findet um 15 Uhr unter dem Motto „Bezahlkarte abschaffen – Basiskonto umsetzen!“ einer Demonstration in Hamburg-Harburg ab Seeveplatz statt. Die Initiative „Nein zur Bezahlkarte“ (www.bezahlkarte-nein.de) unterstützt Geflüchtete außerdem dabei, die rechtswidrige Bargeldbeschränkung zu umgehen. Dafür organisieren sie Aktionen, bei denen Menschen mit Bezahlkarte erworbene Gutscheine abgeben und Bargeld in gleichem Wert erhalten können…“ Ankündigung von Momentum (per e-mail) zur Demo gegen die Bezahlkarte am 10. August um 15:00 Uhr am Seeveplatz 1 vor dem Einkaufscenter, direkt an der S-Bahn-Station Harburg. Siehe Infos bei der Aktion Hamburg sagt NEIN! zur Bezahlkarte , siehe ebd.:- BARGELD/GUTSCHEIN SPENDE / CASH/VOUCHER DONATION
„Um Menschen mit Bezahlkarte wieder einen Zugang zu Bargeld zu verschaffen bieten wir Supermarktgutscheine von allen Supermärkte im Wert von 50€ gegen eine Spende an…“ Infos zur Aktion in Hamburg - Siehe die Foto-Galerie der Kundgebung und Demo zur Erstaufname-Unterkunft in Harburg am 10.08.24 im Archiv der Sozialen Bewegungen
- BARGELD/GUTSCHEIN SPENDE / CASH/VOUCHER DONATION
- Leistungen für Asylbewerber: Kein Cash für die Unerwünschten
„… Ob das bayerische Modell aber tatsächlich „härter“ ist als das, was die anderen Länder vorhaben, ist fraglich. Im Verlauf des Frühjahrs haben sich die Vorstellungen von Söder und den anderen Ministerpräsidenten angenähert, sodass deren Pläne dem System in Bayern inzwischen zum Verwechseln ähnlich sind. In bayerischen Gemeinden wie Schlehdorf lässt sich deshalb schon jetzt besichtigen, was Asylbewerber*innen bald auch anderswo neue Probleme machen dürfte. Die Apotheke und der Bäcker nehmen die Karte nicht (…) Die Bezahlkarte in Bayern basiert auf dem bekannten Mastercard-System. In einem Infobrief zur Karte schreibt das bayerische Innenministerium dann auch: „Mit der Bezahlkarte kann in allen Geschäften, in denen Mastercard akzeptiert wird, bezahlt werden.“ Doch genau da liegt das Problem – wie jede*r weiß, der oder die schon einmal versucht hat mit einer Kredit- oder Debitkarte das Eis am Kiosk zu bezahlen. Das verweigern kleinere Geschäfte oft, weil ihnen die Transaktionsgebühren zu hoch sind oder ihnen die Miete für ein Bezahlterminal zu teuer ist. Nachfrage beim bayerischen Innenministerium: Ist man sich dort bewusst, dass die Einkaufsmöglichkeiten durch die Karte stark begrenzt werden, sie teilweise in Läden gar nicht akzeptiert wird? „Heutzutage lässt sich fast überall mit Karte zahlen“, antwortet eine Ministeriumssprecherin, „und die Verbreitung wird weiter zunehmen.“ Und für den Einkauf in Geschäften, die keine Karte akzeptierten, gebe es ja schließlich die 50 Euro Bargeld, die ein Erwachsener maximal abheben kann. 50 Euro – das reicht für die Muffinbestellung fürs Sommerfest. Das reicht auch für einen Hustensaft. Für beides wird es eng. Und wenn es aufgebraucht ist, lassen sich Gebrauchtsachen auf dem Flohmarkt genauso wenig kaufen wie eine Portion Pommes für die Kinder im Freibad. Das Bargeldlimit ist deshalb eine der zentralen Stellschrauben für die Bezahlkarten. Je niedriger das Limit, desto höher die Hürden, vor denen die Geflüchteten stehen. (…) Während in Bayern schnell klar war, dass die Obergrenze bei nur 50 Euro liegen sollte, gab es in anderen Landesregierungen Streit. Insbesondere die Grünen, von denen viele die Karten am liebsten ganz verhindert hätten, setzten sich dabei für eine möglichst hohe Obergrenze ein. Am Ende mussten sie sich jedoch geschlagen geben: Die Ministerpräsident*innen einigten sich im Juni auf ein Limit von 50 Euro wie in Bayern. Mit nur 10 bis 25 Euro Bargeld für jedes Kind dürften die Regelungen am Ende sogar schärfer ausfallen als in Bayern, wo auch Minderjährigen 50 Euro Bargeld zustehen. Nur Thüringen, Rheinland-Pfalz und Bremen planen zumindest etwas mehr Spielraum ein. Bargeld ist auch deshalb für Asylbewerber*innen so wichtig, weil die Gemeinschaftsunterkünfte, in denen viele von ihnen leben, oft abgeschieden liegen…“ Artikel von Dominik Baur und Frederik Eikmanns vom 6.8.2024 in der taz online - »Unsere Bezahlkarte kommt schneller und ist härter« (Söder, CSU) – und wird von immer mehr bayerischen Sozialgerichten infrage gestellt
- Erneute Eilentscheidung gegen restriktive Bezahlkarte: Das Sozialgericht Nürnberg stellt fest, dass die Beschränkung auf 50 Euro Bargeld das Existenzminimum der Klägerin bedroht
„Es gibt eine weitere Eilentscheidung eines Sozialgerichts gegen die Bezahlkarte: Das Sozialgericht Nürnberg hat in einem Beschluss vom 30. Juli 2024 entschieden, dass die Ausgabe einer restriktiven Bezahlkarte ohne Ermessensausübung und ohne Berücksichtigung des individuellen Einzelfalls rechtswidrig ist. Das Sozialamt soll vorläufig die vollständigen Beträge wieder direkt auf das Konto der Betroffenen überweisen.“ Meldung vom 1. August 2024 beim Flüchtlingsrat NRWe.V. mit Link zur kompletten 22-seitigen Beschlussbegründung - Der RA Volker Gerloff am 31.7.24 auf bsky dazu: „SZ berichtet über Erfolg vor dem SG Nürnberg. Die Bezahlkarte für die Stadt Schwabach ist erstmal rechtswidrig. Um einen neuen Versuch zu starten, müsste die Stadt recht aufwändige Einzelfallbescheide erlassen, die dann natürlich (bspw von mir) angegriffen würden„
- Weitere Klage gegen Bezahlkarte für Geflüchtete erfolgreich
„In zwei Fällen bekommen Asylbewerberinnen recht, die sich durch die Bezahlkarten benachteiligt sehen. Weitere Verfahren sind anhängig. Die Staatsregierung sieht dennoch keinen Änderungsbedarf. (…) Eine Sprecherin des Nürnberger Sozialgerichts betonte, dass damit keine Aussage zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Einführung der Bezahlkarte getroffen worden sei. Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) teilte auf Anfrage mit, dass dem Beschluss eine Sonderkonstellation zugrunde gelegen habe. Der Beschluss stelle nicht das System der bayerischen Bezahlkarte als solches infrage, es müsse daher auch nicht überarbeitet werden.
„Die Entscheidung des Sozialgerichts Nürnberg stellt durchaus das bayerische Modell der Bezahlkarte infrage“, sagte dagegen der Sozialrechtler Volker Gerloff, der eine Klägerin vertreten hat. Zwar erteilt das Gericht in seiner Urteilsbegründung der Idee der Bezahlkarte nicht grundsätzlich eine Absage. Es störte sich aber im konkreten Fall an der fehlenden individuellen Prüfung und stellte hier hohe Anforderungen. So müssen die Behörden nach der Vorstellung des Gerichts in jedem einzelnen Fall entscheiden, ob eine Bezahlkarte sinnvoll und angemessen ist. Dafür müssten auch die Betroffenen gehört werden. „Im Klartext muss also jede Bezahlkarte individuell an die Umstände des Einzelfalls angepasst werden, was ein enormer bürokratischer Aufwand wäre“, sagte Gerloff. Diese Vorgabe befolge bislang deutschlandweit noch keine Behörde. „Deshalb bin ich der Meinung, dass das Gericht hier durchaus allgemeine Aussagen trifft, die bundesweit zu beachten sind.“ (…) Am Sozialgericht Nürnberg sind den Angaben zufolge drei weitere ähnliche Verfahren anhängig, die sich ebenfalls gegen die Stadt Schwabach richten. Das Münchner Sozialgericht dagegen hat bislang keine derartigen Fälle zu verzeichnen. In den beiden Städten landet nach Angaben des Landessozialgerichts (LSG) ein Großteil der entsprechenden Fälle im Freistaat. Beim LSG als Berufungsinstanz sind laut einer Sprecherin noch keine Verfahren zur Bezahlkarte anhängig…“ Meldung vom 1. August 2024 in der Süddeutschen Zeitung online - Brandenburg: Wie geht es weiter mit der Bezahlkarte für Asylbewerber?
„Der Landkreistag zeigt sich nach einem Gerichtsurteil [in Hamburg] gelassen und hält unbeirrt an den Vorbereitungen fest
Noch ist unklar, wann die Bezahlkarte für Asylbewerber landesweit kommt. Die Vorbereitungen laufen weiter – auch ungeachtet eines Urteils aus Hamburg zur starren Bargeldobergrenze auf der Chipkarte. Erfahrungen hat in Brandenburg bereits der Landkreis Märkisch-Oderland, der im Alleingang vor rund drei Monaten Bezahlkarten ausgab. (…) Der Landkreistag in Brandenburg sieht nach einem Hamburger Sozialgerichts-Urteil zur Bezahlkarte für Geflüchtete keinen Grund zum Umsteuern. „Wir bleiben bei den Kriterien, die wir festgelegt haben“, sagte Holger Obermann, Erster Beigeordneter des Landkreistages der Deutschen Presse-Agentur. Danach sollen erwachsene Asylbewerber von ihrem Guthaben auf der Chipkarte maximal 50 Euro im Monat in bar abheben können, bei Kindern ist der Bargeld-Betrag auf 25 Euro begrenzt. Die Ausgestaltung ist aber umstritten. Das grün geführte Sozial- und Integrationsministerium in Potsdam kritisierte die Beschränkung auf diese Bargeld-Obergrenze und hofft mit dem Urteil, noch einmal darüber ins Gespräch zu kommen. Das Sozialgericht Hamburg entschied, dass starre Bargeldobergrenzen auf der Bezahlkarte nicht geeignet sind, um den Mehrbedarf beispielsweise von Schwangeren oder Familien mit Kleinkindern zu decken. Die für die Karte zuständige Sozialbehörde müsse die persönlichen Lebensumstände der Antragstellenden berücksichtigen und starre Obergrenzen würden das nicht ermöglichen, sagte eine Gerichtssprecherin. Zudem wurde entschieden, dass die Bezahlkarte an sich aber nicht zu beanstanden sei. (…) „Die kommunale Ebene und die Staatskanzlei bereiten sich auf die Einführung der Bezahlkarte vor“, sagte Obermann vom Landkreistag. Bei der bundesweiten Einführung kommt es aber zu Verzögerungen bei der Auftragsvergabe, wie es Mitte Juli hieß. Grund sind Einsprüche von Unternehmen im Ausschreibungsverfahren, wie das zuständige Unternehmen Dataport in Hamburg mitteilte. (…) Dem brandenburgischen Landkreistag zufolge soll es per Karte auch Möglichkeiten für Online-Überweisungen geben – allerdings nicht unbeschränkt. Dafür soll es einen Katalog geben – sogenannte Black und White Lists (also eine schwarze und weiße Liste) -, wonach Überweisungen ins Ausland und Glücksspiel etwa nicht möglich sind, das Deutschland-Ticket beispielsweise aber online bezahlt werden kann, wie es hieß.“ Meldung vom 1. August 2024 im MiGAZIN
- Erneute Eilentscheidung gegen restriktive Bezahlkarte: Das Sozialgericht Nürnberg stellt fest, dass die Beschränkung auf 50 Euro Bargeld das Existenzminimum der Klägerin bedroht
- Bargeld-Limit der Bezahlkarte: Was dem Landessozialgericht Hamburg nicht (humanitär) dringend erscheint, funktioniert in Hannover ohne Limit
- Eilverfahren: Weitere Gerichtsentscheidung befeuert Streit um Bezahlkarte
„Das Hamburger Sozialgericht hatte im Eilverfahren entschieden, dass die starre Bargeldgrenze der Bezahlkarte für Flüchtlinge im Einzelfall unzulässig sein kann. Nun gibt es einen weiteren, gegenteiligen Beschluss. Das entflammt die Debatte neu. (…) Während sich die Grünen weiter für eine Bezahlkarte ohne Einschränkungen starkmachen, will die SPD weiter an einer Bargeld-Obergrenze festhalten.
Hintergrund ist eine Entscheidung des Landessozialgerichts Hamburg, das die Beschwerde eines Asylsuchenden gegen die Bezahlkarte abgewiesen hatte. In seinem nicht anfechtbaren Beschluss, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, führt das Gericht aus, dass durch die Bargeldregelung mit keinen wesentlichen Nachteilen für den Antragsteller zu rechnen sei. Zuvor war der Kläger mit seiner Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Antrags auf ein Eilverfahren schon in erster Instanz gescheitert. Das Gericht hält es für zumutbar, wenn der Antragsteller „vorläufig für die Zeit seines Aufenthalts in der Aufnahmeeinrichtung, in der der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gewährt wird, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache die ihm bewilligten Leistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) auf eine Bezahlkarte erhält, für die eine Bargeldbeschränkung in Höhe von 50 Euro gilt“, heißt es in dem Beschluss. (…) Die Gesellschaft für Freiheitsrechte, die beide Verfahren nach eigenen Angaben vorbereitet und begleitet hat, verwies darauf, dass das Landessozialgericht sich lediglich mit dem Antrag des Asylsuchenden auf eine Eilentscheidung befasst habe. Über die Rechtmäßigkeit der Bezahlkarte oder die Bargeldbeschränkung sei gar nicht entschieden worden, sagte Verfahrenskoordinatorin Lena Frerichs…“ Meldung vom 28.07.2024 im Migazin - Bezahlkarten für Asylsuchende: Keine Eilentscheidung beim Hamburgischen Landessozialgericht
„Nach einer Eilentscheidung zum Bargeldlimit bei Bezahlkarten für eine Familie am Mittwoch ging der Fall eines alleinstehenden Geflüchteten anders aus: Das Landessozialgericht Hamburg lehnte hier eine Eilentscheidung ab. Ob ein pauschales Bargeld-Limit rechtmäßig ist, hat damit nichts zu tun. (…) Das Gericht sieht es in diesem Fall als nicht so dringend an, direkt etwas zu entscheiden. Anders als in der Eilentscheidung von Mittwoch ging es um eine alleinstehende Person, die sich in einer Erstaufnahmeeinrichtung befindet. „Eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Bezahlkarte oder einer pauschalen Bargeldobergrenze trifft das Landessozialgericht Hamburg somit nicht“, heißt es auf der Fall-Seite der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Gemeinsam mit Pro Asyl vertritt sie beide der Fälle vor Gericht. Die Entscheidung muss also im Hauptsacheverfahren getroffen werden, was eine lange Zeit dauern kann. „Gemeinsam mit dem Kläger werden wir in einem umfassenden Klageverfahren gegen die restriktiven Beschränkungen der Bezahlkarte vorgehen, um das Recht des Klägers auf ein menschenwürdiges Existenzminimum durchzusetzen“, so Lena Frerichs, Verfahrenskoordinatorin bei der GFF, gegenüber netzpolitik.org. (…)
Für Verwirrung hatte im Rahmen des Falls ein Statement eines Sprechers der Hamburger Innenbehörde geführt, der den Kurs des 50-Euro-Bargeldlimits „klar bestätigt“ sah, obwohl keine Entscheidung dazu fiel. Mit den beiden unterschiedlichen Entscheidungen zu beantragten Eilentscheidungen deutet sich an, dass eine pauschale Behandlung aller Bezahlkarten-Nutzer:innen unabhängig von ihren Lebensumständen wenig angemessen erscheint. Jede Person aber hinsichtlich der etwaigen Beschränkungen einzeln zu behandeln, dürfte ein nicht zu stemmender Aufwand sein. (…)
In Hannover funktioniert es ohne Bargeld-Limit
Ein solches Modell hat beispielsweise die Stadt Hannover eingeführt. Dort können Geflüchtete am Geldautomaten frei über das Geld auf der Karte verfügen. Der dortige Oberbürgermeister Belit Onay sieht sich durch das Urteil von Mittwoch bestätigt. „Unser Ziel ist es, Geflüchteten einen diskriminierungsfreien Zugang zum bargeldlosen Bezahlen zu ermöglichen“, sagte er dem NDR . Auch mit der Verwaltungsentlastung hat es dort offenbar funktioniert. „Sechs Mitarbeitende des Fachbereichs Soziales der Landeshauptstadt Hannover, die nach dem alten Verfahren an bestimmten Tagen jeweils am Ende des Monats für die Auszahlung der Gelder zuständig gewesen waren, konnten andere Aufgaben übernehmen“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt .“ Beitrag von Anna Biselli vom 26.07.2024 bei Netzpolitik
- Eilverfahren: Weitere Gerichtsentscheidung befeuert Streit um Bezahlkarte
- Erster juristischer Erfolg gegen die restriktiven Beschränkungen der Bezahlkarte in Hamburg – und Tauschstationen auch in Nürnberg, Augsburg und Regensburg geplant
- Etappensieg im Eilverfahren gegen restriktive Bezahlkarte: PRO ASYL und GFF unterstützen klagende Familie
„PRO ASYL und die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) haben gemeinsam mit einer schutzsuchenden Familie vor dem Sozialgericht Hamburg einen Erfolg gegen die restriktiven Beschränkungen der Bezahlkarte erzielt. Die Eilentscheidung des Sozialgerichts Hamburg stellt klar: Die pauschale Festsetzung des Bargeldbetrages auf 50 Euro ohne Berücksichtigung der persönlichen und örtlichen Umstände der Betroffenen ist rechtswidrig. Mit der Entscheidung ist ein Schritt mehr getan, um das menschenwürdige Leben schutzsuchender Menschen in Deutschland zu sichern.
Das Hamburger Amt für Migration darf sich nach der sozialgerichtlichen Entscheidung nicht auf die Beschlussempfehlung der Ministerpräsident*innenkonferenz berufen, die im Juni dieses Jahres eine Bargeldbeschränkung von 50 Euro pro Person vereinbart hatte. Das Gericht spricht der Familie zunächst einen Bargeldbetrag von knapp 270 Euro zu.
Mehrere Klagen gegen die Bezahlkarte
PRO ASYL und die GFF zielen derzeit mit mehreren Klagen darauf ab, die Einführung von restriktiv ausgestalteten Bezahlkarte zu stoppen, weil sie Grundrechte von Geflüchteten verletzen. (…) Das Hamburger Amt für Migration kann gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Beschwerde einlegen. PRO ASYL und die GFF gehen mit weiteren Verfahren gegen restriktive Bezahlkartenregelungen vor, die den grundrechtlichen Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum schutzsuchender Menschen missachten…“ Pressemitteilung vom 24.07.2024 von Pro Asyl- Siehe auch: https://freiheitsrechte.org/bezahlkarte
- Bezahlkarte für Asylsuchende: »Viele Menschen wollen diese Symbolpolitik nicht«
„[Sie bieten Geflüchteten einen Tausch von mit der neuen Bezahlkarte erworbenen Supermarktgutscheinen gegen Bargeld im gleichen Wert an. Bild titelte »Flüchtlinge zum Bezahlkartenbetrug angestiftet!«. Der Sinn der Karte sei somit dahin. Was erwidern Sie darauf?
Der gesellschaftliche Diskurs zu dem Thema wird nicht gehört. Bild unterstellt, die ganze Republik stehe hinter der Bezahlkarte für Geflüchtete. Das ist falsch. Viele Menschen wollen diese rechtspopulistische Symbolpolitik nicht. Sie meinen, dass vor Krieg oder politischer Verfolgung nach Deutschland geflüchtete Menschen selbstbestimmt über ihr Geld verfügen können müssen.
[In den 1990er Jahren gab es bereits Gutscheine für Asylsuchende. Auch damals konterkarierten Aktivisten diese Art des Bezahlvorgangs an Supermarktkassen.]
