FlixBus: Das Risiko fährt mit

Dossier

FernbusseÜbermüdete Fahrer, Lohndumping und Streikbrecher. Die Plattform für billige Busreisen beherrscht mit ihrem Prinzip Ausbeutung zunehmend den Markt für Fernreisen (…) „Ich kriege den polnischen Mindestlohn von umgerechnet 2,85 Euro pro Stunde und bin meistens zwölf Tage am Stück unterwegs. Die Arbeit ist anstrengend, denn ich muss vor der Fahrt das Gepäck verladen, später dann den Bus saubermachen, das Klo leeren. Aber ich finde keinen besseren Job als Berufskraftfahrer. Lkw fahren ist noch schlimmer.“…“ Artikel von Gudrun Giese in der ver.di-publik Ausgabe 07 vom Oktober 2018 externer Link – siehe mehr daraus und dazu:

  • Flixbus-Unfälle: Zwischen Zeitdruck und Profit New
    Der schwere Busunfall von Flixbus nahe Leipzig Ende März hält Deutschland immer noch in Atem. Das Unglück forderte vier Todesopfer. Es war nicht das erste seiner Art. Alleine im Jahr 2023 starben auf Flixbusfahrten neun Personen. ZackZack hat das Unternehmen genauer unter die Lupe genommen. (…)  
    Auffallend an den Unfällen: Fast alle passieren in den Morgenstunden, am Abend oder in der Nacht. Im Fall einer 19-jährigen Oberösterreicherin, die bei dem Unfall im September 2023 ums Leben kam, wurde der Busfahrer von der StA Klagenfurt wegen grob fahrlässiger Tötung angeklagt. Grund: Er war stark übermüdet und verlor wegen Sekundenschlaf die Kontrolle über das Fahrzeug. Bei dem Unfall nahe Leipzig beobachteten die Fahrgäste laut Medienberichten eine „aggressive Fahrweise“ des Lenkers. Auch ein Streit zwischen den beiden Fahrern wird kolportiert.
    Doch warum haben es Busfahrer so eilig oder sind kaum ausgeruht? Werden sie bei Nichteinhaltung des Fahrplans sanktioniert? Das wollten wir von den Partnerunternehmen und von Flixbus selbst wissen.
    Geheimhaltung, Belohnung und Bestrafung
    Die meisten Flixbus-Partner wollten uns über die Zusammenarbeit mit Flixbus allerdings nichts verraten. Kein Wunder, unterliegen die Verträge zwischen Flixbus und den ausführenden Busunternehmen doch der Geheimhaltung. Ein Bruch dieser Geheimhaltungsklausel soll mit 25.000 Euro Strafe geahndet werden. Nur ein Flixbus-Partner aus Bayern stellte gegenüber ZackZack klar: „Finanzielle Folgen haben Verspätungen für uns als Partner nicht.“ Das stimmt laut dem deutschen Nachrichtenmagazin „stern“ jedoch nur indirekt. Denn Flixbus setzt seine Partnerunternehmen mittels Belohnungs- und Bestrafungssystem unter Druck. Je nach Bewertungen der Fahrgäste kann das Busunternehmen mit Bonuszahlungen oder Strafen vonseiten Flixbus rechnen. Abgefragt werden etwa die Pünktlichkeit des Busses und die Freundlichkeit des Fahrers. (…)
    Ob der Druck, die Pünktlichkeit einzuhalten, von den Busunternehmen an die Fahrer weitergegeben wird, wollte uns kein Flixbus-Partner bestätigen. Die ganze Branche hüllt sich in Schweigen. (…) Die Flix SE mit Sitz in München beherrscht den Markt der Fernreisebusse in weiten Teilen Europas nahezu monopolistisch. Staatliche und private Konkurrenzunternehmen wurden nach der in Kraft getretenen Marktliberalisierung für Fernbusse im Jänner 2013 mithilfe amerikanischer Investments schnell gekauft. Heute kontrolliert die Flix SE über 90 Prozent des Marktes in Deutschland. Damit wird es für kleine Busunternehmen immer schwieriger, sich mit eigenen Angeboten gegen Flixbus durchzusetzen…“ Artikel von Daniel Pilz vom 9.4.2024 in zackzack.at externer Link
  • Fernbusse: Risiko auf Rädern
