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Europa

Auftakt zu mehr?

Generalstreik in SüdeuropaEs war eine Neuerung: Der erste gemeinsame südeuropäische Streiktag und europäische Aktionstag. Zu dem neben dem EGB auch die Gewerkschaftsverbände mobilisierten, die dem WGB angeschlossen sind, wie auch alternative transnationale Zusammenschlüsse und zahlreiche größere und kleinere Selbstorganisationen prekär Lebender in mehreren Ländern, sowie unterschiedlichste soziale Bewegungen in allen Ländern. Alle die einen „Fehlschlag“ herausposaunten, wie die betroffenen Regierungen und die Medien des bürgerlichen Mainstream, schwiegen spätestens am Abend, als riesige Demonstrationen in mehreren Ländern und in zahllosen Städten stattfanden. Die EU-Demokratie zeigte derweil einmal mehr ihr uniformiertes Antlitz: Polizeirepression allüberall, meist allerdings erfolglos. Einen allerersten Versuch Bilanz zu ziehen, stellt unsere aktuelle Materialsammlung „N14 – die Erste?“ vom 15. Nobember 2012 dar.

N 14 – die Erste ?

Die Bilanz des Aktionstages N14 war eindeutig – selbst dort, wo nicht oder nur zeitweise gestreikt wurde, waren die Kundgebungen, Demonstrationen und sonstige Aktionen von so massiver Beteiligung unterschiedlicher sozialer und politischer Gruppierungen geprägt, dass die Gesamtbilanz stark ausfiel.

Schlaglichter aus einzelnen Ländern

Einen allgemeinen ersten Überblick leistet die Berichtsammlung „Europäische Streikunionexterner Link am 15. November 2012 in der jungen welt. Einen Vergleich zwischen Portugal und Spanien versucht in „Starke Generalstreiks in Spanien und Portugalexterner Link Ralf Streck am 14. November 2012 bei telepolis, wo es unter anderem heisst: „Anders als die Empörten-Bewegung und die CGTP in Portugal, die auch von vielen Militärs unterstützt werden, setzen die Gewerkschaften in Spanien aber nicht den Sturz der Regierung auf die Tagesordnung. Sie wollen Rajoy nur zur Umkehr zwingen. Die kleineren anarchosyndikalistischen Gewerkschaften CGT und CNT und die Empörten trauen ihnen nicht. Sie verweisen darauf, dass CCOO und UGT 2010 auch die Rentenreform mit Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 abgenickt hatten. CGT und CNT demonstrierten deshalb nicht gemeinsam mit den großen Gewerkschaften„.

In Portugal zog der Generalsekretär der CGTP-Intersindical, die die Initiative für einen transnationalen Streik ergriffen hatte die Bilanz „Balanço Geral da Greveexterner Link bereits um 19 Uhr am 14. November 2012, hier bei Youtube als Video: Einen der grössten Streiks unserer Geschichte, so charakterisierte er den Tag. Dieser Tag, so Carlos, bedeute die Rote Karte für die Regierung. Wobei die CGTP mehrmals an diesem Tag die „Dados da Greve Geralexterner Link aktualisierte, mit denen über die Beteiligung am Streik informiert wurde. Wo deutlich wurde, dass neben einer massiven Beteiligung im gesamten öffentlichen Dienst absolute Schwerpunkte im Transportwesen, Gesundheitswesen und bei den Hafenarbeitern lagen. Was auch durch ganz kurze Berichte und Verweise gestützt wird, wie etwa auf der selbstorganisierten Seite der seit längerem streikenden Docker von Aveiro (Nordportugal): In dem Beitrag „Não há acordo nenhum.“ Estivadores encabeçam manifestação na Assembleiaexterner Link vom 14. November 2012 auf ihrem Dockerblog unterstreichen die Docker, dass sie bei jener Demonstration vor dem Parlament, die am Abend von der Polizei überfallen wurde, an der Spitze des Zuges marschiert seien. Die Vereinigung zum Kampf gegen die Prekarität, die im Sommer alle, einschliesslich sich selbst, überrascht hatte, als sie Hundertausend Menschen zum Protest mobilisierte, beteiligte sich erstmals landesweit am Generalstreik – mit zahlreichen Aktionen von denen der Bericht „Precários Inflexíveis em ação de protesto num Pingo Doce em Lisboaexterner Link am 14. November 2012 beim esquerda.net ein beispiel ist: Protest vor und Einzug in einen Laden der landesweiten Kette „Pingo Doce“, deren Eigentümer der reichste Mann Portugals ist… Ein weiterer Bereich, in dem eine große gesellschaftliche Mobilisierung erreicht wurde waren die Schulen. In dem Bericht „Número de escolas encerradas ‚triplicou‘externer Link wird der Sekretär der Lehrergewerkschaft zitiert, die Beteiligung der Schulen hätte sich verdreifacht, und auch zahlreiche Rektoren würden streiken – was auch von dem Engagment vieler Elternorganisationen befördert wurde. Eine kleine Fotoreportage über den Generalstreik in Portugal ist „Fotos dos protestos em diversas cidades de Portugalexterner Link beim esquerda.net