Weil ich zu jung war, habe ich das nicht miterlebt. Aber mir ist bekannt, dass es damals einen Umtausch von Gutscheinen gab; auch Essenspakete wurden Geflüchteten abgekauft. Die Politik der Ausgrenzung verläuft in der Geschichte in Wellen. Solidarität formiert sich dagegen. Weil Bayern als Vorreiter die Bezahlkarte für Geflüchtete bereits ab Anfang Juli umsetzt, läuft unsere Aktion in München an. Aus ländlichen Gebieten kommen einige mit dem Zug hierher, um mit der Karte erworbene Gutscheine in Bargeld umzutauschen. (…) Viele Menschen verstehen, wie diskriminierend eine Bezahlkarte für Geflüchtete ist. Damit können sie lediglich 50 Euro Bargeld im Monat abheben und an Orten und in Läden nicht einkaufen, in denen keine Kreditkartenzahlung möglich ist. Aktuell haben wir sogar mehr Angebote, Gutscheine abzunehmen, als Nachfrage von Geflüchteten! (…) Auch in Städten wie Nürnberg, Augsburg und Regensburg wollen Aktivistinnen und Aktivisten Tauschstationen einrichten. (…)
Es gibt keine Belege, dass Asylsuchende hohe Beträge ins Ausland überweisen würden. Mag sein, dass sich eine Frau, die Kinder im Ausland hat, Kleinstbeträge für deren Schulgeld oder etwas Essen vom Mund abspart. Wer so ein »indirektes Entwicklungsgeld« nicht in Ordnung findet, muss gänzlich den moralischen Kompass verloren haben. (…)
[Wegen einer juristischen Auseinandersetzung um die Auftragsvergabe verzögert sich die bundesweite Einführung der Karte. Was schließen Sie daraus?]
Das zeigt, dass mit der Karte nicht nur Geflüchtete gegängelt werden, sondern auch Unternehmen daran verdienen. Für Bayern konnte sich das Freisinger Unternehmen Paycenter durchsetzen. Unfug ist die Behauptung, die Karte wäre einfacher zu verwalten als die Zahlung von Bargeld. Die Ämter müssen jetzt prüfen: Darf der Beitrag für den Sportverein des Kindes überwiesen werden? Weil Onlineshopping nicht vorgesehen ist, wird es auch bei Ratenzahlungen für zum Beispiel ein gekauftes Handy schwierig. Das Überweisen der Leistung wäre die einfachste Methode. Geflüchtete sollten das ihnen zustehende Geld auf diese Weise erhalten.“ Interview von Gitta Düperthal in der jungen Welt vom 23.07.2024 mit Katharina Grote, Sprecherin von »Offen bleiben für eine solidarische Gesellschaft« - Bezahlkarten für Asylsuchende: Praktische Solidarität gegen diskriminierende Symbolpolitik
„In Hamburg und in München können Bezahlkarten-Nutzer:innen durch einen Tausch Bargeld erhalten, über das sie dann frei verfügen können
Ein Interview von Anna Biselli bei Netzpolitik.org am 22. Juli 2024 mit Katharina Grote von der Initiative “Offen bleiben!” München über die Freude am Kampf gegen die Ohnmacht und Solidarität im Franchise-Prinzip. Katharina Grote: „… Die ersten Pilotprojekte haben am 1. April 2024 angefangen. Der Rollout auf das gesamte Landesgebiet ist danach ziemlich schnell erfolgt. Die Stadt München war gar nicht besonders erpicht darauf, Bezahlkarten so schnell wie möglich einzuführen. Aber auf Druck der Staatsregierung wird sie eigentlich bayernweit in allen Kommunen und Landkreisen bis Ende Juli umgesetzt. (…) netzpolitik.org: Wie funktioniert das, wenn Asylbewerber:innen bei euch Bargeld tauschen wollen? Katharina Grote: Die Personen gehen mit ihrer Bezahlkarte in einen Super- oder Drogeriemarkt einer größeren Kette und kaufen Gutscheine für den Laden. Wir empfehlen 50 Euro. Diese Gutscheine bringen sie an unsere Tauschorte und bekommen dafür Bargeld. Dorthin kommen auch Leute, die sich solidarisch zeigen und diese diskriminierende Symbolpolitik nicht unterstützen. Die können für Bargeld die Gutscheine abholen. Dann können sie damit in den entsprechenden Läden einkaufen gehen. (…) In München haben wir im Moment drei Tauschorte. Dreimal die Woche kann man bei uns Gutscheine zu Bargeld umtauschen oder abholen. Nachdem die Aktion bekannter wurde, haben sich aber schon weitere Orte gemeldet, die auch gerne mitmachen wollen. (…) Jetzt finden die Kartenaktionen zum Beispiel während der Abholzeiten einer solidarischen Landwirtschaft statt, in einem Kulturzentrum oder zu den Öffnungszeiten eines Parteibüros der Linken. Das waren die Orte, die wir sofort gewinnen konnten. Interessiert waren auch Läden im Kollektivbetrieb oder selbstverwaltete Räume. Wenn Leute mitmachen wollen, nehmen wir sie in die Liste auf der Homepage auf, damit sie gefunden werden. (…) Das funktioniert ein bisschen wie ein Franchise-Prinzip. (…) Es macht auch Freude, aus der Ohnmacht rauszukommen, die man wegen dieser wirklich ekelhaften, rechtspopulistischen Diskussion zur Bezahlkarte empfindet. Wir setzen dem was entgegen mit unserer praktischen Solidarität. Und das macht Spaß. (…) Ja, das ist legal. Es gibt keine Möglichkeiten, rechtlich dagegen vorzugehen. Auch das bayerische Innenministerium ist dieser Einschätzung gefolgt. Auch, wenn es ihnen nicht passt, im Moment sehen sie keine Handhabe. (…) Wir werden aber wachsam sein und beobachten, ob eine Behörde irgendwann versucht, hier dennoch Repressionen aufzuerlegen.„
- Etappensieg im Eilverfahren gegen restriktive Bezahlkarte: PRO ASYL und GFF unterstützen klagende Familie
- Die Aktion „KARTENTAUSCH“ in München, um die Bargeldgrenze für Geflüchtete in Bayern auszuhebeln, empört die CSU: Ein weiterer Grund, sie bundesweit zu kopieren
- Programm für Asylbewerber: Münchner Initiative trickst Bezahlkarte aus – CSU empört
„Münchner Aktivisten hebeln die bayerische Bezahlkarte für Flüchtlinge aus. Die CSU spricht von „Asyl-Gutschein-Betrug“. Wie der Trick der Aktivisten funktioniert.
CSU-Generalsekretär Martin Huber ärgert sich über den Versuch der Initiative „Offen bleiben München“, die Limitierung der in Bayern seit zwei Wochen überall verfügbaren Bezahlkarte zu umgehen. Gegenüber der „Bild“ sagte Huber: „Der Asyl-Gutschein-Betrug durch linke Organisationen muss gestoppt werden.“ (…) Trotz der Empörung des CSU-Generalsekretärs kann das zuständige Innenministerium von Joachim Herrmann (ebenfalls CSU) nicht viel gegen die Münchner Initiative ausrichten. Gegenüber der „Bild“ sagte ein Sprecher am Montag: „Das Vorgehen kann durch das Innenministerium nicht verhindert werden.“ Das Ministerium gehe allerdings davon aus, dass es sich nicht um eine „relevante Umgehung des Bargeldlimits“ handele, heißt es. Wie viele Asylbewerber das Angebot bislang annahmen, hat auch „Offen für München“ nicht mitgeteilt…“ Meldung vom 16.07.2024 bei t-online München - Bezahlkarte für Geflüchtete: Aktivisten tricksen System aus. Letzte Woche startete in München eine Aktion, um die Bargeldgrenze für Geflüchtete in Bayern auszuhebeln
„Montags wird das Münchener Büro der Linkspartei in der Schwanthalerstraße zur Wechselstube. Es ist 14 Uhr und drinnen sitzt Marina Dietweger, Kreissprecherin der Linken in der Stadt. »Mit unserer Aktion wollen wir den Zwang der Staatsregierung unterlaufen, der auf die Flüchtlinge mit der Bezahlkarte ausgeübt wird«, sagt sie. Denn seit Juni bekommen Schutzsuchende in Bayern ihr Geld auf einer Bezahlkarte. Davon können sie nur 50 Euro Bargeld im Monat abheben. Die Wechselstuben sollen dem entgegenwirken, und zwar so: Geflüchtete Menschen kaufen sich mit der Bezahlkarte in Läden wie Rewe, Lidl, Aldi oder DM Einkaufsgutscheine im Wert von 50 Euro. Diese Einkaufsgutscheine können sie dann gegen Bargeld umtauschen. Neben dem Linke-Büro gibt es zwei weitere solcher Tauschorte: das Kulturzentrum »Bellevue di Monaco« (am Mittwoch) und das Wohnprojekt »Ligsalz8« (am Donnerstag). Und woher kommt das Geld? »Ich habe eine Liste von Nachbarn«, erklärt Marina Dietweger, »die sich die Gutscheine kaufen und dann damit ihre Einkäufe bezahlen«. Just in diesem Moment betritt eine junge Frau das Linke-Büro und will einen Gutschein kaufen. Doch Asylsuchende haben sich bisher noch nicht gemeldet. »Die Aktion hat erst vorige Woche begonnen«, so Dietweger, sie müsse sich noch herumsprechen.
»Offen! Für eine solidarische Gesellschaft!« ist nach eigenen Worten »eine breite Kampagne« mit Beteiligten aus sozialen Verbänden, Einrichtungen, Beratungsstellen, Gewerkschaften, politischen Gruppen und Wohnprojekten. Von der »Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns« über die »Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern« bis zur »VVN-BdA Kreisvereinigung München«.
Die Tauschaktion wird auf einem bunten Flugblatt in sieben Sprachen erläutert: »50 Euro Bargeld im Monat sind zu wenig und du findest, mit dieser Einschränkung planen zu müssen ist diskriminierend?« wird in dem Flyer gefragt. Und weiter: »Du bist gegen rechtspopulistische Symbolpolitik und willst ihr mit deiner praktischen Solidarität etwas entgegensetzen?« Das sei ganz einfach: »Du kommst in unsere Wechselstube und tauschst dein Bargeld gegen einen Gutschein. Den Gutschein hat eine Person mit ihrer Bezahlkarte gekauft und dafür von uns Bargeld bekommen.« (…) Ein flächendeckendes Netz von Tauschorten könnte die fehlgeleitete Politik aushebeln. »Wir haben schon eine Anfrage aus Ingolstadt«, kann Marina Dietweger vermelden.“ Artikel von Rudolf Stumberger vom 16.07.2024 in ND online - Wie Aktivisten aus München helfen und die Bezahlkarte umgehen wollen: „Kann aber nicht mit Karte zahlen“
„Nur 50 Euro bar jeden Monat gestattet Markus Söder Geflüchteten. Aktivisten wollen nun helfen, die Bargeldgrenze mit einem Gutscheintausch zu umgehen. Am Mittwoch startet die Aktion in München. (…) Das funktioniert so: Geflüchtete kaufen mit ihrer Bezahlkarte in einem Laden (zum Beispiel im Supermarkt oder im Drogeriemarkt) einen Gutschein. Den können sie dann bei teilnehmenden Organisationen gleichwertig in Bargeld umtauschen. Münchner, die sich solidarisch zeigen wollen, sollen diese Gutscheine dann kaufen und damit einkaufen gehen. „Beide Seiten haben weder einen Gewinn noch einen Verlust dadurch“, sagt Weinzierl. „Es ist eine ganz solidarische Hilfestellung.“
Aktivist Matthias Weinzierl brachte die Idee nach München
Für Mittwoch ist der Startschuss für die Aktion im Bellevue di Monaco geplant, mehr Verteilstellen sollen noch dazu kommen. „Die Idee ist, dass wir Menschen helfen wollen, ihren Alltag einfacher zu gestalten“, sagt Weinzierl zu seiner Motivation, den Kartentausch hier anzubieten. (…) Die Idee für den Tausch kommt laut Weinzierl aus Hamburg: „Da wurde die Bezahlkarte schon früher eingeführt und den Bargeldtausch gibt es schon seit einigen Monaten“, sagt er. Und er erhofft sich auch weitere Nachahmer in anderen Kommunen in Bayern…“ Artikel von Jan Krattiger vom 14. Juli 2024 in der Abendzeitung online - Rassistische Bezahlkarte sabotieren!
„Bayern war mal wieder ganz vorne dabei, die rassistisch entrechtende Bezahlkarte für Asylbewerber:innen einzuführen. Doch das „Offen Bleiben“ Netzwerk München hat eine Initiative ins Leben gerufen, mit der die Bezahlkarte umgangen und Geflüchtete an Bargeld kommen können. (…) Das „Offen Bleiben“ Netzwerk München setzt der Bezahlkarte eine solidarische Praxis entgegen. Geflüchtete können mit ihrer Bezahlkarte in die am meisten besuchten Supermärkte gehen (Lidl, Aldi, dm, Rewe, Edeka, Alnatura) und dort 50€-Gutscheine kaufen. Diese Gutscheine können sie zu den Münchner Tauschstellen bringen und dort gegen 50€ eintauschen. Das heißt, solidarische Menschen tauschen 50€ Bargeld gegen einen Supermarktgutschein ein, mit dem sie dann selbst einkaufen gehen können. (…) Menschen fliehen vor gewaltsamer Unterdrückung, vor Klimazerstörrung, vor Krieg oder vor Hunger, auch angeheizt durch deutsche, imperialistische Markteroberungen und Waffenlieferungen. Sie müssen ihre Heimat verlassen, weil die Klimakrise ihre Lebensgrundlagen wegreißt. Eine Bezahlkarte wird daran nichts ändern. Sie wird keine Welt schaffen, in der Menschen nicht mehr fliehen müssen. Sie ist reine Schikane für die Menschen, die am meisten Solidarität verdient haben. Kämpfen wir gegen diese systematische Entrechtung und den Rechtsruck…“ Beitrag der klimaguerilla vom 16.07.2024 mit einer Liste der aktuellen Tauschstellen - Siehe die Flyer bei https://offen-bleiben-muenchen.de/ und die ersten Infos hier weiter unten
- Programm für Asylbewerber: Münchner Initiative trickst Bezahlkarte aus – CSU empört
- Es fehlen noch Unterschriften für die Petition „Selbstbestimmung statt Bezahlkarte“ und es werden Kläger*innensuche für Verfahren gegen Bezahlkarte gesucht
- Selbstbestimmung statt Bezahlkarte – bitte Petition unterstützen
„Das Wort „Bezahlkarte“ hört sich harmlos an, als ob man mit einer Bankkarte bezahlen könnte. Aber der Eindruck täuscht, die Bezahlkarte schränkt die Zahlungsfähigkeit ein. Ein paar Beispiele: Eine Bezahlung ist nur in ausgewählten Geschäften, nur in einem eingeschränkten Gebiet, nicht für Online- oder Abokäufe oder Überweisungen möglich. Auch kann man nicht auf Märkten einkaufen oder Rechtsbeistände bezahlen. Diese Diskriminierung von geflüchteten Menschen möchte die Kölner Kampagne „Selbstbestimmung statt Bezahlkarte“ verhindern. Der Rom e.V. gehört zu den Gründungsmitgliedern der Kampagne „Selbstbestimmung statt Bezahlkarte“ und lehnt zusammen mit agisra e.V. Köln, AK Politik der Kölner Willkommensinitiativen, Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen e. V., Bürgerzentrum Vingst – Vingster Treff, Caritasverband für die Stadt Köln e.V., Diakonisches Werk Köln und Region gGmbH, Kölner Flüchtlingsrat e.V., Kölner Runder Tisch für Integration, Komitee für Grundrechte und Demokratie und Migrafrica gGmbH die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete in Köln und NRW entschieden ab und plädiert stattdessen für ein Basiskonto für Geflüchtete. Es fehlen noch Unterschriften! Bitte unterstützt die Kampagne und unterschreibt hier die Online-Petition . Und leitet diese Info und den Aufruf gerne weiter in eure eigenen Netzwerke!“ Erinnerung von Rom e.V. (per e-mail) an den ersten Aufruf vom 23. Mai 2024 (und hier weiter unten) - Kläger*innensuche für Verfahren gegen Bezahlkarte
„Die Gesellschaft für Freiheitsrechte und Pro Asyl sind auf der Suche nach 3-4 Kläger*innen, um weitere sozialgerichtliche Verfahren gegen die Bezahlkarte für leistungsberechtigte Personen nach dem AsylbLG zu führen.
Bei der Leistungsvergabe in Form der Bezahlkarte – so wie sie derzeit geplant ist und zum Teil schon zum Einsatz kommt – wird das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht hinreichend berücksichtigt. Die restriktiven Beschränkungen der Bezahlkarte haben zur Folge, dass bestimmte Sachen gar nicht mehr oder nur zu erhöhten Preisen eingekauft werden können. Die entstehenden Unterdeckung machen die beiden zivilgesellschaftlichen Organisationen in Klageverfahren geltend und bitten hierzu um ihre Mithilfe bei der Kläger*innensuche.
Hier sind SozialberaterInnen, SozialarbeiterInnen und natürlich auch sonstige Menschen, die Augen aufzuhalten und nach geeigneten Kläger*innen zu suchen. Steckbrief: Kläger*innensuche für Verfahren gegen Bezahlkarte …“ Aus dem Thomé Newsletter 22/2024 vom 08.07.2024
- Selbstbestimmung statt Bezahlkarte – bitte Petition unterstützen
- [Nachahmenswert!] Verein „Offen bleiben München“ organisiert KARTENTAUSCH gegen die gängelnde, rassistische Bezahlkarte: Offen! 50 € Bargeld ist nicht genug!
