Deutschland in klarer Verweigerung eines gemeinsamen Euro-Europa
„Wie lange kann es sich Europa und Deutschland noch leisten durch die „freiesten“ Finanzmärkte dem nächsten Crash entgegenzutaumeln – ohne die geringste gemeinsame Verantwortung? Jetzt könnte Europa vor die Alternative gestellt werden durch den Ansturm des Populismus oder den Finanzcrash zur Auflösung gezwungen zu sein. Doch Deutschland will einfach keine gemeinsame finanzielle Verantwortung für Europa. Jetzt der Fall nur einer „Arbeitslosen-Rückversicherung“...“ Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 20.12.2018 – wir danken!
Deutschland in klarer Verweigerung eines gemeinsamen Euro-Europa
Wie lange kann es sich Europa und Deutschland noch leisten durch die „freiesten“ Finanzmärkte dem nächsten Crash entgegenzutaumeln – ohne die geringste gemeinsame Verantwortung? Jetzt könnte Europa vor die Alternative gestellt werden durch den Ansturm des Populismus oder den Finanzcrash zur Auflösung gezwungen zu sein.
Doch Deutschland will einfach keine gemeinsame finanzielle Verantwortung für Europa. Jetzt der Fall nur einer „Arbeitslosen-Rückversicherung“
Deutschland hatte es in einem deutsch-französischen Kompromisspapier für Reformen der Währungsunion zugesagt. Jedoch die CDU-Fraktion kann schon jetzt versichern, dass es mit ihnen keine Mehrheit dafür im Bundestag geben wird. Und auch schon jetzt haben Kanzleramt und Wirtschaftsministerium ihr Veto gegen den Vorschlag des Finanzministers Scholz (SPD) eingelegt. (https://www.sueddeutsche.de/politik/eu-arbeitslosenhilfe-besser-gewappnet-1.4256553 )
Die Bertelsmann-Stiftung hatte – nachdem es auch von den EU-Finanzministern (Euro-Group) einen Prüfauftrag gegeben hatte – einen Vorschlag entwickelt, der keineswegs einer gemeinsamen Europäischen Arbeitslosenversicherung entsprach (siehe zu einer solchen, die wirklich europäisch sein soll (https://www.labournet.de/politik/eu-politik/arbeit-sopo-eu/sopoeu/jetzt-eine-europaeische-arbeitslosenversicherung-fuer-die-soziale-dimension-von-europa-aber-auch-um-die-assymetrischen-krisen-schocks-zu-daempfen/), sondern nach einem Ausgleich von „Schocks“ in Krisen jetzt noch eine Rückzahlungsverpflichtung vorsieht (https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/repair-and-prepare-strengthening-europe/projektnachrichten/arbeitslosen-rueckversicherung/ ).
Dabei hatte sich auch die Bertelsmann-Stiftung schon länger damit beschäftigt (https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/abgeschlossene-projekte/europa-staerken-und-verbinden/projektnachrichten/eine-arbeitslosenversicherung-fuer-die-eurozone/ ), um jetzt bei diesem recht eingeschränkten „Lösung“ – wohl auch wegen der Regierungskonstellation in der GroKo – zu landen. (siehe dazu auch das Beispiel der Finanztransaktionssteuer – „Eine politisch Europa-taube und Finanzkapital-taube GroKo in Berlin“ (https://www.labournet.de/?p=141006)
Vehemente Einrede wegen des knallharten Ausspielens der Konkurrenzsituation von Deutschland gegenüber Frankreich. Dabei würde die Erkenntnis helfen, dass in einer Währungsunion die Probleme des einen Landes auch immer die des anderen Landes sind.
