»Der Euro ist eine Waffe in der Hand des Feindes« Die Linke muss die europäische Wirtschafts- und Währungsunion in Frage stellen
In einem Gespräch von Simon Zeise mit Cédric Durand in der jungen Welt vom 9. Oktober 2018 , in dem der französische Ökonom die Position vertritt: „… Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass es eine Dynamik der negativen Integration gibt. Wenn die Mitgliedsstaaten einmal auf supranationaler Ebene akzeptiert haben, dass es ökonomische Freiheit und freien Wettbewerb geben soll, ist es sehr schwer, auf nationaler Ebene Sozial- und Industriepolitik zu gestalten. Wenn sie zum Beispiel Löhne oder Sozialleistungen anheben wollen, werden sie an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. (…) Das Hauptproblem ist, dass der Euro eine Waffe in der Hand des Feindes ist. Wenn der Feind nicht mit deinen politischen Vorstellungen übereinstimmt, bestraft er dich, indem er dir die Bedingungen zur Finanzierung deines Landes diktiert. (…) Der Euro ist antiinflationär ausgerichtet, was sehr im Sinn des Kapitals und der Reichen ist. Zudem ist die Gemeinschaftswährung auf die Bedürfnisse des deutschen Kapitals und weniger auf die Interessen der Länder in der Peripherie ausgerichtet. Es gibt keinen Spielraum, um Binnenwachstum zu entwickeln. Aus diesen Gründen hat es im Süden Europas eine sehr starke Deindustrialisierung gegeben. Für alternative Wirtschaftspolitik bietet die Euro-Zone keinen Ansatz. Trotzdem gibt es Möglichkeiten für die Linke. Was geschieht mit dem Euro, wenn Jean-Luc Mélenchon die Präsidentschaftswahlen 2022 in Frankreich gewinnt? Sollte der Fall eintreten, müssen wir uns im klaren darüber sein, wie wir verfahren wollen. In der französischen Linken gibt es die Übereinkunft, dass der Ausritt aus der Euro-Zone eine Option ist.“ Siehe dazu auch:
- Von Konvergenz zu Divergenz – wie der Euro spaltet
„Für die Weltbank war die EU lange ein Modell für gute Wirtschaftspolitik – weil sie bei der Konvergenz (der Angleichung der Lebensverhältnisse) Vorbildliches leistete. Doch das ist vorbei – zerfällt die Union? (…) Beim BIP, bei den Löhnen und bei der Technologie gibt es immer noch riesige Unterschiede. Bulgarien und Luxemburg trennen Welten, der Niedriglohnsektor verliert zunehmend den Anschluss, auch in Deutschland. Hinzu kommt der Bevölkerungsschwund in Osteuropa – wegen Überalterung, aber auch wegen der (von Brüssel und Berlin forcierten) Abwanderung nach Westen. Zurück bleiben die Unzufriedenen, die Nationalisten und Populisten wählen… So richtig akut wurde das Problem allerdings nicht, wie man erwarten könnte, mit der Osterweiterung 2004, sondern mit der globalen Finanzkrise ab 2008. Seitdem wird der Abstand zwischen Gewinnern und Verlierern immer größer. Am schlimmsten ist die Kluft in der Eurozone, die offenbar mit falscher Wirtschaftspolitik (Austerität und Sozialabbau) auf die Krise reagiert hat, so Andor. Deutlich wird dies im Vergleich zu Nicht-Euroländern, aber auch zu den USA…“ Beitrag vom 9. Oktober 2018 bei Lost in EUrope
- Europa im ökonomischen Irrtum führt weiter zur – eigentlich ökonomisch widersinnigen – Dominanz des Dollar
Kleiner Überblick von Volker Bahl vom 9.10.2018