„In Bayern bekommen geflüchtete Menschen ihr Geld auf eine Bezahlkarte. Von dieser Karte kann man nur 50€ Bargeld im Monat abheben. An Orten und Läden in denen keine Kreditkartenzahlung möglich ist, kann man nicht einkaufen. 50€ Bargeld im Monat sind zu wenig und du findest mit dieser Einschränkung planen zu müssen ist diskriminierend? Du bist gegen rechtspopulistische Symbolpolitik und willst ihr mit deiner praktischen Solidarität etwas entgegensetzen? Das geht ganz einfach: Du kommst in unsere Wechselstube und tauschst dein Bargeld gegen einen Gutschein. Den Gutschein hat eine Person mit ihrer Bezahlkarte gekauft und dafür von uns Bargeld bekommen. Wann und wo wir tauschen erfährst hier auf dieser Seite ab dem 10.7.2024…“ Aktionsseite mit vielen Informationen zu GEAS und Bezahlkarte - Bezahlkarten mit monatlich lediglich 50 EUR in bar: Erste Beschwerden zu diskriminierender Praxis
„… „Seit der Einführung erreichen uns zahlreiche Beschwerden von den Geflüchteten, die diese nutzen müssen. Wochenmärkte, kleinere Lebensmittelläden, Rechtsbeistand oder Sportvereine nehmen die Bezahlkarte nicht an oder haben schlichtweg keine passenden Kartenlesegeräte. Kinder können kein Bargeld mehr für Materialien, Ausflüge oder Essen mit in die Schule nehmen. Auch Überweisungen für Online-Einkäufe – zum Beispiel auf Ebay – sind ausgeschlossen. Das trifft insbesondere Schutzsuchende auf dem Land aufgrund der dort fehlenden Infrastruktur.“ so Dave Schmidtke, Pressesprecher des Sächsischen Flüchtlingsrates. (…) Schutzsuchende müssen dem Landratsamt für jede Überweisung die IBAN übermitteln, welche dann geprüft und per Hand auf der Bezahlkarte freigegeben werden muss. Schmidtke dazu: „Betroffene aus Bautzen und Hoyerswerda kommen mit Mahnbescheiden sowie Kündigungsandrohungen von Kita, Handyvertrag oder Deutschlandticket in unsere Beratung. Denn Fristen für Zahlungen können nicht eingehalten werden, wenn einige Ämter diese nicht rechtzeitig bewilligen.“ Doch Eingeständnisse von Problemen gibt es von öffentlicher Seite nicht: „Die Bezahlkarte soll um jeden Preis als Erfolg dargestellt werden, dabei ist sie aktuell kein Instrument zum Verwaltungsabbau, sondern blockiert diese. Außerdem nimmt sie Menschen mit Fluchtgeschichte die Möglichkeit auf Selbstbestimmung und demokratische Teilhabe“, so Schmidtke weiter. Nach welchen Maßgaben die persönliche Freigabe erfolgt und datenschutzrechtlich tragbar ist, bleibt fraglich. Der Leipziger Rechtsanwalt Ralf Höfler sagt: „Der Einsatz der Bezahlkarte zeigt bereits jetzt, dass es zu willkürlichen Entscheidungen einzelner Landkreise in Sachsen kommt.“ (…) „Die Gewährung von monatlich lediglich 50 EUR in bar widerspricht meiner Meinung nach der gesetzlichen Intention dahingehend, dass zumindest mit dem gewährten notwendigen persönlichen Bedarf in Höhe von aktuell circa 200 EUR monatlich für Alleinstehende, Geflüchteten ein gewisser Gestaltungsspielraum eröffnet werden sollte“ kritisiert Höfler weiter. Der monatlich abhebbare Bargeldbetrag von 50 Euro pro erwachsene Person und 10 Euro pro Kind reichen nicht aus, um den Grundbedarf zu decken. Hinzu kommt zum Beispiel im Landkreis Bautzen die Einschränkung, dass lediglich einmal pro Monat Bargeld abgehoben werden darf und die Abhebungsfunktion dann einen Monat lang gesperrt ist. Es ist weiterhin vorgesehen, dass lediglich der „Haushaltsvorstand“ eine Bezahlkarte erhält, sodass die Familienmitglieder nicht unabhängig voneinander ihre Leistungen erhalten und nutzen können. Die Nutzung der Karte ist auf Sachsen beschränkt, was die Betroffenen in ihrer Mobilität direkt einschränkt…“ Pressemitteilung vom 27. Juni 2024 beim Sächsischen Flüchtlingsrat , siehe auch:- Monatskarte gekündigt, Fußballtraining gefährdet: Probleme mit der Bezahlkarte für Asylbewerber
„Die Bezahlkarte für Asylbewerber sollte Behörden entlasten. Das Gegenteil ist passiert, kritisiert der Sächsische Flüchtlingsrat. (…) Jede Überweisung, etwa für Telefonrechnungen oder das Deutschlandticket, muss extra genehmigt werden. Behörden kämen mit der Bearbeitung der Anträge nicht hinterher. „Einem jungen Herrn wurde deshalb ihr Deutschlandticket gekündigt, das er eigentlich braucht, um zum Sprachkurs zu kommen“, so Schmidtke. Solche Probleme häufen sich laut Flüchtlingsrat sachsenweit. Für einen 12-jährigen Jungen stand beispielsweise wegen der Bezahlkarte das Fußballtraining auf der Kippe. Sein Verein hat kein passendes Kartenlesegerät. Der Fußballverein verzichtet deshalb auf Mitgliedsbeiträge – bis eine Regelung gefunden wird. Wochenmärkte, kleinere Lebensmittelläden oder auch Sozialkaufhäuser akzeptieren die Karte meist nicht. Selbst im Supermarkt kann sie abgelehnt werden: „Ich habe mit einer Mutter aus Kamerun gesprochen, bei der ihre Bezahlkarte an der Supermarktkasse oftmals nicht funktioniert hat“, berichtet Dave Schmidtke vom Flüchtlingsrat. „Die wurde mit ihren vollen Taschen zurückgeschickt und hat sich richtig geschämt.“ Auch in der Schule stößt die Bezahlkarte an Grenzen: Kinder können kein Bargeld mehr für Materialien, Ausflüge oder Essen mitnehmen…“ Meldung vom 27.06.2024 bei t-online
- Monatskarte gekündigt, Fußballtraining gefährdet: Probleme mit der Bezahlkarte für Asylbewerber
- Rechtspopulismus als Mainstream: Die Bezahlkarte für Geflüchtete und der autoritäre Sozialstaat
„Seit Monaten wird bundesweit über die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete diskutiert, Ende April stimmte nun auch der Bundesrat einer entsprechenden Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) zu, auf die sich die Ampelkoalition erst Anfang März geeinigt hatte. (…) In einer ganz großen Koalition beteiligen sich mittlerweile fast alle daran, soziale Rechte für Nichtdeutsche – nicht nur im AsylbLG – einzuschränken und Diskriminierungen auszuweiten. Das Asylbewerberleistungsgesetz und die Bezahlkarte dienen als symbolisch aufgeladenes Versuchslabor, in dem die Instrumente für den autoritären Umbau des Sozialstaats getestet werden. Dabei üben Rechtsextremist:innen, Neoliberale, Konservative und Linksnationale den Schulterschluss, um die Ideologie der Ungleichheit auch in anderen Bereichen in die Praxis zu überführen: vom Asylbewerberleistungsgesetz über das Bürgergeld bis zur (noch nicht verabschiedeten) Kindergrundsicherung – bei allem schwingt mehr oder minder offen ein rassistisches Narrativ mit. Die Rechtsextremist:innen sind schon in der Opposition überaus erfolgreich. Um es anders zu sagen: AfD wirkt, die „rohe Bürgerlichkeit“ (Wilhelm Heitmeyer) feiert fröhliche Urständ. Ein Antrag der Unionsfraktion im Bundestag für eine Verfassungsänderung macht deutlich, worum es im Kern geht: Das Gleichheitsversprechen des Grundgesetzes soll geschleift, das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum entlang rassistischer und klassistischer Trennlinien relativiert, die soziale Exklusion für bestimmte Bevölkerungsgruppen zur Normalität werden. Dabei setzt man offen darauf, dass das Bundesverfassungsgericht seine bisher recht progressive Rechtsprechung über den Haufen werfen wird. (…) Wie konkret das alles ist, konnte man am 8. April bei einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Bundestag miterleben. Dort haben die Abgeordneten von Union und FDP die geladenen Sachverständigen, unter ihnen Daniel Thym und der Bonner Juraprofessor Gregor Thüsing, interessiert nach den rechtlichen Möglichkeiten von Sozialleistungskürzungen oder -streichungen für Geflüchtete gefragt. Die Antwort der beiden Juristen war im Kern: Juristisch ist ganz vieles denkbar, es müsse nur politisch gewollt sein. Und da haben sie recht. Wir müssen den national-autoritären Angriff auf den Sozialstaat politisch beantworten und dürfen uns nicht darauf verlassen, dass die Gerichte das Schlimmste schon verhindern würden. Denn es geht um die zutiefst politische Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? In einer Gesellschaft, in der die Sicherung der sozialen Teilhabe oder gar des physischen Überlebens vom richtigen Aufenthaltsstatus und der richtigen Staatsangehörigkeit abhängig gemacht werden? In der sich der Sozialstaat seiner Verantwortung für einige vollständig entzieht und sie auf Suppenküchen, Almosen, das Sammeln von Pfandflaschen, Mülltonnen, ehrenamtliche Unterstützer:innen und solidarische Hilfsstrukturen verweist? In der Menschen aus Angst vor einer Denunziation an die Ausländerbehörde nicht zur Ärzt:in gehen und sich nicht trauen, einen Sozialhilfeantrag zu stellen? In der manche nicht wissen, wovon sie morgen das Essen für sich und ihre Kinder bezahlen sollen? In der Sozialstaat, Flucht und Migration systematisch gegeneinander ausgespielt und Grund- und Freiheitsrechte weiter eingeschränkt werden? Wer all dies nicht möchte, sollte sich dem weiteren national-autoritären Umbau des Sozialstaats entschieden entgegenstellen.“ Beitrag von Claudius Vogt aus »Blätter« 6/2024, S. 81-86 - [Petition] NEIN zur „Bezahlkarte“ in Hamburg: Die SocialCard: entmündigend, repressiv, diskriminierend! Kundgebung am 6. Juni 2024
„Die SocialCard: entmündigend, repressiv, diskriminierend! Am 15.02.2024 führte die Stadt Hamburg als erstes Bundesland das Pilotprojekt zur sogenannten SocialCard flächendeckend ein – eine Bezahlkarte für Bezieher*innen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Bereits über 680 Menschen in Hamburg haben diese Karte erhalten. Sie stellt eine massive Einschränkung in der Selbstbestimmung von geflüchteten Menschen dar und zielt auf Bevormundung, Kontrolle und Diskriminierung ab. Die Einschränkung des Bargeldzugangs ist mit menschenrechtlichen Standards und dem Schutz der Menschenwürde nicht vereinbar und auch verfassungsrechtlich höchst fragwürdig, denn die gesellschaftliche Teilhabe wird erschwert oder gar verhindert! Mit der Etablierung der Bezahlkarte kommt der Hamburger Senat populistischen und rechten Forderungen zu Lasten geflüchteter Menschen nach.
Unsere Forderung
Als Zivilgesellschaft stellen wir uns klar gegen Diskriminierung, Entmündigung und gesellschaftliche Exklusion und sagen NEIN zur “Bezahlkarte”. Wir fordern, den Senatsbeschluss zur Einführung der SocialCard im Land Hamburg zurückzunehmen und aus dem Vorhaben auszusteigen! Stoppen Sie die SocialCard und erteilen Sie in Hamburg dieser bevormundenden, diskriminierenden und repressiven Praxis gegenüber Geflüchteten und Schutzsuchenden eine Absage!
Kommt zur Kundgebung am 6. Juni 2024 um 16:30 Uhr.
Lasst uns gemeinsam rufen: Nein zur Bezahlkarte! Wir dulden keine Repression, Diskriminierung und Entmündigung geflüchteter und schutzsuchendender Menschen in Hamburg und anderswo! Ort: Adolphsplatz 6, 20457 Hamburg…“ Petition bei campact an Melanie Schlotzhauser – Senatorin der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration, Andy Grote – Innen- und Sportsenator, Peter Tschentscher – Erster Bürgermeister und den Hamburger Senat – siehe die Homepage der Initiative „Hamburg sagt NEIN zur “Bezahlkarte” und Infos zur „Bezahlkarte“ in Hamburg hier weiter unten - „Ausgrenzung und Diskriminierung pur“: Widerstand gegen die Bezahlkarte in Köln, Niedersachsen und Brandenburg
- [Petition in Köln] Selbstbestimmung statt Bezahlkarte
„Asylbewerber*innen und Geduldete sollen frei über ihr Geld verfügen können. Darum lehnen wir die Einführung einer Bezahlkarte ab, mit der sie Geld nur nach Vorschrift der Behörden ausgeben dürfen. Stattdessen fordern wir ein Basiskonto für Geflüchtete, dass ihnen die gleichen Möglichkeiten bietet, wie ein reguläres Bankkonto.
Begründung
Bei Bezahlkarte denkt man an „Bezahlen“ – jedoch soll genau das Gegenteil passieren: Die auch für Köln geplante Bezahlkarte ist restriktiv und soll das Bezahlen einschränken! Mit dem Ziel der Abschreckung sollen Geflüchtete nicht mehr selber bestimmen können, was und wo sie wieviel bezahlen wollen…“ Petition an Henriette Reker, Nathanael Liminski; Josefine Paul & den Stadtrat Köln - [Niedersachsen] Appell der Zivilgesellschaft: “Nein” zur diskriminierenden Bezahlkarte für Geflüchtete
„Breites Bündnis fordert: Die Landesregierung muss ihr Versprechen nach Gleichbehandlung aller Menschen in Niedersachsen umsetzen! Die niedersächsische Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, „Rassismus mit aller Kraft“ zu bekämpfen, und versprochen, „dass alle ankommenden Geflüchteten in Niedersachsen gleich behandelt werden und ihnen möglichst schnell ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht wird.“ Nach Einschätzung eines zivilgesellschaftliches Bündnisses von bislang 40 Initiativen und Organisationen droht mit der Bezahlkarte jedoch das genaue Gegenteil: Systematische Diskriminierung und Ausgrenzung von Geflüchteten anstatt Chancengleichheit und gleichberechtigter gesellschaftlicher Teilhabe. Deshalb appellieren die Organisationen und Initiativen an die rot-grüne Landesregierung sich auf ihre Versprechen zu besinnen und die Gleichbehandlung aller Menschen in Niedersachsen sicherzustellen, statt mit der Bezahlkarte ein neues Diskriminierungsinstrument zu schaffen…“ Meldung vom 15. Mai 2024 beim Flüchtlingsrat Niedersachsen – der Appell kann bis zum 31 Mai unterschrieben werden - „Ausgrenzung und Diskriminierung pur“: Brandenburg will 83 Cent Bargeld pro Tag für Asylbewerber-Kinder
„Die Bezahlkarte für Asylbewerber soll in Brandenburg landesweit eingeführt werden – bei der Höhe der Barsumme gab es Streit. Nun ist eine Entscheidung gefallen: 1,66 Euro/Tag für Erwachsene und halb so viel für Kinder. Das gefällt nicht allen. Der Flüchtlingsrat spricht von „Ausgrenzung und Diskriminierung pur“…“ Meldung vom 14.05.2024 im Migazin
- [Petition in Köln] Selbstbestimmung statt Bezahlkarte
- „Goldgräber-Stimmung“ im lukrativen Geschäft mit den Bezahlkarten: Datenschutzverstöße, Tracker und erhebliche Sicherheitslücken gefunden
„Sicherheitsforscher aus OWL haben drei Anbieter von Bezahlkarten für Geflüchtete untersucht. Die dazugehörigen Online-Banking-Apps weisen offenbar gravierende Sicherheitslücken auf. (…) Drei weitverbreitete Bezahlkarten-Anbieter haben die Sicherheitsforscher Tim Philipp Schäfers (29) und Niklas Klee (25) jetzt detailliert untersucht. Sie kommen beide aus Ostwestfalen-Lippe und arbeiten im IT-Bereich. Neben einer physischen Karte stellen die Unternehmen auch jeweils eine Online-Banking-App zur Verfügung, über die beispielsweise das verfügbare Guthaben eingesehen werden kann. Wirklich ausgereift bzw. markttauglich sind diese Apps nach Ansicht der Sicherheitsforscher aber noch nicht: Neben Datenschutzverstößen fanden Sie teils erhebliche Sicherheitslücken in der Programmierung der Apps und Tracker, über die persönliche Daten an Tech-Firmen in den USA abfließen. (…) Auf die wohl größte Schwachstelle stießen sie bei der Bezahlkarte der Anbieter „PayCenter GmbH“ und „petaFuel GmbH“. Letztere ist für die Online-Banking-Funktionen der „Bezahlkarte.eu“ bzw. auch einfach nur „Bezahlkarte“ verantwortlich. Die Bezahlkarte wird bereits in verschiedenen Städten und Landkreisen in Bayern für den Transfer von Sozialleistungen an Asylbewerber eingesetzt. (…) Die Schwachstelle ist als sogenannte „XSS-Lücke“ bekannt. Nach Einschätzung von Schäfers und Klee hätten Hacker-Angreifer den Login von anderen Nutzern (zum Beispiel von Asylbewerbern) stehlen und sich an ihrer Stelle einloggen können – mit gravierenden Folgen: Sehr wahrscheinlich wäre es Kriminellen so möglich gewesen, Kontostände und sensible Daten einzusehen, Geld abzubuchen, Online-Käufe vorzunehmen oder die Inhalte in der App für Betrugszwecke wie Phishing zu verändern. Asylleistungen wären so zwar nicht an Familien von Geflüchteten ins Ausland abgeflossen, dafür aber wohl auf den Konten Krimineller gelandet. (…) Neben der Suche nach Sicherheitslücken glichen sie auch die Quellcodes, also die Programmierung der Apps, mit den Angaben in den Datenschutzbestimmungen ab. Auch hier besteht nach ihrer Einschätzung Verbesserungsbedarf. In der „SecuPay-App“, der Online-Banking-App der Bezahlkarte „SocialCard“, fanden Sie unter anderem elf Tracker, die ohne Einwilligung der Nutzer Daten sammeln und diese an Google und Facebook übermitteln. Für Schäfers und Klee ein klarer Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung und die Persönlichkeitsrechte von Asylbewerbern. (…)
Dass Daten offenbar getrackt und in den USA gespeichert würden, ist für Julia Witte vom Verein „Digitalcourage e.V.“ mit Sitz in Bielefeld höchst problematisch. (…) Insbesondere für Asylsuchende, die in Ihrer Heimat politisch verfolgt werden, sei das hoch problematisch. (…) In der Branche gebe es durch den Beschluss der Bundesregierung aktuell eine Art „Goldgräber-Stimmung“, das Geschäft mit den Bezahlkarten ist lukrativ. Dass Flüchtlinge in Zukunft keine Wahl mehr zwischen Bargeld und digitalem Bezahlen hätten, kritisiert sie: „Das ist nicht in Ordnung, wir reden hier über die Sicherheit von Menschen.“ Ebenfalls sei problematisch, dass sich Bezieher von Asylleistungen nicht einmal zwischen verschiedenen Anbietern entscheiden könnten.“ Beitrag von Fynn David Just vom 7. Mai 2024 beim WDR („Bezahlkarte für Geflüchtete: Forscher aus OWL finden Sicherheitslücken“) - Alleingang in Brandenburg: Erster Kreis startet Ausgabe von Asyl-Bezahlkarten
„Als erster Landkreis in Brandenburg hat Märkisch-Oderland am Montag im Alleingang mit der Ausgabe der neuen Bezahlkarten für Asylbewerber begonnen. Damit erhalten nach und nach um die 1.000 Asylbewerber in dem Kreis staatliche Leistungen zum Lebensunterhalt nicht mehr als Scheck, sondern als Guthaben auf der Karte. Bund und Länder einigten sich auf die Einführung der Bezahlkarte, doch wann es in Brandenburg landesweit so weit sein kann, ist noch unklar. (…) Einige dutzende Asylbewerber, die meist in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, warteten am Vormittag in der etwas abgelegenen Außenstelle des Landkreises in Vierlinden-Diedersdorf. Am Schalter erhielten sie ihre Bezahlkarte samt PIN in einem Umschlag und Informationen dazu, die in acht Sprachen verfügbar sind. Einige der meist jungen Männer ließen auch Skepsis erkennen. Ein Mann aus Pakistan, der ein Guthaben von 460 Euro auf der Karte hat, meinte zur maximalen Bargeldabhebung: „This is not good.“ 50 Euro Bargeld sei zu wenig. Zudem befürchtete er, dass manche Läden die Karten nicht akzeptieren würden. Ein Kenianer kritisierte, dass er jeden Monat aufs Amt müsse, nur um die Bezahlkarte aufladen zu müssen. Ein dritter Mann meinte, die Regierung wolle überwachen, wofür er sein Geld ausgebe. Landrat Schmidt verteidigte das Limit der Bargeldabhebung und sagte, Asylbewerber befänden sich „in Transferleistungen“, weshalb es keine „individuelle Freiheit in der Bestimmung der Geldausgaben“ gebe. (…) Es muss sich nun zeigen, ob die neuen Karten auch in den Läden problemlos funktionieren und den Praxistest bestehen. „Die Zahlung mit Bezahlkarte ist in fast allen Geschäften möglich“, heißt es auf einem Informationsblatt des Landkreises. Ein Mann, der damit an der Kasse in einem Supermarkt nicht bezahlen konnte, kam am Montagvormittag verunsichert zum Amt zurück. Dort konnten zwei Mitarbeiterinnen zügig Abhilfe schaffen. Denn aus Versehen war vergessen worden, seine Karte mit dem Guthaben aufzuladen.“ Meldung vom 7. Mai 2024 im MiGAZIN - Dortmunder Stadtrat lehnt nach hitziger Debatte die Bezahlkarte ab: „Wir wollen keine Abschreckungskarte. Wir halten das für unnötig und unwürdig“
„Hitzige Debatte um Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete im Dortmunder Stadtrat: „Wir wollen keine Abschreckungskarte. Wir halten das für unnötig und unwürdig“ (…) Nach Kritik signalisierte Ministerpräsident Wüst, dass das Land bei den Kosten dafür helfen werde. Im Rat der Stadt Dortmund wurde jetzt die Einführung einer solchen Karte sehr kontrovers diskutiert und letztendlich abgelehnt. Die Fraktion FDP/Bürgerliste hatte geradezu enthusiastisch die Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge gefordert. Dem gegenüber stand ein gemeinsamer Antrag von Grünen und SPD, der sich gegen eine Einführung aussprach, so lange es keine landesweite Einführung gibt. Und selbst dann gibt es zahlreiche Bedenken und Vorbehalte. Damit trugen die Ampel-Parteien aus Berlin in Dortmund den Koalitionskrach auf lokaler Ebene weiter aus. (…) Der Antrag von FDP/ Bürgerliste wurde mit den Stimmen von SPD, Grünen, Linken, Partei und AfD abgelehnt. SPD, Grüne, Linke+ und die Partei hingegen drückten dann den Antrag von SPD und Grünen durch.“ Bericht von Alexander Völkel vom 24. Februar 2024 bei den Nordstadtbloggern mit Beiträgen im Wortlaut und schönen Zitaten - Das AsylbLG als Versuchslabor: Wie rechtspopulistische Politik praktisch wird
„… Das Asylbewerberleistungsgesetz und die Bezahlkarte dienen in erster Linie als symbolisch aufgeladenes Versuchslabor, in dem die Instrumente getestet werden können. Doch längst geht es um mehr: Rechtsextremist*innen, Neoliberale, Konservative und Linksnationale üben den Schulterschluss, um die Ideologie der Ungleichheit auch an anderen Stellen in die Praxis zu überführen; Sozialdemokrat*innen und Grüne haben dem wenig entgegen zu setzen, die Linke ist zu schwach. Dies betrifft alle möglichen Bereiche: vom Asylbewerberleistungsgesetz über das Bürger*innengeld bis zur (noch nicht mal verabschiedeten) Kindergrundsicherung – bei allem schwingt mehr oder minder offen ein rassistisches Narrativ mit. Die Rechtsextremist*innen sind schon in der Opposition überaus erfolgreich. Um es anders zu sagen: „AfD“ wirkt, die rohe Bürgerlichkeit feiert fröhliche Urständ‘.