In Spanien unterstrich der Generalsekretär der CCOO Fernando Toxo auf der Pressekonferenz „Toxo: „La huelga general es un éxito“externer Link – ein Erfolg eben. Das Sekretariat der anarchosyndikalistischen CGT betont in „VALORACIÓN GLOBAL POSITIVA DE LA HUELGA GENERAL EUROPEA 14Nexterner Link ihrem dritten Communiqué am 14N, dass der Streik nicht nur ein Erfolg gewesen sei, weil er vor allem in der grossen Industrie wie etwa Automobil oder Petrochemie massiv befolgt wurde, sondern auch durch die zahlreichen gesellschaftlichen initiativen, wie etwa den

Konsumentenstreik in vielen Großstädten. Vielleicht sogar besser als in offiziellen Verlautbarungen kommt dieses Ergebnis in solchen selbstorganisierten Plattformen wie dem Twitter der Madrider CCOO-Streikposten „piqueteccooexterner Link zur Kenntniss, wo deutlich wird, dass Aktivisten sich freuen, vor allem über die TeilnehmerInnenzahlen an den Demonstrationen etc.

Auch die UATE, die Union der Vereinigungen der Autonom Arbeitenden unterstreicht den Erfolg: „UATAE: La huelga con mayor porcentaje de participación de autónomos de la historiaexterner Link ist ihre Einschätzung betitelt, zwei Drittel aller „Autonomen“ haben sich demnach an dem Streik beteiligt, weit mehr als je zuvor.

Als ein Beispiel für die verschiedenen regionalen Gewerkschaftszusammenschlüsse und ihre Aktivität hier die Stellungnahme „As máis de 500.000 persoas que saíron hoxe ás rúas das principais vilas e cidades galegas ratificaron o éxito do 14-Nexterner Link der Galizischen Intersindical, die eben, neben der 90%igen Befolgung des Streiks vor allem die Massendemonstrationen hervorhebt. Der kurze Bericht „Granada: Más de 10.000 personas secundan la manifestación del sindicalismo alternativoexterner Link bei kaosenlared zeigt anhand eines Beispiels, dass an diesem Streiktag auch die Alternativen Gewerkschaften stark mobilisierungsfähig waren – 10.000 Menschen in Granada bei der gemeinsamen Demonstration von SAT, CGT und Cobas sind weitaus mehr als in Granada bisher bekannt. Der Bericht „Multitudinaria manifestación del Bloque Unitario y HQPLPexterner Link bei La Haine zeigt, dass auch in Madrid die Mobilisierung durch Basisgewerkschaften zusammen mit politischen Bewegungen sehr besonders war (Bericht mit Fotos und Links zu Interviews mit Sprechern alternativer Gewerkschaften).

Die Agencia 29 hat eine Chronologie des Tages unter dem Titel „Seguimiento mayoritario del paro, manifestaciones masivas y la violencia policial marcan la jornada de huelgaexterner Link bei kaosenlared publiziert, die einen guten Überblick gibt.