Deutschland trägt eine Verantwortung für die Misere – jetzt z.B. auch mit den Gelben Westen in Frankreich, die bei einem ersten Blick zunächst recht chaotisch erscheinen (https://www.heise.de/tp/features/Gelbe-Westen-Wie-mit-dem-Zorn-umgehen-4244395.html?seite=all ), aber dann doch deutlich werden lassen, wie diese Wut sich gegen die als unverhältnismässig wahrgenommene Beziehung zwischen dem Sozialstaat und der Steuerfinanzierung richtet. (http://monde-diplomatique.de/artikel/!5549063 )
Die Reichen stehen jedenfalls fast ganz jenseits dieser Staatsfinanzierung. So hat sich die Gelbe-Westen-Bewegung schon jetzt das Verdienst erworben, dass sie die
Wut über ein als ungerecht empfundenes Steuersystem, das seit jahren brodelt, endlich für alle sichtbar gemacht hat. (Alexis Spire)
Und in diesem Bereich der Arbeits-Prekariats-Welt besitzen auch in Deutschland die Gewerkschaften keinerlei Einfluss, um die soziale Lage zu verbessern – und schon gar nicht die Parteien.
So wird gerade dieser Armutsbereich (siehe auch den aktuellen Armutsbericht 2018: https://www.paritaet-bremen.de/nachricht-anzeigen/710.html ) auch in Deutschland von den Gewerkschaften überhaupt nicht erreicht und abgedeckt, wie der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann eingestehen muss. (https://www.deutschlandfunk.de/hoffmann-dgb-zu-gelbwesten-wir-erleben-voellig-unbekannte.694.de.html?dram:article_id=436049 )(Allgemein zur Situation der Gewerkschaften in Deutschland siehe auch noch den Abschnitt „Digitalisierung und Populismus“ auf der Seite 4 bei https://www.labournet.de/?p=140533 sowie der Ökonom Heinz-Josef Bontrup „Die Arbeitsmärkte in Deutschland waren noch nie in solch einem schlechten Zustand“: https://www.heise.de/tp/features/Die-Arbeitsmaerkte-waren-in-Deutschland-noch-nie-in-einem-so-schlechten-Zustand-4252613.html?seite=all )
Dies wird wohl erst vollends bei den Europawahlen zum Tragen kommen – denn in einer Währungsunion sind auch immer die Probleme des einen Landes, die des anderen, stellt Cerstin Gammelin fest. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/frankreich-schulden-deutschland-1.4256549 )
Und den Gelben Westen in Frankreich kommt jetzt das Verdienst zu, diese soziale Schieflage in der Staatsfinanzierung schon einmal deutlich offen gelegt zu haben!
Das jetzige französische Haushaltsdefizit ist nur der Spiegel für das europäische Versagen von Deutschland. Das jetzige französische Haushaltsdefizit hält daher nur der Bundesregierung den Spiegel vor. Zu sehen sind dabei keine europäischen Partner, sondern nationale Konkurrenten – auf deutscher Seite mit Exportüberschüssen und Lohndumping. (Vgl. dazu vor allem auch den Abschnitt „Kann es dennoch zu einer gemeinsamen Erzählung für Europa kommen“ (Seite 3) bei https://www.labournet.de/?p=140533)
Wer jetzt mit Häme also über den geschrumpften Sonnenkönig Emmanuel Macron oder mit Vorwürfen wegen seines Regelverstoßes reagiert, verkennt den Ernst der Lage, die nicht allein auf Frankreich beschränkt ist: Ein Protest, der jenseits der bestehenden politischen Organisationen das Problem des Sozialstaates mit all seinen Defiziten einerseits zum Thema hat und wie er tatsächlich finanziert wird – nämlich von den kleinen Leuten. (http://monde-diplomatique.de/artikel/!5549063 )
Die alte und die neue Große Koalition in Berlin jedoch weigerten sich die ausgestreckte Hand – für mehr Gemeinsamkeiten in Europa – zu ergreifen. (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/frankreich-schulden-deutschland-1.4256549 )
Könnte jetzt die EU durch diese Arbeitslosen-Rückversicherung besser gegen die nächst Euro-Krise gewappnet sein? Oder ist der ökonomische Nutzen gegen die Krise einfach zu gering?
