Chemnitz, Köthen und Co: Bürgerwehren, besorgte Bürger und eine zufriedene Polizei (im Gegensatz zum sächsischen Ministerpräsidenten)
„Eine Woche nach dem Tod eines 22-Jährigen in Köthen in Sachsen-Anhalt hat es in der Stadt erneut eine rechtsgerichtete Demonstration sowie Proteste von linken Gruppierungen gegeben. Dem Aufruf des rechtsgerichteten Bündnisses Zukunft Heimat aus Brandenburg, das gemeinsam mit Pegida und weiteren Gruppierungen den Protest organisiert hatte, folgten rund 1400 Menschen, wie die Polizei am Sonntagabend mitteilte. Linke Initiativen versammelten demnach etwa 850 Teilnehmer zum Gegenprotest. Nach Angaben der Polizei verliefen die Demonstrationen «weitgehend störungsfrei»“ – aus der Meldung „1400 rechte Demonstranten und 850 Gegendemonstranten marschieren in Köthen störungsfrei“ am 16. September 2018 bei der NZZ , die nicht nur die Polizeiangabe zur Überschrift macht, sondern auch konsequent vermeidet, die Zufriedenheit der Polizei angesichts des neuerlichen Nazi-Aufmarschs in irgendeiner Wiese zum Thema zu machen. Ein weiterer polizeilicher Betrag zur Normalisierung des Rechtsradikalismus… Zum Normalisierungsprozess faschistischer Aktivitäten drei weitere aktuelle Beiträge – sowie ein Beitrag zur verständnisvollen Begleitung des Prozesses:
- „Polizei stoppte »Bürgerwehr«“ am 17. September 2018 in neues deutschland ist eine Kurzmeldung, die informiert: „Die 15 mutmaßlichen Mitglieder der »Bürgerwehr« kreisten die Gruppe aus Deutschen, Iranern und Pakistanern am Freitagabend auf der Schlossteichinsel ein, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Dabei seien fremdenfeindliche Äußerungen gefallen. Ein Iraner sei mit einem Gegenstand verletzt worden. Der 26-jährige erlitt eine Platzwunde am Kopf. Zuvor soll die Gruppe nach einer Kundgebung der rechtspopulistischen Bewegung »Pro Chemnitz« die Gäste einer Geburtstagsfeier in dem Park bedroht und Ausweise von ihnen verlangt haben…“
- „Männer greifen Flüchtlinge an“ am 16. September 2018 bei Spiegel Online vermeldet Ähnliches : „Binnen wenigen Stunden sind in der Harz-Region mehrere Flüchtlinge angegriffen worden. Dabei wurden nach Angaben der Polizei ein junger Afghane und drei Männer aus Somalia verletzt. Bei den Tätern soll es sich in beiden Fällen um Deutsche handeln. Die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung. Der erste Angriff ereignete sich am Samstagabend am Rande eines Sportplatzes in Hasselfelde. Laut Polizei gingen zwei Männer auf eine Gruppe junger Afghanen los, attackierten und beleidigten sie volksverhetzend. Gemeinsam schlugen sie auf einen 17-Jährigen ein…“
- „Die „besorgten Bürger“ von Chemnitz und Köthen“ von Meinhard Creydt am 16. September 2018 bei telepolis führt zum Thema der Bürger und deren rechte Sorgen aus: „So wird mann und frau ja z. B. unterscheiden: Kampf gegen Kriminalität ja, aber nicht mit jedem Mittel. Wenigstens gibt es bislang Vorbehalte gegenüber manchen Vorschlägen. Kriminalität ließe sich gewiss verringern, wenn alle lückenlos so überwacht würden, dass die Ermittlung von Tätern leicht fällt. Das wäre z. B. durch die flächendeckende Installierung von Überwachungskameras überall möglich – vor jeder Wohnungstür und in jedem Zimmer. Bei Köckerts Rede kann jede(r) merken: Hier wird ein Todesfall zum Anlass genommen und instrumentalisiert, um in hemmungsloser Sprache einen Aufruf zur Gewalt und zur Abschaffung der liberalen Demokratie vorzubringen. Wer das nicht merkt oder nicht merken will, ist kein „besorgter Bürger“. Vielmehr rückt er das Problem, auf das er hinweisen will, so egozentrisch und maßlos in den Mittelpunkt, dass ihm alles andere egal wird oder in Vergessenheit gerät. Ein solcher „besorgter Bürger“ geht dazu über, sich gemein zu machen mit Leuten, deren primäres Anliegen die Abschaffung der liberalen Demokratie ist. Die Tugenden dieser Ordnung sind „Toleranz und Respekt für die Rechte anderer, Selbstdisziplin, Reflektiertheit, Selbstkritik, Mäßigung, und ein angemessener Grad von Engagement in den staatsbürgerlichen Aktivitäten“. Das schließt ein „die Verpflichtung zur öffentlichen Rechtfertigung: Die Anwendung von Macht sollte begleitet sein von Gründen, die alle vernünftigen Menschen akzeptieren können“…“
- „Kretschmer beklagt Zahl der „Messerstechereien“ am 16. September 2018 beim Deutschlandfunk berichtet über die Sorgen des Bürger Ministerpräsidenten: „Sachsens Ministerpräsident Kretschmer hat die schleppende Abschiebung ausreisepflichtiger Straftäter beklagt. In Sachsen lebten rund 24.000 Asylbewerber, davon sei jeder Zweite ausreisepflichtig, sagte der CDU-Politiker dem „Tagesspiegel“. Zudem gebe es allein in Sachsen 1.100 Mehrfach- und Intensivstraftäter. Dass sie nicht außer Landes gebracht werden könnten, belaste die Stimmung. Als Grund wies er auf Probleme bei der Beschaffung von Ausreisedokumenten hin. Der Ministerpräsident führte aus, ferner steige die Zahl der Messerstechereien besorgniserregend. Zahlen nannte er nicht. Kretschmer betonte, bei aller notwendigen Auseinandersetzung über die Gewalt in Chemnitz und die Rolle der AfD dürften solche Dinge jetzt nicht unter den Tisch gekehrt werden.“