In Italien hebt die Alternativgewerkschaft COBAS hervor, dass insbesondere das Zusammenwirken der Streiks an Schulen und Universitäten (wo sie über beachtlichen Einfluss verfügt) und den Protesten der Schülern und Studenten Massenaktionen hervorgingen: „14 novembre – Straordinaria giornata di lotta in Europa e in Italia contro le politiche di austerityexterner Link heisst die abendliche Stellungnahme. Struggles in Italy berichtet in „14N European strike: Bolognaexterner Link über die vier Demonstrationen in Bologna, deren stärkste die gemeinsame von COBAS und Studentenvereinigungen war, an der sich auch die Belegschaft von Ikea Piacenza beteiligte – und ein Großteil der CGIL-StudentInnen nach Abschluss der kurzen Gewerkschaftsdemonstration. Auf dem Twitterkanal „#scioperogeneraleexterner Link tauschen sich viele AktivistInnen aus über die Erfahrungen des Tages, auch mit vielen weiteren Links.

Bei der Seite rassegna wird die Bewertung der CGIL folgendermaßen betitelt: „Sciopero: Cgil, è pienamente riuscito, adesione media del 50%externer Link – mehr als erwartet haben sich am Streik beteiligt. Unter den über 100 Kundgebungen und Demonstrationen in Italien organisierte die CGIL ihre zentrale Kundgebung in Terni, wo die Generalsekretärin der CGIL eine andere Politik von der Regierung forderte, wird in „Sciopero generale, l’austerità strangola il lavoroexterner Link bei rassegna berichtet.

In Griechenland gab es nach dem Generalstreik in der letzten Woche nur einen eher symbolischen Teilstreikaufruf. „Nach drei Generalstreiks in drei Monaten beteiligten sich die Gewerkschaften in Griechenland am gestrigen, vom Europäischen Gewerkschaftsbund initiierten »europäischen Aktionstag« nur mit einer dreistündigen Arbeitsniederlegung über Mittag. Gleichzeitig fanden in verschiedenen Städten Kundgebungen und Demonstrationen statt. Die kommunistisch orientierte Gewerkschaftsfront PAME hatte diesmal gänzlich auf einen eigenen Aufmarsch verzichtet. Sie rief ihre Mitgliedsorganisationen vielmehr dazu auf, den Ausstand »zu Versammlungen an so vielen Arbeitsstätten wie möglich« zu nutzen, um »die Erfahrungen aus den Kämpfen und die Zuspitzung des Kampfes gegen die arbeiterfeindlichen Maßnahmen und die Politik, die diese hervorbringt, zu diskutieren«“ heisst es in dem Griechlandteil von Heike Schrader im eingangs erwähnten Überblick in der jungen welt.

Den komplettesten Überblick über die Streiks in Belgien liefert in „Le point sur la mobilisation région par région et les désagréments secteur par secteurexterner Link erstaunlicherweise RTL Belgien in einem Beitrag der zur Schlussfolgerung kommt, dass zwar niemand zum Generalstreik aufgerufen hatte, es zumindest in Wallonien aber ziemlich genau danach ausgesehen habe: Fast totaler Stillstand…In dem Bericht kommen auch viele Streikende zu Wort… Unter dem Titel „Journée européenne contre l’austéritéexterner Link gibt auch der Gewerkschaftsbund FGTB – der nicht zum Streik aufrief, wohl aber die Gewerkschaftsjugend und die Metallgewerkschaft, einen Überblick über die Aktionen.

Medien und Polizei: Voll draufschlagen

Auch wenn gerade RTL – eine Ausnahme – für Belgien ztiert wurde, die Generallinie der europäischen Medien war die Attacke auf den Streik. Anstelle des zitierens von Presse und Fernsehen der Streikländer sei hier die folgende Meisterleistung des „Spiegel“ angeführt (die allerdings durchaus als exemplarisch für viele quer durch Europa gelten kann). Über dem redaktionellen Text, der so beginnt: „Millionen Europäer haben sich den Streiks und Demonstrationen gegen die strikte Sparpolitik in ihren Ländern angeschlossen. Sowohl in Portugal als auch in Spanien legt ein 24-stündiger Generalstreik das öffentliche Leben weitgehend lahm. In beiden Ländern fuhr kaum noch ein Zug. Hunderte Flüge wurden gestrichen, Fabriken blieben geschlossen. Die Proteste verliefen weitgehend friedlich. Doch in einigen Städten kam es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei…“ steht der Titel „Anti-Spar-Proteste eskalieren in Gewaltexterner Link – passt.