Alexander Hagelüken weiß, die nächste Euro-Krise bestimmt kommt – und findet durch einen sochen Topf könnte diese Krise abgemildert werden. (https://www.sueddeutsche.de/politik/eu-arbeitslosenhilfe-besser-gewappnet-1.4256553 ) Für diese Haltung findet er Unterstützung im Saarland. (https://wirtschaft.saarland.de/SID-F9F13696-EB29B81A/241866.htm )
Jedoch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger findet: „Man braucht einen solchen Arbeitslosenfonds nicht. Die Staaten können sich Geld am Kapitalmarkt leihen (aber der „Spread“ zu Deutschland?). Und wenn das nicht geht, gibt es auch noch den Stabilitätsmechanismus ESM. Für ihn – Bofinger – ist der ökonomische Nutzen – wohl dieses schmalbrüstigen Modells – jedenfalls im Vergleich zu den politischen Kosten – diesem Knatsch in der GroKo zwischen Union und SPD – gering. (https://www.sueddeutsche.de/politik/scholz-europa-arbeitslosenversicherung-1.4256599 )
Die in die Gründung der Währungsunion (z.B. Vertrag von Maastricht) eingravierten Fehler zerreißen weiter das Ziel eines gemeinsamen Europas – und werden die populistische und europafeindliche Quittung bei den Europawahlen einbringen.
Ein wirklich gemeinsames Europa würde dadurch – entsprechend den klar eingravierten Grundfehlern bei der Gründung des Euro – vgl. https://www.labournet.de/?p=109359 – doch nicht angegangen. Und Macron, der das – wenigsten ein wenig – angehen wollte,den ließ Deutschland kaltlächelnd – für sich allein die Vorteile der Währungsunion nutzend – im Eck stehen.
Nun die Europawahlen im Mai 2019 werden diesen spalterischen Egomanen aus Deutschland wohl die populistische und damit europafeindliche politische Quittung verabreichen. (Zum Populismus siehe auch weiter bei „Brexit or No-Brexit…“ vor allem mit dem schottischen Autor Darren McGarvey bei https://www.labournet.de/?p=141588)
Und was wird Deutschland tun? Weiter von den eigenen Problemen, die immer noch jeweils etwas günstiger als anderswo in Europa liegen, (vgl. dazu (https://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_144_2018.pdf ) ablenken – und in idiosynkratischer Selbstgefälligkeit voller Verachtung auf die anderen zeigen, die das „wieder“ nicht „hingebracht“ haben.
Und für Europa besteht die Gefahr in diesem Strudel der gegenseitigen Schuldzuschiebung schlicht und einfach nur „unterzugehen“!
Nicht die Realwirtschaft wird zum Krisenproblem, sondern die Spekulation auf den Finanzmärkten – diesen freiesten Märkten (Stephan Schulmeister)
Dabei ist nicht die Realwirtschaft das Problem, sondern die Spekulation an den Finanzmärkten, macht Stephan Kaufmann aufmerksam. (https://gegenblende.dgb.de/artikel/++co++b60ad292-029c-11e9-8c26-52540088cada ) So zeigen uns die Risiken für 2019, was uns die freien Finanzmärkte kosten.
Konkret werden diese Gefahren auf und durch die Finanzmärkte am Ölpreis wieder (Risiko 1), am Brexit (Risiko 2), bei Italien durch die Spekulation auf die Schulden dort – und damit gegen den Euro (Risiko 3) und durch die Schwellenländer, weil die Anleger das Geld dort abziehen und in den USA anlegen, weil sie dort höhere Zinsen bekommen (Risiko 4).
Immer rasanter stellt sich daher die schon bald für unsere Demokratien existentielle Frage, inwieweit die Gesellschaften und die Politik sich es noch leisten wollen, diese Freiheit zur Krise für die Finanzmärkte noch zu gestatten. (https://gegenblende.dgb.de/artikel/++co++b60ad292-029c-11e9-8c26-52540088cada )
Zumal auch der Populismus, der die Demokratie gefährdet, durch diese Finanzkrisen erst so richtig entstehen kann, wie der Bonner Ökonom Moritz Schularick in der Geschichte der Finanzkrisen nachweisen konnte. (https://www.zeit.de/2018/38/finanzkrise-crash-oekonomie-kapital-kredit )