Ein aktueller Antrag der Unionsfraktion im Bundestag für eine Verfassungsänderung macht deutlich, worum es im Kern geht: Das Gleichheitsversprechen des Grundgesetzes soll geschleift, das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimums entlang rassistischer und klassistischer Trennlinien relativiert, die soziale Exklusion für bestimmte Bevölkerungsgruppen zur Normalität werden. Dabei setzt man offen darauf, dass das Bundesverfassungsgericht seine bisher recht progressive Rechtsprechung über den Haufen werfen und der Ungleichheitspolitik nicht mehr im Wege stehen werde.
Während wir noch über die Frage diskutieren, ob mit der Bezahlkarte 50 oder 70 Euro Bargeld abgehoben werden können und ob dies zwei Euro Gebühr kostet oder nicht, haben andere längst ihre Arbeit aufgenommen: Sie haben mit dem national-autoritären Umbau des Sozialstaats begonnen. Neben der militärischen Aufrüstung der Grenzen und der körperlichen Deportation aus dem Bundesgebiet soll die national-autoritäre Sozialpolitik zur dritten tragenden Säule der Migrationsverhinderung werden…“ Aus dem umfamngreichen Beitrag von Claudius Voigt (GGUA Münster) vom 15.04.2024 bei Tacheles - Kölner Wohlfahrtsorganisationen gegen Bezahlkarte
„“Die umstrittene Bezahlkarte für Geflüchtete ruft Kölner Wohlfahrtsorganisationen auf den Plan. Unter anderem haben sich die Caritas, die Diakonie, der Flüchtlingsrat und der Runde Tisch für Integration zur Kölner Kampagne ‚Selbstbestimmung statt Bezahlkarte‘ zusammengeschlossen. Das Bündnis will eine Bezahlkarte verhindern, die zum Beispiel das Nutzen von Bargeld einschränkt…“ Meldung vom 16.04.2024 bei Radio Köln – das Bündnis „Selbstbestimmung statt Bezahlkarte“ wurde vom Kölner Flüchtlingsrat e.V. inittiert (dort noch nichts gefunden), siehe auch Claus-Ulrich Prölß auf Twitter - Zusammenfassung der Änderungen im AsylbLG zur Bezahlkarte
„Die Regierungsmehrheit hat sich auf die gesetzlichen Änderungen im AsylbLG zur Einführung der Bezahlkarte geeinigt. Am Freitag wurde diese im Bundestag abschließend verabschiedet. Die Gesetzesänderung wird als Beschlussempfehlung des Sozialausschusses an das „Datenübermittlungsvorschriften-Anpassungsgesetz“ angehängt (BT-Drucksache 20/11006, Art. 15, ab S. 79). Hier eine Übersichtstabelle mit den Änderungen im Vergleich zum aktuellen Gesetz (inhaltlich relevante Änderungen gelb markiert) sowie anschließend die Änderungen im Fließtext, inklusive der Gesetzesbegründung (Änderungen gelb markiert). Hier zum Download: https://t1p.de/ew87u “ Quelle: Thomé Newsletter 12/2024 vom 16.04.2024 - DeZIM und Anwaltsverein lehnen in ihren Stellungnahmen die Bezahlkarte ab und warnen vor negativen Folgen
- Leistungen für Asylsuchende: Anwaltsverein lehnt Bezahlkarte ab
„Der Deutsche Anwaltverein schaltet sich in die Diskussion um Bezahlkarten ein: Das Existenzminimum sei nicht mehr sicher, wenn Bundesländer selbst etwa entscheiden könnten, wie viel Bargeld mit den Karten abgehoben werden kann. Das könnte zu einer Welle an Klagen führen.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete und Asylsuchende ab. Die Einführung einer solchen Karte läge zwar grundsätzlich im Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, schreibt der Verein . Jedoch müssten die Gesetzgeber in so einem Fall dafür sorgen, dass die Karte ohne Einschränkungen genutzt werden kann und dass das Existenzminimum gesichert ist. Das sei nach dem jetzigen Gesetzentwurf der Ampelkoalition nicht der Fall. (…)
Dadurch sei das Existenzminimum nicht sicher gewährleistet. „Zum Führen eines Lebens, das der Würde des Menschen entspricht, gehört es auch, die Möglichkeit einzuräumen, die im Rahmen der Mittellosigkeit beanspruchten Leistungen für die Bedarfsdeckung frei und ohne Auffälligkeiten zu gestalten“, schreibt der Verein. „Ausländische Staatsangehörige verlieren den Geltungsanspruch als soziale Individuen nicht dadurch, dass sie ihre Heimat verlassen und sich in der Bundesrepublik Deutschland – möglicherweise nicht auf Dauer – aufhalten.“
Zu welchen konkreten Problemen das im Alltag führen kann, beschreibt der Verein in einer ausführlichen Stellungnahme zum Gesetz. In vielen Geschäften ist Kartenzahlung in Deutschland gar nicht möglich, teils lässt sich die Karte erst ab einer bestimmten Summe einsetzen. In vielen anderen Situation im Alltag könne man nur bar bezahlen, etwa den Einkauf auf Flohmärkten oder im Kiosk an der Ecke. Was, wenn die Karte am Wochenende außerhalb der Erreichbarkeit der Behörde verloren geht, gestohlen wird oder der Kartenleser im Lebensmittelgeschäft ausfällt?
Technisch ist es zudem möglich, die Bezahlfunktionen der Karte zu beschränken…“ Beitrag von Chris Köver vom 09.04.2024 in Netzpolitik - DeZIM-Stellungnahme: Wissenschaftliche Einschätzung der Bezahlkarte für Geflüchtete
„Die Ministerpräsidentenkonferenz und die Bundesregierung haben sich auf die flächendeckende Einführung einer Bezahlkarte für die Bezieher*innen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verständigt. Die Stellungnahme diskutiert, wie die Vorschläge aus wissenschaftlicher Perspektive zu bewerten sind. Demnach kann die Einführung der Bezahlkarte negative Auswirkungen auf Integration und Teilhabe der Geflüchteten haben, nicht zu vernachlässigende direkte und indirekte Kosten aufwerfen und ihr eigentliches Ziel, die Reduzierung der Fluchtmigration, verfehlen. Zu erwarten ist auch, dass die Bezahlkarte den Nutzen der existenzsichernden Leistungen für die Betroffenen mindert und, je nach Grad der Beschränkung der sächlichen und räumlichen Verwendung der Mittel, die Chancen auf Mobilität, Kommunikation und soziokulturelle Teilhabe reduziert. Auch drohen negative Wirkungen für die Integration in den Arbeitsmarkt. Als besonders kritisch sind in diesem Zusammenhang lokale und regionale Beschränkungen des Einsatzes von Bezahlkarten zu bewerten. Die Wirkungen werden aber wesentlich von der Ausgestaltung der Bezahlkarte abhängen.“ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) vom 8. April 2024 zur 11-seitigen DeZIM-Stellungnahme zur Bezahlkarte für Geflüchtete
- Leistungen für Asylsuchende: Anwaltsverein lehnt Bezahlkarte ab
- Ampel hat sich auf Bezahlkarten für Geflüchtete geeinigt: Diskriminierungsinstrument zur Einschränkung der Handlungsfreiheit von Geflüchteten
„… Die Ampel-Fraktionen haben sich nach wochenlangen Diskussionen auf eine gemeinsame Gesetzesgrundlage zur Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete und Asylbewerber geeinigt.
Eine kurze Zusammenfassung auf Lto: https://t1p.de/etbok und bei der Tagesschau: https://t1p.de/ffsne
Kommentar: mit der Einführung der Bezahlkarte hat die Ampel wieder mal dem Druck der reaktionären Kräfte nachgegeben. Sie beteiligt sich daran, das Leben der Geflüchteten aus migrationspolitischen Erwägungen einzuschränken und zu diskriminieren.
Wer sich die Webseiten möglicher Anbieter genau anschaut: https://paycenter.de/bezahlkarte/ oder https://givve.com/de/oeffentlicher-sektor/bezahlkarte-fuer-leistungsempfaenger wird erkennen, dass die Bezahlkarte ein einziges Diskriminierungsinstrument ist und es mit dieser es vielfältige Möglichkeiten gibt, die allgemeine Handlungsfreiheit von Geflüchteten einzuschränken.
So Beschränkung der Benutzung von Bezahlkarten auf Postleitzahlgebiete, auf einzelne Händler/Dienstleistungen (z. B. Lidl, ÖPNV) oder auch Ausschluss einzelner Branchen.
Menschenrecht und -würde wird trotz aller Schönrederei damit mit Füßen getreten.
Es besteht die erhebliche Gefahr, dass Bezahlkarten nicht nur bei Geflüchteten eingeführt werden, sondern später, bei allgemeiner Akzeptanz, auch für SGB II/SGB XII-Leistungen beziehende Menschen. Daher sollte die Herangehensweise sein: wehret den Anfängen!
Der Flüchtlingsrat NRW hat eine Liste der Kommunen, die sich gegen die Bezahlkarte positionieren und Argumentationshilfen veröffentlicht, darauf möchte ich hinweisen: https://t1p.de/xkktq .“ Aus dem Thomé Newsletter 11/2024 vom 06.04.2024- Auch AfD stimmt dafür: Bundestag beschließt Bezahlkartengesetz
„Der Bundestag hat dem Gesetz zu Bezahlkarten zugestimmt. Sowohl die Regelungen als auch die Karten für Asylsuchende selbst wurden im Vorfeld viel kritisiert. Denn sie machen es denen noch schwerer, die sowieso schon wenig haben…“ Beitrag von Anna Biselli vom 12.04.2024 in Netzpolitik - Und das Unzitat des Tages: „Wer hat denn die Bezahlkarte blockiert, die wir dringend brauchen, um den Magnetismus des Sozialstaates zu reduzieren“ Lindner bei Miosga am 7.4.
- Auch AfD stimmt dafür: Bundestag beschließt Bezahlkartengesetz
- Ein Instrument der Repression: Hamburg zieht Alleingang mit der Bezahlkarte für Geflüchtete durch und nennt sie ernsthaft „Social Card“
„Hamburg zieht Alleingang mit der Bezahlkarte für Geflüchtete durch. Im Herbst könnte sie ohne Auswertung in die bundesweite Social Card übergehen.
Seit knapp einem Monat zahlt die Stadt Hamburg mittlerweile Asylbewerberleistungen über die sogenannte Social Card statt in bar aus. Offiziell soll das Bürokratie abbauen: Asylbewerber*innen müssen keine Zahlstellen mehr aufsuchen, die Behörden sparen Personal- und Verwaltungskosten. Jetzt dürfen Betroffene allerdings nur 50 Euro pro Monat in bar abheben, nicht online einkaufen oder Geld überweisen. Die Linken-Abeordnete Carola Ensslen spricht von „Repression“ (…) Die Stimmung zur Social Card sei im vergangenen Jahr eine ganz andere gewesen, sagt Ensslen. Auf eine Kleine Anfrage der Linken von August 2023 hat der Senat geantwortet, die Hamburger Bürgerschaft sei im Vorfeld nicht beteiligt worden, weil es sich lediglich um eine Testphase handele. Online-Einkäufe sollten nach den damaligen Plänen mit der Karte noch möglich sein. Das ist nun in der Praxis nicht der Fall. Anja Segert von der Hamburger Sozialbehörde begründet diese Entscheidung mit der im November getroffenen Vereinbarung der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler. Dort wurden Mindestanforderungen für die bundesweite Bezahlkarte festgelegt. Onlinekäufe und Überweisungen wurden darin ausgeschlossen. Diese Vereinbarung gilt für das Pilotprojekt aber noch gar nicht – und widerspricht der Hamburger Umsetzung auch an diversen anderen Stellen. Beispielsweise müsste es laut Mindestanforderungen auch eine 24-Stunden-Hotline für Karteninhaber*innen geben, die Hamburg nicht eingerichtet hat. Kritik hat sich vergangene Woche auch daran entzündet, dass die Stadt Leistungen auch dann weiter auf die Social Card auszahlen will, wenn Empfänger*innen bereits ein Konto eröffnet haben. Komplett verschwiegen hatte die Behörde diese Absicht im Vorfeld nicht. In der Ausschreibung vom August ist bei der Zielgruppe zwar immer von „Leistungsberechtigten ohne Girokonto“ die Rede.
In der Antwort auf die Linken-Anfrage im selben Monat schrieb der Senat allerdings, die Karte solle nur noch „in erster Linie“ für Menschen ohne eigenes Konto angeboten werden. (…) Dass dennoch auch Asylbewerber*innen mit eigenem Konto ihr Geld auf die Social Card bekommen sollen, macht Linke und Grüne wütend. „Es ist schon nicht die feine Art, gegen den entschiedenen Dissens des Koalitionspartners einen solchen Behördenvorgang durchzuziehen“, sagt Mareike Engels, Sprecherin für Soziales der Grünen-Fraktion Hamburg der taz. „Die Einführung der Social Card ist schließlich keine Kleinigkeit.“ Ensslen spricht von einer „völlig undemokratischen“ Entscheidung „im stillen Kämmerlein“. Nicht nur mit dieser Entscheidung haben die Behörden die angekündigte Auswertung übersprungen...“ Artikel von Theresa Moosmann vom 28.3.2024 in der taz online („Ein Instrument der Repression“) - Kölner Flüchtlingsrat will gegen Bezahlkarte klagen – in Dresden setzt die AfD mit Stimmen von CDU, FDP und Freien Wählern eine sehr restriktive Variante durch
- „Restriktiv und diskriminierend“: Kölner Flüchtlingsrat will gegen Bezahlkarte für Asylbewerbende klagen
„… Der Kölner Flüchtlingsrat will vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, wenn die Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt wird. Das kündigte dessen Geschäftsführer Claus-Ulrich Prölß an, als im Bürgerzentrum Altenberger Hof unter dem Motto „40 Jahre Solidarität statt Hetze“ das 40-jährige Bestehen der Organisation gefeiert wurde. Die „restriktive und diskriminierende“ Bezahlkarte sei genauso untauglich wie entsprechende Wertgutscheine und Chipkarten, die vor Jahrzehnten eingeführt und relativ schnell abgeschafft wurden. (…) In einer Zeit, in der sich „Hass und Hetze breitmachen“ und die Rechte und der Schutz von Geflüchteten „unter Beschuss“ stehen würden, halte der Flüchtlingsrat „mehr denn je“ dagegen und werde dies auch weiterhin tun, sagte Prölß. Das Recht auf Asyl, seit der Grundgesetzänderung im Jahr 1993 bereits stark eingeschränkt, werde durch die aktuelle Flüchtlingspolitik in Deutschland und der EU weiter verbogen und verstümmelt. „Das Recht droht so zu verschwinden“. (…) Es sei laut Prölß inakzeptabel, dass der Rechtsextremismus die „Diskurse und Positionen“ mit Angstmacherei bestimme und eine „auf Ausgrenzung und Abschottung beruhende Flüchtlingspolitik“ hinterher eile. (…) Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker ging auf jene Grundgesetzänderung ein. Das „Einnicken aller damals machtpolitisch relevanten Kräfte“ habe zu einem „faulen Kompromiss“ geführt, zur „Aushöhlung eines Grundrechts“. Flucht und Migration seien „keine Themen, denen mit Abschottung zu begegnen ist“. Dem Flüchtlingsrat, der die gleichen Ziele wie die Stadt verfolge, dankte sie dafür, dass er sich konsequent für diejenigen einsetze, die „sonst niemanden haben, der in ihren Namen spricht“; dies tue er „stets unbeeindruckt von gesellschaftlichem Gegenwind“.“ Beitrag von Clemens Schminke vom 20. März 2024 beim Kölner Stadt Anzeiger online , beim Kölner Flüchtlingsrat selbst noch nichts gefunden - Umstrittene Entscheidung: CDU stimmt für AfD-Antrag zu Bezahlkarte für Asylsuchende im Dresdner Stadtrat
„Die Brandmauer zur AfD bekommt Risse: In Dresden hat der Stadtrat mit Stimmen von CDU, FDP und Freien Wählern einen Antrag der Rechts-außen-Partei gebilligt. Es geht um Bezahlkarten für Asylsuchende. (…)Der Antrag der AfD-Fraktion sieht vor, dass in einem Modellversuch eine Bezahlkarte die bisherigen Bargeldzahlungen für Asylbewerber ablöst. Mit der Karte sollen dann nur Zahlungen innerhalb Deutschlands möglich sein, zudem soll es weitere Einschränkungen bei der Nutzung geben…“ Meldung vom 22.03.2024 im Spiegel online
- „Restriktiv und diskriminierend“: Kölner Flüchtlingsrat will gegen Bezahlkarte für Asylbewerbende klagen
- Das Aus für Bargeld nimmt Geflüchteten ein Minimum an Freiheit und Teilhabemöglichkeiten – dafür nimmt z.B. Berlin eine Kostenexplosion in Kauf
- Verschärfte Flüchtlingspolitik: Kostenexplosion durch Bezahlkarte
„Berlin will die Bezahlkarte für Asylbewerber angeblich nur zum Bürokratieabbau. Doch dafür ist sie etwas sehr teuer, wie eine Grünen-Anfrage ergibt. Die Bezahlkarte für Asylbewerber könnte Berlin ein Vielfaches dessen kosten, was das Land bisher für die entsprechende Auszahlung von Bargeld ausgibt. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Jian Omar hervor, die der taz exklusiv vorliegt. Omar kommentierte die Antwort am Montag deutlich: „Angesichts der Tatsache, dass die Bezahlkarte das Land Berlin nach Schätzung einer bundesweiten Arbeitsgruppe voraussichtlich 10 Millionen Euro jährlich kosten wird, sind die in der Antwort dargestellten Zahlen zu den Kosten des jetzigen Systems alarmierend.“ (…) Der Senat hat wiederholt erklärt, dass er keine Beschränkung der Karte will, mit ihr auch keine Migrationssteuerung bezwecke, was laut Experten ohnehin unmöglich ist. „Wir wollen vereinfachen, wir wollen dadurch auch Bürokratie herunterfahren. Das ist das Ziel der Bezahlkarte“, erklärte CDU-Senatschef Kai Wegner Ende Februar. Wenn es aber nur darum gehe, sagt Omar, sei es unverständlich, „warum der Regierende Bürgermeister eine Gesetzesänderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und eine einheitliche Bezahlkarte mit anderen Bundesländern fordert“. Eine nicht diskriminierende Bezahlkarte, die wie eine EC-Karte funktioniert, sei schon jetzt möglich, betonte Omar – die Stadt Hannover mache es vor. Wenn es dem Senat darum gehe, solle Berlin diesem Beispiel folgen, das „voraussichtlich kostengünstiger sein und die Verwaltung entlasten wird“. Dagegen wird mit der Bezahlkarte das angebliche Ziel „Bürokratieabbau“ offenkundig teuer erkauft…“ Artikel von Susanne Memarnia vom 11.3.2024 in der taz online - Verbannt per Bezahlkarte: Das Aus für Bargeld nimmt Geflüchteten ein Minimum an Freiheit und Teilhabemöglichkeiten. Ein Theaterstück in vier Akten
„Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Ein Theaterstück, das die Bühne für ein Publikum beleuchtet, das längst erkannt hat, dass der Kaiser keine Kleider trägt. Die Politik löst mit der Bezahlkarte Probleme, die so real sind wie die Monster unter dem Bett, während mit ihr die echten verfassungswidrigen Ungeheuer – Ungleichheit, Diskriminierung und Ausgrenzung – frei herumlaufen, ungezähmt und ungehindert. Und so steht Frau Bezahlkarte stolz im Rampenlicht, umjubelt von all jenen, die noch nie etwas von dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gehört haben. (…) Erster Akt: Der Rahmen – Der Vorhang hebt sich, die Bühne zeigt ein Büro, im Hintergrund sieht man Umrisse des Reichstagsgebäudes. Im Mittelpunkt steht ein antikes Schreibpult, hinter dem der Gesetzgeber sitzt. Eine Tafel dahinter zeigt das Grundgesetz, eine leuchtende Inschrift hebt Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 20 hervor. (…) Der Gesetzgeber blickt in die Ferne, während die Schatten verblassen. Er murmelt: „Ob unsere Pläne für die Bezahlkarte diesen strengen Anforderungen standhalten?“ Zweiter Akt: Das Dilemma – Eine Straßenszene mit kleinen Geschäften, Flohmärkten. Orte, wo das Leben pulsiert und Schnäppchen zu finden sind. Die Bezahlkarte kann man hier nicht nutzen, zahlen geht nur bar. (…) Dritter Akt: Die Mauer muss weg – Eine Mauer teilt die Bühne – auf der einen Seite die weite Welt, auf der anderen ein durch Mauern begrenzter Raum, der thüringische Landkreis Greiz. (…) „Im Landkreis Greiz sehen wir, wie der Einsatzbereich der Bezahlkarte beschränkt wird, denn sie funktioniert nur dort. Das ist nicht tragbar.“ Vierter Akt: Justitia spricht – (…) Sie sagt: „Wir müssen unsere Diskussion über die Bezahlkarte auf eine Basis aus Fakten und verfassungsrechtlichen Grundsätzen stellen. Die verbreitete Annahme, dass Geflüchtete ihre Sozialleistungen ins Ausland transferieren, ist nicht stichhaltig. Tatsächlich führt die Bezahlkarte aber zu einer erheblichen Einschränkung der Geflüchteten, indem sie ihnen die grundlegende Freiheit nimmt, über ihren Alltag und ihre Bedürfnisse selbst zu entscheiden.“ Und während sich die Bühne verdunkelt, fallen Sparkassenkarten vom Himmel, im Hintergrund erscheint der Slogan: Die Lösung für alle!. Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Ein Theaterstück, das die Bühne für ein Publikum beleuchtet, das längst erkannt hat, dass der Kaiser keine Kleider trägt…“ Gastkommentar von Farnaz Nasiriamini vom 12. März 2024 in der taz online - Über 30 Organisationen, Wohlfahrtsverbände und zivilgesellschaftliche Initiativen fordern: Keine Bezahlkarte für Geflüchtete in Bochum
„Heute wurde ein offener Brief an OB Thomas Eiskirch und die Dezernentin Britta Anger versandt, in dem über dreißig Organisationen, Wohlfahrtsverbände und zivilgesellschaftliche Initiativen aus Bochum fordern, keine Bezahlkarte für Geflüchtete einzuführen. In der Pressemitteilung dazu heißt es: »Die Unterzeichnenden fordern die Verantwortlichen auf, keine Bezahlkarte für Geflüchtete in Bochum einzuführen. Im Brief werden zugrundeliegende Fehlannahmen der Bezahlkarte, die diskriminierende Gefahr und die verfassungswidrigen Probleme der Bezahlkarte herausgestellt. Die Unterzeichnenden schlussfolgern aus diesen Problematiken folgendes: „Insgesamt würde die Bezahlkarte die gesellschaftliche Teilhabe und damit die Integration geflüchteter Menschen in Bochum erheblich einschränken und steht somit konträr zum Ziel der Bochum Strategie stehen, ein Leben ohne Diskriminierungen für alle Menschen zu ermöglichen. Geflüchteten Menschen würde im Alltag durch die Einführung der Bezahlkarte fortlaufend vermittelt, nur Menschen zweiter Klasse zu sein. Wir fordern Sie deshalb auf, sich im Rat der Stadt Bochum gegen eine Bezahlkarte auszusprechen und sich auch auf Landesebene gegen eine NRW-weite, verpflichtende Einführung einzusetzen.“ Meldung vom 12.03.24 bei bo-alternativ zum offenen Brief – eine nachahmenswerte Initiative!