Da passt der Titel des Zentralorkans der Arbeiterbewegungslosigkeit besser: „Tag des Zorns: Europas Jugend rebelliertexterner Link schreibt redaktionell die Bildzeitung um erst hinterher die Prügeleien in den Mittelpunkt zu rücken. Wie betont: Entsprechende Berichte liessen sich in den erwähnten Ländern zuhauf finden…

Was daran stimmt ist, dass die Polizeiuniform oder der Polizeiknüppel, oder Wasserwerfer, Gummigeschosse und Handschellen einmal mehr die Zustimmung zur Europäischen Demokratie erwzingen sollten. Für Spanien der Bericht „Se eleva a 142 el número de detenidos durante la huelga general en el Estado españolexterner Link bei kaosenlared. In Italien gibt es am 15. November bereits mehrere Aktionen für die Freilassung der am 14. festgenommen, meist StudentInnen, wird in „Roma – A casa non si torna, liberi tuttiexterner Link bei Global Project berichtet.

Für Portugal (wo wir oben bereits darauf verwiesen, dass auch die Docker an der Demonstration beteiligt waren) folgende Nachricht über Email:

„Polizeigewalt gegen Demonstranten in Lissabon – weitersagen und protestieren!“

Soeben berichtet mir Fabian Figueiredo vom Vorstand der portugiesischen Linkspartei (Bloco de Esquerda) telefonisch aus Lissabon (Portugal): Nach der großen Demo vor dem Parlament aus Anlass des Generalstreiks wurden 120 Jugendliche von schwer bewaffneten Polizisten festgenommen und abtransportiert. Die überraschenden Festnahmen fanden am Cais do Sodré am Tejo-Ufer statt, etwa einen Kilometer vom Parlament entfernt, als sich die Leute bereits auf dem Heimweg befanden. Es wurden auch Unbeteiligte verhaftet, also Menschen, die nicht einmal an der Demonstration vor dem Parlament beteiligt waren. Bei den Polizisten handelte es sich ausnahmslos um Angehörige der Bereitschaftspolizei und Sondereinheiten zur „Anti-Terror-Bekämpfung“, die sonst fast nie gegen Demos eingesetzt werden. Die Festgenommenen wurden aber nicht in ein reguläres Polizeigebäude oder Gefängnis gebracht, sondern in ein ehemaliges Gerichtsgebäude auf einem bewaldeten Hügel (Monsanto) außerhalb der Stadt , das inzwischen privatisiert wurde. Sie sind rechtlos und haben keine Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit einem Anwalt. Vor dem Gebäude stehen seit Stunden Demonstranten. Sie haben aber keinen Kontakt zu den festgenommenen und wissen nicht, wie es ihnen geht. „Wir werden hier die ganze Nacht ausharren“, sagt Fabian Figueiredo: „Einige Parlamentsabgeordnete werden noch zu uns stoßen.“ Fabian Figueiredo: „Schon tagsüber war die Polizei sehr brutal gegen Demonstranten vorgegangen. Lissabon ist heute eine Stadt wie im Bürgerkrieg. Die deutsche Öffentlichkeit muss das erfahren, auf welch beschämende Weise diese Regierung mit ihren Kritikern und Gegnern der Kürzungspolitik umgeht. Heute haben wir gelernt, dass sich nach den Massendemos der letzten Wochen der portugiesische Staat verändert hat und auf dem Wege zum Polizeistaat ist. Sagt das weiter. Alle Welt muss erfahren, was hier passiert.“ (HGÖ)