    „Flixbus hat Fernreisen mit dem Bus billig gemacht. Doch den Preis für den Erfolg zahlen oft die Fahrer, wie einige im Gespräch mit dem SPIEGEL beklagen. Sie sagen: Wir müssen länger hinterm Steuer sitzen als erlaubt. (…) In den Bussen mit der grünen Lackierung arbeiten Fahrer offenbar immer wieder zu lange und unter schlechten Bedingungen, insbesondere Fahrer aus Osteuropa. Die Männer schieben anscheinend lange Schichten für Dumpinglöhne, schuften auch in der Pause oder nach Feierabend, sehen ihre Familien selten. Es offenbart sich ein System, in dem der Druck offenbar nach unten durchgereicht wird, eine Kette, an deren Ende sich die Fahrer finden. (…) Über die Billigfahrten freuen sich die Kunden natürlich. Aber bei jedem Unfall müssen sie sich fragen: Ist das günstige Ticket durch ein höheres Risiko erkauft? Zuletzt kochte die Diskussion hoch, als im Mai ein Flixbus auf der A9 bei Leipzig verunglückte. (…) Der SPIEGEL hat für diese Recherche unter anderem mehrere Fahrer begleitet und sie mithilfe eines Dolmetschers befragt. Aus Angst, ihren Job zu verlieren, wollten die Fahrer ihre Namen nicht preisgeben und schon gar nicht veröffentlicht sehen. Anhand ihrer Erzählungen und der Auskunft von Experten und Gewerkschaftern lässt sich das System Billigbusreise nachzeichnen…“ Reportage von Katharina Koerth vom 28. Juli 2019 bei Spiegel online externer Link
  • Mitfahren auf eigene Gefahr. Verein Mobifair warnt vor Sicherheitsrisiken bei Reise- und Fernbussen
    Das schwere Fernbusunglück, bei dem am 19. Mai auf der Autobahn A9 bei Leipzig eine Reisende getötet und 70 Menschen verletzt wurden, hat eine Diskussion über Arbeitsbedingungen und Sicherheitsfragen in der Branche ausgelöst. (…) Das Münchner Unternehmen lockt europaweit mit Schnäppchenfahrpreisen Kunden an, die ansonsten wohl die Bahn nehmen würden. Der Verein Mobifair, der sich für fairen Wettbewerb in der Mobilitätsbranche einsetzt, schlägt Alarm: Unter dem Motto »Mitfahren auf eigene Gefahr« warnen die gewerkschaftsnahen Verkehrsexperten vor zunehmenden Sicherheitsrisiken bei Busfahrten. Mobifair stützt sich dabei auf Auswertungen von Polizeikontrollen bei Reisebussen sowie Fernbussen im Linienverkehr, die »erschreckend hohe Zahlen von Verstößen« zutage gefördert hätten. Die Kontrollwahrscheinlichkeit je Bus habe zuletzt bei jährlich 0,0023 Prozent gelegen. Dies sei »zu gering, um eine abschreckende Wirkung bei den Anbietern zu entfalten«, so der Bericht. »Solange derartige Mängel festgestellt werden, ist Busfahren nicht sicher«, meint Mobifair-Vorstand Helmut Diener. Billige Tickets gingen nun einmal auf Kosten der Sicherheit. (…) Flixbus sei für die sozialen Kontrollen, die Eignung und Befähigung der Fahrer sowie die Einhaltung der Ruhe-, Lenk- und Arbeitszeiten verantwortlich, mahnt Diener und fordert Fahrer auf, ihre Erfahrungen über eine Hotline oder per E-Mail zu melden…“ Artikel von Hans-Gerd Öfinger vom 19.06.2019 beim ND online externer Link
  • Weiter aus dem Artikel von Gudrun Giese in der ver.di-publik Ausgabe 07 vom Oktober 2018 externer Link: „… FlixBus setzt gerne osteuropäische Busunternehmen ein, denn die fahren besonders billig, weil sie in der Regel nur den in Polen oder Tschechien geltenden Mindestlohn zahlen. Und wenn Busfahrer eine Landesgrenze überfahren, dürfen sie – wie Pawel – zwölf Tage hintereinander fahren. Die tägliche Ruhezeit beträgt nur elf statt der üblichen zwölf Stunden und kann überdies zweimal wöchentlich auf neun Stunden verkürzt werden. (…) „Ein Fahrer fährt viereinhalb Stunden, der andere legt sich in die Schlafkoje – so geht das hin und her“, sagt Klaus Schroeter, Gewerkschaftssekretär und Tarifkoordinator in der ver.di-Bundesfachgruppe Bahnen und Busse. „Richtig ausschlafen kann sich auf die Weise keiner, und dann kommt es leicht mal zum Sekundenschlaf – mit schlimmen Folgen.“ Dass die Europäische Kommission die Ruhezeitenansprüche der Bus- und Lkw-Fahrer noch weiter verringern wollte, sei dabei skandalös, findet Klaus Schroeter. Glücklicherweise habe das EU-Parlament im Juli diesen Vorstoß abgewiesen. Dass er damit endgültig vom Tisch ist, glaubt der ver.di-Mann nicht. Die FlixBus-Chefs kümmern sich herzlich wenig um die Arbeitsbedingungen der Busfahrer, die ja schließlich nicht bei ihnen, sondern bei einem der vielen kleinen bis mittelgroßen Busunternehmen angestellt sind, die die Fernfahrten im Auftrag von FlixBus erledigen…“ Artikel von Gudrun Giese in der ver.di-publik Ausgabe 07 vom Oktober 2018 externer Link

Siehe weitere Beiträge zum Thema in der Rubrik Fernbusse

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