- Verschärfte Flüchtlingspolitik: Kostenexplosion durch Bezahlkarte
- Bezahlkarten für Asylsuchende: Vorwort über die Kontrollgesellschaften – „Sagen wir’s wie es ist: Die Bezahlkarte ist ein Produkttest“
„Asylsuchende in Deutschland sollen Gelder in Form von Bezahlkarten erhalten. Das ist nicht nur rechte Symbolpolitik und Schikane, sondern auch ein Testlauf für eine neue Form der Überwachung (…) Sagen wir’s wie es ist: Die Bezahlkarte ist ein Produkttest. Stiftung Warentest für Kontrollmechanismen Made in Germany und Tested on Leuten, die sich nicht wehren können.
„Es ist einfach, jede Gesellschaft mit Maschinentypen in Beziehung zu setzen, nicht weil Maschinen determinierend sind, sondern weil sie Gesellschaftsformen ausdrücken, die fähig sind, sie ins Leben zu rufen und einzusetzen“, schreibt der französische Philosoph Gilles Deleuze in seinem hellsichtigen Postskriptum über die Kontrollgesellschaften, an das ich während der Berichterstattung über die Karten immer wieder denken musste. Technologien spiegeln stets die Umstände wider, in denen sie entwickelt und eingesetzt werden. In einer solchen Lesart ist die Bezahlkarte für Asylsuchende ein mehr als unheilvolles Omen im technologischen Kaffeesatz einer nach rechts rutschenden Bundesrepublik. (…)
Es ist einfach, die Bezahlkarte als Symbolpolitik nach rechts abzutun, doch das fasst es nicht vollständig. In Wahrheit sind es Dehnungsübungen einer neuen Form von Überwachung, ein Testlauf zulasten der Gruppe, die derzeit die schwächste Lobby im nach rechts lechzenden Bundestag hat. Über die weitere Ausbreitung wird längst diskutiert. Abgeordnete von Union und FDP fordern bereits, die Bezahlkarte auch für Bürgergeldempfänger:innen einzuführen – wann knickt die nächste Partei ein? Welche Gruppe guckt man sich als nächstes aus?…“ Kolumne von Titus Blome vom 04.03.2024 im Freitag online- Siehe bereits: Nach den Geflüchteten sind folgerichtig die „Faulen“ dran: Union, FDP & Rechte fordern Einführung der „Bezahlkarte“ für Bürgergeldbeziehende
- Widerstandsmöglichkeiten gegen Asylbewerberleistungsgesetz gibt es:
2004 gab es in Berlin eine Initiative gegen das Chipkartensystem z.B. mit öffentlichen antirassistischen Gutscheineinkauf bei Penny – siehe diese im LabourNet-Archiv
- Bar oder mit Karte? Zur bevorstehenden Einführung der Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsrecht
„Seit nunmehr dreißig Jahren zielt der Gesetzgeber mit dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) darauf ab, (vermeintlichen) Pull-Faktoren entgegenzuwirken und existenzsichernde Sozialleistungen für Asylsuchende einzuschränken. Das neueste Kapitel in dieser Entwicklung: die Einführung der sogenannten Bezahlkarte. Letzte Woche hat die Bundesregierung ihre Meinungsverschiedenheiten beigelegt und sich darauf verständigt, das AsylbLG anzupassen, um einen rechtssicheren Einsatz der Bezahlkarte zu ermöglichen. Bereits Ende Januar hatten 14 der 16 Bundesländer ein gemeinsames Vergabeverfahren für die Bezahlkarte angestoßen. Einige der diskutierten Bezahlkartenmodelle werden den verfassungsrechtlichen Vorgaben allerdings nicht gerecht: Es droht eine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums…“ Beitrag von Julian Seidl vom 7.3.2024 im Verfassungsblog - Breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen im Offenen Brief: NEIN zur Bezahlkarte
„… Wir, ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen, lehnen die Bezahlkarte strikt ab und fordern Berlin dazu auf, aus dem Vergabeverfahren auszusteigen. (…) Die Bezahlkarte eröffnet die Möglichkeit, massiv in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen einzugreifen. Es kann von außen reglementiert werden, welche Waren Menschen wo einkaufen können, ob und wieviel Bargeld sie abheben dürfen und Überweisungen ins In- und Ausland werden ihnen komplett untersagt. Das wird den Alltag der Menschen enorm einschränken: Die Raten für den Rechtsbeistand, Geld für die Klassenfahrt oder die Möglichkeit, Dinge günstig auf dem Flohmarkt zu kaufen – all das wird für die Betroffenen nicht mehr möglich sein. (…) In Artikel 1 GG heißt es, die Würde des Menschen ist unantastbar. Empfänger*innen von Leistungen nach dem AsylbLG erhalten nicht nur Leistungen unterhalb des Existenzminimums (knapp 20% weniger als Bügergeldempfänger*innen). Mit der Bezahlkarte können sie über dieses wenige Geld noch nicht einmal frei entscheiden. Das dahinterstehende Ziel haben die Politiker*innen klar formuliert: Man will die Zahl der Asylsuchenden „deutlich und effektiv“ senken. Sozialleistungen werden somit als Abschreckungsinstrument missbraucht. (…) Asylsuchende werden einmal mehr als Menschen zweiter Klasse behandelt. (…) Asylsuchenden Menschen wird pauschal unterstellt, in erster Linie wegen monetärer Anreize nach Deutschland zu kommen. Dabei wurde in der Migrationsforschung und selbst durch den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages längst festgestellt, dass wesentlich für die Wahl eines Ziellandes die familiären und sozialen Bindungen, Bildungs- und Arbeitsperspektiven sowie rechtsstaatliche Sicherheit einer demokratisch verfassten Gesellschaft sind. Menschen fliehen in erster Linie vor Krieg, Unterdrückung und humanitären Notlagen. Ökonomische Faktoren greifen für die Erklärung von Fluchtbewegungen viel zu kurz. Dennoch wird Asylsuchenden vorgeworfen, das Sozialhilfesystem „auszunutzen“. (…) Diese falschen Beschuldigungen sind populistisch und nähren Vorurteile und Ressentiments in der Gesellschaft gegenüber Geflüchteten. (…) Das zynische Ziel der Bezahlkarte ist Abschreckung. Doch niemand lässt sich auf eine gefährliche und oft auch sehr kostspielige Flucht ein, nur weil er*sie in Deutschland Bargeld erhält. Im Umkehrschluss wird eine Bezahlkarte auch niemanden abschrecken. Es wird die Menschen nur noch mehr entrechten und diese scheibchenweise Entrechtung stärkt am Ende nur rechtspopulistische und rechtsextreme Gruppierungen und Parteien. (…) Bargeld allein ist sicher nicht das Nonplusultra. Es ist für alle Beteiligten von Vorteil, wenn das monatliche Schlangestehen für die Auszahlung der Leistungen vermieden wird und eine Wahlfreiheit zwischen digitaler und barer Bezahlung gegeben ist. Deshalb befürworten wir, dass allen asylsuchenden Menschen ab dem Zeitpunkt ihrer Registrierung ein kostenloses Bürgerkonto zur Verfügung gestellt wird. Asylsuchende haben gemäß dem Zahlungskontengesetz einen Anspruch auf den Abschluss eines Basiskontovertrags. Solch ein Konto hat den Vorteil, dass AsylbLG-Empfänger*innen genauso wie alle anderen Menschen selbstbestimmt über ihr Geld entscheiden können UND dass Sozialbehörden entlastet werden, da sie die Leistungen einfach auf das Konto überweisen können…“ Offener Brief am 28. Februar 2024 bei RAV - Can I pay this Bratwurst with card? Bezahlkarte für Geflüchtete kommt im Freistaat „schneller und ist härter“, z.B. mit potenziell eingeschränktem Funktionsradius
- Bayern: Umstrittener Pilotversuch mit Bezahlkarte für Geflüchtete startet
„Die Bezahlkarte statt Bargeld für Asylbewerber soll die Zahl der Geflüchteten senken. Bayern prescht mit einem umstrittenen Pilotprojekt vor. Experten sehen das kritisch. Ein populistischer und untauglicher Versuch? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vorhaben…“ Beitrag von Michael Donhauser vom 27.02.2024 im Migazin - Asyl-Helfer kritisieren Bezahlkarte für Geflüchtete – „Diskriminierung und Stigmatisierung“
„Die bayerische Regierung verspricht sich viel von der neuen Bezahlkarte für Asylbewerber. Scharfe Kritik kommt von den Asyl-Helferkreisen im Landkreis.
Natürlich geht Bayern einen eigenen Weg. Die Bezahlkarte für Asylbewerber, über die die Geflüchteten künftig ihre Sozialleistungen beziehen sollen, kommt im Freistaat „schneller und ist härter“, wie Ministerpräsident Markus Söder ankündigte. Vier Modellkommunen sollen schon ab März mit der neuen Karte arbeiten. Nur Hamburg ist noch flotter: In einem Pilotprojekt wurden die ersten „SocialCards“ dort bereits Mitte Februar an Leistungsempfänger ausgegeben. In der Visa-ähnlichen Karte stecken hohe Erwartungen. Laut Bayerischem Staatsministerium für Integration soll sie vor allem verhindern, dass deutsches Geld ins Ausland fließt – an Schlepper, Familien und Freunde. Das Bargeld, das den Geflüchteten nach Einführung der Karte noch zur Verfügung steht, soll sich auf 50 Euro beschränken. Das wiederum, so die Hoffnung des Ministeriums, könnte die sogenannten „Pull-Faktoren“ reduzieren – also die Anreize für Menschen, sich überhaupt auf den Weg nach Deutschland zu machen.
Scharfe Kritik an der neuen Karte kommt schon jetzt von den Asyl-Helferkreisen. „Unseres Erachtens bedeutet die Einführung der Zahlkarte eine erhebliche Diskriminierung und Stigmatisierung der Asylsuchenden“, sagt Ingeborg Bias-Putzier. (…) Darüber hinaus will man sich weitere Reglementierungen offen halten: Wie Pressesprecher Klaus Mergel bestätigt, soll „die Möglichkeit gegeben sein“, den Funktionsradius der Bezahlkarte einzugrenzen. So könnten Asylbewerber beispielsweise nur noch in einem bestimmten Umkreis um ihre Unterkunft einkaufen gehen…“ Artikel von Theresa Kuchler vom 28.02.2024 in merkur.de - Can I pay this Bratwurst with card?
„Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert geplante Einführung der Bezahlkarte als diskriminierend und vermutlich rechtswidrig…“ Pressemitteilung vom 21. Februar 2024
- Bayern: Umstrittener Pilotversuch mit Bezahlkarte für Geflüchtete startet
- Die Bezahlkarte für Geflüchtete – ein Lehrstück, wie man finanzielle Inklusion verhindert
„Hamburg führt somit als erstes Bundesland die Bezahlkarte ein. Ziel ist es, damit komplizierte Bargeldabhebungen abzuschaffen – eigentlich ein gutes Ziel, das auch Geflüchteten den Alltag erleichtert, denn sie müssen nun nicht mehr persönlich vor Ort beim jeweiligen Sozialamt erscheinen. Auch die Behörden werden entlastet, denn die bisherige Barauszahlung ist personell aufwendig. Die mit der Einführung der Bezahlkarte einhergehende Diskussion um Nutzungsbeschränkungen oder Sachzahlungen ist aber gefährlich. Geflüchtete, die vor Krieg und Armut fliehen, werden ihre Entscheidung zur Flucht sicherlich nicht davon abhängig machen, ob in einem Land die Auszahlung von staatlichen Leistungen in bar oder via Bezahlkarte erfolgt. Was man aber wiederum mit Sicherheit sagen kann, ist, dass die Verbreitung solcher unbelegten Hypothesen zum Erstarken rechtspopulistischer Narrative über Geflüchtete beiträgt, die besagen, dass diese nur aus finanziellen Gründen nach Deutschland kommen würden…“ Stellungnahme vom 20.02.2024 beim institut für finanzdienstleistungen (iff) - Bezahlkarte per Gesetz noch mehr verschärfen? Länder wollen Ampel zum Bruch des Koalitionsvertrags treiben – und die Proteste gegen das Abschreckungsinstrument reissen nicht ab
- Bezahlkarte per Gesetz verschärfen? Länder wollen Ampel zum Bruch des Koalitionsvertrags treiben
„Erneut ist die Bezahlkarte für Geflüchtete Gegenstand eines öffentlich inszenierten Streits in der Bundesregierung – angeblich, um eine „rechtssichere“ Einführung der Bezahlkarte zu gewährleisten. Ginge es aber tatsächlich nur um die Rechtssicherheit, bräuchte es keine Gesetzesänderung: Die Stadt Hannover macht längst vor, dass und wie eine solche Karte diskriminierungsfrei schon jetzt zum Einsatz kommen kann. In verschiedenen Ländern und Kommunen sind Bezahlkarten vorhanden oder in Vorbereitung – auch solche, die aus Sicht von PRO ASYL inakzeptable Beschränkungen vorsehen. (…) Die Länder haben die Bezahlkarte als umfangreiches Diskriminierungsinstrument beschlossen und konzipiert. Doch sie wollen offenbar noch mehr und nun die Anwendungsmöglichkeiten der Karte ausweiten. Dazu könnte vor allem zählen, dass auch diejenigen Geflüchteten die Bezahlkarte bekommen sollen, die aufgrund langjährigen Aufenthalts längst einen Anspruch auf Leistungen analog der Sozialhilfe haben. Seit der jüngsten Verschärfung heißt das: nach über drei Jahren weiterhin nur eine Bezahlkarte anstatt gleichberechtigte Leistungen. Und die Bundesregierung scheint diesem Vorhaben in weiten Teilen folgen zu wollen. Nicht ausgeschlossen scheint, dass in nicht ferner Zukunft alle Bürgergeldempfänger*innen mit einer diskriminierenden Bezahlkarte leben sollen. PRO ASYL appelliert dringend an alle politischen Parteien, endlich damit aufzuhören, mit einem immer aggressiveren Ton und immer weiter gehenden Vorschlägen auf dem Rücken geflüchteter und bedürftiger Menschen populistische Politik zu betreiben…“ Pressemitteilung vom 20.02.2024 bei Pro Asyl - Bezahlkarten für Asylbewerber*innen: Paritätischer lehnt Einführung ab
„Die Bezahlkarten lösten kein reales Problem, sondern seien ein reines Abschreckungsinstrument. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, zu der aktuellen Debatte um Bezahlkarten für Asylbewerber*innen: „Die Bezahlkarten lösen kein reales Problem, sondern sind ein reines Abschreckungsinstrument. Tatsächlich wird die Einführung von Bezahlkarten die Ausgrenzung Geflüchteter vorantreiben und ihre Armut verstärken. Entgegen der aktuellen Stimmungsmache gibt es keinerlei valide Daten, die belegen könnten, dass Geflüchtete in nennenswerter Größenordnung Bargeld ins Ausland schicken würden. Das Gegenteil ist der Fall: Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz decken nicht einmal das Existenzminimum. Künftig soll dieser eklatante Mangel nun auch noch der freien Verfügung der Betroffenen entzogen werden. Das ist pure Schikane und konterkariert alle Integrationsbemühungen. Es gibt dabei auch keinerlei belastbare Belege für den oft behaupteten Pull-Effekt von Sozialleistungen. Ganz im Gegenteil. Die Bezahlkarten könnten somit als reine Symbolpolitik abgetan werden, wenn sie für die Betroffenen nicht mit erheblichen Einschränkungen und Diskriminierungen einhergingen. Ohne Bargeld wird Zugang zu wichtigen Strukturen wie z.B. Tafeln, Suppenküchen, Möbelbörsen, Wochenmärkten oder Kleiderkammern stark eingeschränkt. Auch die anwaltliche Vertretung könnte erschwert werden – bspw. aufgrund räumlicher Beschränkungen der Karte. Der Paritätische lehnt die Bezahlkarten daher konsequent ab. Dass SPD und FDP gegen den Widerstand von Bündnis 90/Die Grünen darüber hinaus so vehement auf eine bundesgesetzliche Lösung drängen, obwohl sie sachlich gar nicht nötig ist, sollte uns alle alarmieren. Es könnte die Ausweitung auf andere Bezieherinnen und Bezieher von Sozialleistungen oder staatlichen Leistungen drohen – mit allen negativen Konsequenzen.”“ Pressemitteilung vom 22. Februar 2024 beim Paritätischen - Nur 50 Euro Bar im Monat: Bezahlkarte für Geflüchtete
„Die Einführung des staatlichen Diskriminierungsinstruments für Geflüchtete – die “Bezahlkarte” – beginnt. Im Bundesland Hamburg wird nun als erstes statt Bargeld die Karte ausgegeben. Zwar wurde sich von den Bundesländern teilweise auf einheitliche Regelungen verständigt, die genaue Ausgestaltung ist jedoch den Ländern selbst überlassen. Eine Gemeinsamkeit soll sein, dass keine Überweisungen generell und Zahlungen im Ausland getätigt werden können. Damit kommen die Bundesländer den rassistischen Erzählungen entgegen, die Schutzsuchenden vorwerfen, nur der Sozialleistungen wegen nach Deutschland zu kommen. Durch diese politischen Reaktionen, wird der vielfach widerlegte Mythos der “Pull-Faktoren” anerkannt und bestärkt. Die Folge ist eine noch schlechtere Behandlung von geflüchteten Menschen, die schon jetzt zahlreiche menschenunwürdige Strukturen und Einschränkungen erfahren. Dies zeigte sich vor wenigen Wochen bei der Verschärfung der Abschiebe-Gesetze durch die Ampelregierung und jetzt auch in der Umsetzung der “Bezahlkarte” in Hamburg…“ Meldung vom 19.02.2024 bei der Seebrücke
- Bezahlkarte per Gesetz verschärfen? Länder wollen Ampel zum Bruch des Koalitionsvertrags treiben
- Bezahlkarte für Geflüchtete ist grundlegend diskriminierend und geht doch v.a. der CSU nicht weit genug, sie will den Kauf von Tabak oder Alkohol verbieten
- Bezahlkarte für Geflüchtete: Ohne Bargeld bist Du aufgeschmissen
„Es ist üble Symbolpolitik, wenn Hamburg Geflüchteten das Bargeld kürzt. Im Alltag der Menschen wird für viele Dinge noch reales Geld benötigt.
Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist ein zweischneidiges Instrument. Nutzt man sie wie das grün regierte Hannover nur als Übergangslösung, bis die neu hier Angekommenen ihr eignes Konto haben, ist sie sinnvoll. Schränkt man aber die Bargeld-Auszahlung ein, wie Hamburg es jetzt mit seiner „SocialCard“ tut, ist das diskriminierend.
Denn wir leben in einer Gesellschaft, in der vieles mit Münzen und Scheinen bezahlt wird. Man stelle sich vor eine Alleinerziehende mit drei Kindern vor: Die müsste nach dem Hamburger Modell mit 80 Euro Barem über den Monat kommen – nämlich 50 Euro für sich und je zehn für jedes Kind. Damit käme sie nicht mal vor die Tür.
Andere Politiker wollen zudem einschränken, was mit der Karte gekauft werden darf oder wo. All das ist üble Symbolpolitik zu Lasten der Schwächsten. Dabei steht laut Grundgesetz allen Menschen ein würdiges Existenzminimum zu.
Die Behauptung, die Geflüchteten würden Bargeld nutzen, um Schlepper zu bezahlen, ist nicht belegt. Migrationsforscher sprechen von aufgebauschten Anekdoten ohne belegbare Zahlen. Bekannt ist indes, dass die Menschen Geld in die Heimat schicken, wenn sie hier arbeiten und Geld verdienen. Daran ist nichts verkehrt…“ Kommentar von Kaija Kutter vom 16.2.2024 in der taz online - „Der neue Vorstoß der CSU, die Bezahlkarte für Geflüchtete um ein Verbot des Kaufs von Alkohol und Zigaretten zu erweitern, ist ein perfektes Beispiel für die Dynamik der Entrechtung von Menschengruppen. Der Hunger nach noch mehr Unterdrückung wächst, umso mehr Futter er bekommt.“ Post von Robert Fietzke vom 17.2.24 auf bsky zu:
- CSU will Flüchtlingen Kauf von Alkohol mit Bezahlkarte verbieten
„Asylbewerbern darf nach Überzeugung der Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verwehrt werden, mit der geplanten Bezahlkarte auch Tabak oder Alkohol zu kaufen. Vor allem die CSU will ein entsprechendes Gesetz…“ Focus-Meldung vom 16.02.2024
- CSU will Flüchtlingen Kauf von Alkohol mit Bezahlkarte verbieten
- Streit über Bezahlkarte für Asylsuchende: „Was soll dieses Hin und Her?“
„Hannover, Hamburg und mehrere Landkreise haben die Bezahlkarte für Asylsuchende bereits eingeführt. Während die Länder an der Umsetzung arbeiten, streitet die Ampel weiter über die Frage, ob es ein neues Gesetz braucht…“ Beitrag von Birthe Sönnichsen, ARD Berlin, vom 19.02.2024 in tagesschau.de
- Bezahlkarte für Geflüchtete: Ohne Bargeld bist Du aufgeschmissen
- An der Bezahlkarte für Geflüchtete stört sich bei den Anti-AfD-Demonstrationen kaum jemand: Es macht einen Unterschied, wer ausgrenzt
„Die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber ist ein Angriff auf die Selbstbestimmung und Würde geflüchteter Menschen. Hier zeigt sich beispielhaft, wie sehr die AfD trotz aller Proteste zu Deutschland gehört. (…) Die Bezahlkarte ist ein Beispiel dafür, wie Menschen stigmatisiert und ausgegrenzt werden. So wie die SZ wollen anscheinend auch große Teile der »gegen rechts« Demonstrierenden nichts davon wissen. Verweise auf den Rassismus der sogenannten Mitte wurden auf den Anti-AfD-Protesten wiederholt ausgebuht und angegangen. Die Frage drängt sich auf: Haben die Anti-AfD-Demonstranten überhaupt so etwas wie eine bestimmte Vorstellung von Gesellschaft, die jener der Rechten tatsächlich widerspricht?“ Kommentar von Pascal Beck in der Jungle World vom 15.02.2024 - #FakeNews zu Bezahlkarten für Geflüchtete in Thüringen
„Eine mehrere Monate alte Meldung des MDR zur damaligen Debatte um Bezahlkarten für Geflüchtete Menschen in Thüringen macht derzeit erneut die Runde – nun als #FakeNews. Bodo Ramelow wolle, so wird behauptet, für geflüchtete Menschen eine diskriminierende Bezahlkarte statt Bargeld einführen.
Die Behauptung ist falsch.
Richtig ist: Es geht um die Umstellung von Barzahlung auf eine diskriminierungsfreie, normale und übliche Geld- oder EC-Karte von Banken. Dabei darf es keine Einschränkung bei den Akzeptanzstellen oder der zu erwerbenden Gegenstände oder Lebensmittel geben und auch Bargeldabhebung muss möglich sein. Das ist also kein Zurück zum Gutschein- oder Sachleistungssystem. Anders als Bodo Ramelow will die Thüringer CDU Schikanen für die Menschen einbauen – das lehnen wir strikt ab! Auch im Kreis der anderen Bundesländer, die eine Umstellung auf unbar wollen, plädierte Bodo Ramelow nicht nur in der Ministerpräsidentenkonferenz immer wieder für eine diskriminierungsfreie Geld- oder EC-karte ohne Einschränkungen. Anders als insbesondere unionsgeführten Ländern geht es Bodo Ramelow und Thüringen also um Lösung ohne Schikanen und nicht um eine Umstellung von Bar- auf Sachleistungen. Bereits im Oktober 2023 war die Diskussion soweit, dass nur ein Beharren Thüringens das Fenster zur Freiheit von Diskriminierung in der Ministerpräsidentenkonferenz offen hielt…“ Richtigstellung der Linken Thüringen vom 13. Februar 2024 - (Nicht nur) PRO ASYL kritisiert: Bundesländer machen Bezahlkarte zum Diskriminierungsinstrument
„Nach der heutigen Einigung von 14 der 16 Bundesländer auf gemeinsame Standards bei der Bezahlkarte für eine bestimmte Gruppe von Geflüchteten hält PRO ASYL an der grundsätzlichen Kritik an der Bezahlkarte fest: (…) „Bund und Länder haben mit der Einigung zur Bezahlkarte ein Diskriminierungsprogramm verabredet. Denn das erklärte Ziel der Ministerpräsident*innen mit dem Bundeskanzler im November 2023 war, mit unterschiedlichen Maßnahmen die Asylzahlen zu senken. Mit der Bezahlkarte wird also vor allem der Zweck verfolgt, den Menschen das Leben hier schwer zu machen und sie abzuschrecken. Schon allein wegen dieses unverhohlenen Motivs wirft die Bezahlkarte verfassungsrechtliche Fragen auf. Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden, dass die Menschenwürde nicht aus migrationspolitischen Gründen relativiert werden darf“, sagt Andrea Kothen, Referentin bei PRO ASYL. An der heutigen Einigung sind drei Punkte besonders problematisch: – Überweisungen sollen nicht möglich sein: Ohne eine Überweisungsmöglichkeit werden Geflüchtete aus dem Alltagsleben ausgegrenzt. (…) – Kein Mindestbetrag für die Barabhebung: Die Möglichkeit, über Bargeld zu verfügen, ist vor allem zur Sicherung des – verfassungsrechtlich verbürgten – soziokulturellen Existenzminimums geboten. Wer dies angreift, greift die Menschenwürde der Betroffenen an. Wer in Deutschland ohne Bargeld lebt und nur wenige Dinge in wenigen Läden kaufen kann, verliert an Selbstbestimmung und macht demütigende Erfahrungen, etwa wenn der Euro für die öffentliche Toilette oder der Beitrag für die Klassenkasse feht. – Regionale Einschränkung: Die regionale Einschränkung der Karte stellt offenkundig den Versuch einer sozialpolitischen Drangsalierung dar, die Freizügigkeit der Betroffenen durch die Hintertür zu beschränken: Wer Verwandte oder Freund*innen besucht oder einen weiter entfernten Facharzt oder eine Beratungsstelle aufsuchen möchte, kann in ernste Schwierigkeiten geraten, wenn er nicht einmal eine Flasche Wasser kaufen kann. (…) Die nun beschlossenen angeblichen Standards der Bezahlkarte sind allerdings keine Standards, sondern lediglich der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Bundesländer einigen konnten, um eine schändliche politische Willenserklärung abzugeben. Die Bundesländer können aber trotzdem großzügigere Regelungen als die dort festgehaltenen anwenden. PRO ASYL appelliert an die Eigenverantwortung der Länder und Kommunen, die nach wie vor vorhandenen Spielräume zu nutzen und auf eine Bezahlkarte zu verzichten oder diese zumindest diskriminierungsfrei auszugestalten. Dazu hatte PRO ASYL im Dezember 2023 unter dem Motto „Menschenrechtliche Standards beachten!“ notwendige Eckpunkte veröffentlicht. Auch die Kommunen werden nicht entlastet: Denn die Kürzung von Sozialleistungen und der Umstieg auf mehr Sachleistungen halten die Menschen nicht davon ab, vor Krieg oder Vertreibung zu fliehen. Wissenschaftliche Untersuchungen, wie zum Beispiel die des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, zeigen zudem: Rechtsstaatlichkeit, Freund*innen, Familie und die Arbeitsmarktbedingungen in einem Land sind Faktoren für den Zielort einer Flucht. Sozialleistungssysteme dagegen wirken sich nicht als entscheidungsrelevant aus. Auch die Bezahlkarte wird also an den Fluchtwegen von Menschen nichts ändern.“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 31. Januar 2024- „Ein Thread zum Diskurs hinter der „Bezahlkarte„: Die Mehrheit der Geflüchteten in Deutschland arbeitet seit jeher in den schmutzigsten/prekärsten Jobs im Niedriglohnsektor, in Leiharbeitsfirmen, teilweise noch unangemeldet und unter Mindestlohn. Wenn es um die Ausbeutung von Geflüchteten geht, ob vor oder nach ihrer Flucht, also um das, was den Menschen durch Ausbeutung „gestohlen“ wird, ist fast immer nur Stille – selbst bei linken Kräften, geschweige denn bei führenden Politiker*innen. Die großen (multinationalen) Konzerne machen aus dem Leid der Menschen ein Geschäft und das Geld, das sie vom Staat bekommen, kommt nur zum Teil bei den Adressat*innen an. Diese „Steuergelder“ fließen dann auch noch ins Ausland: Serco z.B. hat seinen Sitz in Großbritannien. Viele Unterkünfte sind einfach nicht zum Wohnen geeignet, und zwar nicht wegen fehlender Ressourcen. Dies ist die Folge einer bewussten Pushbacks- und Privatisierungspolitik – Hand in Hand. Niemand spricht darüber – es ist alles „normal“, was mit den Flüchtlingen passiert. Viele Geflüchtete sind an Unterdrückung & Ausbeutung sowieso „gewöhnt“. Viele brauchen erst einmal Aufklärung über die eigenen Verhältnisse/deren Wurzeln. Aber „der/die Europäer*in“ will auch die Begriffe Aufklärung und Freiheit nur für sich haben. (siehe: Epistemische Gewalt)
Es geht hier nicht um die technischen Details einer Bezahlkarte („kann auch gut umgesetzt werden bla bla“), sondern um das Narrativ dahinter. Die Art und Weise, wie dies begründet wird, geht Hand in Hand mit der bürgerlichen ideologischen Verblendung. Politiker*innen wie Söder, Klingbeil oder Lindner sind sich wahrscheinlich bewusst, dass sie eine populistische Politik betreiben, die an den wesentlichen Problemen von vielen Menschen schlicht nichts ändert. Aber wie kann man die Menschen von dieser Verzerrung „befreien“? Der*die Unterdrücker*in neigt in der Regel dazu, auch wenn er*sie „solidarisch“ ist, die Notwendigkeit der Befreiung auf die Unterdrückten abzuwälzen, sich auch hier von der „Arbeit“ zu befreien. Doch bedarf es einer (ideologischen) Befreiung der „Nicht-Geflüchteten“/Deutschen.
Dies geschieht nur, wenn wir uns den tatsächlichen Bedingungen zuwenden, die letztlich die Menschen(-gruppen) am stärksten beeinflussen, über ihre Zugänge entscheiden und sie in Angst (vor dem Verlust des Eigenen), Wut oder whatever treiben. Wenn wir uns von der Realität entfernen, gewinnen diese Verzerrungen („Die überweisen Geld ins Ausland!“) die Oberhand. Vieles bleibt hinter diesem Geschwätz verborgen. Was jetzt passiert, reicht nicht für eine gerechte Kontextualisierung sowie eine verbindende Politik.
Kurzum: Wir müssen den Kontext erweitern und eine einfache Sprache (einer Massenbewegung) finden, die globale sowie lokale Verantwortlichkeiten in einen Zusammenhang stellt, eine eigene Erzählung aufbaut. Die Geflüchtete und ihre „Allies“ können dies nicht alleine tun.“ Thread von Sächsischer Flüchtlingsrat e.V. vom 8.2.24
- „Ein Thread zum Diskurs hinter der „Bezahlkarte„: Die Mehrheit der Geflüchteten in Deutschland arbeitet seit jeher in den schmutzigsten/prekärsten Jobs im Niedriglohnsektor, in Leiharbeitsfirmen, teilweise noch unangemeldet und unter Mindestlohn. Wenn es um die Ausbeutung von Geflüchteten geht, ob vor oder nach ihrer Flucht, also um das, was den Menschen durch Ausbeutung „gestohlen“ wird, ist fast immer nur Stille – selbst bei linken Kräften, geschweige denn bei führenden Politiker*innen. Die großen (multinationalen) Konzerne machen aus dem Leid der Menschen ein Geschäft und das Geld, das sie vom Staat bekommen, kommt nur zum Teil bei den Adressat*innen an. Diese „Steuergelder“ fließen dann auch noch ins Ausland: Serco z.B. hat seinen Sitz in Großbritannien. Viele Unterkünfte sind einfach nicht zum Wohnen geeignet, und zwar nicht wegen fehlender Ressourcen. Dies ist die Folge einer bewussten Pushbacks- und Privatisierungspolitik – Hand in Hand. Niemand spricht darüber – es ist alles „normal“, was mit den Flüchtlingen passiert. Viele Geflüchtete sind an Unterdrückung & Ausbeutung sowieso „gewöhnt“. Viele brauchen erst einmal Aufklärung über die eigenen Verhältnisse/deren Wurzeln. Aber „der/die Europäer*in“ will auch die Begriffe Aufklärung und Freiheit nur für sich haben. (siehe: Epistemische Gewalt)
- Eine Idee aus den 90ern: Bezahlkarte statt Bargeld sollen Asylsuchende davor abschrecken, nach Deutschland zu kommen
„Was momentan als moderne Idee verkauft wird, ist seit den 90er Jahren schon mehrfach gescheitert. (…) Berlin startete früh mit der Chipkarten-Idee. Die damalige Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) führte 1998 die Bezahlkarte für Geflüchtete in Landesobhut ein, vier Bezirke zogen mit. Sie sagte damals: „Der Anreiz, ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland zu kommen, wird mit der Einführung des Chipkartensystems nicht mehr so groß sein.“ Von Anfang an machte das System Probleme: Es gab nicht in allen Geschäften die damals nötigen ISDN-Anschlüsse, um die Kartenzahlungen abzuwickeln. Generell akzeptierten nur wenige Händler die Karte, zu Beginn waren es in ganz Berlin nur 42 Geschäfte. Zielvorgabe waren mindestens drei Geschäfte pro Berliner Bezirk. Discounter waren nicht darunter, daher mussten die Asylbewerber:innen oft vergleichsweise viel Geld für Grundlebensmittel ausgeben. (…) „Es gibt auch immer wieder Fälle, in denen VerkäuferInnen, die hier die rechtsauslegende Instanz sind, zum Beispiel Kochtöpfe nicht als Haushaltswaren ansehen und den Verkauf verweigern“, heißt es in einer damaligen Mitteilung der Initiative gegen das Chipkartensystem. Außerdem war es nicht möglich, Geld anzusparen, das Guthaben verfiel zum Ende eines Monats. (…)Verdient hat an dem System auch der Anbieter der Karten: Das Unternehmen Infracard, das später von Sodexho aufgekauft wurde, bekam 1,5 Prozent des monatlichen Umsatzes als Provision, im Jahr 2001 waren das 113.788 D-Mark. 2002 entschied sich die mittlerweile zuständige Sozialsenatorin Knake-Werner von der PDS dazu, „das Chipkartensystem zugunsten von Barleistungen“ aufzugeben und die Verträge mit Sodexho zu kündigen. (…) Das Scheitern des bayerischen Landkreises Erding liegt noch nicht so lange zurück wie das aus Berlin und hat andere Gründe. Im Mai 2016 begann der Kreis mit dem sogenannten KommunalPass. (…) Kritik gab es dennoch: Die Zahlung und Abhebung funktioniere oft nicht, so die Erdinger Aktionsgruppe Asyl. Es gab wiederholt technische Probleme. Nach einer Petition legte auch der Sozialausschuss des bayerischen Landtags dem Erdinger Landrat nahe, die Karte zu überdenken – ohne Effekt. Landrat Martin Bayerstorfer hielt trotz ständiger Kritik an der Karte fest. Sie fand erst 2020 ein unfreiwilliges Ende: Der Finanzdienstleister Wirecard ging in einem spektakulären Betrugsfall insolvent. (…) Zunächst wollte man eine Nachfolge für Wirecard suchen, doch daraus wurde nichts. Stattdessen begann der Landkreis im Mai 2021 mit einer Methode, die sowohl die Verwaltung entlastete als auch Geflüchteten einen selbstbestimmten Umgang mit dem knappen Geld ermöglichte: Erding überwies das Geld standardmäßig auf die Konten der Asylsuchenden. Wer noch keines hatte, bekam das Geld bar. Ein neuer Zahlungsdienstleister wäre „zu teuer geworden“, sagte der Landrat.“ Beitrag von Anna Biselli vom 25. Januar 2024 bei Telepolis- Siehe im LabourNet-Archiv die Rubrik Hartz IV und Flüchtlinge
- Kein Wettlauf der Schäbigkeiten! Bund und Länder müssen bei der Leistungsgewährung für Geflüchtete die Verfassung wahren und auf rassistische Diskriminierungen zu verzichten
„Verbände und Initiativen fordern Bund und Länder auf, bei der Leistungsgewährung für Geflüchtete die Verfassung zu wahren und auf weitere rassistische Diskriminierungen zu verzichten
Auf ihrem letzten Treffen haben die Ministerpräsident:innen der Länder gemeinsam mit dem Bund beraten, was getan werden kann, um die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland zu reduzieren. Ein Vorschlag der MPK lautet: Die Bezugsdauer für eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz soll von 18 auf 36 Monate verlängert werden, und die Bargeldausgabe an Asylsuchende soll über eine sog. „Bezahlkarte“ reglementiert werden. Als Verbände, die im Umgang mit Asylsuchenden in Niedersachsen lange Erfahrung haben, stellen wir fest:
1) Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind verfassungswidrig (…)
2) Die vorgeschlagenen Maßnahmen sorgen für eine Desintegration: Eine Politik der Abschreckung und „Vergrämung“ durch Leistungskürzungen und sozialen Ausschluss hat für die hier lebenden Geflüchteten gravierende Folgen. Der verlängerte Ausschluss von einer gleichberechtigten Teilhabe durch Unterschreitung des gesetzlich definierten Existenzminimums, die Versagung einer angemessenen Gesundheitsversorgung über die Krankenkassen und technische Restriktionen über eine „Bezahlkarte“ gefährden die Gesundheit und verursachen Prozesse der Ausgrenzung und Ghettoisierung. Sie verstärken damit rassistische Erfahrungen, die oftmals ohnehin zum Alltag Geflüchteter gehören.