Die politischen Auseinandersetzungen in der Bewegung gegen Austerität

Ob der europäische Aktionstag und südeuropäische Streiktag ein Anfang war – oder das Ende der Fahnenstange – ist bereits einer der zentralen Debattenpunkte, die bereits vorher und erst recht hinterher sich entwickeln. „La huelga general indefinida es la única manera de hacer retroceder al capitalismoexterner Link – (der ungerenzte Generalstreik ist der einzige den Kapitalismus zum Rückzug zu zwingen) – ist die Überschrift eines Interviews der CNT Zeitung Periodico vom 11. November 2012 (hier gespiegelt bei kaosenlared) mit dem Generalsekretär des anarchosyndikalistischen Verbandes, der dieses Thema keineswegs nur für seine Organisation auf die Tagesordnung bringt. In Spanien, wie auch in den anderen Ländern, in denen es in jüngster Zeit einen oder mehr eintägige Generalstreiks gegeben hat, wird dieses Thema naheliegenderweise anders diskutiert als etwa in der BRD…

Diese Debatte ist eng verknüpft mit der Diskussion um die Inhalte der Aufrufe, die ja keine Debatte über irgendwelche Papiere ist, sondern um die Ausrichtung von Aktion und Widerstand, um die Orientierung gewerkschaftlicher und alternativer Politik. So ist beispielsweise die Debatte in Spanien – wo Blätter wie ABC oder El Mundo schon in den Morgenstunden sich bemühten den Generalstreik als „fracaso“ zu bezeichnen, was nicht aufrecht zu erhalten war, aber davon gespeist, dass die Mehrheitsgewerkschaften im Baskenland nicht zum Streik aufriefen. Dazu schreibt der viel gelesene Blog „borrokagaraia“ am 12. November 2012 „Decepcionexterner Link (Enttäuschung): Die Begründung etwa des Gewerkschaftsbundes LAB, nicht an dem Generalstreik teilzunehmen sei einerseits inhaltlich völlig richtig, denn ein Aufruf wie der von CCOO und UGT, der nur auf Korrekturen der Regierungspolitik abziele sei in der Tat eine Fortsetzung der Sozialpartnerschaftspolitik; andrerseits sei aber die Nichtteilnahme an einer europaweiten Aktion eben ein Fehler, eine vertane Chance deutlich zu machen, dass es andere wichtige soziale Kräfte als die beiden grossen spanischen Verbände gäbe.

Auch in Italien gibt es breite Debatten über die Politik und Haltung der CGIL (während mehrfach Demonstranten die Büros der CISL verschönerten, die erst gar nicht zum Streik aufgerufen hatte – aber wohl auch nicht soviel „Fußabstimmung“ erleben musste, wie etwa die UGT in Portugal.

In einem Diskussionsbeitrag aus Italien – der aber auch durchaus stellvertetend für manch andere Land bzw Gewerkschaft stehen kann – werden zentrale Punkte angesprochen, dies als Abschluss des ersten Bilanzversuches.

14. November – Generalstreik

Centro Popolare Autogestito Firenze sud

Am 14 November finden Generalstreiks in Italien, Spanien, Portugal und Griechenland statt. An diesem Tag werden Millionen Arbeiter die Arme verschränken und Hunderttausende erneut auf die Straßen der südeuropäischen Städte gehen. Der Tag ist ein weiterer Moment der Mobilisierung nach den vielen Streiks, die ausgehend von Griechenland, in all den Ländern stattgefunden haben, die von den Spekulationen mit der Verschuldung betroffen waren.