3) Die vorgeschlagenen Maßnahmen verfehlen ihr Ziel…“ Aufruf vieler Organisationen am 6. Dezember 2023 beim Flüchtlingsrat Niedersachsen - Bezahlkarte für Geflüchtete: Aktionismus ohne Verstand. Bayerns Regierung schikaniert Geflüchtete schneller und besser als andere
- Die Asylpolitik der CSU: Aktionismus ohne Verstand
„Bayerischer Flüchtlingsrat: Bayerns Regierung schikaniert Geflüchtete schneller und besser als andere (…) Weiter wiederholte Markus Söder heute seine Forderung, dass sogenannte ‚finanzielle Anreize‘ für Geflüchtete gesenkt werden müssen. Bereits letzte Woche, als die Bayerische Staatsregierung die Einführung einer Bezahlkarte in Bayern ab Februar 2024 verkündete, verbreiteten Markus Söder und Co. die Behauptung, dass Menschen aufgrund von Sozialleistungen nach Deutschland kommen. In der Migrationsforschung gelten diese sogenannten „Pull-Faktoren“ als längst überholt und wissenschaftlich nicht nachweisbar. Menschen fliehen in erster Linie vor Krieg und Unterdrückung und humanitärer Notlagen. Ökonomische Faktoren greifen für die Erklärung von Fluchtbewegungen viel zu kurz. Das stellt auch die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erstellte Studie „Warum Deutschland“ fest. Die aktuelle Planung der Bayerischen Regierung zur Einführung einer Bezahlkarte ist datenschutzrechtlich höchst bedenklich und schränkt die Selbstbestimmung und Handlungsfreiheit von Geflüchteten ein. Land, Kommunen und individuelle Sachbearbeiter:innen erhalten die Befugnis, Beträge, Standorte und Zeitrahmen festzulegen sowie darüber zu entscheiden, wer, wie oft, wo und in welchem Umfang einkaufen darf. Es bleibt momentan ungewiss, von welchen Geschäften die Bezahlkarte als reguläres Zahlungsmittel anerkannt wird. Überall dort, wo Bargeld oder ein Überweisungsschein erforderlich sind, ist keine Bezahlung mehr möglich. Sowohl der Kauf einer Breze am Schulkiosk, das Materialgeld in der Schule, als auch die Bezahlung der Anwaltskosten werden zu einer logistischen Herausforderung. „Bezahlkarten belasten die Verwaltung und führen keineswegs zu einer Entlastung von Kommunen. Das haben die bisherigen Versuche gezeigt“, so Böhm weiter. „Die Bezahlkarte diskriminiert Geflüchtete und schließt sie von weiten Teilen des alltäglichen Lebens aus. Statt Diskriminierung und Ausgrenzung à la Söder würde eine zügige Integration helfen, Geflüchtete in Bildung und Beschäftigung zu bringen. Das wäre ein Gewinn für die Kommunen!““ Meldung vom 23. November 2023 beim Bayerischen Flüchtlingsrat - Massive Kritik des RAV an bayerischem Beschluss, bei der Bezahlkarte für Geflüchtete vorpreschen zu wollen
„Populistisches Vorhaben greift ungerechtfertigt in Grundrechte von Geflüchteten ein und ist weder sach- noch zweckgerecht.
In der vergangenen Woche beschloss das bayerische Kabinett die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete. Das Vorhaben sei ein Mittel zur Verringerung von „Zuzugsanreizen und der Finanzierung von Schlepperkriminalität“. Außerdem wolle Bayern Vorreiter sein, die Beschlüsse aus dem Bund-Länder-Gipfel Anfang November umzusetzen. Der RAV betrachtet das Vorhaben als populistische Symbolpolitik und kritisiert den erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen. „Betroffen sei vor allem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, so Rechtsanwalt Yunus Ziyal von der AG Migrationsrecht Süd des RAV, „Mittels der Datenerhebung über ihre Einkäufe kann eine Kontrolle der Migrant*innen stattfinden, was auch die Erstellung von Bewegungsprofilen ermöglichen würde.“ Der Rechtsanwalt erklärt weiter: „Auch drohen erhebliche Einschränkungen in der allgemeinen Handlungsfreiheit, wenn die Sperrung bestimmter Waren und regionale Beschränkungen erfolgen, und wir befürchten schwerwiegende Verletzungen des Datenschutzes unserer Mandant*innen, insbesondere bei der übereilten Umsetzung hier in Bayern.“ Zudem ist das Vorhaben weder sach- noch zweckgerecht. (…) Die geplante Beschränkung führe schließlich zu Entmündigung der Betroffenen auch im Bereich Ernährung, wenn bestimmte – bspw. afrikanische – Lebensmittel bayernweit nur in München oder Nürnberg in Fachgeschäften erworben werden können, gleichzeitig Geflüchtete oft in ländlichen Kommunen untergebracht werden. Wenn Betroffene zudem an jeder Kasse als Asylbewerber*innen erkennbar sind, kein Onlinekauf möglich ist und „bestimmte Händler“ ausgeschlossen sein sollen, resultiert das in weiterer Diskriminierung und Stigmatisierung der Betroffenen. Das System der Bezahlkarten hieße, dass jenseits großer Händler*innen keine Käufe getätigt werden könnten. Betroffen wären u.a. Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkte oder Schulfeste, Käufe bei Straßenhändler*innen, private Käufe von Gebrauchtartikeln, Tickets im ÖPNV oder Toilettengebühren. Das Gegenteil von Integration wäre die Folge…“ Pressemitteilung vom 24.11.23 bei RAV
- Die Asylpolitik der CSU: Aktionismus ohne Verstand
- Länger unter dem Existenzminimum und „Bezahlkarten“ statt Bargeld: So will die Bundesregierung bei Geflüchteten Geld sparen und Flüchtende „abschrecken“
- Bund-Länder-Treffen zu Asylpolitik: Geiz statt Reiz
„Die Länder und der Bund haben sich im Streit über Migrationspolitik geeinigt. Ihre Beschlüsse sollen vor allem Kosten sparen und Flüchtende abschrecken. (…) Um die Kommunen weiter zu entlasten, soll gespart werden – und zwar bei den Geflüchteten selbst. Asylbewerber*innen und Geduldete bekommen in Deutschland nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ohnehin schon rund 18 Prozent weniger Sozialhilfe als Deutsche. Auch die Gesundheitsversorgung ist deutlich eingeschränkt. Erst nach 18 Monaten werden die Leistungen weitestgehend angeglichen. Dieser Zeitraum soll nun von anderthalb auf drei Jahre ausgeweitet werden. Auch anerkannte Schutzsuchende und Ukrainer*innen sollen gekürzte Leistungen bekommen, wenn sie in Gemeinschaftsunterkünften leben, in denen etwa die Verpflegung gestellt wird. Kommen sollen auch die von Union und FDP lautstark geforderten bundesweit einheitlichen „Bezahlkarten“ statt Bargeld für Menschen im Asylverfahren oder Geduldete. Eine Arbeitsgruppe soll bis Ende Januar 2024 ein Modell für ein solches Bezahlsystem erarbeiten…“ Artikel von Dinah Riese vom 7.11.2023 in der taz online - Länger im Existenzminimum: So will die Bundesregierung bei Flüchtlingen Geld sparen
„Im Streit um die Aufteilung der Kosten für Flüchtlinge sind sich Bund und Länder einig geworden. Länder und Kommunen sollen entlastet werden, indem der Bund mehr Geld gibt und bei der Versorgung der Schutzsuchenden gespart wird. Ziel: Deutschland soll für Geflüchtete unattraktiv werden. Experte bezweifelt die Wirkung…“ Beitrag von Corinna Buschow vom 07.11.2023 im Migazin – wir erinnern daran, dass sich die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz unter dem Existenzminimum befinden! - „Der Beschluss des #Migrationsgipfel|s, Geflüchteten 36 Monate anstatt bisher 18 Monate die Sozialleistungen zu kürzen, ignoriert die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums völlig…“ Thread von Sarah Lincoln vom 7. Nov. 2023
- PRO ASYL ist entsetzt über die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz
„… „Die beschlossene Verlängerung gekürzter Sozialleistungen für Geflüchtete ist nichts anderes als ein politischer Tritt nach unten – mit beifallheischendem Blick auf die verunsicherten und ressentimentgeladenen Teile der Bevölkerung“, kommentiert Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. „Mit Blick auf die Menschenwürde in unserer Verfassung ist dies ein beschämender Schritt – zumal die beschlossene Änderung an den aktuellen Flüchtlingszahlen absehbar überhaupt nichts ändern wird.“
Mit dem Kürzungsbeschluss ignorieren die Ministerpräsident*innen von Bund und Ländern auch die Expertise und einmütige Einschätzung von Fachorganisationen. Die Kürzungen sind in verfassungsrechtlicher Hinsicht fraglich und zeugen von Empathielosigkeit und Unkenntnis der Lebensrealität geflüchteter Menschen. Über 150 Fachverbände und soziale Organisationen hatten sich Anfang November gemeinsam gegen Kürzungen am Existenzminimum ausgesprochen und stattdessen für die sozialrechtliche Gleichstellung Geflüchteter geworben. PRO ASYL kritisiert Kürzungen am Existenzminimum als Angriff auf die Menschenwürde.
Wer Integration erwartet, tut sich keinen Gefallen damit, ankommende Geflüchtete lange Zeit erst einmal vor den Kopf zu stoßen und ihnen zu signalisieren, dass sie nicht erwünscht sind, indem man sie mit geringeren Sozialleistungen ausgrenzt. Die weitere Kürzung der monatlichen Leistungen, schließt Geflüchtete von Maßnahmen oder Leistungen aus, die für ihr Leben essentiell sind. Der verlängerte Ausschluss von Analogleistungen zum Bürgergeld schließt Menschen von Maßnahmen zur Vorbereitung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt aus und behindert ihre Vermittlung in Arbeits- und Ausbildungsstellen. Zudem wird ihnen im Asylbewerberleistungsgesetz eine angemessene Gesundheitsversorgung verwehrt, die für Asylbewerber*innen, die oft traumatische Gewalt im Herklunftsland oder auf der Flucht erleiden mussten, von erhebliche Bedeutung sind.
Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass Kürzung von Sozialleistung und der Umstieg auf mehr Sachleistungen für die Kommunen keinen positiven Effekt, dafür aber viele negative Folgen haben: Menschen werden durch Sachleistungen entwürdigt und gedemütigt, aber nicht von der Flucht vor Krieg und Vertreibung oder der Obdachlosigkeit in anderen Teilen Europas abgehalten. Wissenschaftliche Untersuchungen, wie zum Beispiel die des Bundesamtes, zeigen: Das Vorhandensein von Rechtsstaatlichkeit, Freunden und Familie oder die Arbeitsmarktbedingungen sind Faktoren für den Zielort einer Flucht. Sozialleistungssysteme dagegen wirken sich nicht als entscheidungsrelevant aus. Auch die Einführung einer Bezahlkarte wird an dem Fluchtweg von Menschen nichts ändern. (…)
Nach dem Bundesverfassungsgericht hat jeder Mensch das Recht auf ein menschenwürdiges physisches, aber auch soziokulturelles Existenzminimum, das die gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen soll. Ob die gegenüber dem sozialrechtlichen Existenzminimum gekürzten Grundleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes überhaupt mit dem Verfassungsrecht vereinbar sind, ist fraglich. Nachdem das Verfassungsgericht konkrete Leistungssätze des Asylbewerberleistungsgesetzes bereits mehrfach nach oben korrigierte und Kürzungen widersprach, ist aktuell ein weiteres Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig.“ Pressemitteilung vom 07.11.2023 - Siehe auch: Ministerpräsidentenkonferenz: „Irreguläre“ Migration beschränken ohne reguläre zu bieten und die nicht verwertbaren, die es zuvor geschafft haben, aushungern…
- Bund-Länder-Treffen zu Asylpolitik: Geiz statt Reiz
- Appell von 154 Organisationen: Die Menschenwürde gilt für alle – auch für Geflüchtete! Gegen sozial-rechtliche Verschärfungen und für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes
„Vor 30 Jahren – am 1. November 1993 – trat das Asylbewerberleistungsgesetz in Kraft. Zum traurigen Jubiläum kritisiert ein Bündnis von 154 Organisationen auf Bundes‑, Landes- und kommunaler Ebene die aktuell besonders heftige Debatte über immer weitere Einschränkungen bei Sozialleistungen für Geflüchtete. Die Forderungen des Appells lauten: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden! Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem eingegliedert werden.
30 Jahre lang Diskriminierung, Entmündigung und Kürzungen am Existenzminimum Geflüchteter – das ist die Bilanz, die PRO ASYL und Wohlfahrtsverbände, medizinische Organisationen, Menschenrechtsorganisationen und Antidiskriminierungsvereine ziehen. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: „Mit Bestürzung verfolgen wir die aktuelle politische Debatte über Asylsuchende, die zunehmend von sachfremden und menschenfeindlichen Forderungen dominiert wird. Die Diskussionen über Sozialleistungen sind dafür ein gutes Beispiel. Die im Raum stehenden Forderungen reichen von einer generellen Umstellung von Geld- auf Sachleistungen über diskriminierende Bezahlkarten und eine Kürzung des Existenzminimums bis hin zur Forderung, dass kranken Menschen eine medizinische Grundversorgung vorenthalten werden soll“, heißt es in dem heute veröffentlichten Appell…“ Pressemitteilung vom 31.10.2023 bei Pro Asyl zum Appell - Soziale Rechte für alle! Jegliche Ausgrenzung beenden! Bundesweite Aktionstage zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 28. Oktober bis 1. November 2023
„Auf die rassistischen Übergriffe gegen Geflüchtete Anfang der 90er Jahre antwortete eine breite Mehrheit der im Bundestag vertretenen Parteien mit Hetze und Ausgrenzung: Das Grundrecht auf Asyl wurde ausgehöhlt und mit dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ein diskriminierendes Sondergesetz beschlossen. Erstmals wurde eine bestimmte Bevölkerungsgruppe aus der Bundessozialhilfe ausgegrenzt und intensive sozialpolitische Eingriffe in Grund- und Menschenrechte gesetzlich legitimiert. Betroffene wurden letztlich zu einem prekären Leben in Substandards gezwungen. Selbst der Kontakt mit Bargeld wurde durch das Sachleistungsprinzip verboten. 19 Jahre wurden die minimal gewährten (Sach-)Leistungen nicht angehoben. Am 1. November jährt sich das Inkrafttreten des ausgrenzenden Gesetzes zum 30. mal. Dies nehmen wir zum Anlass, die Forderungen nach der Abschaffung des AsylbLG und jeglicher sozialpolitischer Ausgrenzung auf die Straße zu tragen…“ Aufruf mit vielen Organisationen auf der Aktionsseite der Kampagne für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und dort allen Infos zu den Städten – siehe auch #noAsylbLG - Warum Sachleistungen für Geflüchtete eine schlechte Idee sind
„Im aktuell aufgeheizten Klima einer angeblichen Flüchtlingskrise wird wiederholt von einigen Politiker*innen aus CDU/CSU und FDP gefordert, dass Geflüchtete ihre Unterstützung in Form von Sachleistungen erhalten sollen. Doch Sachleistungen sind diskriminierend, teuer und sinnlos – hier sind fünf Argumente gegen Sachleistungen…“ Beitrag vom 04.10.2023 bei Pro Asyl - Bezahlsysteme für Geflüchtete: Karten der Abschreckung
„Mehrere Parteien und Kommunen planen Chipkarten für Asylsuchende. Mit den Bezahlsystemen können Aufenthaltsbeschränkungen durchgesetzt und Einkäufe eingeschränkt werden. Flüchtlingsorganisationen kritisieren die massiven Einschnitte in die Selbstbestimmung. Gleich zwei Vorschläge ließen die Bundespolitik in der vorvergangenen Woche aufhorchen. Zuerst preschte CSU-Chef Markus Söder vor und kündigte eine Chipkarte für abgelehnte Asylbewerber*innen an. Wenig später forderte auch die FDP eine bundeseinheitliche Bezahlkarte für Schutzsuchende. Vieles an den Vorschlägen bleibt noch vage, doch klar ist: Es geht um Abschreckung – und Kontrolle. (…) Im FDP-Beschluss heißt es dazu: „Damit schwächen wir einen entscheidenden Pull-Faktor.“ Als Pull-Faktoren werden positive Anreize bezeichnet, in ein bestimmtes Land zu kommen. Pull-Faktoren zu reduzieren, ist eine euphemistische Umschreibung für Abschreckung. Ob das wirklich funktioniert, ist wissenschaftlich mindestens umstritten. Laut dem bayerischen Spitzenkandidaten Martin Hagen vereine eine Bezahlkarte die „Vorteile von Bargeld mit den Vorteilen von Sachleistungen“. Dies sei eine „pragmatische Lösung“. (…) Dem widersprechen Organisationen der Flüchtlingshilfe. Andrea Kothen, Referentin bei Pro Asyl, erinnert an die 1990er Jahre. Bereits dort habe es von Chipkarten über Papiergutscheine bis zu Lebensmittelkartons verschiedene Formen von Bezahlsystemen und Sachleistungen für Geflüchtete gegeben. „Profitiert haben davon mitnichten die Kommunen, sondern vor allem private Konzerne, die für die Bereitstellung und Abwicklung des Systems hohe Summen von den Kommunen oder Ländern kassierten.“ Kommunen hätten jedoch einen deutlich höheren Aufwand gehabt als für die Auszahlung von Bargeld. Details zu geplanten Funktionen der Karte nennt die FDP nicht, auch nicht auf Nachfrage unserer Redaktion. Erst im August hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag eine bundeseinheitliche Bezahlkarte noch abgelehnt. (…) Schon der Ausschluss von Bargeld greift in die Freiheit von Geflüchteten ein. „Bargeld spielt in Deutschland im Alltag eine wahnsinnig große Rolle. Wenn mit der Chipkarte keine Bargeldabhebungen möglich sind, haben Geflüchtete nicht mehr die Möglichkeit, Geldgeschäfte des täglichen Lebens zu tätigen“, teilt der Flüchtlingsrat mit. Betroffen wären etwa Flohmärkte, Gemeindefeste oder der Pausenverkauf in der Schule. Für solche Geschäfte, räumt auch das bayerische Innenministerium ein, „wird es wohl erforderlich sein, dass ein geringer Betrag auch abgehoben werden kann.“ (…) Zudem soll die bayerische Bezahlkarte „nur in dem nach Asylgesetz oder Aufenthaltsgesetz zulässigen Aufenthaltsbereich einsetzbar sein“, wie das bayerische Innenministerium erklärt. Hierbei spricht man von „Geofencing“, also der automatischen Kontrolle des Aufenthalts. (…) Von Unternehmensseite hatte in der Vergangenheit unter anderem Wirecard für digitale Flüchtlingskarten lobbyiert, wie das Neo Magazin Royale gemeinsam mit FragDenStaat aufgedeckt hatte. Im bayerischen Landkreis Erding hatte der Finanzdienstleister bereits eine Karte betrieben. Der sogenannte „Kommunalpass“ war politisch bis in die CSU hinein umstritten. Mittlerweile ist Wirecard insolvent, der Kommunalpass damit Geschichte – und die CSU setzt voll auf die digitale Kontrolle und Abschreckung mittels Bezahlkarten.„ Beitrag von Leonhard Pitz vom 25. September 2023 bei Netzpolizik.org - [Aktionswoche 20.-26. Mai 2023] 30 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz: Ein trauriges Jubiläum und kein Grund zum Feiern – aber ein Grund für Aktionstage!
„Am 26. Mai 1993 wurde das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) mit der Änderung des Grundgesetzes Artikel 16 „Politisch Verfolgte genießen Asyl“ im Bundestag beschlossen. Die unantastbare Würde des Menschen wurde antastbar. Seitdem gibt es zwei Menschenwürden in diesem Land. Es reicht! Wir fordern die ersatzlose Streichung des ausgrenzenden AsylbLG! Aufruf zur Kampagne 2023 und bundesweite Aktionswoche vom 20. – 26. Mai 2023 – 30 Jahre Protest gegen das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
Die Bundesregierung plant, das AsylbLG grundlegend zu reformieren – auch deshalb braucht es gerade jetzt spürbaren zivilgesellschaftlichen Druck, damit sich die Regierungsvertreter:innen nicht auf eine vermeintliche gesellschaftliche Mehrheit berufen können, denen weniger Menschenverachtung im AsylbLG nicht vermittelbar sei…“ Aus dem Thomé Newsletter 12/2023 vom 02.04.2023 , siehe dazu:- 30 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz: 200 Organisationen fordern seine Abschaffung
„1993 beschloss der Bundestag die Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes als Instrument der Abschreckung. Zum 30. Jahrestag der Beschlussfassung am 26. Mai fordern mehr als 200 Organisationen die Gleichbehandlung aller Menschen in Deutschland nach den Regeln des Sozialgesetzbuchs: „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“…“ Pressemitteilung vom 25.05.2023 bei Pro Asyl - Es gibt nur eine Menschenwürde! 200 Verbände für sozialrechtliche Gleichbehandlung Geflüchteter
„… Vor 30 Jahren – am 26. Mai 1993 – hat der damalige Bundestag im sogenannten »Asylkompromiss« beschlossen, das in der Verfassung garantierte Grundrecht auf Asyl stark zu beschneiden, um Flüchtlinge möglichst fernzuhalten. Gleichzeitig wurde mit dem »Asylbewerberleistungsgesetz« (AsylbLG) ein neues Gesetz geschaffen, das die Lebensverhältnisse von Asylsuchenden in Deutschland gezielt verschlechtern und die soziale Versorgung auf ein Niveau deutlich unterhalb der normalen Sozialleistungen absenken sollte. Das AsylbLG trat am 1. November 1993 in Kraft. Im 30. Jahr seines Bestehens fordert nun ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Motiviert war das AsylbLG durch einen zentralen Gedanken: den der Abschreckung. Ziel war es, geflüchtete Menschen durch eine möglichst schäbige Behandlung und verordnete Geldnot, verbunden mit dem verpflichtenden Wohnen in Sammelunterkünften und einem Arbeitsverbot, von der Flucht nach Deutschland abzuhalten oder zur Ausreise zu bewegen. Damit kam man den aggressiven und menschenfeindlichen Stimmen in Politik und Gesellschaft Anfang der 1990er Jahre weit entgegen. Im gerade erst »wiedervereinigten« Deutschland dienten deutlich gestiegene Asylantragszahlen als Anlass für eine explosive flüchtlingsfeindliche Stimmungsmache von Politik und Medien. Der Mob der Straße gab seinerseits das Echo mit rassistischen Attacken auf Unterkünfte und Mordanschlägen auf Migrant*innen, von denen die brutalen Exzesse von Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda oder die Morde von Mölln oder Solingen nur einige der bekanntesten sind. (…) Die Beschlüsse, die die Ministerpräsident*innen und der Bund beim Flüchtlingsgipfel am 10. Mai 2023 gefasst haben, brechen mit dem menschlichen Anstand wie auch mit dem Völkerrecht: An den (EU‑) Grenzen sollen Asylsuchende künftig inhaftiert und in Drittstaaten zurückgewiesen werden, und auch im Innern sollen staatliche Gewaltmaßnahmen den Ausreisedruck erhöhen. Bestärkt durch den politischen Alarmismus auch aus den Reihen der roten, grünen oder gelben Koalitionsparteien droht 30 Jahre nach dem Asylkompromiss die Solidarität in der breiten Gesellschaft bedrohlich zu wackeln. Erneut werden Sammellager für Geflüchtete niedergebrannt, erneut fürchten Menschen in rassistischen Angriffen um ihr Leben. Die Bundesregierung muss in dieser Situation eine klare Haltung zu Diskriminierung und Rassismus entwickeln, alte Fehler korrigieren und nicht – auch nicht symbolisch – dem Mob hinterherlaufen. (…) Eine weitere Entgleisung droht auch sozialpolitisch. Klar ist: Die Leistungen des AsylbLG unterschreiten bereits das gesetzlich festgelegte Existenzminimum für ein menschenwürdiges Leben. Eine zweite, abgesenkte Menschenwürde kann es nicht geben. Statt dies endlich zu korrigieren, lassen die aktuellen Vorstellungen der Ministerpräsident*innen befürchten, dass künftig sogar erneut ein größerer Teil der Geflüchteten – vielleicht gar bereits anerkannte Geflüchtete – gekürzte Leistungen erhalten soll (…) Eine Änderung im Sozialgesetzbuch (SGB) statt im AsylbLG würde eine Angleichung nach unten für diejenigen bedeuten, die gerade nicht mehr die gekürzten Leistungen nach AsylbLG erhalten. Mit einer Herabsetzung der menschenrechtlich gebotenen Leistungen etwa für anerkannte Geflüchtete würde der heute schon verfassungswidrigen Praxis die Krone aufgesetzt. Es verstieße auch gegen Artikel 23 der Genfer Flüchtlingskonvention: Danach gewähren die Staaten den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Staatsgebiet aufhalten, auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstigen Hilfeleistungen die gleiche Behandlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen. Kaum zu glauben, dass eine solche Regelung in Deutschland verfassungsrechtlich Bestand hätte, aber der Weg zu einer Korrektur dauert Jahre – ein Schelm, wer Kalkül unterstellt. (…) Zum unrühmlichen 30-jährigen Bestehen des AsylbLG hat sich 2023 ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen unter dem Motto »Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen« zusammengefunden: Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Organisationen von Migrant*innen, Vereinigungen von Anwält*innen, Jurist*innen, Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen, Frauenverbände und Kinderrechtsorganisationen und andere fordern gleiche menschenrechtliche Standards: Geflüchtete müssen in das reguläre Sozialleistungssystem eingegliedert werden. Inzwischen haben 200 Organisationen die Forderung unterzeichnet: 45 bundesweite, 46 landesweite und 110 regionale und lokale Initiativen…“ Protestaktion veröffentlich und begründet am 19. Mai 2023 bei Pro Asyl - Siehe v.a. die Aktionsseite https://asylbewerberleistungsgesetz-abschaffen.de/
- 30 Jahre „Sondergesetz“: Kampagne gegen Asylbewerberleistungsgesetz angekündigt
„Vor 30 Jahren wurde das Asylbewerberleistungsgesetz verabschiedet. Damit wurden Leistungen an Asylbewerber in vielen Bereichen massiv gekürzt. Ein Bündnis mit 140 Organisationen fordert jetzt die Abschaffung der umstrittenen „Sondergesetze“…“ Meldung vom 17.04.2023 beim Migazin - Siehe den Aufruf und Infos bei aks freiburg
- Siehe zum Hintergrund unser Dossier: Ein fauler Kompromiss. Am 26. Mai 1993 beschloss der Bundestag die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl
- 30 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz: 200 Organisationen fordern seine Abschaffung
- Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen! Gemeinsames Statement von 62 Organisationen
„Viele Geflüchtete erhalten zum Leben lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – und damit weniger als das neue Bürgergeld, das laut Gesetz das menschenwürdige Existenzminimum sicherstellen soll. Aber die Menschenwürde kennt nicht zweierlei Maß. Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände und Anwält*innenverbände fordern gleiche Standards für alle: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem eingegliedert werden. (…) Es kann nicht zweierlei Maß für die Menschenwürde geben. Wir fordern das gleiche Recht auf Sozialleistungen für alle in Deutschland lebenden Menschen, ohne diskriminierende Unterschiede. Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem einbezogen werden. Dies erfordert insbesondere folgende Änderungen: 1. Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und Einbeziehung Geflüchteter ins Bürgergeld bzw. die Sozialhilfe (SGB II/XII). Auf migrationspolitisch motivierte Kürzungen und Sanktionen ist gemäß dem Urteil des BVerfG aus 2012 ausnahmslos zu verzichten. 2. Einbeziehung aller Geflüchteten in die Sprach‑, Qualifizierungs- und Arbeitsförderungsinstrumente des SGB II. 3. Einbeziehung geflüchteter Menschen in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (SGB V/XI). Dabei muss sichergestellt sein, dass auch Menschen ohne Papiere jederzeit ohne Angst vor Abschiebung Zugang zum Gesundheitssystem haben. Insbesondere muss ein Anspruch auf Sprachmittlung bei Inanspruchnahme von Leistungen im Gesundheitswesen verankert werden. 4. Von Krankheit, Traumatisierung, Behinderung, Pflegebedürftigkeit Betroffene sowie schwangere, alleinerziehende und ältere Menschen und geflüchtete Kinder müssen – entsprechend ihrem Recht aus der EU-Aufnahmerichtlinie – einen Anspruch auf alle aufgrund ihrer besonderen Situation erforderlichen zusätzlichen Leistungen erhalten (insbesondere nach SGB IX, SGB VIII u.a.). 5. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sind als Geldleistungen auszugestalten…“ Aus dem gemeinsamen Appell 62 Organisationen bei Pro Asyl am 2. Januar 2022 - Das Asylbewerberleistungsgesetz und das Existenzminimum. Eine Analyse der Regelsätze
„Eine umfassende Analyse von PRO ASYL und dem Flüchtlingsrat Berlin zeigt im Detail die Defizite bei der Berechnung und Begründung der Regelsätze nach dem AsylbLG und anderer Sozialleistungen sowie die Leistungskürzungen durch das AsylbLG in der Praxis. Klar wird: Das Sondergesetz für Asylsuchende ist diskriminierend und gehört abgeschafft. (…) Die diskriminierenden Ausschlüsse für Asylsuchende und Geduldete aus Hartz IV werden unverändert in das Bürgergeldgesetz übernommen (§ 7 Abs. 1 SGB II) – sie werden weiterhin auf das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) verwiesen. Damit vertut die Bundesregierung die große Chance, alle Geflüchteten endlich in das normale Sozialsystem zu integrieren. Anlässlich der Verabschiedung des Bürgergeldgesetzes legt PRO ASYL gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Berlin eine umfassende Analyse vor: »Das Asylbewerberleistungsgesetz – Einschränkungen des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum für Geflüchtete. Bedarfsdeckung und Regelsätze nach Asylbewerberleistungsgesetz, Hartz IV und Bürgergeldgesetz.« (…) Das AsylbLG sieht Sachleistungen für Essen, Kleidung und Unterkunft, eine menschenrechtswidrige Minimalmedizin, gekürzte Geldleistungen für Erwachsene und Kinder, eine nochmalige 10%ige Kürzung für Alleinstehende und Alleinerziehende in Sammelunterkünften sowie Sanktionen mit Kürzungen der Regelleistungen um weit mehr als die Hälfte vor. Damit wurde mit dem AsylbLG ein Leistungsniveau deutlich unterhalb der normalen Sozialleistungen geschaffen. Die sollen aber laut Gesetz den Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, »dass der Würde des Menschen entspricht« – so steht es unter anderem in § 1 Abs.1 SGB II. Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 ausdrücklich festgestellt, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums für alle in Deutschland lebenden Menschen gleichermaßen gilt, und dass dieses Grundrecht nicht aus migrationspolitischen Gründen relativiert werden darf. Derzeit – Ende 2022 – steht das AsylbLG erneut beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auf dem Prüfstand (Aktenzeichen 1 BvL 3/21 und 1 BvL 5/21). In diversen juristischen Stellungnahmen haben angefragte Organisationen ihre Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des AsylbLG ausgeführt. Auch die vorliegende Analyse von PRO ASYL und Berliner Flüchtlingsrat ist in ihrer ursprünglichen Fassung als Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht geschrieben worden. (…) PRO ASYL und Flüchtlingsräte fordern die Abschaffung des diskriminierenden Sondergesetzes und die Einbeziehung aller Geflüchteten in das Bürgergeldgesetz.“ Pressemitteilung vom 10. November 2022 von und bei Pro Asyl zur 236-seitigen Analyse vom November 2022
- Konzertierte Aktion von Seehofer und Heil: Flüchtlinge sollen ausgehungert werden
„Ein Gesetzentwurf aus dem BMI sieht erhebliche Verschärfungen im AsylbLG vor. Insbesondere sollen maßlose und radikale Leistungskürzungen bis auf null eingeführt und schon vorhandene Kürzungen ausgeweitet werden. Mit dem Gesetz würde dann in erster Linie der Zweck eines „Aushungerns“ nicht erwünschter ausländischer Personen erfüllt werden. Daneben soll die Vorbezugszeit für Analogleistungen nach § 2 AsylbLG auf 18 Monate hochgesetzt werden. Ein weiterer Gesetzentwurf aus dem BMAS sieht zusätzliche Leistungskürzungen für sehr viele Leistungsberechtigte vor, wenn sie die „normalen“ Grund- oder Analogleistungen erhalten. BMAS und BMI planen somit, in einer konzertierten Aktion das Menschenrecht auf ein verfassungsmäßig garantiertes menschenwürdiges Existenzminimum für Flüchtlinge zu schleifen. Beide Gesetzentwürfe sollen schon am kommenden Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Um zu wissen, welche gravierenden Änderungen geplant sind, haben die GGUA Kollegen die Änderungsvorschläge in den bestehenden Fließtext des AsylbLG eingebaut und farblich markiert. Wie ihr seht, wird von dem bestehenden – jetzt schon miserablen! – Gesetz nicht mehr viel übrig bleiben.Nur, um es noch einmal zu wiederholen: Das Bundesverfassungsgericht hatte 2012 in einem Urteil zum damaligen AsylbLG festgeschrieben: „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ In der Bundesregierung scheint dies weder Union noch SPD auch nur einen Hauch zu interessieren.“ Aus dem Thomé Newsletter 15/2019 vom 14.04.2019
- Gesetzgebungswut ohne Ende – keine Zeit für verfassungsrechtliche Maßstäbe?
„Die gestern bekannt gewordenen Gesetzesänderungen zielen auf Entrechtung, mehr Haft, soziale Isolierung und Verdrängen aus Deutschland durch Entzug von Sozialleistungen. Menschen, die bereits in einem anderen EU-Staat einen Schutzstatus haben, sollen für maximal zwei Wochen eine »Überbrückungsleistung« erhalten. Leistungen sollen für Schutzsuchende nach dem Asylbewerberleistungsgesetz unter bestimmten Bedingungen auf null gesetzt werden. Der Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium sieht vor, dass Personen, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt wurden und ausreisepflichtig sind, keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) mehr erhalten. Maximal für zwei Wochen soll es für Hilfebedürftige eine »Überbrückungsleistung« geben – aber nur einmal innerhalb von zwei Jahren. In dem Wissen also, dass diese Menschen durchaus länger als zwei Wochen hier bleiben, will das Bundesinnenministerium Leistungen verwehren. Die Gefahr von anerkannten Flüchtlingen, die aufgrund der menschenunwürdigen Zustände in Griechenland, Italien oder Bulgarien hier leben und dann auf der Straße landen, ist groß. Eine eingefügte Härtefallregelung wird dem wohl kaum grundsätzlich entgegenwirken. Auch Personen, deren Asylantrag nach der Dublin-Verordnung in einem anderen Mitgliedstaat zu prüfen wäre, sollen nur noch eingeschränkte Leistungen erhalten. Zudem soll das schon dann gelten, wenn die Dublin-Entscheidung noch gar nicht unanfechtbar ist. Das heißt: Selbst wenn die Entscheidung von einem Gericht geprüft wird, gibt es in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf volle Leistung. (…) Ein solch weitreichendes Gesetz, welches weitere Verschärfungen wie im Bereich der Rechtsstellung Geduldeter und dem verfassungsrechtlich höchst sensiblen Bereich der Abschiebungshaft vorsieht, nun noch vor der Osterpause durchzupeitschen, ist höchst verantwortungslos. Nicht einmal zweieinhalb Arbeitstage haben die Expertinnen und Experten im Rahmen der Verbändebeteiligung Zeit, den Entwurf zu analysieren und zu bewerten. Keine zwei Tage später wiederum soll – eigentlich unter Berücksichtigung der eingereichten Bewertungen und Stellungnahmen – der Kabinettsbeschluss erfolgen. Schon auf den ersten Blick fällt auf: Die Verbändebeteiligung verkümmert damit zur reinen Farce. PRO ASYL fordert die Bundesregierung auf, die vom BMI geplante Vertreibungsstrategie nicht wie geplant am kommenden Mittwoch im Bundeskabinett zu verabschieden…“ Mitteilung von und bei Pro Asyl vom 12.4.2019
- Entwurf des Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes – und Stellungnahme
„… Zum AsylbLG 3.ÄndG: Das Leistungsniveau soll an die Preisentwicklung angepasst, die zum 1.1.2017, 1.1.2018 und 1.1.2019 ausgebliebene Anpassung der Leistungssätze nachgeholt werden. Die Erhöhung soll „kostenneutral“ erfolgen, indem die Leistungssätze nach §§ 2 und 3 AsylbLG für Alleinstehende in Sammelunterkünften um 10 % gekürzt werden. Begründet wird dies mit der Fiktion, dass Alleinstehende in Sammelunterkünften als „Schicksalsgemeinschaft“ die „Obliegenheit“ hätten, wie Ehepartner gemeinsam aus einem Topf zu wirtschaften…“ Mitteilung von Harald Thomé in seinem Newsletter 13/2019 vom 31. März 2019 mit Links zum BMAS-Referentenentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und eines Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern.Siehe dazu:
- Weniger Geld ab 2020: Sozialministerium will Leistungen für Asylbewerber kürzen
„Die große Koalition nimmt einen neuen Anlauf für eine Reform der Asylbewerberleistungen. Unter dem Strich ihrer Pläne steht eine Senkung der aktuellen Bezüge. Grüne und Linke sind empört. (…) Wie am Mittwoch aus dem Ressort von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verlautete, sollen die monatlichen Zuwendungen für alleinstehende Asylbewerber künftig 344 Euro betragen, zehn Euro weniger als aktuell. Für Kinder im Schulalter sollen die Leistungen im Zuge der geplanten Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes dagegen steigen. Zudem soll ein Ehrenamts-Freibetrag eingeführt werden. (…) Die Reform sieht vor, dass die Leistungen für den „notwendigen Bedarf“ an Lebensmitteln und Kleidung sinken und die für den „notwendigen persönlichen Bedarf“ etwa an Hygieneartikeln etwas steigen. In der Summe bleibt für meisten Gruppen eine Kürzung: Paare oder in Sammelunterkünften untergebrachte Asylbewerber sollen künftig pro Person 310 Euro bekommen. Derzeit sind es 318 Euro. Begründet werden die Kürzungen damit, dass in Sammelunterkünften für die Asylbewerber geringere Kosten beim „notwendigen Bedarf“ anfallen. Für jüngere Kinder und Jugendliche ab 13 Jahren bleibt der Leistungssatz den Plänen zufolge auf dem aktuellen Niveau. Für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren sollen die monatlichen Leistungen von aktuell 242 auf 268 Euro steigen. (…)Die Leistungen liegen unter dem Niveau der Grundsicherung in Deutschland und werden für Asylbewerber für die ersten 15 Monate in Deutschland gezahlt. Letztmalig wurden die Sätze 2015 angehoben, nachdem das Bundesverfassungsgericht geurteilt hatte, dass alle in Deutschland lebenden Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum bekommen müssen. 2016 wollte die Bundesregierung die Leistungen schon einmal kürzen. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz, das eine Senkung auf 332 Euro für erwachsene Alleinstehende vorsah, scheiterte aber im Bundesrat. Die jetzt geplante Reform ist damit der zweite Versuch für eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes…“ Meldung vom 8. März 2019 beim Migazin
- Siehe auch unser Dossier: Asyl-Verschärfungen 2019: „Geordnete-Rückkehr“ – und ungestörte Abschiebungen
- Siehe unser Dossier von 2016: Eine Attacke auf die menschenwürdige Existenz: Das AsylbLG soll verschärft werden