Demonstrationen und Streiks gegen die, von der EU diktierten Kürzungen und Maßnahmen haben die Plätze in Athen, Madrid, Barcelona, Lissabon und Rom gefüllt, Hinter den Sparmaßnahmen steht der Versuch ein System zu retten, dass nicht nur seine politische Glaubwürdigkeit verloren hat sondern sich auch vielfältigen Krisen in den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Energie und Umwelt gegenüber sieht. Um das Finanzsystem zu retten leiht die Europäische Notenbank öffentliche Gelder zu 1 % an private Banken, die dann die Titel der Krisenländer mit Gewinnen von bis zu 6,7 % kaufen. Auch in Italien hat die Regierung der Bänker und Professoren, das getan wozu sie eingesetzt worden war, nämlich um genau diese Politik umzusetzen, durch einschneidende Rentenreformen, Angriffe auf das Arbeitsrecht, Privatisierungen im öffentlichen Sektor, fortwährenden Kürzungen im Bildungs- und Gesundheitswesen und der endgültigen Entsorgung der Reste dessen, was in diesem Land noch an Sozialstaat existiert.

All diese Maßnahmen, in Italien und in Europa, wurden ohne den geringsten Widerstand der CGIL, der anderen großen Gewerkschaften oder der CES, Europäsicher Gewerkschaftsbund, durchgeführt. Mit dem Aufruf zu diesem europäischen Streik soll nun die eigene Machtposition gestärkt werden, ein Schritt darin ist der Vorschlag einen neuen europäischen Sozialpakt ins Leben zu rufen. Die Rückzahlung der Schulden oder die Rolle der Banken wird in keiner Weise in Frage gestellt, es geht schlicht und einfach um eine Mitverwaltung der Krise und das angesichts der Opfer, die von Millionen von ArbeiterInnen gefordert werden. In den letzten 20 Jahren hat die CES die Angriffe der auf die Sozialsysteme der Staaten und die fortschreitenden Prozesse der Privatisierungen, Prekarisierung und Standortverlegungen immer nur begleitet. Trotzdem ist der 14. November, der in Italien auch von den Basisgewerkschaften ausgerufen wurden, ein Moment gemeinsamer europäischer Mobilisierung, in dem auch die vielen Konflikte, die es in Italien zu lösen gilt, ihren Platz finden, von den Kämpfen gegen die Schließung von ILVA (Italiens größtes Stahlwerk AdÜ) einschließlich der widersprüchlichen Rolle der CGIL darin, über die Arbeitskämpfe in Pomigliano (Fiat) bis hin zur Sardinienfrage und all den vielen anderen Orten wo Cassa integrazione (eine Art Arbeitslosenunterstützung im Falle von Kurzarbeit und Entlassung AdÜ) und Entlassungen eine permanente Bedrohung darstellen. Darum gehen wir am 14. November mit den ArbeiterInnen und StudentInnen auf die Straße und nicht weil wir dem Aufruf der CES folgen und sie damit legitimieren sich weiter an den Tisch der Arbeitgeber, Bänker und Geschäftsleute zu setzen.

Um das zu wissen brauchen wir keine Statistiken von irgendwelchen Instituten oder Kurvenverläufe, es reicht uns der Alltag. Gehälter und Renten reichen immer weniger um ein Leben in Würde zu führen, die Rechnungen und Mieten zu zahlen, von den Kosten für Bildung und Gesundheit ganz zu schweigen. Die Perspektive von Arbeitsverhältnissen, die keinerlei Sicherheit bieten, die drei Toten am Arbeitsplatz jeden Tag, die immer unerträglicher werdenden Produktionsrythmen unter der ständigen Bedrohung von Entlassung oder der Verweigerung der Vertragsverlängerung sprechen für sich. Am 14. November werden wir mit den ArbeiterInnen und StudentInnen auf die Straße gehen, um zum Ausdruck zu bringen, dass es in diesem Europa keinen Platz für einen Sozialpakt gibt, dass das kapitalistische System nicht reformierbar ist, sondern Krise, Schulden, Ausbeutung und Krieg bedeutet. Unser Europa kann nicht das der Arbeitgeber und Bänker sein, sondern muss aus einem Zusammen der Kämpfe erwachsen, die sich gegen die kapitalistische Politik entwickeln, nicht um dieses System zu reformieren sondern um eine wirkliche Veränderung zu erreichen.

Die Zeit ist gekommen aufzustehen und klar zu machen: WIR SIND KEINE WARE FÜR NIEMAND!

www.cpafisud.org,
via di villamagna 27/a, info@cpafisud.org

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=14100
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